Die OECD hat mit ihrer jüngsten Studie „In it together: why less inequality benefits all“ Aufsehen erregt. Im Kern vertritt sie darin folgende Thesen: In den letzten 20-30 Jahren, insbesondere aber seit der Finanzmarkt- und Weltwirtschaftskrise (2008/2009) sei die Einkommens- und (besonders) die Vermögensverteilung in den OECD-Staaten deutlich ungleicher geworden. Dies koste wirtschaftliches Wachstum – allein zwischen 1990 und 2010 sei deshalb der reale Zuwachs im BIP dort kumuliert um 4,7 Prozentpunkte niedriger als möglich ausgefallen – und lasse die ärmsten 40% mit einem großen Abstand zum Rest der Gesellschaft zurück. Der Schlüsselfaktor für die Wachstumseinbußen wird in der starken Ausbreitung von flexiblen („non-standard“) Arbeitsverträgen und den zu geringen Investitionen in Humankapital (bei geringem Vermögen/hohen Schulden der unteren Mittelschicht) gesehen. Als Remedur schlägt die OECD daher vor, dass die Arbeitsmarktpolitik weniger die Quantität als die Qualität von Jobs fördern solle, die Bildungspolitik den Zugang zu Bildungseinrichtungen verbessern und die Attraktivität der Weiterbildung steigern müsse und schließlich die Finanzpolitik mit Hilfe von Steuern und Transfers (wo noch nicht geschehen) ein effizientes staatliches Umverteilungssystem einzurichten habe.
Autor: Friedrich L. Sell
Universität der Bundeswehr München