Die kalte Progression
Die Einkommensteuer in Deutschland ist progressiv ausgestaltet. Das beutet, dass der Durchschnittssteuersatz mit der Höhe des Einkommens zunimmt. Dies findet seine Rechtfertigung im Leistungsfähigkeitsprinzip der Besteuerung. Wer mehr leisten kann, soll relativ mehr Steuern zahlen. Die Progressivität der Einkommensteuer wird durch den Formeltarif in Einkommensteuergesetz festgelegt. Dieser ist anhand der sogenannten Tarifeckwerte in Euro-Beträgen definiert.
Die Festlegung der Tarifeckwerte in Euro bringt Probleme mit sich, wenn die Kaufkraft ein und desselben Geldbetrags über die Zeit variiert. Mit der Inflation sinkt der Geldwert und damit die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen bei gleichem Einkommen. Sofern die Tarifeckwerte aber über die Zeit unverändert bleiben, sinkt trotz geringerer Leistungsfähigkeit die Steuerlast nicht. Umgekehrt steigt die Steuerlast, wenn das Einkommen (lediglich) mit der Inflation zunimmt, obwohl die Kaufkraft und davon abgeleitet die Leistungsfähigkeit nicht gestiegen sind. Relativ zur Leistungsfähigkeit steigt durch die Inflation somit der effektive Steuersatz. Dieses Phänomen wird als „kalte Progression“ bezeichnet.