Gastbeitrag:
Pilze, Birnen, Badewannen

Saarbrücken will die Heizpilze verbieten. In fünf Berliner Innenstadt-Bezirken sind sie seit dem 1. Januar Geschichte, in Nürnberg bereits seit Anfang 2008. Weitere Verbote werden diskutiert, u.a. in Hannover und München. Die Tage der herkömmlichen Glühbirne sind bereits in ganz Europa gezählt – bis 2012 wird sie aus den Geschäften verschwunden sein. Stromfressende Kühlschränke, Waschmaschinen und Fernsehgeräte folgen. Das Argument für die Verbote ist immer das gleiche: Das Energieeinsparpotential sei enorm. Besonders pointiert schreibt Werner van Bebber über die Heizpilze im Tagesspiegel bereits 2007 (28.10.) sie seien, „sinnlose, ärgerliche Geschöpfe einer auf Bequemlichkeit und Verfettung gerichteten Produktindustrie“. Heizpilze und Glühbirnen haben ihren Ruf als Klimakiller weg. Die Nutzung von Energie wird in „gut“ und „schlecht“ kategorisiert.

Nach Angaben der Europäischen Union spart jeder Haushalt durch den Umstieg auf Energiesparlampen jährlich zwischen 25 und 50 Euro an Stromkosten – die höheren Anschaffungskosten für die Energiesparlampen schon eingerechnet. Allerdings ist das Verbot der herkömmlichen Birne nicht der Weg zur optimalen Nutzung von Energie. Werden Energiesparlampen nur für kurze Zeit eingeschaltet, ist ihr Energieverbrauch höher als der der herkömmlichen Birne. Der mündige Verbraucher könnte ohne das Verbot die Energiekosten minimieren, indem er bsp. im Badezimmer eine herkömmliche, im Wohnzimmer aber eine Energiesparlampe einsetzt.

Ein Heizpilz erzeugt bei 36 Stunden Laufzeit pro Woche ungefähr soviel Kohlendioxid wie ein Auto mit 20.000 km im Jahr. So argumentiert etwa Roland Prejawa für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Thema des Monats Januar 2009, Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin) der einstündige Betrieb eines Heizpilzes „entspricht etwa der Ökobilanz von 25 Kilometer Fahrt in einem Kleinwagen. Sinnlos, überflüssig und teuer für den Gastronom. Ein Heizpilz verbraucht in 8 Stunden eine Gasflasche zum Preis von 15 Euro. Bei vier Gasflaschen sind das 60 Euro pro Tag. Bei 31 Tagen sind es 1860 Euro monatlich. Das ist meist mehr, als die Miete des Ladens inklusive der Heizkosten“. Umweltschützer halten die Bürgersteigbeheizung für irrsinnig. Tatsächlich könnten viele Gastwirte ein Verbot von Heizpilzen begrüßen, denn es verursacht Kosten. Allerdings sind Heizpilze ein Wettbewerbsargument. Das Bier wird teurer, das Ambiente netter. Mittelmeerambiete im Frühling oder Spätherbst. Letztlich entscheiden die Kunden, welche Kombination aus Preis und Ambiente sie vorziehen. Konkurrenz belebt das Geschäft. Dass ein Teil der Gastwirte das Verbot der Heizpilze begrüßen würde (nämlich der Teil, der durch diese „Konkurrenzmöglichkeit“ verliert), liegt auf der Hand. Genauso würden sich auch Fürsprecher für ein Verkaufsverbot verschiedener Biersorten finden. Entscheidend ist, dass der Verbraucher von der Wahlmöglichkeit profitiert. Wenn die Mehrheit der Verbraucher die Heizpilze als Klimakiller verurteilen würde, hätten Wirte ohne Pilze einen Wettbewerbsvorteil und die Pilze würden schnell aus den Städten verschwinden.

