Rechnungslegungszwecke
Differenzierung ist notwendig – auch beim Gläubigerschutz

Unternehmensrechnung und ihre Zwecke

Die Güte einer Unternehmensrechnung kann nur in Abhängigkeit von dem mit ihr verfolgten Zweck beurteilt werden (Schmalenbach 1963, S. 141). Die interne Unternehmensrechnung – etwa die Kosten- und Leistungsrechnung oder die Investitionsrechnung – verfolgt naturgemäß andere Ziele als die externe Unternehmensrechnung (Rechnungslegung), deren Zwecke durch den Gesetzgeber im Bilanzrecht festlegt werden. Auch die Ziele der Rechnungslegung können sich abhängig von der Rechnungslegungs- und Rechtstradition eines Landes unterscheiden. Die einzig wahre oder richtige Bilanz kann es nicht geben, was Stützel (1967) veranlasste, eine „funktionsanalytische Bilanztheorie“ auszuarbeiten.

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Vermögensfiktion: Risiken durch Goodwill-Bilanzierung

Nach einer von der Neuen Zürcher Zeitung (Rasch 2020) vom 21. November 2020 zitierten Studie könnte die aktuelle COVID-19-Pandemie, welche unstrittig die meisten Wirtschaftszweige stark belastet, zu außerplanmäßigen Abschreibungen auf bilanzierte Geschäfts- oder Firmenwerte (GoF, „Goodwill“) führen, die ein Risiko offenbaren, was Teilen der interessierten Öffentlichkeit möglicherweise kaum bekannt sein dürfte. Wenngleich makroökonomische Krisen selten zu außerplanmäßigen Abschreibungen führen, da die Wertminderungen meist nicht als dauernd angenommen werden, könnten sich in bestimmten Branchen – beispielsweise im Tourismus inklusive Personenluftfahrt – dauerhafte Wertminderungen ergeben, die zu außerplanmäßigen Abschreibungen führen. Ziel dieses Textes ist es, die Entstehung und die bilanzielle Behandlung des Goodwill im handelsrechtlichen Einzelabschluss überblicksartig zu skizzieren, sodass sich ökonomisch interessierte Leser, die aber mit dem Bilanzrecht wenig vertraut sind, ein eigenes Bild der Sachlage machen können. Ziel des Beitrags ist es somit nicht, eine abschließende Bewertung an der Goodwill-Bilanzierung vorzunehmen. Vielmehr wird eine grundsätzliche Sensibilisierung für die Entstehung und die bilanziellen Konsequenzen angestrebt.

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Politischer Aktionismus
Zum Referentenentwurf (Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität) aus Sicht der Neuen Politischen Ökonomie

Der sog. „Bilanzskandal“ um die Wirecard AG erregt fortwährend die Gemüter. Bereits die in der öffentlichen Diskussion verwendete Begrifflichkeit ist irreführend, denn natürlich ist nicht das stichtagsbezogene Rechenwerk „Bilanz“ für den Skandal verantwortlich. Aus ökonomischer Perspektive kann es sich nur um die Verantwortlichkeit einzelner Individuen handeln, für die der Nutzen einer kriminellen Handlung die Kosten – Entdeckungswahrscheinlichkeit multipliziert mit Strafe – überstiegen. Natürlich soll die externe Unternehmensrechnung – sofern diese das Vollständigkeitsgebot gem. § 246 Abs. 1 S. 1 HGB beachtet – die Geschäftsaktivitäten für außenstehende Adressaten sichtbar machen. Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, die kriminellen Handlungen einzelner Akteure innerhalb einer Unternehmung zu entdecken, zeichnet dann der Prüfer des Jahresabschlusses verantwortlich, sodass es keine Überraschung ist, dass im Rahmen der öffentlichen Diskussion auch die Rolle der Abschlussprüfer diskutiert wird.

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Bad Bank
Wunderwaffe für Sanierungen oder Etikettenschwindel?

