Die Pandemie von 2020 hat Zentralbanken und Regierungen vor bisher in diesem Ausmaß noch nicht gekannte Herausforderungen gestellt. Selbst für in der Geldpolitik und Geldtheorie ausgebildete Ökonomen drängt sich derzeit die Frage auf, wie die Wirksamkeit der Geldpolitik verbessert und dem gigantischen Schuldenzuwachs weltweit begegnet werden kann. Dieser ist eine Folge des wirtschaftlichen Einbruchs, der die Steuereinnahmen mindert, und der Stützungsmaßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft.
Die vorherrschende Sicht der Geldtheorie und die Praxis der Geldpolitik basieren auf einem kohärenten Rahmen, der geldpolitische Fragestellungen systematisch darstellen und beantworten kann. In den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch in den USA eine kleine Gruppe von Ökonomen und ökonomisch Interessierten gebildet, die diese Geldtheorie infrage stellen, und die Beschränkungen, denen der Staatshaushalt unterliegt, als Ideologie darstellt, die einer Lösung gesellschaftlicher Probleme im Wege steht. Sie selbst bezeichnet sich als „moderne Geldtheorie“, ist dabei aber weder modern noch wirklich eine Theorie. Diese „Modern Monetary Theory“ (MMT) hat auch in Deutschland eine gewisse Beachtung und Anklang gefunden. Die MMT suggeriert, dass die gängige Warnung vor einer steigenden Schuldenlast zu ignorieren sei, und dementsprechend wünschenswerte Ausgaben zur Bewältigung sozialer und ökologischer Herausforderungen ohne nennenswerte Kosten für die Allgemeinheit getätigt werden können. Obwohl diese Sichtweise sowohl unter Wirtschaftswissenschaftlern als auch unter Politikern bislang eher eine Nischenstellung einnimmt, ist davon auszugehen, dass sie hier wie in den USA gerade vom eher progressiven politischen Spektrum eingenommen werden wird.[1]