Es gibt wichtigeres als Glühbirnen und Heizpilze. Wozu also die Aufregung? Sie lohnt sich, denn weitere Verbote könnten folgen. Was wird das nächste Opfer der Regulierungswut? Was ist mit den Energiekosten von Standbyvorrichtungen? Nach Angaben des Umweltbundesamtes verpulvern Deutschlands Privathaushalte durch den Standby-Betrieb Energie für 3,3 Milliarden Euro im Jahr. Bislang setzt man auf Aufklärung der Konsumenten. Aber wäre es nicht einfacher, die Standbyvorrichtungen ganz zu verbieten? Auch Klimaanlagen sind Energiefresser (und viele halten sie für ebenso überflüssig wie die Heizpilze). Müssten sie nicht auch verboten werden? Verfechter eines Heizpilzverbots mögen dem vielleicht sogar zustimmen. Doch was ist mit Wochenendausflügen nach Paris oder London? Auch verbieten? Die Nutzung einer Dreizimmerwohnung durch einen Single – reine Energieverschwendung? Die Energiekosten für eine volle Badewanne sind ungefähr viermal höher als beim Duschen. Müssen Badewannen auch verboten werden? Was ist mit beheizten Swimmingpools, Sauna und Solarium? Energieverschwendung? Sollten private PKWs verboten werden und Menschen so in öffentliche Verkehrsmittel gezwungen werden? Mit gleichem Recht könnte man in Singlehaushalten die Backöfen verbieten, denn werden nicht mehr als zwei Portionen zubereitet, spart eine Mikrowelle verglichen mit dem Backofen bis zu 15 Prozent Strom. (Umgekehrt müssten in größeren Haushalten natürlich die Mikrowellen verboten werden.)

Diese Beispiele zeigen klar, dass Verbote nicht der richtige Weg sein können. Zugegeben, ein Verbot privater PKWs wird es nicht geben. Da es deutlich mehr Kleinwagennutzer als Heizpilzliebhaber gibt, ließe sich hierfür keine politische Mehrheit finden. Verbote lassen sich nur durchsetzen, wo die Präferenzen der Nutzer schwach ausgeprägt sind oder Minderheiten betroffen sind. Die empörte Mehrheit zwingt der Minderheit ihre Präferenzen auf. Die Mehrheit unterdrückt die Minderheit. Die „schlechte“ Nutzung von Energie wird wegreguliert. Doch ist die Zuteilung knapper Ressourcen auf konkurrierende Verwendungsmöglichkeiten nicht eigentlich die Funktion der Marktpreise? Sorgen nicht letztlich die Energiepreise dafür, dass Energie bestmöglich eingesetzt wird? Gastwirte merken schnell, ob sich die Heizpilze rechnen. Wenn die Energiepreise hoch genug sind, werden Verbraucher vielleicht von selbst auf die Standbyfunktion verzichten und die Energiesparlampen einsetzen.

Warum also stellen die Verbraucher nicht freiweillig auf die billigeren Birnen um? Wissen sie einfach besser als die EU, was gut für sie ist? Vielleicht zieht die Mehrzahl der Verbraucher das Licht der herkömmlichen Birne vor. Es wird argumentiert, die Energiesparlampe sei gesundheitsschädlich. Vielleicht gefällt den Nutzern auch einfach nur die Form besser. Vielleicht wissen sie ja auch nichts von den Kostenvorteilen der Energiesparlampen. Möglicherweise handeln Verbraucher sogar irrational. Aber darf man sie deshalb bevormunden? Letztlich sollte jeder Konsument am Besten wissen, was gut für ihn ist.

Jeder sollte das kaufen und nutzen können, wofür er den Preis bezahlen kann und zwar unabhängig davon, ob es dem Klima schadet oder nicht. Im Ideallfall teilt der Preis die Ressourcen der bestmöglichen Verwendung zu. Gründe für ein staatliches Eingreifen gibt es nicht. Die Realität sieht oft anders aus. Marktversagen verhindert den effizienten Einsatz von Ressorcen. Schlecht informierte Verbraucher kaufen vielleicht nur deshalb herkömmliche Glühbirnen weil sie zu kurzfristig denken. Weil sie sich der Preisersparnis der Energiesparlampen auf lange Sicht gar nicht bewusst sind. Das ist möglich. Doch dann wäre es ein leichtes, die Konsumenten aufzuklären, statt ihnen Vorschriften zu machen.

