Strukturwandel, Organisationsgrade und Tarifverträge
Sind betriebliche Bündnisse für Arbeit die tarifpolitische Zukunft?

„Eine Politik, die gegen ökonomische Gesetze und damit gegen menschliche Grundbedürfnisse regiert, zieht immer den Kürzeren.“ (Eugen von Böhm-Bawerk in seinem Essay „Macht oder ökonomisches Gesetz?)

Deutschland geht es wirtschaftlich und sozial gut. Die Beschäftigung ist hoch, die Inflation niedrig, die Armut minimal, die soziale Sicherheit groß. Nur mit dem Wachstum hapert es, wie fast überall in der reichen Welt. Für viele sind allerdings die hohen Überschüsse in der Leistungsbilanz ein Ärgernis. Die ausländische Kritik ist zwar unbegründet (hier). Dennoch sind die hohen Überschüsse ein Hinweis auf den drohenden Niedergang. Hohe Leistungsbilanzüberschüsse und ein großer industrieller Sektor sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Deutschland lebt noch immer gut von den „alten“ Industrien. Das wird sich ändern, grundlegend. Der notwendige strukturelle Wandel wird die noch heile Welt wirtschaftlich und sozial auf eine harte Probe stellen. Die Traumtänzer der Politik verhalten sich wie die Musikkapelle auf der Titanic. Sie spielen trotz Havarie die umverteilungspolitische Melodie unverdrossen weiter. Da sind die Tarifpartner von IG Metall und Gesamtmetall weiter. Das ökonomische Gesetz zwingt sie, verbandspolitische Macht abzugeben. Es bleibt ihnen keine andere Wahl als mit der zentralistischen Tarifpolitik zu brechen. Sie scheinen zu erkennen, über Löhne und Tarife muss stärker dezentral (betrieblich) entschieden werden.

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Has the Class struggle been called off!?
Unions in upheaval

“Is the collective agreement finished? Unfortunately not. But for the purpose of reducing the high unemployment rate, it would be desirable to bring an end to comprehensive labor agreements. What an executive board and a secretly chosen works council can and want to agree on benefits them both. However, the applicable law to a large extent prohibits them from making company agreements and instead they are under the thumb of the common functionary ambitions of the employer’s association and the union. Both the board and the council are far from independent operators. Both fight for prestige and power – and for the preservation of their extensive official bureaucracy.“ (Helmut Schmidt, 2001)

On the first of May one can see how unions are doing. Labor Day was once their most important holiday. In a sea of red flags, trade unionists celebrated the annual High Mass of the labor movement. Calls for revolution were admittedly rather rare; however, tones of class struggle were common. Unions were force to be reckoned with. They were often drivers of policy. Today it is a rather weary event. Fewer and fewer workers have the desire to unionize themselves. Only a dedicated core still participates in the celebrations on May 1st, still waving red flags. Trade unions are now only a shadow of their former selves. Their wage and collective bargaining clout has shrunk. Collective bargaining agreements apply to increasingly fewer workers and entrepreneurs. Only in the public sector are they still strong. Their influence on politics has declined. They are increasingly dependent on the (emergency) assistance of politics. Trade unions have become a welfare case. Here in Germany Andrea Nahles, the unionist Federal Minister of Labor, energetically offers assistance. This comes at a price: free collective bargaining is becoming increasingly politicized.

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Der Klassenkampf ist abgesagt!?
Gewerkschaften im Umbruch

„Ist der Flächentarifvertrag am Ende? Leider nein. Aber es wäre zum Abbau der hohen Arbeitslosigkeit wünschenswert, wenn der flächendeckende Lohntarif an sein Ende gebracht würde. Was eine Geschäftsleitung und ein geheim gewählter Betriebsrat miteinander verabreden können und wollen, das nützt beiden gleichermaßen. Doch das geltende Gesetz verbietet ihnen in weitgehendem Maße betriebliche Vereinbarungen und zwingt sie stattdessen unter die gemeinsame Fuchtel der Funktionäre des Arbeitgeberverbandes und der Gewerkschaft. Beide sind vom einzelnen Betrieb weit entfernt. Beide kämpfen um Prestige und Macht – und um die Erhaltung ihrer umfangreichen hauptamtlichen Bürokratie.“(Helmut Schmidt, 2001)

Am 1. Mai sieht man, wie es Gewerkschaften geht. Der Tag der Arbeit war einst ihr höchster Feiertag. In einem Meer roter Fahnen feierten Gewerkschafter das jährliche Hochamt der Arbeiterbewegung. Aufrufe zur Revolution gab es zwar eher selten, klassenkämpferische Töne allerdings schon. Gewerkschaften waren eine Macht. Sie trieben die Politik oft vor sich her. Heute ist es eine eher müde Veranstaltung. Immer weniger Arbeitnehmer haben Lust, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Nur noch ein harter Kern nimmt an den Feiern zum 1. Mai teil, immer noch mit roten Fahnen. Die Gewerkschaften sind nur noch ein Schatten früherer Tage. Ihre lohn- und tarifpolitische Schlagkraft ist geschrumpft. Die Tarifverträge gelten für immer weniger Arbeitnehmer und Unternehmer. Stark sind sie nur noch im öffentlichen Sektor. Ihr Einfluss auf die Politik ist gesunken. Immer öfter sind sie auf die (Not-)Hilfe der Politik angewiesen. Gewerkschaften werden zum Sozialfall. Hierzulande greift ihnen Andrea Nahles, die gewerkschaftliche Bundesarbeitsministerin, tatkräftig unter die Arme. Das hat einen Preis: Die Tarifautonomie wird immer stärker politisiert.

