Anleitung zur Zerstörung einer Demokratie in zehn Schritten

Eine moderne Anleitung zur Zerstörung einer Demokratie muss zwei empirische Beobachtungen des 20. Jahrhunderts beherzigen.

Erstens: Bis zum Ersten Weltkrieg und teilweise auch noch in der Zwischenkriegszeit waren Autokratien elitär. Für die meisten Vertreter der Eliten war die Herrschaft des Volkes eine lächerliche Vorstellung, denn das gemeine Volk war bei weitem zu einfältig, um vernünftigerweise in staatspolitische Entscheidungen eingebunden werden zu können. Daher sahen sich politische Eliten auch nicht als Vertreter des Volkes, sondern als Repräsentanten von Kopfgeburten wie der Nation oder gar gleich des Allmächtigen. Das Volk dagegen war Material, das man für Kriege und andere Dinge von nationaler oder göttlicher Bedeutung nach Belieben einsetzte wie einen Produktionsfaktor. Spätestens seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs änderte sich das. Seither verstehen sich praktisch alle Regierungen als Repräsentanten des Volkes, jedenfalls in ihrer Kommunikation. Deshalb spielen auch Autokratien formal das demokratische Spiel, obwohl das inhaltlich natürlich keine Bedeutung hat: Sie halten Wahlen ab, sie behaupten, die einzig wahren Vertreter der Interessen des Volkes zu sein, und sie verweisen gern und überall auf die Unabhängigkeit ihrer Parlamente und Gerichte, weshalb ihnen in vielerlei Hinsicht – etwa bei der Verurteilung von Dissidenten – die Hände gebunden seien. Schließlich achten sie sehr auf ihre Popularität.

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Was wirkt besser gegen Corona: Grundrechte oder Diktatur?

Der renommierte Buch- und Drehbuchautor Thomas Brussig hat in der Süddeutschen Zeitung vom 9. Februar einen Namensbeitrag veröffentlicht, den er unter die prägnante Überschrift „Mehr Diktatur wagen“ gestellt hat. Er will offenkundig provozieren, und das schafft er auch (zumindest bei mir). Sein Beitrag ist quasi das Kontrastprogramm zu einem Interview-Beitrag von Heribert Prantl, der der Süddeutschen Zeitung als ihr ehemaliger Politik-Chef ebenfalls eng verbunden ist, seinen Beitrag mit dem Titel „Ich hoffe, dass die Gesellschaft aufwacht“ aber in der Berliner Zeitung veröffentlicht hat (31. Januar 2021). Ihm zufolge besteht „das Wesen der Grundrechte darin, dass sie gerade in einer Krise gelten müssen. Deswegen heißen sie Grundrechte. Sie sind die Leuchttürme, die in der Demokratie leuchten. Es ist fatal zu glauben, man könne sie ja eine Zeit lang geringer leuchten lassen.“

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