Durch den Renteneintritt der Babyboomer in den kommenden Jahren steht das Rentensystem vor großen Herausforderungen. In den kommenden 15 Jahren werden etwa 13 Millionen Erwerbstätige das Renteneintrittsalter überschritten haben, etwa 30 Prozent der derzeit dem Arbeitsmarkt zu Verfügung stehenden Personen. Das führt zu einer finanziellen Belastung des Systems. Gleichzeitig nimmt das Risiko von Altersarmut zu, insbesondere für Personen, die in den 1990 und 2000 Jahren von Arbeitslosigkeit betroffen waren. Eine systematische Abkehr von der bisherigen Ausgestaltung der Beitragsäquivalenz könnte einen wichtigen Beitrag leisten, um beiden Herausforderungen zu begegnen.
„Pro & ContraAlterssicherung sollte sich von der versicherungstechnischen Äquivalenz verabschieden“ weiterlesenGastbeitrag
Testen von Künstlicher Intelligenz
Gesetzliche Regelungen und Aufbau entsprechender Forschungskapazitäten notwendig
Während in den Feuilletons (und Science Fiction Filmen nach wie vor munter darüber spekuliert wird, was passieren wird, wenn Künstliche Intelligenz, kurz KI oder AI (für Artificial Intelligence) ) (demnächst) Bewusstsein erlangt haben wird, wird in der wirklichen Welt intensiv darüber nachgedacht – und dies mit Erfolg – wie man die real vorfindliche KI vernünftig kontrollieren kann. Ich kann und will mich hier in die technischen Details der Kontrolle nicht einmischen, sondern will auf eine zentrale gesetzlich-organisatorische Voraussetzung für eine effektive Kontrolle hinweisen den Zugang zu den Daten, mit denen KI „trainiert“ wird und die sie produziert. Ohne diesen Zugang kann es keine vernünftige Kontrolle geben, und für diese Kontrolle muss auch institutionalisierte Forschungskapazität aufgebaut werden.
Politik(er)beratung (2)
Mehr Forschungsbasierung der (Bundes)Politik (?)
Es fällt auf, dass im Koalitionsvertrag der „Ampel-Regierung“ offenkundig zahlreiche Aspekte und Vorhaben nicht bis ins Detail formuliert wurden. Dies birgt zwar einerseits Umsetzungsrisiken, andererseits – und vor allem – auch Chancen auf den Einbezug externen Sachverstands, nicht zuletzt auch der Zivilgesellschaft. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich aber nur mit einem speziellen externen Sachverstand, nämlich der von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die die Politik beraten (wollen). Auch zum Thema wissenschaftliche Fundierung und wissenschaftliche Beratung stehen im Koalitionsvertrag interessante Passagen – dabei ist die Berufung eines wissenschaftlichen Expertengremiums, das die Pandemie-Bekämpfung unterstützen soll, durch Bundeskanzler Scholz von Interesse. Am Ende dieses Beitrags wird auf dieses Gremium eingegangen, das das im Koalitionsvertrag als „wissenschaftlicher Pandemierat“ angekündigt wurde und das zum Zeitpunkt des redaktionellen Abschlusses dieses Beitrags zum ersten Mal getagt hat (ohne Ergebnisse zu veröffentlichen). Zuvor werden die eingangs erwähnten einschlägigen Passagen des Koalitionsvertrags diskutiert.[1]
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Mehr Forschungsbasierung der (Bundes)Politik (?)“ weiterlesen
Rentenkommission (1)
Die Rentenkommission hat bessere Vorschläge gemacht als es den Anschein hat
Es sei vorab gesagt, dass der Autor dieses Beitrags befangen ist, wenn es um die Interpretation der Ergebnisse der Regierung-Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ geht: der Autor war eines der 10 Mitglieder der „Rentenkommission“ der Bundesregierung.[i] Diese Kommission hat Ende März 2020 ihren vielkritisierten Bericht vorgelegt. Kernpunkte der Kritik sind, dass keine neue Rentenformel empfohlen wird, die bestimmt wie Beitragssatz, Bundeszuschuss und Rentenniveau sich bei gegebener wirtschaftlicher und demographischer Entwicklung bestimmen[ii], und dass insbesondere keine Formel für die weitere Erhöhung der Altersgrenze über das 67. Lebensjahr hinaus erarbeitet wurde.[iii] Im folgenden wird argumentiert werden, dass die Korridore für Beitragssatz (20 bis 24 Prozent) und Rentenniveau (44 bis 49 Prozent), die von der Kommission vorgeschlagen werden, keineswegs ein Nicht-Ergebnis darstellen; dies gilt insbesondere auch für die Reform der Altersgrenze, die die Kommission vorschlägt. Die Kommission hat eine Reihe von Verfahrensregeln und Indikatoren vorgeschlagen, die große Wirkungen entfalten würden, wenn Politik und Gesetzgeber sich durchringen könnten, diese Vorschläge umzusetzen.
