Europäische Union auf Widerruf?
60 Jahre und (k)ein bißchen weise

„Den Brexit gibt es nur, weil Großbritannien nicht mehr an einen Club der Verlierer gekettet sein wollte.“ (Clemens Fuest)

In Rom wurde die EU gefeiert. Das europäische Projekt wurde 60. Es ist allerdings nicht gut um die EU bestellt. Sie wird von Krisen geschüttelt. Die wirtschaftliche Integration stagniert. Das Wachstum dümpelt vor sich hin. Die (Jugend-)Arbeitslosigkeit ist persistent hoch. Von einer politischen Union fabulieren nur noch die 5 Präsidenten (hier). Die Risse zwischen Nord und Süd und West und Ost werden größer (hier). Mit Großbritannien verlässt das erste Land bereits die EU. Unerhörtes geschieht: Der Prozess der Integration in Europa ist umkehrbar geworden. Europa ist ein Projekt auf Widerruf. Um es zu retten, ist eine Neuorientierung unumgänglich. Nach dem Brexit-Schock hat auch die EU-Kommission reagiert. In einem Weißbuch fragt sie, wie Europa wohl in 10 Jahren aussehen wird (hier). Sie stellt fünf Szenarien zur Diskussion. Sie plädiert nicht explizit für eine Alternative. Dennoch sind ihre Präferenzen klar. Am liebsten wäre ihr, wenn sich Europa für den großen qualitativen Integrationssprung zu einer Politischen Union entscheiden würde.

„Europäische Union auf Widerruf?
60 Jahre und (k)ein bißchen weise
weiterlesen

Strukturwandel, Migration und Kultur
Was erklärt linken und rechten Populismus?

Demokratie nimmt von den Reichen das Geld und von den Armen die Stimmen und verspricht beiden, sie vor den jeweils anderen zu beschützen.“ (Frédéric Bastiat)

Das Pendel schlägt zurück. Die Finanzkrise war eine Zäsur. Vorbei scheint die Zeit weltweit offener Märkte. Die Globalisierung ist auf dem Rückzug. Wirtschaftlich „Abgehängte“ und wohlhabende Wutbürger blasen zum Kampf gegen offenere Güter- und Faktormärkte. Sie erhalten höchsten Beistand von oben. Marktwirtschaften töten, tönt es aus dem Vatikan. Nicht der staatliche Leviathan, die gierigen Märkte sollen gezähmt werden. Marktwidrige Politiken sind wieder en vogue. Staatliche Intervention und wuchernder Protektionismus haben Konjunktur. Populistische Parteien am linken und rechten Rand sprießen wie Pilze aus dem Boden. Das Virus der staatlichen Allmacht verbreitet sich rasend schnell. Es infiziert immer öfter auch traditionelle Parteien der „linken und rechten“ Mitte. Die wirtschaftliche Freiheit bleibt auf der Strecke.

„Strukturwandel, Migration und Kultur
Was erklärt linken und rechten Populismus?
weiterlesen

Die Zukunft der EU
Ordnungspolitisch besser absichern

Die Europäische Union (EU) steckt, wie niemand mehr leugnen kann, in einer Vertrauenskrise – und dies nicht erst seit dem britischen Referendum zum Brexit am vergangenen 23. Juni. Der Grund ist, dass ihre politischen Akteure systematisch sich und dem Volk etwas darüber vorgemacht haben, was europäische Integration vernünftigerweise sein kann und was nicht.

