„Wenn A eintritt, dann passiert B“. Aussagen über die kausale Wirkung von Handlungen beschäftigen uns jeden Tag auf vielfältige Weise. Doch was für alltägliche Entscheidungen schon knifflig ist, gestaltet sich für Forschende in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften besonders schwierig. Denn häufig kann zwar eine Korrelation zwischen A und B beobachtet werden. In einer komplexen Welt ist jedoch zumeist unklar, ob A tatsächlich B beeinflusst – oder ob der Zusammenhang von anderen Variablen ausgelöst wird oder gar in die andere Richtung verläuft.
Nobelpreis 2021
Blick ins Buch (2)
Soziale Mobilität in der ganz langen Frist
Der Einfluss von Dynastien
Im vorherigen Kapitel haben wir uns die Frage gestellt, wie stark die Einkommen der Individuen von den Einkommen der Eltern abhängen. Die Schlussfolgerung war, dass der Grad der Abhängigkeit zwar von Land zu Land verschieden ist, im Schnitt aber ein starker Einfluss des familiären Hintergrundes zu beobachten ist. In diesem Kapitel dehnen wir den Zeithorizont deutlich aus und fragen uns, wie hoch die soziale Mobilität in der ganz langen Frist ist. Wir betrachten also den Einfluss der Einkommen der Großeltern, der Urgroßeltern und der Ur-Urgroßeltern auf die Erfolgschancen der Kinder.
„2. Würzburger Ordnungstag“
Werden aus armen Kindern arme Erwachsene?
Über Höhe und Ursachen sozialer Mobilität
„The order is rapidly fadin. ‚And the first one now will later be last. For the times, they are a-changin’.“ (Bob Dylan)
Die Einkommensungleichheit hat in den entwickelten Volkswirtschaften innerhalb der letzten Jahrzehnte stark zugenommen. Während der Gini-Koeffizient der Markteinkommen in den USA von 37,4% im Jahr 1970 auf 47,0% am aktuellen Rand angestiegen ist, können ähnliche Entwicklungen in nahezu allen Industrienationen beobachtet werden. Deutschland bildet hier keine Ausnahme, auch hierzulande hat die Einkommenskonzentration mit einem Anstieg von über 10 %-Punkten im selben Zeitraum deutlich zugenommen. Welche Konsequenzen diese Entwicklung auf die wirtschaftliche Effizienz nimmt, wird kontrovers diskutiert. In einem Punkt sind sich die Ökonomen jedoch einig: Wenn die soziale Mobilität – die Möglichkeit, in der Einkommensverteilung nach oben zu gelangen – hoch ist, so ist der Anstieg der Einkommensungleichheit weniger problematisch. Wenn jedem Individuum dieselbe Möglichkeit zum Aufstieg bereit stünde und der monetäre Erfolg im Wesentlichen von den eignen Anstrengungen abhinge, so würden Einkommensunterschiede gar eine positive Anreizwirkung auf Humankapitalakkumulation und Innovationstätigkeit ausstrahlen. Doch wie hoch ist die soziale Mobilität in den einzelnen Ländern? Und durch welche Faktoren können die Unterschiede zwischen den Volkswirtschaften erklärt werden?
Ungleichheit heute (12)
Ungleichheit und Wachstum
Zu Beginn dieser Serie wurde die Entwicklung der Einkommensungleichheit in Deutschland und der Welt intensiv dokumentiert. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Einkommen zunehmend ungleicher verteilt sind. Aus normativen Gründen mag man dieser Entwicklung kritisch gegenüber stehen. Aber auch aus Effizienzgründen kann eine ungleiche Verteilung schädlich sein. Eine naheliegende Vermutung ist, dass Ungleichheit den gesamtwirtschaftlichen Output und somit die Einkommen reduziert oder zumindest langsamer ansteigen lässt. Dieser Beitrag zeigt, dass dies für Entwicklungsländer tatsächlich der Fall ist und veranschaulicht überdies, warum ein solcher Zusammenhang in den Industrienationen gerade nicht beobachtet werden kann.
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