In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Pensionäre (ehemalige Beamte, Richter und Soldaten) in Deutschland deutlich zugenommen. Damit gehen immer höhere Versorgungsausgaben einher, die Bund, Länder und Gemeinden aufbringen müssen. Der demographische Wandel könnte in Zukunft nicht nur ausgabeseitig eine Herausforderung aufgrund steigender Versorgungsausgaben darstellen, sondern auch auf der Einnahmeseite, weil die Versorgungslasten von immer weniger Steuerzahlern getragen werden müssen.
Wir haben die Zahl der Versorgungsempfänger in Deutschland unter Berücksichtigung von jährlichen Neueinstellungen, Sterbefällen, Invaliditätsfällen und Pensionierungen bis zum Jahr 2080 projiziert.[1] Mit Blick auf die Neueinstellungen wurde dabei unterstellt, dass sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die Zahl der aktiv bediensteten Beamten, Richter und Soldaten an der Bevölkerung orientiert und das Verhältnis von aktiv Bediensteten zur Gesamtbevölkerung konstant bleibt. Die Grundlage für die Fortschreibung der Einwohnerzahl bilden die Bevölkerungsvorausberechnungen der Vereinten Nationen, die für drei verschiedene Fertilitätsvarianten vorliegen.[2] In der mittleren Fertilitätsvariante, bei der die Geburtenrate je Frau etwa auf heutigem Niveau verharrt, geht die Einwohnerzahl Deutschlands ab dem Jahr 2022 zunächst spürbar zurück und pendelt sich langfristig auf einem Niveau von ungefähr 75 Millionen Einwohnern ein. Die Zahl der Versorgungsempfänger würde bis Mitte der 2030er Jahre insgesamt noch zunehmen. Dieser Anstieg geht auf die Entwicklung bei den Ländern und Gemeinden zurück. Beim Bund entwickelt sich die Zahl der Versorgungsempfänger hingegen bereits in den kommenden Jahren rückläufig, was nicht zuletzt auf die Privatisierung der ehemaligen Bundesbahn und Bundespost zurückgeht. Ab Mitte der 2030er Jahre bis zum Ende der 2050er Jahre wird für sämtliche Gebietskörperschaften ein Rückgang der Zahl der Versorgungsempfänger prognostiziert. In den Folgejahren nimmt die Zahl der Versorgungsempfänger dann wieder etwas zu.
Die Versorgungsausgaben hängen – neben der Zahl der Versorgungsempfänger – von der Höhe der Versorgungsbezüge ab, die annahmegemäß jährlich angepasst werden. Im Wesentlichen setzten sich die Versorgungsbezüge aus dem Ruhegehalt für Pensionäre und Witwen- bzw. Witwergeld für Hinterbliebene zusammen. Ausgehend von der tatsächlichen Höhe der im Jahr 2018 durchschnittlich bezogenen Ruhe- und Witwengehälter wurde in einem Szenario unterstellt, dass die Versorgungsbezüge jedes Jahr entsprechend der Zuwachsrate des nominalen Bruttoinlandsprodukts angepasst werden (S1), in einem zweiten Szenario nehmen sie mit der Rate des nominalen Bruttoinlandsprodukts je Erwerbstätigen zu (S2). Die langfristigen jährlichen Zuwachsraten des Bruttoinlandsprodukts entsprechen denen des Produktionspotenzials. Letzteres wurde auf Basis des von der Europäischen Kommission angewendeten Verfahrens und unter Berücksichtigung der Erwerbsbevölkerung, des Kapitalstocks und der totalen Faktorproduktivität bis zum Jahr 2080 geschätzt. Vor diesem Hintergrund würden die Versorgungsausgaben von Ländern und Gemeinden im Zeitverlauf kontinuierlich zunehmen, nur für den Bund wird aufgrund des stetigen Rückgangs der Zahl der Versorgungsempfänger bis Ende der 2050er Jahre auch ein Rückgang der Versorgungsausgaben projiziert. In den Folgejahren steigen jedoch auch die Versorgungsausgaben des Bundes wieder an.
