Erhard war früher skeptisch. Hayek war, noch früher, optimistisch. Beide hatten (un)recht.
Wäre es nach Ludwig Erhard gegangen, wären die „Römischen Verträge“ am 25. März 1957 so nicht von deutscher Seite unterzeichnet worden. Eine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) von nur sechs Teilnehmern, und inspiriert von französischen Wünschen einer Abschottung nach außen sowie sozial- und industriepolitischer Lenkung nach innen, war Erhard ein Graus. Was heute Kritikern des europäischen Zentralismus gern polemisch unterstellt wird – sie wollten die EU zurückwerfen in eine „große Freihandelszone“ – das war in den 1950er Jahren in der Tat Erhards bevorzugte Alternative zur EWG: ein freier Markt für den ganzen freien Westen, Großbritannien und möglichst auch Nordamerika eingeschlossen. Hierfür brauche es kaum mehr als ein Abkommen über frei konvertible Währungen und volle Freizügigkeit für Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. Eine „institutionelle Integration“ sektoraler Wirtschaftspolitiken unter Schaffung eines „bürokratischen Monsters“ lehnte er entschieden ab. So nannte er 1962 das Aktionsprogramm der Kommission, die eine weitere „Fusion der Politiken“ forderte, schlicht „primitiv“: „Wir brauchen kein Planungsprogramm, sondern ein Ordnungsprogramm für Europa!“ Erhard sah jenes Gespenst von Preiskontrolle und staatlicher Lenkung, das er in Deutschland vertrieben zu haben hoffte, nun wieder vor sich, gerade in Gestalt europäischer „Harmonisierung“. In der FAZ vom 31.Dezember 1959 machte der Professor aus Fürth klar, daß internationale Arbeitsteilung auf komparativen Unterschieden beruhe, während das „Organisieren-und-harmonisieren-Wollen … in den fast sicheren Abgrund“ führe. „50 Jahre europäische Ordnungspolitik“ weiterlesen