Die Ökonomisierung des Fußballs schreitet voran (vgl. etwa Follert 2017), die Spieler- und Absatzmärkte sind globalisiert, was inzwischen auch für die Kapitalmärkte gilt, auf denen sich insbesondere europäische Fußballklubs finanzieren (etwa Richau et al. 2021). Die in der Satzung der Deutschen Fußballliga (DFL) verankerte „50+1“-Regel (DFB, 1999, S. 1 f.; siehe auch § 16c Nr. 3 der Satzung des DFB; § 8 Nr. 3 der Satzung des Ligaverbandes; siehe zudem etwa Daumann und Follert 2021) soll bewirken, dass die „Vereinsprägung“ der in eine Kapitalgesellschaft ausgegründeten Lizenzspielerabteilung erhalten bleibt, dass also ein übermäßiger Einfluss von Investoren zu Lasten der eingetragenen Vereine verhindert wird. Die Regel besagt vereinfacht ausgedrückt, dass der Verein mindestens 50% zuzüglich eines Stimmrechtanteils an der ausgegründeten Fußball-Kapitalgesellschaft halten muss. Die Interessen des Vereins als Haupteigentümer werden im Aufsichtsgremium der Kapitalgesellschaft meist durch den Präsidenten des Vereins vertreten. Damit üben auch die Mitglieder des Vereins mittelbar Einfluss auf die Kapitalgesellschaft aus.
Profifußball zwischen Sport, Ökonomie und Moral
Social Media und Cancel Culture
Einige eigentumsethische Bemerkungen
Ausgangslage
Das Oberlandesgericht Dresden beschloss jüngst die Zahlung einer Strafe in Höhe von 100.000 EUR gegen die Videoplattform YouTube (hierzu ausführlich Brause, 2021). Ein Nutzer hatte ein Video hochgeladen, in dem Demonstranten gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie Aussagen tätigten, die nach Ansicht des Unternehmens den „Richtlinien zu medizinischen Fehlinformationen über COVID-19“ der Plattform widersprachen. YouTube hatte das Video daraufhin gelöscht. Der Nutzer aus Sachsen beschritt den Rechtsweg und das Oberlandesgericht Dresden gab ihm Recht. Da YouTube das Video jedoch nicht zeitnah freigab, wird es nun die o.g. Strafe zahlen müssen.
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Europas Fußballligen im Umbruch (2)
Vom Regen in die Traufe?
Die Champions League-Reform aus sportökonomischer Sicht
UEFA unter Druck
Nachdem während der vergangenen Jahrzehnte mehrmals Bemühungen zur Gründung einer geschlossenen, in privater Eigentümerschaft organisierten, europäischen Superliga im Profifußball forciert wurde (etwa Berthold 2018; Follert 2019; Follert und Emrich 2019; Drewes und Rebeggiani 2019), entfachten ernstzunehmende Planungen vor einigen Tagen erneut die Diskussion. Das Vorhaben dieser neuen Europäischen Superliga zerschlug sich jedoch schnell, da einige Klubs, die sich vorher dazu bekannten, nach erheblichem Druck von Seiten der UEFA, der Fans und sogar mancher Regierungschefs wieder einen Rückzieher machten (ran 2021). Die Europäische Superliga wäre, hätten die Klubs durchgehalten, für die UEFA, die bislang im europäischen Fußball als Monopolist im Hinblick auf die Organisation internationaler professioneller Fußballwettbewerbe agieren konnte, ein ernstzunehmender Wettbewerber gewesen (hierzu Follert und Daumann 2021). Tatsächlich bleibt aber das Drohpotential eines Ausstiegs namhafter Klubs. Vor diesem Hintergrund ist auch der Entwurf einer Umgestaltung der Champions League zu interpretieren, der nun auf dem Tisch liegt (https://www.sportnews.bz/artikel/fussball/europaeische-wettbewerbe/champions-league/uefa-beschliesst-champions-league-reform) und der im Folgenden analysiert werden soll.
