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Die Regierung bekämpft die Schattenwirtschaft. – Besser wäre es, sie würde von ihr lernen.

Gut funktionierende Märkte zeichnen sich durch zwei Eigenschaften aus: Freiwilligkeit und Äquivalenz im Tausch. Was heißt das? Freiwilligkeit bedeutet, daß die Anbieter und Nachfrager von niemandem gezwungen werden zu handeln, also Tauschpartner zu werden, sondern daß sie miteinander handeln, weil sie es für sich selbst als nützlich ansehen. Ein freiwilliger Tausch ist deshalb für beide Seiten von Nutzen, sonst fände er gar nicht statt. Und das bedeutet zugleich, daß die Tauschpartner offensichtlich das Gefühl haben, daß sie beim Handeln nicht mehr geben, als sie bekommen, aber auch nicht mehr fordern können, als sie zu geben bereit sind. Der Tauschhandel ist dann wertäquivalent. Jedenfalls im Großen und Ganzen. Und unter der Voraussetzung, daß Wettbewerb herrscht. So funktionieren freie Märkte, in die der Staat nicht ständig regulierend hineininterveniert. Diese Märkte schaffen Wohlstand.

Aus solchen freien Märkten besteht die Schattenwirtschaft. Sie ist eine Ausweichwirtschaft für diejenigen Anbieter und Nachfrager, die Freiwilligkeit und Äquivalenz beim Handeln suchen, diese aber auf den offiziellen Märkten der Volkswirtschaft nicht mehr genügend finden, weil dort der Staat den Handelnden zu viele und zu hohe Abgaben aufbürdet und weil er die Handlungsfreiheiten durch zu viele einengenden Regulierungen einschränkt. Das zerstört Freiwilligkeit und Wertäquivalenz in den Beziehungen zwischen Anbietern und Nachfragern und erzeugt Zwang und Wertungleichheit. Vor allem auf dem total überregulierten und abgabeüberhöhten Arbeitsmarkt ist dies der Fall. Deshalb ist auch die Schwarzarbeit das Herzstück der Schattenwirtschaft.

Obwohl die Schwarzarbeit offiziell verboten ist und unter Strafe steht, ist sie also wohlstandsfördernd. Das ist kein Wunder, denn sie ist ein freier Arbeitsmarkt, auf dem es keine Arbeitszeitvorschriften gibt, keine Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, die Flächentarifverträge aushandeln und damit Ungleiches gleichmachen wollen, keine staatlichen Allgemeinverbindlichkeitserklärungen, keine Kündigungsschutzvorschriften, keine Mindestlöhne. Aber auch keine Sozialabgaben als Kollektivlöhne, die den Arbeitnehmern durch staatlichen Zwang von ihrem Bruttolohn abgezogen werden. Brutto gleich Netto heißt es in der Schattenwirtschaft, und dabei richten sich die Löhne an den individuellen Arbeitsproduktivitäten aus, also an der Leistungsfähigkeit der Beteiligten. Es herrscht mithin das, was man Leistungsgerechtigkeit nennen könnte, und nicht das, was in der politisch korrekten Terminologie als „soziale Gerechtigkeit“ wohlklingend, aber nichtssagend und irreführend bezeichnet wird. In der Schattenwirtschaft gibt es deshalb keine Arbeitslosigkeit, es herrscht dort Vollbeschäftigung – also eine Situation, die wir uns für den offiziellen Arbeitsmarkt, der seit Jahren durch Massenarbeitslosigkeit gekennzeichnet ist, doch wünschen.

Und dennoch versucht der Staat, die Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit, die er durch seine überhöhten Abgaben und Regulierungen als Hauptverursacher selbst erzeugt, durch zunehmende Kontrollen und höhere Strafen wieder einzudämmen. Der Brandstifter ruft nach Polizei und Feuerwehr. Viel besser wäre es aber doch, der Brandstifter unterließe das Zündeln. Viel besser wäre es also, wenn der Staat seine Abgaben und Regulierungen fühlbar zurücknehmen und damit die Hauptursachen für das massenhafte Ausweichen in die Schattenwirtschaft beseitigen würde. Kurz gesagt, viel besser wäre es, wenn die Regierenden von der Schattenwirtschaft lernen würden. Was können sie lernen?

