SVB – nicht der Sportverein!Anmerkungen zu Silicon Valley Bank, Zinsgeysiren, Bankenaufsicht und unfreiwilligem Quantitative Easing

Eine Bank – kein Sportverein

Wer hierzulande das Kürzel “SV“ mit oder ohne begleitende Großbuchstaben liest, denkt automatisch an einen Sportverein. Leider – so werden sich manche LeserInnen in den letzten Tagen gedacht haben – stand da „SVB“ zumeist aber nicht für einen lokalen Verein, sondern für „Silicon Valley Bank“, und leider sollten sich Vereinsvorstände an der Führung dieser Bank wohl kein Vorbild nehmen.

Bis vor kurzem sah die Welt noch anders aus.  Da galt SVB manchen Investoren als der „Goldstandard“ (https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/gruenderszene-und-svb-so-arbeitet-die-tech-branche-den-kollaps-der-silicon-valley-bank-auf/29034494.html) in Sachen Finanzierung von US Start-ups. Auch die ausgewiesenen Zahlen waren vorzeigbar. Auf der Homepage kann man bspw. heute (16.03.2023, https://ir.svb.com/home/default.aspx) noch folgende Zahlen abrufen:

Ups – gut 12 Prozent ROE klingt jetzt nicht gerade nach bevorstehender Katastrophe. Was ist denn dann passiert? Bevor wir darüber sinnieren, sollten wir ehrlicherweise einräumen, dass man bei Banken und Bankbilanzen vorsichtig sein muss. Kein Kommentator hat über veröffentlichte Dokumente hinaus einen tieferen Einblick bzw. dürfte ihn haben, denn sonst müsste man ihn fragen, wie er sich als Insider der börsennotierten Bank in dieser Zeit verhalten hat. Also nochmal: Vorsicht! Unbeschadet dessen darf man aber sicher wie folgt nachdenken.

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Wohnungsknappheit, Immobilienfinanzierung und das Regulierungssystem nicht kommunizierender RöhrenParalleles Bremsen und Beschleunigen von Wohnimmobilienprojekten durch staatliche Institutionen

Was waren das für Zeiten!

Im November 2021, also vor etwas mehr als einem Jahr, war der Finanzstabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank nicht zuletzt durch die Sorge eines überhitzten Immobilienmarktes geprägt (https://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=30146). Vermutete Preisübertreibungen zwischen 10% und 30% drohten angeblich die Werthaltigkeit von Kreditsicherheiten zu überschätzen und geneigte Leser konnten den Eindruck gewinnen, dass wir uns kurz vor einem German Subprime befanden.

Eingedenk der zumindest hierzulande geltenden Beleihungsgrenzen erschien dies zwar überaus erklärungsbedürftig, aber wie sich bald zeigen sollte, war die gesamte Aktion wohl Teil eines europäischen Abstimmungsprozesses. Bereits am 1.12.2021 gab das European Systemic Risk Board (ESRB) eine Empfehlung betreffend die Anfälligkeiten im kommerziellen Immobiliensektor des europäischen Wirtschaftsraums heraus und tags darauf jeweils eine Empfehlung betreffend die mittelfristigen Anfälligkeiten des Wohnimmobiliensektors Österreichs bzw. Deutschlands (alle herunterzuladen unter https://www.esrb.europa.eu/mppa/recommendations/html/index.en.html). Noch im gleichen Monat avisierte der Vorstand der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) Helmut Ettl eine Verschärfung der Mindeststandards für die Vergabe von Wohnkrediten (https://orf.at/stories/3240471/). Im Januar 2022 folgte in Deutschland die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit der Ankündigung erweiterter Eigenmittelunterlegungen, speziell eines Systemrisikopuffers für den Wohnimmobiliensektor, und in Österreich wurden im Februar die geplanten Vergabeänderungen konkretisiert (https://orf.at/stories/3247123/). Darin werden keine höhere Eigenkapitalunterlegung gefordert, sondern Grenzwerte hinsichtlich der Verhältnisse der Kreditnehmer einschließlich großzügiger Ausnahmeregelungen definiert. Die finale österreichische Vorgabe ist seit 1.8.2022, die deutsche seit 1.2.2023 voll umzusetzen.

