Nun ist es gut zehn Jahre her, dass zivilgesellschaftliche Organisationen Alarm schlugen und davor warnten, dass bestimmte Terminmarktgeschäfte mit Agrarrohstoffen, vor allem Weizen, eine übertrieben preistreibende Wirkung entfalten, Lebensmittel verteuern und zahlreiche Menschen in armen Ländern in existenzielle Bedrängnis bringen. Damals war von „Hungermachern“ die Rede.
Mittlerweile wissen wir: Dieser Alarm war ein Fehl-Alarm.[1] Die Vorwürfe waren nicht berechtigt. Die seinerzeitigen Preissteigerungen waren realwirtschaftlich verursacht. Die Spekulation traf also keine Schuld. Sie war nicht die Verursacherin, sondern nur die Überbringerin der Botschaft, dass die Nachfrage nach Getreide größer war als das Angebot. Insbesondere Indexfonds, die damals an den Pranger gestellt wurden, sind intensiv untersucht worden – ohne den Verdacht bestätigen zu können, dass sie zu Recht am Pranger standen.[2]
Heute ist es wieder so weit. Erneut wird Alarm geschlagen. Diesmal ist von „Hungerprofiteuren“ die Rede. Doch die Vorwürfe sind weitgehend identisch: Agrarspekulanten werden angeklagt, an den Rohstoffbörsen zu „zocken“, auf Hunger zu „wetten“, sich mit verantwortungslosem „Glücksspiel“ an der Not armer Menschen zu bereichern.[3]
Was ist diesmal davon zu halten? – Eine Antwort auf diese Frage wird in drei Schritten entwickelt. Erstens erläutert dieser Artikel den ökonomischen Sachverhalt, wie die Kassamärkte und Terminmärkte für Weizen funktionieren und zusammenhängen. Zweitens begründet er, warum die gegenwärtige Datenlage nicht dafür spricht, dass eine exzessive Spekulation durch künstliche Verknappung (= Weizenhortung) exzessive Preissteigerungen ausgelöst hat. Drittens wird aus wirtschaftsethischer Sicht Stellung genommen zur erneuten Kampagne zivilgesellschaftlicher Organisationen. Hier geht es um einen konstruktiven Versuch, die Kritiker zu kritisieren und darauf hinzuweisen, dass die Selbstkorrekturkräfte des zivilgesellschaftlichen Sektors gestärkt werden sollten.
„Gastbeitrag
Hunger durch Agrarspekulation?
Lessons (not) learned* “ weiterlesen