Unter Berücksichtigung der Zahl der Versorgungsempfänger und der jährlichen Anpassung der Versorgungsbezüge lägen die Versorgungsausgaben des Bundes – je nachdem, welche Szenarien für die Geburtenrate und die Bezügeanpassung gewählt werden – im Jahr 2080 maximal um 100, bei den Ländern um 500 und bei den Gemeinden um bis zu 800% höher als im Jahr 2019.[3] Diesen auf den ersten Blick enormen Zuwachsraten sind jedoch die Steuereinnahmen gegenüberzustellen, aus denen die Versorgungsausgaben größtenteils finanziert werden und die – mit steigendem Bruttoinlandsprodukt – ebenfalls zunehmen werden. Dabei ist unterstellt, dass die Steuereinnahmen jedes Jahr mit derselben Rate zunehmen wie das nominale Bruttoinlandsprodukt. Die daraus gewonnene Versorgungs-Steuerquote, die angibt, welchen Anteil der Steuereinnahmen Bund, Länder und Gemeinden für die Beamtenversorgung aufbringen müssen, geht beim Bund bis zum Jahr 2080 sogar zurück und liegt bei den Ländern dann ungefähr auf dem Niveau des Jahres 2019. Lediglich für die Gemeinden wird ein Anstieg der Versorgungs-Steuerquote projiziert (vgl. Abbildung).
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Somit ließen sich die finanziellen Herausforderungen des demografischen Wandels bei der Beamtenversorgung durch eine Stabilisierung der Beamtenquote gut abfedern. So ist die Zahl der aktiv Bediensteten bei den Gebietskörperschaften bereits in den zurückliegenden zwanzig Jahren nahezu konstant geblieben. Mit dem im Projektionszeitraum unterstellten konstanten Verhältnis aktiv Bediensteter zur Gesamtbevölkerung geht die Zahl der Neueinstellungen dann annahmegemäß zurück. Bliebe das Verhältnis aktiv Bediensteter zur Gesamtbevölkerung konstant, würden die öffentlichen Haushalte somit durch die Beamtenversorgung nicht erheblich unter Druck geraten. Damit würde sich bei der Beamtenversorgung die Situation anders darstellen als bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Weil der Anteil der über 66-Jährigen an der Gesamtbevölkerung in Zukunft deutlich zunehmen wird, werden die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung in Relation zu den Einnahmen des Staates – sofern die Abgabenbelastung nicht steigt – einen deutlich steigenden Trend aufweisen. Folglich steht die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund des demografischen Wandels, ebenso wie die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, vor deutlich größeren Herausforderungen als die Gebietskörperschaften infolge der Pensionslasten.
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[1] Zur Methodik der Projektion siehe Holtemöller, O.; Zeddies, G. (2021): Projektion der Ausgaben für die Beamtenversorgung in Deutschland bis zum Jahr 2080. Methodik und Modell, IWH Technical Reports 2/2021, https://www.iwh-halle.de/publikationen/detail/projektion-der-ausgaben-fuer-die-beamtenversorgung-in-deutschland-bis-zum-jahr-2080/
[2] Dabei wird im pessimistischen Szenario eine Geburtenrate von 1,2 Lebendgeburten je Frau, im mittleren Szenario von 1,6 und im optimistischen Szenario von 2,0 unterstellt.
[3] Bei diesen Werten ist eine hohe Geburtenrate und eine jährliche Anpassung der Versorgungsbezüge um den Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts je Erwerbstätigen unterstellt.
2 Antworten auf „Beherrschbare Pensionslasten? (1)
Zukünftige Pensionslasten bei stabiler Beamtenquote schulterbar
Bei den Rentenausgaben sieht es anders aus “