Being Martin Schulz
Essayistische Empfehlungen für eine ordnungsökonomisch konsistente Politik der SPD

Die SPD steht vor dem Hintergrund des Ausgangs der letzten Bundestagswahl und im Zusammenhang mit der Entscheidung, zusammen mit den Unionsparteien eine Koalition zu bilden, vor einer Zerreißprobe – zumindest ist das der Eindruck, den man zu Beginn des Jahres 2018 aus den Massenmedien gewinnt. Die erheblich zurückgegangene Zustimmung in der Bevölkerung bei der Bundestagswahl hat eine tiefgreifende Diskussion in der Partei ausgelöst; so werden massiv Forderungen nach einer umfassenden Erneuerung sowohl der Programmatik als auch der Führung laut.

Die Hauptklientel der SPD scheint die klassische Arbeiterschaft zu sein, also Personen, die vornehmlich durch das Angebot des Faktors Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen.

Die gegenwärtige Programmatik und vor allem umgesetzte Politik der SPD erreicht, sofern sie überhaupt konsistent ist, diese Personengruppe nicht mehr umfassend; nur so kann wohl die zunehmende Marginalisierung dieser Partei erklärt werden.

Wie könnte also aus ordnungsökonomischer Sicht ein Programm aussehen, das die Arbeiterschaft anspricht? Ziele und Maßnahmen der (Wirtschafts-)politik sind dann also als ordnungskonform anzusehen, wenn sie die Grundprinzipien der marktwirtschaftlichen Ordnung, also das Eigentumsrecht, die Vertragsfreiheit und die sich daraus ergebende freie Preisbildung nicht zu stark beeinträchtigen.

Wir wollen uns hier auf einige wesentlichen Punkte konzentrieren und betonen, daß diese Überlegungen essayistischen Charakter haben und damit in keiner Weise den Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Bei den Ansatzpunkten kann zwischen dem verfügbaren Einkommen und der Einkommensverwendung unterschieden werden. Auf der Einkommensverwendungsseite sollte die Wirtschaftspolitik darauf abzielen, die Ausgaben der Klientel zu reduzieren; mit anderen Worten, sie sollte dafür sorgen, daß sich die Kaufkraft des vorhandenen Budgets erhöht. Dabei sind die großen Konsumausgabenblöcke dieser Klientel den Bereichen

  • Wohnen, Energie, Wohnungsinstandhaltung
  • Nahrungsmittel, Getränke, Genußmittel
  • Verkehr zuzuordnen.

Eine Entlastung muß also sinnvollerweise hier ansetzen und könnte die folgenden Maßnahmen umfassen:

  • Eine Absenkung des Umsatzsteuer-Satzes um mehrere Prozentpunkte würde zu einer spürbaren Entlastung dieser Klientel führen, zumal deren Einkommen wohl größtenteils wieder verausgabt wird, also wenig gespart wird.
  • Eine Absenkung der Energiekosten wäre ein weiterer Schritt. Dies würde bedeuten, die Energiewende in eine andere Richtung zu lenken: Vorhandene Subventionen zugunsten „grüner“ Energie müßten reduziert bzw. sogar gänzlich beseitigt und eine Produktion „billiger“ Energie ermöglicht werden. Neben billigem Strom wäre freilich auch preisgünstiger Treibstoff für die Klientel der SPD wünschenswert, was zum einen mit der bereits genannten Absenkung der Umsatzsteuer als auch mit einer Reduzierung der Mineralölsteuer erreicht werden könnte.
  • Die Kosten für den Erwerb eines Eigenheims bzw. die Mieten müßten reduziert werden. Hierzu wären verschiedene Instrumente zielführend: Zum einen müßten Anreize bei den Gemeinden geschaffen werden, zusätzliches Bauland auszuweisen. Damit würde das Bauland günstiger. Die Auflagen für Neubauten müßten ausgedünnt werden, so daß auch das Bauen an sich billiger würde. Kostengünstigeres Bauen würde auch zu einer Verminderung der Mieten führen. Auf dem Wohnungsmarkt müßten zudem die pekuniären Effekte reduziert werden, die sich für die Arbeiterschaft durch die Einwanderung ergeben, in dem die Einwanderung erheblich erschwert wird. Damit würde die Außenseiterkonkurrenz auf diesen für die Stammklientel der SPD wichtigen Beschaffungsmarkt beseitigt.

Diesen rudimentären Ansätzen lassen sich freilich noch weitere hinzufügen.

Wenn wir das verfügbare Einkommen betrachten, so ließe sich das wie folgt erhöhen:

  • Auf dem Arbeitsmarkt muß die SPD ein Interesse daran haben, ihre Klientel vor Außenseiterkonkurrenz, wie sie beispielsweise durch die Einwanderung entsteht, abzusichern. Insbesondere im Niedriglohnbereich könnte die Klientel die Einwanderung als massive Bedrohung empfinden.
  • Weiterhin müßte die Politik der SPD darauf gerichtet sein, das verfügbare Einkommen ihrer Klientel durch die Verminderung der steuerlichen Belastung und der Abzüge zugunsten der Sozialversicherungen zu reduzieren. Im Bereich der Sozialversicherungen dürfte eine selektive Begünstigungspolitik, wie sie etwa bei der Rentenversicherung vorgenommen wurde, eher der falsche Weg sein. Sinnvoller wäre es vielmehr, die Sozialversicherungssysteme durch wettbewerbliche Elemente effizient zu gestalten. Zudem müßte es ein Ziel der SPD sein, die steuerliche Belastung der Arbeitnehmerschaft entsprechend zu reduzieren, indem insbesondere durch einen sparsamen Umgang mit den Haushaltsmitteln zusätzliche Steuersenkungsspielräume geschaffen werden.
  • Schließlich müßte es im Interesse der SPD sein, ein angemessenes soziales Netz für ihre Klientel zu schaffen, falls diese ihren Arbeitsplatz verliert: Die Hartz-IV-Sätze wären also entsprechend zu erhöhen.

Auch hier ließe sich die Liste durch eine Vielzahl an Maßnahmen ergänzen.

Freilich hätte die Umsetzung der aufgezeigten Ansatzpunkte durchaus negative Auswirkungen auf andere Bereiche. So dürfte beispielsweise eine Reduzierung der Energiekosten negative Konsequenzen für die Umwelt haben. Das primäre Interesse der Arbeiterschaft dürfte jedoch eher der Verbesserung bzw. der Erhaltung der gegenwärtigen Position gelten, wodurch Abstriche in anderen Politikbereichen von der Klientel durchaus akzeptiert würden.

Ob eine Orientierung der Programmatik der SPD an der ursprünglichen Klientel erfolgen wird, ist jedoch mehr als fraglich. In Parteien bilden sich nach bestimmten Zeiten oligarchische Führungsstrukturen, deren vornehmliches Interesse der Umsetzung der eigenen – und von ihrer ursprünglichen Klientel durchaus abweichenden – Wertvorstellungen dient. Und die SPD ist eine sehr alte Partei.

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