Podcast
Bürgergeld statt Hartz IV
Ein sozialpolitischer Rückschritt

Die Tage von Hartz IV sind gezählt. Das Arbeitslosengeld II, wie es offiziell heißt, soll am 1. Januar 2023 durch ein Bürgergeld ersetzt werden. Darüber ist heftiger politischer Streit entbrannt. Worum geht es? Hartz IV ist das wichtigste Element der staatlichen Grundsicherung. Es soll allen, die unverschuldet oder selbst verschuldet in Not geraten sind, ein Existenzminimum garantieren. Konzipiert ist es allerdings als Hilfe zur Selbsthilfe. Das kling einfach, ist es aber nicht. Alle staatliche Umverteilung steht vor einem Dilemma. Das gilt auch für Arbeitslosengeld II und Bürgergeld. Ist der Staat bei der Grundsicherung zu knickrig, behebt er die Notlage nicht. Agiert er dagegen zu großzügig, sabotiert er die Hilfe zur Selbsthilfe. Die Leistungen des Sozialstaates sind nicht bedingungslos. Letztlich geht es immer darum, wie „fördern und fordern“ ausbalanciert wird. Veränderte ökonomische Umstände und volatiler distributiver Zeitgeist lösen den Zielkonflikt unterschiedlich. Die Vor-Hartz-Zeit setzte stärker auf „fördern statt fordern“. In der Hartz-Zeit wurde mehr Wert auf „fördern und fordern“ gelegt. In der Nach-Hartz-Zeit scheint das Pendel wieder zurückzuschwingen.

Über diese Themen diskutieren Prof. Dr. Ronnie Schöb (FU) und Prof. Dr. Norbert Berthold (JMU).

Podcast
Bürgergeld statt Hartz IV
Ein sozialpolitischer Rückschritt
weiterlesen

Andrea und Robert im (hartzigen) Wunderland
Der Sozialstaat ist nicht „bedingungslos“

„Wir werden Hartz IV hinter uns lassen.“ (Andrea Nahles)

Ein Virus geht um in Deutschland, das Virus des „bedingungslosen“ Sozialstaates. Die gegenwärtige Grundsicherung hat keine gute Presse. Unter Gerhard Schröder wurde die soziale Sicherung am unteren Ende auf neue Füße gestellt. Und sie war erfolgreich. Das verkrustete System der Sicherung des Existenzminimums wurde neu geregelt, die Arbeitslosigkeit ging zurück, auch wegen Hartz IV. Tatsächlich hat sich ein Teil der SPD nie mit dieser Grundsicherung anfreunden können. Den Mut sie abzuschaffen, hat sie aber auch nicht gefunden. Offensichtlich haben die Wahlergebnisse einen neuen Anstoß gegeben. Andrea Nahles und Lars Klingbeil haben verkündet, die SPD wolle das verhasste Hartz-IV-System endgültig hinter sich lassen. Mit dieser Forderung sind sie nicht allein. Auch die Grünen haben sich auf die Fahnen geschrieben, die Grundsicherung durch eine „Garantiesicherung“ zu ersetzen. Robert Habeck fordert, die Grundsicherung von Zwang und Bestrafung auf Anreiz und Belohnung umzustellen. Die (guten) Wahlergebnisse lassen die Grünen sozialpolitisch übermütig werden. Auch sie wollen weg von Hartz IV. Es ist kurios, dass allein die CDU/CSU die von Rot-Grün installierte Grundsicherung verteidigt.

„Andrea und Robert im (hartzigen) Wunderland
Der Sozialstaat ist nicht „bedingungslos“
weiterlesen

„Soziale Arbeitsmärkte“ (Pro)
Das „solidarische“ Grundeinkommen ist nichts anderes als eine – sinnvolle – Ausweitung des öffentlichen Dienstes

Das Konzept eines solidarischen Grundeinkommens, wie es Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller vorschlägt[1], hat eine breite öffentliche Debatte ausgelöst, in der sich inzwischen auch der zuständige Bundesminister Heil zugunsten eines „sozialen Arbeitsmarktes“ positioniert hat.[2] Die Diskussion ist unübersichtlich, da der Begriff „Grundeinkommen“ in die Irre führt, indem eine populäre, aber völlig unrealistische Idee, – nämlich ein „unbedingtes“ Grundeinkommen – als sprachlicher Aufhänger genommen wird. Der eigentliche Punkt des Müller-Vorschlags spielt deswegen in der Debatte kaum eine Rolle: Müllers Idee eines solidarische Grundeinkommens stellt eine klare Abkehr vom sogenannten „New Public Management“ dar – also der von vielen Ökonomen und Politikern in den letzten 30 Jahren vertretenen Meinung, der Staatssektor könnte durch privatwirtschaftliche Mechanismen grundlegend verbessert werden. Müller will die Aufgaben der Kommunen wieder ausweiten – und dass dieser Vorschlag  vom Chef der Berliner Verwaltung, die für mancherlei Probleme bekannt ist, gemacht wird, macht den Vorschlag nicht von vorne herein schlecht. Mit dem Namen „sozialer Arbeitsmarkt“ hat zudem einen deutlich besseren Begriff für das Vorhaben gefunden als Müller selbst. Und der Vorschlag ersetzt auch nicht Hartz IV, das auf jeden Fall weiterentwickelt werden sollte. Da hat Finanzminister Olaf Scholz Recht.

„Soziale Arbeitsmärkte“ (Pro)
Das „solidarische“ Grundeinkommen ist nichts anderes als eine – sinnvolle – Ausweitung des öffentlichen Dienstes“
weiterlesen