Europas Fußballligen im Umbruch (1)
Und täglich grüßt die Super League…
Das Thema „europäische Super League“ im Profifußball ist ein Dauerbrenner. Bereits 1998 zwang der Wettbewerbsdruck durch die Planung einer privaten europäischen Superliga den europäischen Fußballverband UEFA zu einer Reform der Mannschaftswettbewerbe (hierzu Kipker und Parensen 1999). Augenscheinlich rissen die Bestrebungen zur Gründung einer Eliteliga in privater Eigentümerschaft nie gänzlich ab. Nach den Enthüllungen der Plattform „Football Leaks“ im Jahr 2018 (https://footballleaks2015.wordpress.com/) entfachte sich die Diskussion erneut. Eine Orientierung an nordamerikanischen Sportarten wurde bereits damals aufgrund der Unterschiede zwischen den Präferenzen der europäischen Fußballfans und denen des Publikums in den US-Major Leagues skeptisch beäugt (etwa Berthold 2018). In der Literatur wurden die erwarteten Kosten und der Nutzen eines solchen Projekts sowohl auf individueller (Follert 2019), institutioneller (Follert und Emrich 2019) und wettbewerbsökonomischer Ebene (Drewes und Rebeggiani 2019) diskutiert. Aus Sicht der Spitzenklubs in Deutschland, insbesondere aus Sicht des FC Bayern München und von Borussia Dortmund, ließe sich möglicherweise ein breiterer Einkommensstrom generieren, der bspw. durch die Erschließung weiterer Absatzmärkte in Asien zustande käme. Auch die Kritiker, die oftmals die „Dauermeisterschaft“ des FC Bayern München anführen, dürften tendenziell froh sein, wenn sich der Primus der Bundesliga verabschiedete. Allerdings stehen diesem individuellen Nutzen erhebliche Kosten für die nationalen Ligen gegenüber, die sich mittelfristig auch auf die Nachfrage auswirken könnten. Nun steht die UEFA abermals vor der Aufgabe, ihre Position zu verteidigen. Nun sollte die Champions League erneut reformiert werden (https://www.zeit.de/sport/2021-04/super-league-uefa-champions-league-reform-fussball-europa). Diesem Ansinnen kam jedoch die Ankündigung der Gründung einer privaten und teilweise geschlossenen Super League durch 12 Clubs aus Großbritannien (sechs), Spanien (drei) und Italien (zwei) dazwischen.
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Sen and safe
Sind „safe spaces“ mit dem Liberalismus vereinbar?
Seit einigen Jahren lässt sich in den USA und auch im Vereinigten Königreich beobachten, dass im universitären Raum (und auch an anderen Stellen) sog. „safe spaces“ gefordert und auch eingerichtet werden. Bei einem „safe space“ handelt es sich um einen „Raum, der vor Konfrontation mit Äußerungen schützen soll, die als verletzend oder angreifend empfunden werden und ein Missbehagen zumindest bei bestimmten Gruppen von Personen auslösen können“ (Froese 2018, 480). Durch diese „safe spaces“ werden „Lehrende und Forschende zu einer ganzbestimmten Konformität gezwungen. Die Studierenden sollen vor unorthodoxen und als missliebig angesehenen Gedanken geschützt werden. In diesem Zusammenhang hört man oft die Begriffe ,safe spaces‘ und ,micro-aggression‘“ Frey (2020).
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Kurz kommentiert
COVID-19
Die Diskussion um sog. „Krisengewinner“ aus marktwirtschaftlicher Sicht
In einem Interview fordert Bundesentwicklungsminister, Gerd Müller (CSU) eine stärkere Beteiligung der sog. „Krisengewinner“ an den Kosten der Krise (FAZ.net vom 27. Juni 2020: https://www.faz.net/2.1690/amazon-co-entwicklungsminister-will-krisengewinner-staerker-besteuern-16834895.html). Gegenüber einem bayerischen Radiosender stellte Müller fest (zitiert nach FAZ.net): „Es gibt Krisengewinner unglaublichen Ausmaßes“. Er nennt insbesondere das Handelsunternehmen Amazon. Amazon, dessen online-basiertes Geschäftsmodell in der lock-down Phase durch die zwangsweise Schließung vieler Geschäfte des stationären Handels und durch Ausgangsbeschränkungen begünstigt wurde, konnte eine erhöhte Nachfrage bedienen und erhebliche Umsatzsteigerungen verzeichnen. Abgesehen von einer – in Teilen möglicherweise berechtigen – Kritik am Unternehmen Amazon, offenbaren die Forderungen des CSU-Politikers doch ein erschreckendes Verständnis einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Zunächst kann festgehalten werden, dass man grundsätzlich dankbar sein kann, dass nicht sämtliche Branchen im gleichen Maße von den ökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie betroffen sind. Ferner missachtet die Forderung Müllers auch grundlegende ökonomische und betriebswirtschaftliche Zusammenhänge, was im Folgenden an zwei Aspekten verdeutlicht werden soll.
„The show must go on“!?
