Die EU hat sich für eine Hintertür für den Betrieb von Personenwagen mit E-Fuels ab 2035 entschieden. Das ist richtig – denn Exponenten, die den Einsatz für Technologieoffenheit für ewiggestrig und E-Fuels für nicht zweckmässig halten, übersehen einige wichtige Punkte.
Gastbeitrag
Pro&Contra
Verbot von Verbrennermotoren?
Prof. Dr. Markus Lienkamp (TUM) contra Prof. Dr. Hans-Werner Sinn (LMU)
Während Norwegen schon 2025 keine Verbrennerautos mehr neu zulassen will, hat sich die deutsche Ampelkoalition im Sommer darauf verständigt, ab 2035 nur noch solche Pkw zuzulassen, die mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, fahren. Hintergrund ist unter anderem die von der Europäischen Union anvisierte Klimaneutralität des Kontinents bis 2050.
Nach dem Willen der EU-Kommission sollen künftig nur noch klimaneutrale Fahrzeuge auf den Markt kommen. Doch hilft ein faktisches Verbrennerverbot überhaupt, dem Klima zu helfen? Während Markus Lienkamp die Elektromobilität als einzige Option zur Reduzierung von CO2 ansieht und das Verbot lieber früher als später einführen würde, bezweifelt Hans-Werner Sinn, dass durch die Verbannung dieser Motor-Art der Umwelt gedient ist, weil stattdessen andere Länder auf der Welt das Öl nachfragen würden.
Gastbeitrag
Elektromobilität: Große Spreizung in Europa
Strukturwandel in Deutschland
Ab 2035 sollen in der EU nur noch klimaneutrale Pkw zugelassen werden dürfen. Grundsätzlich werden alle Weichen Richtung batterieelektrische Mobilität gestellt. Allerdings ist die Option, sogenannte E-Fuels einzusetzen, nicht gänzlich vom Tisch. Die Marktanteile von Elektroautos an den gesamten Neuzulassungen fallen innerhalb der EU aktuell sehr unterschiedlich aus. Süd- und osteuropäische Länder sind hier die Nachzügler. Um Akzeptanz der E-Mobilität zu erhöhen, muss der Ausbau der Ladeinfrastruktur massiv beschleunigt werden. Dies ist eine große Herausforderung, bei der auch der Staat gefragt ist. Der Trend in Richtung Elektromobilität hat am Automobilstandort Deutschland bereits einen spürbaren Strukturwandel ausgelöst. Die Netto-Bilanz dieses Strukturwandels für die Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland wird negativ ausfallen.
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Auf dem Weg in die „Kubanisierung der individuellen Mobilität“?
Die Würfel sind gefallen. Mit seiner Entscheidung für ein faktisches Verbot der Neuzulassung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2035 hat das Europäische Parlament Anfang Juni die entsprechenden Pläne der EU-Kommission bestätigt. Im Vorfeld des EU-Umweltrates vom 28.06. gab es zwar noch einmal Aufregung um eine mögliche Enthaltung Deutschlands und einen Vorschlag von fünf Mitgliedsstaaten unter der Führung Italiens, die Deadline um 5 Jahre zu verschieben, doch wird nach dem Trialogprozess das Ende des Pkw mit Verbrennungsmotor in der EU politisch besiegelt sein. Eine beim Umweltministerrat auf politische Initiative der FDP ausgehandelte potenzielle Ausnahme für Fahrzeuge, die ausschließlich mit klimaneutralen synthetischen Treibstoffen betrieben werden, wird allenfalls in Nischenmärkten relevant werden, wenn überhaupt.
Scheinbar ist niemandem in der politischen Arena klar, dass solche pauschale Verbote oder Ultimaten die schlechtestmögliche Form der Klimapolitik darstellen. Sie bedeuten nicht nur einen unverhältnismäßigen und ungerechtfertigten Eingriff in die unternehmerische und persönliche Freiheit der Bürger, sondern ziehen auch erhebliche Effizienz- und Wohlstandsverluste nach sich. Die Anreize solcher Maßnahmen für die Pkw-Märkte, die Automobilindustrie und das Klima sind insgesamt kontraproduktiv.
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