Regelbindung (Contra)
Sind gesetzlich festgelegte sozial- und wirtschaftspolitische Zielwerte (un)vernünftig?
Die meisten deutschsprachigen Ökonomen sind von der Nützlichkeit fester Regeln für die Geld-, Sozial- und Wirtschaftspolitik überzeugt. In diesem Beitrag wird hingegen für „durchwursteln“ argumentiert, da bei (grund)gesetzlich festgelegten starren Regeln (z. B. hinsichtlich der Staatsverschuldung) nicht nur falsche Entscheidungen getroffen werden können (z. B. hinsichtlich des staatlichen Investitionsvolumens), sondern vor allem der Staat – und damit die Demokratie – sich unglaubwürdig macht, wenn – wie die Erfahrung lehrt – Regeln vernünftigerweise immer wieder gebrochen werden (z. B. in Form nicht eingehaltener Verschuldungsregeln).[1]
„Soziale Arbeitsmärkte“ (Pro)
Das „solidarische“ Grundeinkommen ist nichts anderes als eine – sinnvolle – Ausweitung des öffentlichen Dienstes
Das Konzept eines solidarischen Grundeinkommens, wie es Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller vorschlägt[1], hat eine breite öffentliche Debatte ausgelöst, in der sich inzwischen auch der zuständige Bundesminister Heil zugunsten eines „sozialen Arbeitsmarktes“ positioniert hat.[2] Die Diskussion ist unübersichtlich, da der Begriff „Grundeinkommen“ in die Irre führt, indem eine populäre, aber völlig unrealistische Idee, – nämlich ein „unbedingtes“ Grundeinkommen – als sprachlicher Aufhänger genommen wird. Der eigentliche Punkt des Müller-Vorschlags spielt deswegen in der Debatte kaum eine Rolle: Müllers Idee eines solidarische Grundeinkommens stellt eine klare Abkehr vom sogenannten „New Public Management“ dar – also der von vielen Ökonomen und Politikern in den letzten 30 Jahren vertretenen Meinung, der Staatssektor könnte durch privatwirtschaftliche Mechanismen grundlegend verbessert werden. Müller will die Aufgaben der Kommunen wieder ausweiten – und dass dieser Vorschlag vom Chef der Berliner Verwaltung, die für mancherlei Probleme bekannt ist, gemacht wird, macht den Vorschlag nicht von vorne herein schlecht. Mit dem Namen „sozialer Arbeitsmarkt“ hat zudem einen deutlich besseren Begriff für das Vorhaben gefunden als Müller selbst. Und der Vorschlag ersetzt auch nicht Hartz IV, das auf jeden Fall weiterentwickelt werden sollte. Da hat Finanzminister Olaf Scholz Recht.