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4. Würzburger Ordnungstag (2)
Arbeit der Zukunft im Maschinenbau
Industrie 4.0 verändert die Arbeitswelt und bricht starre Tarifstrukturen auf

Das Thema Industrie 4.0 oder die digitale Vernetzung der Wertschöpfungsprozesse beherrscht seit 2013 die Diskussion über die Zukunftsfähigkeit des Maschinenbaus. Neben Wissenschaft und Unternehmen haben sich Politik und Verbände dem Thema Industrie 4.0 intensiv angenommen und – mit staatlicher Finanzierung – zahlreiche Kooperationen gestartet (Plattform Industrie 4.0 auf Bundeebene, Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg). Die Befürchtung, dass Deutschland in dieser „Vierten industriellen Revolution“ zurückfallen und an Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit verlieren könnte, setzt große korporatistische Anstrengungen frei.

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Tarifeinheit oder Tarifpluralität? (1)
Weniger Wettbewerb tut der Marktwirtschaft gut!?
Die FAZ und die Tarifeinheit

„Wettbewerb kann es nie genug geben“ (Roland Vaubel)

Die Welt der Ökonomie steht Kopf, nun auch in der FAZ. Alte Glaubensätze scheinen nicht mehr zu gelten. Mehr Wettbewerb sei nicht per se gut. Manchmal müsse er beschränkt werden, um die Marktwirtschaft vor sich selbst zu schützen. Diese steile These vertritt Dietrich Creutzburg, einer der klügsten ökonomischen Köpfe der FAZ, in dem Kommentar „Warum Tarifeinheit marktwirtschaftlich ist“. In der Lohn- und Tarifpolitik sei eben alles anders als auf Güter- und Faktormärkten. Hier tue nicht mehr, sondern weniger Wettbewerb der Marktwirtschaft gut. Tarifeinheit sei der Tarifpluralität vorzuziehen. Er fordert ein Gesetz, das den wettbewerblichen Ausrutscher des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 2010 endlich korrigiere. Damit liegt er auf der Linie aller im Bundestag vertretenen Parteien. Auch die kartellierten Tarifpartner – Einheitsgewerkschaften und Arbeitgeberverbände – werden seine Ausführungen mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen haben. Richtig werden sie dadurch allerdings noch lange nicht.

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Ein Weg aus der Krise
Warum die Tarifpartner blockieren

So ernst war die wirtschaftliche Lage schon lange nicht mehr. Der ersten Wellen des finanziellen Tsunami erreichen überall die reale Wirtschaft. Banken misstrauen einander, der Interbanken-Handel ist quasi tot, eine Kreditklemme droht. Das Konsumklima verschlechtert sich von Tag zu Tag. Die Konsumenten verlieren das Vertrauen in eine positive künftige wirtschaftliche Entwicklung. Der Einbruch von Investitionen und Konsum auf breiter Front ist nur noch eine Frage der Zeit. Die ersten Ausläufer haben eine der wichtigsten Branchen hierzulande, die Automobilindustrie und ihre vielen Zulieferer, schon erreicht. Deren Absatz ist eingebrochen. Alle großen deutschen  Hersteller halten die Bänder an und stoppen die Produktion zumindest zeitweilig.

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Warum die Tarifpartner blockieren
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Ungleichheit, Mitarbeiterbeteiligung und Politik

Das eher bescheidene Wachstum der letzten drei Jahrzehnte zeigt in vielen reichen Ländern distributive Schleifspuren. Einkommen und Vermögen verteilen sich ungleicher. Solange der Kuchen zügig weiter wächst, wird die größere Ungleichheit von den Bürgern kaum wahrgenommen. Den meisten geht es besser. Das gilt selbst dann, wenn einige größere Stücke des Kuchens erhalten als andere. Verringert sich allerdings das Wachstum oder kommt es gar zum Stillstand, verschlechtern sich zumeist auch die individuellen Aufstiegsmöglichkeiten. Die „gefühlte“ Ungleichverteilung nimmt zu, die Verteilungskämpfe werden schärfer, die Meinung verbreitet sich, in der Gesellschaft gehe es nicht mehr „gerecht“ zu. „Ungleichheit, Mitarbeiterbeteiligung und Politik“ weiterlesen

Arbeitsmärkte, Tarifpartner, Politik und Mitarbeiterbeteiligung

Die Politik klopft sich seit Wochen mit Blick auf die Arbeitsmärkte selbstzufrieden auf die Schultern. Erst die arbeitsmarktpolitischen Reformen von Rot-Grün hätten den Abbau der Arbeitslosigkeit möglich gemacht. Tatsächlich hat sich an den strukturellen Ursachen der Arbeitslosigkeit wenig geändert. Die günstigere Lage auf den Arbeitsmärkten ist der Konjunktur geschuldet, nicht institutionellen Reformen. Und mit dem Tarifabschluss von Sindelfingen wurde deutlich, die Lohn- und Tarifpolitik hat nichts gelernt. Sie ist wieder da, wo sie vor Pforzheim war, auf dem zentralistischen Holzweg.

Noch nicht benebelt vom „Erfolg“ auf den Arbeitsmärkten sah die „Große Koalition“ zu Beginn des Jahres noch institutionellen Handlungsbedarf. Sie war sich darin einig, der Schlüssel zum politischen Erfolg liegt auf den Arbeitsmärkten. Politisch überlebt nur, wer das Krebsgeschwür des seit langem wuchernden strukturellen Kerns der Arbeitslosigkeit nachhaltig besiegt. Für die Politik nicht minder gefährlich ist der rückläufige Anteil der Einkommen der Arbeitnehmer am Sozialprodukt. Mit der Wunderwaffe der Mitarbeiterbeteiligung wollte sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

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