Seit dem Höhepunkt der Finanzkrise im Herbst 2008 sind niedrige Zinsen in den großen Industriestaaten ein gängiges Phänomen. Während die Notenbanken der USA, Großbritanniens und Japans ihre Leitzinsen bereits im Herbst 2008 auf Null bzw. nahe Null setzen, tat die EZB dies erst Ende 2013. Niedrige Zinsen in der Eurozone gibt es allerdings schon seit dem Frühjahr 2009, nachdem die EZB den Leitzins von 4,25% Anfang Oktober 2008 auf 1% im Mai 2009 ermäßigt hatte. Nach einer vorübergehenden Anhebung des Leitzinses auf 1,5% im Jahre 2011 hat die EZB diesen seither schrittweise auf 0,05% im September 2014 gedrückt. Auch am langen Ende des Marktes sind die Zinsen – gemessen an der Nominalrendite für zehnjährige Bundesanleihen – der Leitzinsentwicklung tendenziell gefolgt. Die Nominalverzinsung für zehnjährige Bundesanleihen ermäßigte sich von gut 3% im Herbst 2008 auf ein Niveau von knapp 1% im Oktober 2014.
“2. Würzburger Ordnungstag“
Wie gefährlich ist Deflation?
Unter den meisten Fachleuten herrscht Einigkeit: Deflation – verstanden als sinkende Preise bzw. negative Inflationsrate – stellt eine große Gefahr für die Entwicklung des Euro-Raums dar. Die Angst ist so groß, dass selbst eine positive Inflationsrate von 0,7 Prozent als Alarmsignal und Anlass zu geldpolitischen Maßnahmen verstanden wird.
Gleichzeitig wird beklagt, dass die europäischen Schuldenländer, hier ist natürlich vor allem Griechenland zu nennen, einen Ausweg aus der Krise nur durch eine „interne Abwertung“, also durch Lohn- und Preissenkungen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Nationen wieder herstellen, erreichen können. Dies entspricht natürlich schlicht und einfach einer Deflation!
Diese Einschätzung der Deflation als größtmöglicher Gefahr steht außerdem im Gegensatz zu den Wahrnehmungen der Konsumenten, die sich regelmäßig freuen, wenn die Preise für Mobiltelefone, Tablets oder Fernsehgeräte fallen. Doch wie kann es sein, dass sich eigentlich alle über sinkende Preise freuen, sie aber zugleich die größte Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung sein sollen? Im Folgenden wird versucht, die wichtigsten Argumentationen der Konsequenzen einer deflationären Entwicklung zu skizzieren und anhand einiger Statistiken einzuschätzen.
Unternehmensinsolvenzen: Trügerische Ruhe
Null-Zins-Politik, Zombie-Banken, Zombie-Unternehmen
Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform meldet für das erste Halbjahr 2014 eine Zahl von 12Â 100 Unternehmensinsolvenzen, während die Zahl im Vorjahreszeitraum noch bei 13Â 310 lag. Und der Jahreswert für 2013 liegt um 8,4 Prozent unter dem Vorjahreswert und damit auf dem niedrigsten Stand seit Einführung der neuen Insolvenzordnung im Jahre 1999. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist auf ein historisches Tief gefallen. Das klingt wie eine gute Nachricht. Doch ist es das wirklich?