Sportökonomische Hintergründe zum Bundesliga Neustart in Zeiten von Covid-19
Bild:
Status Quo
Am 11. März 2020 fand im Borussia-Park in Mönchengladbach das vorerst letzte Spiel der 1. Bundesliga statt, zu diesem Zeitpunkt bereits als sog. „Geisterspiel“, d.h. ohne Zuschauer. In den darauffolgenden Wochen versuchte der Bezahlfernsehsender Sky, die mit enormen Einschränkungen des Alltagslebens verbundene Zeit für Fußballanhänger so erträglich wie möglich zu gestalten, und rief zu diesem Zweck eine „historische Konferenz“ ins Leben. Der fußballinteressierte Betrachter konnte dabei sicherlich das ein oder andere „Aha-Erlebnis“ längst vergessener Ereignisse feststellen, allerdings fehlte die entscheidende Komponente, die die Faszination Wettkampsport im Allgemeinen und den Profifußball im Besonderen auszeichnet. In der sportökonomischen Literatur wird oftmals davon ausgegangen, dass die Nachfrage nach dem Produkt Fußball insbesondere durch die sog. „Uncertainty of Outcome“ (als Überblick Daumann 2019) determiniert wird. Fußball ist ein live-Sport, der Konsumnutzen entsteht beim Zuschauer regelmäßig erst durch die mit dem Spiel verbundene Unsicherheit hinsichtlich des Ausgangs. Während künstlerische Unterhaltungsprodukte – etwa Konzerte, Opern oder Theaterstücke dem Konsumenten auch beim wiederholtem Hören oder Sehen einen Nutzen stiften können und dieser möglicherweise durch das aufgebaute Konsumkapital (zur Konsumkapitaltheorie siehe Becker und Stigler 1977; Becker und Murphy 1988; Flatau und Emrich 2016) sogar zunimmt, verliert ein einzelnes Fußballspiel seinen Reiz, wenn das Ergebnis a priori feststeht.
Gefahrenwahrnehmung und politische Entscheidungen
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„But the worst disease here is not radiation sickness […]. The truth is that the fear of Chernobyl has done much more damage than Chernobyl itself.” (Richard Wilson, zitiert in Specter 1996)
Energiepolitik: Der Ausstieg vom Ausstieg?
Am 31. Januar 2020 titelte das Nachrichtenmagazin Spiegel „CDU prüft Rückkehr zur Atomkraft“ (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/cdu-offen-fuer-atomkraft-und-gentechnik-a-00000000-0002-0001-0000-000169240272). Wenngleich es als fraglich erscheint, ob die Partei diese Entscheidung tatsächlich vollzieht, so öffnet zumindest das wirtschaftspolitische Lager innerhalb der Partei die Debatte. Es wäre also der „Ausstieg vom Ausstieg“, sodass die energiepolitischen Entscheidungen der vergangenen Jahre immer mehr einer Lotterie gleichen. Der politisch interessierte Betrachter fragt sich zunehmend, ob hier ein planvolles Kalkül oder ein zunehmend chaotisches Entscheiden die für eine Industrienation existenzielle Energiepolitik bestimmt. Der plötzliche Richtungswechsel nach der tragischen Katastrophe im japanischen Fukushima im Jahre 2011 ist ein interessantes Beispiel für eine politisch-ökonomische Betrachtung anhand der Erkenntnisse der Risikoforschung.
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Pyrotechnik: Welchen Beitrag kann die Ökonomik leisten?
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Das jüngste Hauptstadtderby zwischen dem 1. FC Union Berlin und Hertha BSC Berlin rückte die Problematik um das unerlaubte Abbrennen von Feuerwerkskörpern (Pyrotechnik) wieder in das Bewusstsein der deutschen Medienlandschaft. Fußballfunktionäre zeigen sich zunehmend ratlos, die Suche nach geeigneten Gegenmaßnahmen gestaltet sich schwierig. Das Zünden derartiger Feuerwerkskörper in Fußballstadien zieht erhebliche Kosten nach sich: Einerseits entstehen durch die Aktionen seitens der „Ultras“ Gefahren für die Gesundheit der Zuschauer, andererseits wird der entsprechende Klub durch nicht unerhebliche Strafzahlungen belastet (Follert 2019). Zudem können einem Fußballklub durch sog. „Geisterspiele“ monetäre Nachteile in Form entgangener Zuschauereinnahmen entstehen. Die negativen wirtschaftlichen Folgen gelten insbesondere für Vereine, die nicht die Finanzstärke der Bundesligaklubs aufweisen und beispielsweise in der Regionalliga spielen. Hier fallen Verursachung und Haftung auseinander, das augenblickliche Instrumentarium reicht offensichtlich nicht aus, die Problematik zu reduzieren.
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