Sie können lernen, daß die Wirtschaftsbürger als Anbieter und Nachfrager prinzipiell das tun, was ihnen – ihren Präferenzen entsprechend – am meisten nützt, und staatlichen institutionellen Arrangements auszuweichen trachten, die sie daran hindern. Das ist moralisch nicht verwerflich, vielmehr muß die Moral des Staates eingeklagt werden, wenn er versucht, an den individuellen Präferenzen der Bürger vorbei- oder ihnen sogar entgegenzuregulieren. Instituionelle Arrengements des Staates, die dauerhaft die Marktprinzipien der Freiwilligkeit und Wertäquivalenz verletzen, provozieren Exit-Optionen in regulierungsfreie Zonen. Die Schattenwirtschaft ist deshalb das „Ventil des kleinen Mannes“, der sich dem leviathanischen Gebaren des Staates widersetzt. Insofern ist die Größe der Schattenwirtschaft für ein Land ein ziemlich guter Indikator für die Überhöhung der staatlichen Abgabenlast und Regulierungsintensität . In Deutschland beträgt die Wertschöpfung in der Schattenwirtschaft wohl etwa 15-20 % des offiziellen BIP, in den weniger staatsregulierten Ländern Schweiz und USA jedoch nur weniger als 10 %.

Wenn man in die Details geht, so können die Regierenden von der Schattenwirtschaft lernen, daß der Abbau der Steuer- und Abgabenlast erste Priorität hat. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 1. Januar dieses Jahres ist das genaue Gegenteil und fördert deshalb die Schwarzarbeit in Deutschland. Die Strukturen der geplanten sogenannten Gesundheitsreform, die fast alle „guten Regeln“ eines dauerhaft funktionierenden Gesundheitsmarktes verletzen, werden abermals zu Steuererhöhungen führen und zudem noch die Sozialabgaben in die Höhe treiben. Das stimuliert wiederum die Schwarzarbeit. Notwendig ist zudem die Abkoppelung der Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitsvertrag und Lohn. Sie ist notwendig, damit es keine schattenwirtschaftsfördernde Schere zwischen Produzenten- und Konsumentenlohn mehr gibt. Auch das ist im gegenwärtigen Regierungsprogramm Tabu.

Neben der notwendigen Senkung der Steuer- und Abgabenlast und der damit verbundenen Absenkung der Staatsquote (von zur Zeit etwa 47 %) müssen die Arbeits- und Gütermärkte massiv dereguliert werden. Alle kollektivvertraglichen Arbeitszeitregelungen, die zum Beispiel als Arbeitszeitverkürzungen gegen die Wünsche der Arbeitnehmer durchgesetzt worden sind, müssen fallen, wenn man das Schwarzarbeitspotential vermindern will. Flexibilisierung der Arbeitszeiten steht auf der Agenda. Bei der Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten ist ja schon ein guter Anfang gemacht worden. Auch der Kündigungsschutz gehört auf den Prüfstand, wenn man bedenkt, daß dieser nur für die Arbeitsplatzbesitzer (insider), nicht aber für die Arbeitsplatzbewerber (outsider) „sozial“ ist. Finden die offiziellen Outsider aber keine Beschäftigung, steht ihnen ja der Schattenarbeitsmarkt offen, in dem sie dann zu inoffiziellen Insidern werden können.

Von der Schattenwirtschaft kann man auch lernen, daß alle Sozialtransferleistungen auf den Prüfstand gehören, weil auch sie vielfältig die Schwarzarbeit fördern. Kontraproduktiv wirken alle Regulierungen, wie sie im Entsendegesetz gelten. Und einen regelrechten Wachstumsschub für die Schwarzarbeit wird es geben, wenn die Regierung tatsächlich offizielle Mindestlöhne branchenbezogen oder gar generell durchsetzt: Die Exit-Option in die Niedriglöhne der Schwarzarbeit bietet dann vor allem für die weniger Leistungsfähigen die Alternative zur Arbeitslosigkeit.

Die Schattenwirtschaft ist in den letzten Jahrzehnten mit Wachstumsraten von zwischen 5 und 8 % in Deutschland zu einer inoffiziellen boomenden „Sonderwirtschaftszone“ herangewachsen, von der man lernt, daß zu viel Staat Wachstum und Wohlstand behindert und daß weniger Staat – zum Beispiel eine Staatsquote von unter 40 % – das genaue Gegenteil befördert: Mehr Wachstum, mehr Beschäftigung, mehr Wohlstand.

Die Schattenwirtschaft bekämpfen heißt, von der Schattenwirtschaft lernen: die offizielle Wirtschaft vom Übermaß staatlicher Abgaben- und Regulierungsintensität zu befreien, um für die wirtschaftlich Handelnden Bedingungen zu schaffen, wie sie auf funktionierenden freien Märkten bestehen: Freiwilligkeit und Wertäquivalenz im wettbewerblich organisierten Tausch.