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Das blinde Auge der Angst
Warum fürchten wir keine atomare Antwort Putins auf Wirtschaftssanktionen?

Der Krieg in der Ukraine zeigt in vielerlei Hinsicht Wirkung auf unsere Gesellschaft. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die stete und in praktisch allen Medien ausgetragene Diskussion, wie sich Deutschland in diesem Konflikt verhalten soll bzw. konkret, welche Maßnahmen zur Unterstützung der Ukraine zu ergreifen sind.

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Jahreswirtschaftsbericht, ESG & Co.
Der Siegeszug der Beliebigkeit und seine Gefahren

1. „It is better to be vaguely right than exactly wrong.” (Carveth Read)

Vor kurzem hat Jörn Quitzau in diesem Blog die strukturelle Veränderung des Jahreswirtschaftsberichts unter dem neuen Bundesminister für Wirtschaft und (!) Klimaschutz Robert Habeck treffend kommentiert (http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=30549). Wie er schreibt, ist die für den neuen Aufbau des Berichts wohl maßgebliche Idee nicht neu: Der Wohlstand eines Landes bzw. seiner Bürger kann kaum durch die Betrachtung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hinreichend beschrieben werden. Vielmehr droht durch die alleinige Beachtung einer exakt ermittelbaren Kennzahl eine zwangsläufige Fehleinschätzung, die schlechter sein kann als eine grobe Abschätzung des infrage stehenden Aspekts.

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Am aktuellen Rand
Droht uns ein German Subprime?
Die Bundesbank warnt vor Folgen der Immobilienpreissteigerungen auf die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten

„Finanzstabilitätsbericht“ – ein Wort, das bei aller Freude an stabilen Finanzen schon aus sich heraus den Charme eines verstaubten Archivs mit papierenen Kontoauszügen aus dem letzten Jahrtausend vermittelt. Gleichwohl wird damit die jährlich aktualisierte Darstellung der Bundesbank zu diesem Thema betitelt und in diesem Jahr hatte ihre Vizepräsidentin Claudia Buch die Aufgabe, die jüngsten Ergebnisse der interessierten Öffentlichkeit näherzubringen. Dass dies alles nichts mit einem verstaubten Archiv zu tun haben soll, versteht sich von selbst, kann man doch sowohl den Bericht als auch Frau Buchs Eingangsstatement von der Homepage der Bundesbank herunterladen.

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Am aktuellen Rand
Eine Rechnung und eine Frage
Eine mögliche Geschichte zur Risikoabwägung in Corona-Zeiten

Es war einmal ein Mann, der sich ständig über die neuesten Entwicklungen in der Corona-Pandemie informierte, soweit dies für einen Nicht-Mediziner aus öffentlich zugänglichen Quellen möglich war. Am 13.4.2021 las er dabei im Internet, dass die Behörden in den USA wegen sechs Thrombosefällen nach Impfungen mit dem Serum von Johnson & Johnson aus einem „Übermaß an Vorsicht“ (https://www.rnd.de/gesundheit/usa-johnson-johnson-impfstopp-wohl-nur-wenige-tage-YERCGR6LHCO7UYEPBHQLUWLWUM.html) einen Impfstopp empfohlen hatten und das Pharmaunternehmen daraufhin den Marktstart dieses Serums in Europa verschoben hatte. Nach ähnlichen Vorfällen bei AstraZeneca war dies bereits der zweite Impfstoff, der zeitweise oder für bestimmte Bevölkerungsgruppen aus der Anwendung genommen wurde.

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Eine Rechnung und eine Frage
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GameStop – but which Game and for whom?

Kultursturz an der Wall Street

Kaum hatten Hedgefonds hierzulande durch die Wirecard-Affäre ein wenig Imageverbesserung erfahren, brach in den USA eine kleine Revolution an den Kapitalmärkten aus, deren erklärter Gegner just diese Spezies sein soll. Eine Mischung aus aufgestautem Hass, sozialen Medien, (nahezu) gebührenfreiem Aktienhandel und einer Zeit, die wohl reif dafür war, ließ eine besondere Form von Kleinanlegeraufstand oder „Occupy Wall Street 2.0“ entstehen, deren kurzfristiger Erfolg zu allseitigem Staunen führte.