Ein weiteres Argument könnte sein, dass der Preis für Energie aus gesellschaftlicher Sicht zu niedrig ist. Wenn die Nutzung des öffentlichen Gutes „Klima“ bei der Kaufentscheidung keine Rolle spielt – und somit Externalitäten vorliegen, die der Marktpreis nicht abbildet – können Staatseingriffe berechtigt sein. Diese Voraussetzungen für einen Staatseingriff liegen bei der Energienutzung vor. Allerdings lässt sich dadurch kaum das Verbot der herkömmlichen Glühbirnen oder der Heizpilze rechtfertigen. Denn der Energiepreis ist nicht nur bei der Nutzung von Birnen und Pilzen zu niedrig, sondern für jeglichen Verbrauch. Die Externalität betrifft die Badewanne genauso wie die Glühbirne. Eine andere Form des Staatseingriffes ist nötig. Und vorhanden. Denn in Europa gibt es bereits eine Obergrenze für CO2-Emissionen; der Emissionsrechtehandel sorgt im Rahmen dieser Obergrenze dafür, dass die Energie ihrer bestmöglichen Verwendung zugeführt wird. Wird weniger Energie nachgefragt, werden die bei den Energieerzeugern freigesetzten Verschmutzungsrechte an anderer Stelle eingesetzt. Daraus folgt, dass das Verbot von Birnen und Pilzen für den Klimaschutz völlig nutzlos ist. Emissionen werden verlagert, nicht verringert. Nicht eine Tonne CO2 wird eingespart.

Umweltschutz ist wichtig. Doch verfügen wir bereits über alternative, marktkonforme, Instrumente. Wenn weniger CO2 ausgestoßen werden soll, müssen die zulässigen Obergrenzen reduziert werden. Innerhalb dieser Grenzen sorgt der Handel mit Emissionszertifikaten für die bestmögliche Aufteilung. Unzulässige Einschränkungen der Wahlfreiheit, die Unterdrückung der Minderheit durch die Mehrheit, sind überflüssig.

Warum haben Verbote dennoch Konjunktur? Sehen die Politiker die Sinnlosigkeit der Verbote nicht? Zum Teil handelt es sich bei den Entscheidungsträgern wohl um Überzeugungstäter, die sich sachlichen Argumenten aus ideologischen Gründen verschließen. Der wahrscheinlich größere Teil bedient die (vermeintlichen) Interessen seiner Wähler. Es kommt hier gar nicht darauf an, ob eine Maßnahme tatsächlich greift; wichtig ist, wiedergewählt zu werden. Und dafür reicht es, wenn der Wähler glaubt, die gewählte Politik sei richtig. Die Unterdrückung der Minderheit wird für die Generierung von Mehrheiten bewußt in Kauf genommen. Im Fall der Birne setzt eine andere Erklärungsmöglichkeit bei den Produzenten an. Wie der Teil der Gastwirte, der durch die Konkurrenz verliert, hat auch ein Teil der Glühbirnenproduzenten einen Vorteil aus dem Verbot. Die Gewinnmargen für herkömmliche Glühbirnen sind niedrig. Durch ihr Verbot wird die Nachfrage nach teureren Birnen stimuliert. Die Margen sind dort höher; die Gewinne können zumindest vorübergehend steigen. Die Politik folgt den Interessen der Lobbyisten. Politische Ökonomie in Reinkultur.

3 Antworten auf „Gastbeitrag:
Pilze, Birnen, Badewannen“

  1. Ich befürchte fast, dass sie den Politikern mit ihrem Artikel noch neue Ideen für weitere Verbote geben könnten… 😉

  2. Politiker sind scheinbar nur zufrieden,wenn sie von Zeit zu Zeit Sachen verbieten können.Ich warte ja auf Duschzeitregulierung,oder Fensteröffnungsverbot im Winter…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert