Der Energiepolitiks neue Kleider
Energiewende, Ukraine-Krieg und Doppel-Wumms

„Die Gaskrise hat das schmutzige Geheimnis der deutschen Energiewende offenbart: Sie war vielleicht nicht auf Sand, aber auf russischem Gas gebaut, eine Wende von Putins Gnaden.“  (Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz)

An der deutschen Energiepolitik sollte das weltweite Klima genesen. Das ist die Philosophie der parteiübergreifend „grünen“ Politik. Es ist auch die Meinung großer Teile der Wähler. Die Politik entschied, zügig aus fossilen Energieträgern Kohle und Öl und Atomkraft, auszusteigen. Die erneuerbaren Alternativen können die Lücke (noch) nicht füllen. Auch fehlen ausreichend große und leistungsfähige Speicher. Das wird sich auch in absehbarer Zeit nicht ändern. Ein fossiler Back-up ist noch lange unverzichtbar. Grüner Wasserstoff ist gegenwärtig nicht mehr als eine Vision. Bis es soweit ist, soll (importiertes) Gas die Versorgung sichern. Gas soll die Brücke zur goldenen Zeit der nach-fossilen Energieträger bilden. Der russische militärische Angriff auf die Ukraine zeigt allerdings, die grüne Energiepolitik (fast) aller Parteien hat keine neuen Kleider. Die deutsche Energiewende ist nackt. Nun steht die Politik vor den Trümmern ihrer Energiepolitik. Mit einem halben Jahr Verspätung macht sie sich daran, die Scherben zusammenzukehren. Der angekündigte „Doppel-Wumms“ ist ein weiterer Schritt der um sich greifenden Entlasteritis. Die Regierung hat zwar (schuldenfinanzierte) 200 Mrd. Euro ins Schaufenster gestellt. Einen Plan, was konkret zu tun ist, hat sie aber (immer noch) nicht.

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Pro & Contra
Bleibt die Inflation dauerhaft erhöht?

Der Inflationsdruck in Deutschland und Europa ist auch 2022 sehr hoch. Zum Jahreswechsel gab es kein Abflauen, obwohl das manche aufgrund von Einmaleffekten prognostiziert hatten. So lag die Inflationsrate in Deutschland im Februar wieder bei über 5%. Europaweit betrug sie sogar knapp 6%. Gründe sind vor allem explodierende Energiepreise und steigende Ausgaben für Lebensmittel. Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft der Menschen und nagt an den Ersparnissen.

Der Ukraine-Krieg dürfte den Preisdruck im Sommer weiter nicht so schnell abebben lassen – nicht nur wegen steigender Energiepreise, sondern auch aufgrund von Materialmangel und Lieferengpässen. Doch was passiert danach? Die Ökonomen Gunther Schnabl und Sebastian Dullien sind unterschiedlicher Meinung, ob die Inflation dauerhaft erhöht bleibt und inwieweit ein Eingreifen der Politik, allen voran der EZB, geboten ist. 

Pro & Contra
Bleibt die Inflation dauerhaft erhöht?“
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Das „Geschäftsmodell Deutschland“ in Zeiten der Krise
De-Globalisierung, Ukraine-Krieg und Energie-Embargo

„Man sieht erst, wenn die Ebbe kommt, wer die ganze Zeit über ohne Badehose geschwommen ist.“ (Warren Buffett)

Das „Geschäftsmodell Deutschland“ ist wieder in aller Munde. Schon Mitte der 00er Jahre wurde es heftig diskutiert. Damals kurierte die „Agenda 2010“ den „kranken Mann Europas“. Die rot-grüne Bundesregierung setzte auf das Deutschland zugeschriebene Wirtschaftsmodell. Der wirtschaftliche (Wieder)Aufstieg begann. Allerdings fand sich Deutschland international schnell auf der Anklagebank wieder. Die persistent hohen Überschüsse in der Leistungsbilanz waren vielen Ländern ein Dorn im Auge, vor allem denen in Europa und Übersee mit Defiziten in der Leistungsbilanz. Der Vorwurf lautete: Deutschland spiele wirtschaftlich mit gezinkten Karten. Deutschland werde reicher, seine Handelspartner verarmten. Das alles hat sich geändert. Die weltweite Covid-Krise und der Ukraine-Krieg setzen Deutschland wirtschaftlich zu. Es droht wieder ein ökonomischer Niedergang. Die Seuche beeinträchtigt internationale Lieferketten. Der Ukraine-Krieg behindert den Import billiger Energie. Das alles tut der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen nicht gut. Vor allem das Herz der deutschen Wirtschaft, der industrielle Sektor, leidet unter Rhythmus-Störungen. Ein Energie-Embargo begünstigt einen Infarkt. Es droht der Verlust an Arbeitsplätzen, schrumpfender Wohlstand und steigende Inflation.

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Militärhilfe, Wirtschaftssanktionen und Energieboykott
Überlebt das „Geschäftsmodell Deutschland“?