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Bad Bank
Wunderwaffe für Sanierungen oder Etikettenschwindel?

Seit der Lehman-Krise und ihren diversen Nachbeben an den Kapitalmärkten taucht immer wieder ein Begriff auf, der ebenso häufig verwendet wie nur oberflächlich durchschaut wird. Beginnen wir also vorsichtshalber mit der Definition gemäß dem Glossar der Deutschen Bundesbank (hier):

„Eine Bad Bank (von „bad“, englisch: schlecht, faul) ist nach dem Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung eine Zweckgesellschaft zur Bereinigung einer Bankbilanz. Nach dem Gesetz kann eine angeschlagene Bank unter bestimmten Bedingungen und Auflagen hoch abschreibungsgefährdete Finanzaktiva auf eine Bad Bank übertragen. Im Gegenzug erhält die Bank von der Bad Bank eine Schuldverschreibung in gleicher Höhe. Der Staat garantiert über den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) für diese Schuldverschreibung; für diese Garantie muss die Bank eine Gebühr an den SoFFin zahlen. Die Bank kann sich durch diese Transaktion gegen zusätzliche Wertberichtigungen schützen sowie ihren regulatorischen Eigenkapitalbedarf verringern. Zudem kann sie die staatlich garantierten Schuldverschreibungen bei Refinanzierungsgeschäften des Eurosystems als Sicherheiten nutzen. Eine Bad Bank ist aus regulatorischer Sicht keine Bank, die den Eigenkapitalvorschriften unterliegt. In der Fachsprache bezeichnet der Begriff Bad Bank jenseits der gesetzlichen Definition eine bankinterne Abteilung, die auf die Verwertung abschreibungsgefährdeter Vermögenswerte spezialisiert ist.“

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Wirecard: Amazon gesucht – Enron gefunden

Was war das für eine traumhafte Story: Endlich haben wir auch in Deutschland einen digitalen Star am Börsenhimmel, der das Zeug hat, mit Amazon und all den anderen Billionenwerten an der Nasdaq mitzuhalten! Ein vergleichsweise kleines Unternehmen aus Aschheim bei München wickelte weltweit Zahlungsverkehrsprozeduren ab, verdrängte die Commerzbank 2018 aus dem DAX und war unversehens sogar mit der Deutschen Bank in Sachen Marktwert mehr oder weniger auf Augenhöhe. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis der Gipfel in der deutschen Börsenliga erklommen würde – freilich nur als Zwischenstation auf dem Weg in die oberen Gefilde der Champions League des internationalen Kapitalmarkts!

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Wirecard, IKB und der Ruf nach (noch) strengerer Kontrolle im Finanzsektor

Wirecard

Ende Januar 2019: Eine Reportage der Financial Times erhebt schwere Vorwürfe gegen den damaligen Börsenliebling Wirecard AG, die – natürlich – umgehend vom Unternehmen dementiert werden. In der Folge kommt es zu einem Ping-Pong gegenseitiger Vorwürfe, das in aller Öffentlichkeit und teilweise unter Einbezug amtlicher Stellen wie der Staatsanwaltschaft und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin ausgetragen wird. Nach wechselhaftem Verlauf dieses Schlagabtausches (vgl. zur Chronologie https://boerse.ard.de/boersenwissen/boersengeschichte-n/wirecard-vs-ft-chronologie-der-ereignisse100.html) kommt es im Juni 2020 zum vorläufigen Ende: Nochmalige Verschiebung der Bilanzvorlage, Verweigerung des Wirtschaftsprüfertestats, Mitteilung des Unternehmens, dass Guthaben über insgesamt 1,9 Mrd. € (rund ein Viertel der Bilanzsumme) „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestehen“, exzessiver Kurseinbruch, Entzug der Ratings, Abberufung von Vorständen, … bis hin zum Insolvenzantrag und erneuten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen – diesmal allerdings insbesondere gegen Vorstände der Gesellschaft, von denen einer zwischenzeitlich festgenommen sowie danach gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt und ein anderer in Südostasien gesucht wird.

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