Die Zahl der Asylerstanträge ist in den letzten Jahren wieder deutlich angestiegen: Nach 148.233 Erstanträgen 2021 und 217.774 im Folgejahr wurden in den ersten acht Monaten des Jahres 2023 schon 204.461 Anträge gestellt In diesen Zahlen nicht enthalten sind die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Diese müssen keinen Asylantrag stellen, sondern genießen „vorübergehenden Schutz“ gemäß § 24 Aufenthaltsgesetz in Verbindung mit Artikel 5 der Richtlinie 2001/55/EG. Ebenfalls nicht in den obigen Zahlen enthalten sind die „Familiennachzügler“, die keinen Asylantrag stellen müssen. In den Jahren 2016 bis 2022 kamen auf diese Weise ca. 212.000 Menschen nach Deutschland. Die Asylantragsteller weisen im Durchschnitt eine sehr geringe Qualifikation auf. Unter den volljährigen Asylerstantragstellern des ersten Halbjahres 2021 hatten 32,1% die Grundschule als höchste Bildungseinrichtung besucht und hatten 31,8% vor ihrer Flucht keine Berufstätigkeit ausgeübt. Unter den schon berufstätig gewesenen Flüchtlingen hatten 37,7% nur einfache Tätigkeiten ausgeübt. Wie sehen auf der anderen Seite die Zahlen zum Zuzug von Fachkräften, also (potentiellen) Einwanderern, aus? Vergleicht man diese Zahlen mit den Zahlen zu den Asylerstanträgen, so stellt man ein deutliches Ungleichgewicht fest: Zwischen 2012 und 2021 kamen ca. 2,27 Millionen (zum großen Teil unqualifizierte) Flüchtlinge, aber nur ca. 297.000 Fachkräfte und Hochqualifizierte nach Deutschland. In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass es in dem genannten Zeitraum eine Nettoabwanderung von Deutschen ins Ausland im Ausmaß von 313.000 Personen gegeben hat. Dabei handelt es sich laut einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung aus dem Jahr 2019 um Personen, die deutlich jünger und deutlich besser qualifiziert als der Bevölkerungsdurchschnitt sind. Mit anderen Worten: Die Fachkräftezuwanderung hat noch nicht einmal die Abwanderung einheimischer Fachkräfte ausgleichen können. Das strukturelle Problem des Sozialstaats Deutschland Es ist kein Zufall, dass die Zahlen zur Zuwanderung unqualifizierter Flüchtlinge und zum Zuzug ausländischer Fachkräfte in einem krassen Missverhältnis stehen. Sie sind vielmehr der Ausdruck eines strukturellen Problems: Der Sozialstaat ist sehr attraktiv für geringqualifizierte und wenig attraktiv für hoch qualifizierte Zuwanderer. Erstere profitieren von den hohen Sozialleistungen, die sie zwangsläufig in großem Umfang in Anspruch nehmen, werden aber von den zur Finanzierung ebendieser Leistungen notwendigen hohen Steuern kaum tangiert, weil sie nur geringe Einkommen erzielen. Genau umgekehrt ist es bei letzteren: Sie verdienen relativ viel und nehmen kaum Sozialleistungen in Anspruch, sodass für sie Länder mit niedrigen Steuern und geringen Sozialleistungen attraktiver als Länder mit einem gut ausgebauten System der sozialen Absicherung sind. Es kommt also zu einer Negativselektion. Unser Sozialstaat zieht gerade die Menschen an, die das Land und die einheimische Bevölkerung belasten und schreckt diejenigen ab, deren Zuzug für Deutschland von Vorteil wäre. Auf Dauer sind deshalb offene Grenzen nicht mit einem Sozialstaat vereinbar, da sich dieser so selbst zerstören würde. Die erste und wichtigste Voraussetzung für die Etablierung einer rationalen Migrationspolitik ist die Einsicht in dieses Problem. Die Flüchtlingskrise in Deutschland Was die konkreten ökonomischen Konsequenzen der Flüchtlingskrise angeht, ist es sinnvoll, zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Folgen zu unterscheiden. Kurzfristig machen sich zuallererst die hohen Ausgaben für die Flüchtlinge bemerkbar: einerseits direkte Ausgaben für deren Versorgung mit Nahrung, Kleidung, Unterkunft etc., andererseits indirekte Ausgaben, die nicht den einzelnen Flüchtlingen zurechenbar sind, wie z.B. die Ausgaben für zusätzliche