„[A]ll too often what the policymaker wants from intellectuals is not ideas but endorsement.“ (Henry Kissinger, 1959)

Der russische Überfall auf die Ukraine ist eine Zeitenwende. Er bringt unermessliches Leid und massenhaften Tod mitten in Europa. Auf beiden Seiten sterben Soldaten, die Zivilbevölkerung leidet. Das russische Militär bombt ukrainische Städte in Schutt und Asche. Diesem barbarischen Krieg, den Russland vom Zaun gebrochen hat, muss Einhalt geboten werden, sofort! Der Westen hat sich entschieden, der Ukraine zu helfen. Ein direktes militärisches Eingreifen hat er allerdings kategorisch ausgeschlossen. Damit bleiben Militärhilfe und (Wirtschafts-)Sanktionen. Beides ist unter und in den westlichen Ländern nicht unumstritten. Einige Länder, wie etwa Deutschland, haben mit der Lieferungen von Waffen lange gezögert. Der Kanzler folgte nur widerwillig dem grünen Wirtschaftsminister. Wirklich erfolgreich scheint aber der Transfer von deutschen Waffen in die Ukraine nicht zu laufen. Aber auch wirtschaftliche Sanktionen stehen in der Kritik. Zwar wurden harte (Wirtschafts-)Sanktionen auf den Weg gebracht. Mit der Härte des Krieges und dem unermesslichen menschlichen Leid wird diskutiert, die Sanktionen zu verschärfen. Ein Energieembargo ist allerdings höchst umstritten. Das gilt nicht nur in der Politik, sondern auch unter Ökonomen.

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Gastbeitrag
Wirtschaftskrieg als moralische Pflicht?
Drei ordonomische Einwände

Russland führt einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Da fällt es nicht schwer, Täter und Opfer auszumachen. Den Opfern gilt unser Mitleid, den Tätern unser Zorn. Diese Emotionen ziehen Moralurteile nach sich. Wir unterscheiden zwischen Opfern und Tätern nach dem Schema von Gut und Böse. Dies wiederum verstärkt die Emotionen. Das alles ist ethisch (= moraltheoretisch) leicht nachzuvollziehen. Aber ist es auch klug? Oder noch pointierter gefragt: Gibt es vielleicht sogar moralische Bedenken gegen diese Art von Moralzuschreibung und – dies vor allem – gegen die nicht-intendierten, aber gleichwohl absehbaren Folgen dieser Dichotom(an)ie, streng dualistisch zwischen Gut und Böse zu trennen (und sich selbst dabei natürlich auf der Seite des Guten zu verorten)?

Im Hinblick auf diese Fragestellung habe ich vor kurzem aus der Perspektive des ordonomischen Ansatzes zur Wirtschafts- und Unternehmensethik[1] zu bedenken gegeben, dass die derzeit dominante Moralperspektive nicht nur gute, sondern auch schlechte Auswirkungen hat.[2] Zu begrüßen ist, dass die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Europa mit großer Hilfsbereitschaft aufgenommen werden. Nicht zu begrüßen ist, dass der dominante Blickwinkel unser Nachdenken über den strategischen Einsatz von positiven und negativen Sanktionen verzerrt. Dadurch wird übersehen, dass wir auch russische Deserteure begrüßen sollten, anstatt einfach nur Waffen ins Kriegsgebiet zu liefern. Meine Begründung: „Die erste Moralperspektive [der Bestrafung] lässt uns darüber nachdenken, wie wir den Ukrainern helfen können, russische Soldaten umzubringen. Die zweite Moralperspektive [der Belohnung] lässt uns darüber nachdenken, wie wir russische Soldaten davon abbringen können, Ukrainer umzubringen. Die zweite Perspektive hat Vorzüge, gerade auch aus moralischer Sicht. Warum also setzen wir nicht auf disruptive Belohnung – wenigstens als Komplement?“[3]

Nun haben sich einige namhafte Wirtschaftsethiker, die ich auch persönlich sehr schätze, mit einer ganz anders gearteten Intervention zu Wort gemeldet.[4] Sie rufen westliche Unternehmen dazu auf, sämtliche Geschäftsbeziehungen mit Russland sofort abzubrechen, und lassen als Ausnahme zu diesem von ihnen aufgestellten Imperativ nur ganz wenige humanitäre Lieferungen – wie beispielsweise Medikamente – zu. Sie begründen dies mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen und der politischen Rolle, die Unternehmen in der globalisierten Welt unweigerlich spielen (sollten). Im Namen der Wirtschaftsethik rufen die Kollegen die westlichen Unternehmen dazu auf, in einen Wirtschaftskrieg einzutreten, der über die staatlich verordneten Wirtschaftssanktionen weit hinausgeht und auf freiwilliger Grundlage Boykott und Embargo radikal eskaliert.

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Gastbeitrag
Disruptive Belohnung
Ein (wirtschafts-)ethischer Denkanstoß zur Befriedung des Ukraine-Kriegs

In der Ukraine herrscht Krieg. Die mediale Berichterstattung darüber hat den moralischen Wahrnehmungsrahmen dominant werden lassen, Russen als Täter und Ukrainer als Opfer anzusehen. Dies löst in der Bevölkerung und dann auch bei Politikern die starke Emotion aus, den Opfern helfen und die Täter bestrafen zu wollen, auch wenn damit bisherige Prozeduren und Prinzipien über Bord geworfen werden. Die Folge: Ukrainische Kriegsflüchtlinge werden – im Unterschied etwa zu Syrern und Afghanen – in spektakulärer Manier willkommen geheißen. Gleichzeitig werden Waffen ins Kriegsgebiet geliefert, um den russischen Invasoren das Leben schwerer zu machen – und im Westen erfahren Russen z.T. harte Sanktionen, ohne vorheriges Gerichtsverfahren.

Gastbeitrag
Disruptive Belohnung
Ein (wirtschafts-)ethischer Denkanstoß zur Befriedung des Ukraine-Kriegs
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