Gastbeitrag
Volkszählungen sind Schätzungen
Wenn auch andere als die Schätzung in der Weihnachtsgeschichte
Die uns vertraute Weihnachtsgeschichte der Bibel wäre ohne die Schätzung, die der römische Kaiser Augustus angeordnet hatte, nicht denkbar. In unzähligen Krippenspielen wird die Geschichte aus dem Lukas-Evangelium nachgespielt. Und wir alle haben in der Schule gelernt, dass es sich bei dieser Schätzung um eine Volkszählung handelt – ein Statistikzensus, wie er auch wieder für 2020/21 geplant ist. Aber alle modernen Volkszählungen hatten und haben  mit der biblischen Geschichte nichts zu tun. Denn die Schätzung, die Augustus angeordnet hatte, war keine statistische Erhebung. Die Schätzung bezog sich auf die Wirtschaftskraft seiner Untertanen und sie war Grundlage der Steuererhebung. Ein moderner Zensus dagegen soll lediglich die Einwohnerzahlen in ihren Summen möglichst genau feststellen. Und das ist selbst im Computer- und Informationszeitalter gar nicht so einfach. Am Ende wird die Bevölkerungszahl tatsächlich „geschätzt“ und die Ungenauigkeiten, die es gibt, sind auch nicht weiter schlimm.
Gastbeitrag
Fußball und Geld
Obwohl der hohe Marktwert der DFB-Auswahl signalisiert hat, dass sie um den Sieg bei der Fußball-Weltmeisterschaft mitspielen sollte, hat kaum ein Fan und kaum ein Fachmann daran geglaubt, da Bundestrainer „Yogi“ Löw nicht als Meistertrainer galt. Zu sehr war allen noch das von ihm falsch gecoachte Halbfinale der letzten Europameisterschaft in Erinnerung. Diesmal konnte das Trainerteam mit Löw an der Spitze das Potential des deutschen WM-Kaders voll ausschöpfen. Insbesondere der teuerste Spieler, Mario Götze, wurde richtig gebracht – nämlich als Joker, der stach. Kompliment an Joachim Löw, der es geschafft hat, dass Geld tatsächlich Tore schoss.
Gastbeitrag:
Wider sinnlosen Umweltschutz: Der Papst lehnt einen „Eigenwert“ der Natur ab
Papst Benedikt XVI. hat sein drittes Rundschreiben – eine Enzyklika –Â vorgelegt. Es ist die lange erwartete „Sozial-Enzyklika“, deren Erscheinen wegen der Finanzkrise immer wieder verzögert wurde. Herausgekommen ist ein schwer lesbares Werk, das aber einige bemerkenswerte Highlights enthält, die bislang öffentlich kaum diskutiert wurden.
Gastbeitrag:
Stars und Steroide – Doping aus ökonomischer Sicht
Nahezu alle Menschen – und zwar enthusiastische Sportfans wie Sportkritikusse gleichermaßen – sind davon überzeugt, dass es einen ganz einfachen Zusammenhang zwischen „der Ökonomie“ und „dem Doping“, also unerlaubte Therapien, im Leistungssport gäbe: da im Profisport viel Geld verdient werden könne, wäre der Anreiz zum Doping, also zur unerlaubten Leistungssteigerung, auch sehr hoch. Da ist was dran. Aber: auch lupenreine Amateure, z. B. jugendliche Bodybuilder, dopen. Die Zusammenhänge sind kompliziert und rühren an den Grundlagen menschlichen Ehrgeizes einerseits und Betrugswillens andererseits sowie deren Bändigung durch gesellschaftliche Normen. Die „Ökonomische Analyse des Dopings“ ist deswegen richtig spannend. Auf jeden Fall spannender als die immer wieder gleichen „Enthüllungsstories“ über einzelne Sportler und Teams. Wie jetzt etwa durch Jörg Jaksche im Vorfeld der „Tour de France“. Wobei freilich einige Nebensätze, die Jaksche dem SPIEGEL sagte, für die Analyse des Dopings ganz besonderes aufschlussreich sind.
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