Seit der Lehman-Krise und ihren diversen Nachbeben an den Kapitalmärkten taucht immer wieder ein Begriff auf, der ebenso häufig verwendet wie nur oberflächlich durchschaut wird. Beginnen wir also vorsichtshalber mit der Definition gemäß dem Glossar der Deutschen Bundesbank (hier):

„Eine Bad Bank (von „bad“, englisch: schlecht, faul) ist nach dem Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung eine Zweckgesellschaft zur Bereinigung einer Bankbilanz. Nach dem Gesetz kann eine angeschlagene Bank unter bestimmten Bedingungen und Auflagen hoch abschreibungsgefährdete Finanzaktiva auf eine Bad Bank übertragen. Im Gegenzug erhält die Bank von der Bad Bank eine Schuldverschreibung in gleicher Höhe. Der Staat garantiert über den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) für diese Schuldverschreibung; für diese Garantie muss die Bank eine Gebühr an den SoFFin zahlen. Die Bank kann sich durch diese Transaktion gegen zusätzliche Wertberichtigungen schützen sowie ihren regulatorischen Eigenkapitalbedarf verringern. Zudem kann sie die staatlich garantierten Schuldverschreibungen bei Refinanzierungsgeschäften des Eurosystems als Sicherheiten nutzen. Eine Bad Bank ist aus regulatorischer Sicht keine Bank, die den Eigenkapitalvorschriften unterliegt. In der Fachsprache bezeichnet der Begriff Bad Bank jenseits der gesetzlichen Definition eine bankinterne Abteilung, die auf die Verwertung abschreibungsgefährdeter Vermögenswerte spezialisiert ist.“

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Wirecard: Amazon gesucht – Enron gefunden

Was war das für eine traumhafte Story: Endlich haben wir auch in Deutschland einen digitalen Star am Börsenhimmel, der das Zeug hat, mit Amazon und all den anderen Billionenwerten an der Nasdaq mitzuhalten! Ein vergleichsweise kleines Unternehmen aus Aschheim bei München wickelte weltweit Zahlungsverkehrsprozeduren ab, verdrängte die Commerzbank 2018 aus dem DAX und war unversehens sogar mit der Deutschen Bank in Sachen Marktwert mehr oder weniger auf Augenhöhe. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis der Gipfel in der deutschen Börsenliga erklommen würde – freilich nur als Zwischenstation auf dem Weg in die oberen Gefilde der Champions League des internationalen Kapitalmarkts!

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Wirecard, IKB und der Ruf nach (noch) strengerer Kontrolle im Finanzsektor

Wirecard

Ende Januar 2019: Eine Reportage der Financial Times erhebt schwere Vorwürfe gegen den damaligen Börsenliebling Wirecard AG, die – natürlich – umgehend vom Unternehmen dementiert werden. In der Folge kommt es zu einem Ping-Pong gegenseitiger Vorwürfe, das in aller Öffentlichkeit und teilweise unter Einbezug amtlicher Stellen wie der Staatsanwaltschaft und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin ausgetragen wird. Nach wechselhaftem Verlauf dieses Schlagabtausches (vgl. zur Chronologie https://boerse.ard.de/boersenwissen/boersengeschichte-n/wirecard-vs-ft-chronologie-der-ereignisse100.html) kommt es im Juni 2020 zum vorläufigen Ende: Nochmalige Verschiebung der Bilanzvorlage, Verweigerung des Wirtschaftsprüfertestats, Mitteilung des Unternehmens, dass Guthaben über insgesamt 1,9 Mrd. € (rund ein Viertel der Bilanzsumme) „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestehen“, exzessiver Kurseinbruch, Entzug der Ratings, Abberufung von Vorständen, … bis hin zum Insolvenzantrag und erneuten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen – diesmal allerdings insbesondere gegen Vorstände der Gesellschaft, von denen einer zwischenzeitlich festgenommen sowie danach gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt und ein anderer in Südostasien gesucht wird.

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Kurz kommentiert
Zerbricht Ernst & Young am Wirecard-Skandal?

„Auditors might be in the position to alert boards and investors to questionable practices and hidden risks, but they might have their own conflicts of interests.“ (Admati, A.R. / Hellwig, M.F. (2013), p. 128)

Der schwedische Autor Johan Norberg (2003), S. 10:

„Von mancher Seite ist behauptet worden, die Bilanzfälschungen und darauf folgenden Zusammenbrüche der US-Firmen Enron und WorldCom hätten den Kapitalismus als unzuverlässiges und betrügerisches System entlarvt.

Nach meiner Überzeugung ist genau das Gegenteil richtig.

Kurz kommentiert
Zerbricht Ernst & Young am Wirecard-Skandal?“
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