„Die Zukunft der EU
Ordnungspolitisch besser absichern
weiterlesen

Kein Grund zum Jubeln – für Niemanden
Zur Einigung zwischen Bund und Länder über die Neugestaltung der föderalen Finanzbeziehungen

  1. Bund und Länder haben sich Mitte Oktober endlich auf ein neues Regelwerk für die Bund-Länder-Finanzbeziehungen geeinigt und damit eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene umgesetzt. Allerdings sind längst nicht alle Aufgaben angegangen worden, die zwischen Bund und Ländern in diesem Zusammenhang erledigt werden sollten (Umsetzung des Europäischen Fiskalvertrags; Konsolidierung der Länderhaushalte; Einnahmen- und Aufgabenverteilung zwischen den föderalen Ebenen; Umgang mit Altschulden; Zukunft des Solidaritätszuschlags; Formulierung einer gesamtdeutschen Strukturförderpolitik).[1] Vielmehr drehten sich die Verhandlungen letzten Endes allein darum, die Verteilungsmodalitäten des bundesstaatlichen Finanzausgleichs so zu gestalten, dass alle Länder gegenüber dem status quo besser gestellt werden – was nach Lage der Dinge nur durch höhere Finanzierungsbeiträge des Bundes ermöglicht werden konnte. Forderungen aus der Wissenschaft[2], die Chance zu nutzen, die föderalen Finanzbeziehungen transparenter und insbesondere anreizkompatibel zu gestalten, fanden von Anfang an kein Gehör und spielten in den abschließenden Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der Länder überhaupt keine Rolle mehr.[3]

„Kein Grund zum Jubeln – für Niemanden
Zur Einigung zwischen Bund und Länder über die Neugestaltung der föderalen Finanzbeziehungen
weiterlesen

OrdnungsPolitiker
Die Landespolitik schafft sich faktisch ab

Ein Föderalstaat lebt von klaren Aufgabenzuständigkeiten, damit die Wähler erkennen, wer politisch haftet. Ein Föderalstaat ist stark, wenn seine Gliedkörperschaften über Steuerautonomie verfügen und politisch eigenverantwortlich handeln können. Der deutsche Föderalismus entspricht diesem Anforderungsprofil nach der aktuellen Einigung über den bundesstaatlichen Finanzausgleich in keiner Weise.

OrdnungsPolitiker
Die Landespolitik schafft sich faktisch ab“
weiterlesen

Kurz kommentiert
Abschied vom europäischen Superstaat

Der mit Stimmenmajorität der Bevölkerung Großbritanniens beschlossene Brexit – von dem allerdings angesichts der hohen inhaltlichen und institutionellen Komplexität der Austrittsverhandlungen sowie des gegenwärtigen Mangels an kompetenten Verhandlungsführern  gar nicht sicher ist, ob und wann er tatsächlich stattfindet – ist ein bedeutendes Signal für die sich schon länger in manchen Mitgliedstaaten abzeichnenden Sympathien für einen europäischen Regionalismus und weg von der Idee eines europäischen Superstaats. Wurde noch vor Jahren, insbesondere nach den beiden Weltkriegen, die Abkehr vom nationalstaatlichen Denken als alternativlos, weil allein friedenstiftend, propagiert, so scheint dieser Integrationsansatz durch die weltweit zu beobachtenden Separationsbewegungen und speziell für die EU durch die empirische Europa-Dynamik zu verblassen.

Kurz kommentiert
Abschied vom europäischen Superstaat“
weiterlesen

The cracks in the EU grow larger
Euro, Refugees, Secessions, and Brexit

“People who have visions should go see a doctor.“ (Helmut Schmidt)

Europe is in crisis, both economically and politically. This is nothing new. From the beginning, the path to European integration has been paved with crises. Thus far, this has not harmed the process of integration. At least, so claim the European visionaries. From every crisis Europe has emerged stronger. The vision of an economically integrated and politically united Europe lives on. The current crises, however, casts doubt on this view of things. Today, three cracks run through Europe. The first is opening between members of sub-clubs in the EU. In the EMU it runs between northern and southern members, and in the Schengen area between eastern and western members. A second crack is evident in the member countries themselves. Regions want more (economic and) political autonomy. The desire for secession is becoming stronger. Scotland and Catalonia represent the vanguard of this development. A third crack is observable in exit deliberations among the members of the EU. With the British referendum on remaining in the EU, it is for the first time conceivable that a member will leave the EU.