Asylsachbearbeiter, Polizisten, Lehrer oder Verwaltungsrichter. Eine verlässliche „offizielle“ Zahl zu den Gesamtausgaben gibt es bis heute nicht, sodass man auf Schätzungen angewiesen ist. Als realistische Größenordnung für die Gesamtkosten im Zeitraum von 2015 bis 2022 wird man von etwa 270 Milliarden Euro ausgehen müssen. In der mittleren Frist wirkt sich die Flüchtlingskrise vor allem auf Arbeits- und Wohnungsmarkt aus, dann nämlich, wenn die Flüchtlinge die Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen und beginnen, am Arbeitsmarkt als Anbieter und am Wohnungsmarkt als Nachfrager aufzutreten. Grundsätzlich wird durch die Zunahme des Erwerbspersonenpotentials die sich abzeichnende Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zugunsten der Arbeitnehmer zumindest gebremst, vielleicht sogar umgekehrt. Denn ohne Zuwanderung würde die Bevölkerung und damit das Arbeitsangebot abnehmen, sodass Arbeit knapper und die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer besser werden würde. Dies würde tendenziell zu einer steigenden Lohnquote führen, d.h. der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen würde zunehmen. Infolge der Flüchtlingskrise ist aber mit einem langsameren Anstieg, unter Umständen auch einem Rückgang der Lohnquote zu rechnen. Von dieser Entwicklung profitieren die Kapitaleigner bzw. die Arbeitgeber, die andernfalls eine Veränderung der funktionalen Einkommensverteilung zu ihren Lasten fürchten müssten. Allerdings wird der Arbeitsmarkt nicht gleichmäßig betroffen. Die Flüchtlinge sind im Durchschnitt schlecht qualifiziert und haben kaum Deutschkenntnisse. Deshalb dauert es nicht nur lange, bis sie in den Arbeitsmarkt integriert werden, sie haben auch überwiegend geringqualifizierte und niedrigbezahlte Jobs und sind häufig und lange arbeitslos. Dementsprechend ist der Anteil derjenigen, die Leistungen nach Sozialgesetzbuch II (SGB II), also „Bürgergeld“ und Sozialgeld, beziehen, sehr hoch. So sahen die Arbeitsmarktzahlen für Asylbewerber aus den acht wichtigsten Herkunftsländern im Mai 2023 wie folgt aus: Ihre Beschäftigungsquote betrug 41,8; 36,0% von ihnen waren sozialversicherungspflichtig beschäftigt; die Arbeitslosenquote belief sich auf 30,4% und die SGB-II-Quote auf 45,7%. Flüchtlinge konkurrieren deshalb am Arbeitsmarkt hauptsächlich mit den einheimischen Geringverdienern; aufgrund des erhöhten Arbeitskräfteangebots in diesem Sektor des Arbeitsmarkts ist mit Lohndruck und tendenziell sinkenden Löhnen für geringqualifizierte Tätigkeiten zu rechnen. Auch was die Nachfrage nach Wohnungen angeht, stehen die Flüchtlinge vor allem mit den einheimischen Geringverdienern in Konkurrenz, da sich die Nachfrage beider Gruppen hauptsächlich auf kleine, weniger gut ausgestattete, schlechter gelegene und deshalb billigere Wohnungen richtet. Am Wohnungsmarkt kommt es besonders in diesem Bereich zu steigenden Mieten, vor allem in Großstädten. Außerdem nimmt die Konkurrenz um Sozialwohnungen ebenfalls zu. Diese mittelfristigen Effekte haben offensichtlich eine regressive Verteilungswirkung: Es sind nämlich vor allem die einheimischen Geringverdiener, die unter der Flüchtlingskrise zu leiden haben, während die hochqualifizierten Gutverdiener nicht nur kaum Nachteile zu gewärtigen haben, sondern sogar mit Vorteilen rechnen können: Schließlich werden hochqualifizierte Arbeitskräfte durch den Zustrom Geringqualifizierter relativ knapper, was zu einer Verbesserung ihrer Verdienstsituation führen wird. Die Einkommensverteilung wird also ungleichmäßiger. In diesem Zusammenhang kann man vom Dilemma der Integration sprechen, da diese negativen Verteilungswirkungen umso stärker ausfallen, je besser sich die Flüchtlinge integrieren, also je mehr von ihnen am Markt Arbeit anbieten und Wohnraum nachfragen. Langfristig sind fiskalische Probleme zu befürchten. Die anfänglichen Hoffnungen, dass die Flüchtlinge […]