Der Klassenkampf ist abgesagt!?
Gewerkschaften im Umbruch

„Ist der Flächentarifvertrag am Ende? Leider nein. Aber es wäre zum Abbau der hohen Arbeitslosigkeit wünschenswert, wenn der flächendeckende Lohntarif an sein Ende gebracht würde. Was eine Geschäftsleitung und ein geheim gewählter Betriebsrat miteinander verabreden können und wollen, das nützt beiden gleichermaßen. Doch das geltende Gesetz verbietet ihnen in weitgehendem Maße betriebliche Vereinbarungen und zwingt sie stattdessen unter die gemeinsame Fuchtel der Funktionäre des Arbeitgeberverbandes und der Gewerkschaft. Beide sind vom einzelnen Betrieb weit entfernt. Beide kämpfen um Prestige und Macht – und um die Erhaltung ihrer umfangreichen hauptamtlichen Bürokratie.“(Helmut Schmidt, 2001)

Am 1. Mai sieht man, wie es Gewerkschaften geht. Der Tag der Arbeit war einst ihr höchster Feiertag. In einem Meer roter Fahnen feierten Gewerkschafter das jährliche Hochamt der Arbeiterbewegung. Aufrufe zur Revolution gab es zwar eher selten, klassenkämpferische Töne allerdings schon. Gewerkschaften waren eine Macht. Sie trieben die Politik oft vor sich her. Heute ist es eine eher müde Veranstaltung. Immer weniger Arbeitnehmer haben Lust, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Nur noch ein harter Kern nimmt an den Feiern zum 1. Mai teil, immer noch mit roten Fahnen. Die Gewerkschaften sind nur noch ein Schatten früherer Tage. Ihre lohn- und tarifpolitische Schlagkraft ist geschrumpft. Die Tarifverträge gelten für immer weniger Arbeitnehmer und Unternehmer. Stark sind sie nur noch im öffentlichen Sektor. Ihr Einfluss auf die Politik ist gesunken. Immer öfter sind sie auf die (Not-)Hilfe der Politik angewiesen. Gewerkschaften werden zum Sozialfall. Hierzulande greift ihnen Andrea Nahles, die gewerkschaftliche Bundesarbeitsministerin, tatkräftig unter die Arme. Das hat einen Preis: Die Tarifautonomie wird immer stärker politisiert.

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Ungleichheit heute (7)
Einkommensverteilung: Vorsicht vor der Konjunktur!

„Schönheit liegt im Auge des Betrachters“, sagt ein Sprichwort. Dabei hat jeder oftmals ein anderes Vergleichsmaß vor Augen. Das gilt zuweilen auch bei wirtschaftlichen Vergleichen. Je nach Maßstab eröffnen sich eine andere Betrachtungsperspektive und letztlich eine andere ökonomische Bewertung der Fakten.

Dieses Problem durchzieht zum Beispiel Wachstums- und Einkommensvergleiche. Je nach Referenzjahr kann ein Vergleich zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen. Zum Beispiel: Wird die jahresdurchschnittliche Veränderung bei den Arbeitnehmerentgelten und bei den Unternehmens- und Vermögenseinkommen berechnet, dann kann das Bezugsjahr eine erhebliche Bedeutung haben:

Ungleichheit heute (7)
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Ungleichheit heute (1)
Einkommensungleichheit in OECD-Ländern
Wo stehen wir?

„The great mystery of the modern theory of distribution is why anyone regards the share of wages and profits as an interesting problem.“ (Mark Blaug, 1996)

Verteilungsfragen haben wieder Hochkonjunktur. In der Öffentlichkeit dominiert der Eindruck, Einkommen und Vermögen werden immer ungleicher verteilt. Heftige Kritik, normative und positive, ist die Folge. Das allgemeine Empörungsniveau steigt. Wachsende Ungleichheit wird als ungerecht empfunden. Tatsächlich sind Ungleichheit und Ungerechtigkeit aber zwei Paar Schuhe. Was ungerecht ist, ist eine philosophische Frage, keine ökonomische. Die Kritik hat aber auch eine positive Komponente. Ungleich verteilte Einkommen und Vermögen wirken nach dem Eindruck vieler systemisch. Die wachsende Ungleichheit wird für die Finanzkrise verantwortlich gemacht. Darunter leidet die Akzeptanz der aktuellen marktwirtschaftlichen Ordnung. Dieser Beitrag ist der Auftakt der neuen Serie „Ungleichheit heute“.

Ungleichheit heute (1)
Einkommensungleichheit in OECD-Ländern
Wo stehen wir?
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Lokführer, Flächentarife und Verteilungskämpfe

Die Welt des Korporatismus ist schon lange nicht mehr heil. Sein Herzstück, der Flächentarif, löst sich auf. Die Branchen marschieren lohn- und tarifpolitisch immer seltener im Gleichschritt. Auch die Unternehmen einer Branche wollen immer öfter eigene Wege gehen. Noch einen Schritt weiter gehen die Lokführer. Wie Piloten, Ärzte und Fluglotsen vor ihnen, wollen sie im Unternehmen nicht mehr mit den anderen Arbeitnehmern über einen Kamm geschoren werden. Dem gemeinsamen Tarifvertrag, den die Bahn mit den beiden konkurrierenden Gewerkschaften geschlossen hat, wollen sie sich nicht anschließen. Sie fordern einen eigenständigen.

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