„The cracks in the EU grow larger
Euro, Refugees, Secessions, and Brexit
weiterlesen

Kurz kommentiert
Brexit: Nun muss Deutschland die Briten ersetzen

  1. Der EU-Kommissionspräsident Juncker hat nichts verstanden, weil ihm offensichtlich das analytische Talent fehlt, die wahren Gründe für die Exit-Option Großbritanniens zu evaluieren. Er schaltet den verbalen und emotionalen Schnellschuss-Bestrafungsmodus ein, um – wie er sagt – schnell einen Abschreckungseffekt auf andere EU-Länder zu erzeugen. Seine Philosophie ist: Die EU soll bestrafen, wenn ein Land den Artikel 50 des Lissabon-Vertrages in Anspruch nimmt, um legal aus einem Club auszuscheiden, dessen Clubgüter und Clubregeln nicht mehr mit der Mehrheit seiner eigenen Bevölkerung übereinstimmen. Juncker schlägt vor, nunmehr alle EU-Mitglieder in die – wahrlich dauerkrisengeschüttelte – Euro-Zone hineinzuzwingen, damit die EU schnell die Exit-Options-Krise überwinde, in die sie nunmehr geraten sei. Wie kann man eine Integrationskrise denn überwinden, wenn man die falschen Währungsarrangements einer schweren Dauerkrise übernimmt? Europa müsse auch „sozialer“ werden, obwohl bereits etwa die Hälfte der Sozialausgaben der Welt in der EU umverteilt wird. Und der Weg aus der jetzigen Krise sei alternativlos: „Mehr Europa“, also noch mehr Zentralisierung, noch mehr Umverteilung, noch mehr erzwungene Einheitlichkeit, noch mehr Etatismus französischer Couleur.

Kurz kommentiert
Brexit: Nun muss Deutschland die Briten ersetzen“
weiterlesen

Brexit it is
On the rationality of referenda

Koen Smets has published a blog post where he uses the Brexit referendum as an example and behavioral economics as a toolbox to question the rationality of referenda. He uses the standard catalogue of decision-making biases to make his case, and prima facie, he does so quite convincingly. But I think there are some problems in his line of argument.

„Brexit it is
On the rationality of referenda
weiterlesen

Die Risse in der EU werden größer
Euro, Flüchtlinge, Sezessionen und Brexit

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ (Helmut Schmidt)

Europa ist in der Krise, ökonomisch und politisch. Das ist nicht neu. Krisen pflastern von Anbeginn den Weg der europäischen Integration. Geschadet habe es bisher dem Prozess der Integration nicht. Das behaupten zumindest die Europa-Visionäre. Aus jeder Krise sei Europa gestärkt hervorgegangen. Die Vision eines ökonomisch integrierten und politisch geeinten Europas lebe weiter. Die aktuellen Krisen lassen allerdings Zweifel an dieser Sicht der Dinge aufkommen. Heute gehen drei Risse durch Europa. Ein erster Riss tut sich zwischen Mitgliedern von Sub-Clubs der EU auf. In der EWU verläuft er zwischen nördlichen und südlichen Mitgliedern, im Schengen-Raum zwischen östlichen und westlichen Teilnehmern. Ein zweiter Riss zeigt sich in Mitgliedsländern selbst. Regionen wollen mehr (wirtschafts-)politische Eigenständigkeit. Der Wunsch nach Sezession wird stärker. Schottland und Katalonien sind die Vorhut dieser Entwicklung. Ein dritter Riss zeigt sich in Exit-Überlegungen von Mitgliedern der EU. Mit dem britischen Referendum über den Verbleib in der EU ist denkbar, dass zum ersten Mal ein Mitglied die EU verlässt.

„Die Risse in der EU werden größer
Euro, Flüchtlinge, Sezessionen und Brexit
weiterlesen