„Europäische“ Arbeitslosenversicherung
Ein trojanisches Pferd

„Brüssel dient den Mitgliedstaaten, nicht umgekehrt.“ (Mark Rutte)

Die Diskussion ist nicht neu. Seit der Euro-Krise wird intensiver über eine europäische Arbeitslosenversicherung diskutiert. Die EU-Kommission hat schon lange den Wunsch. Er war allerdings immer illusorisch. Die Nationalstaaten merkten die fiskalpolitische Absicht und waren verstimmt. Nun scheint es aber doch ernst zu werden. Emmanuel Macron macht Druck und Angela Merkel wankt, wie so oft. Die Konturen einer fiskalischen Reform der EWU nehmen Gestalt an. Mit einem gemeinsamen Haushalt für die Euro-Zone wird es wohl nichts. Auch ein europäischer Finanzminister hat keine Chance. Allerdings sind die Chancen, dass eine „europäische“ Arbeitslosenversicherung an den Start geht, nicht gleich Null. Der französische Finanzminister wirbt sehr dafür. Auch der deutsche Finanzminister hat sich dafür ausgesprochen. Beide plädieren für eine sogenannte „Rückversicherung“ im Falle großer Katastrophen auf den europäischen Arbeitsmärkten.

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Griechenland wird das zweite Süditalien Europas

  1. Ohne so viel öffentliche Aufgeregtheiten, wie sie in der Vergangenheit als mediale und politische Begleitmusik bei jedem neuen Hilfspaket an Griechenland zu vernehmen waren, ist das dritte Hilfspaket nach nur sehr kurzer parlamentarischer Diskussion in Gang gesetzt worden. Dabei war die politische Begründungssprache immer wieder die alte, die wir schon lange kennen: Griechenland sei auf einem sehr guten Wege, habe schon viele Reformerfolge vollbracht, aber man müsse dem Land noch weitere Zeit für noch mehr Erfolge zugestehen. Politisch deklarierter Optimismus als Dopingstrategie gegen den bürger-öffentlich berechtigten Skeptizismus, der sich auf die nüchterne Rationalität der mit mehr als 180 % des Bruttoinlandsprodukts nicht-tragfähigen Schuldenlast Griechenlands bezieht, also auf die immer unmöglicher werdende Schuldenrückzahlung an die Auslandsgläubiger. Und der zudem die umfänglich bekannte – auch von Tsipras explizit nicht geleugnete – mangelhafte Reformbereitschaft der griechischen Regierung und Bevölkerung in den Fokus nimmt, die nach wie vor mit den grundlegenden troika-verhandlungsvereinbarten Zusagen im heftigen realen Kontrast stehen. Dieser perpetuierte Kontrast ist zur öffentlichen Dauergewöhnung degeneriert mit der politisch-verbalen Einlullung, die Verlängerung des zeitlichen Rückzahlungshorizontes für die griechischen Schulden sei in Verbindung mit Zinserleichterungen auf 80 Jahre ins Auge gefasst. Dahinter steht die Hoffnung, dass viele Bürger von heute nicht recht durchschauen, dass es sich mit dieser Regelung in Wahrheit um einen dauerhaften Schuldenerlass handelt, der nur nicht als solcher bezeichnet werden soll. Zudem trifft es sich „gut“ für Griechenland, dass dieser ganze Vorgang zur Zeit von den Flüchtlingsproblemen dieses Landes überlagert wird, die nach Finanzhilfen aus der EU mit Recht geradezu schreien. In Bezug auf Griechenland vermixt sich damit die Euro-Schuldenkrise in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit – vor allem emotional – mit der Flüchtlingskrise dieses Landes. Die neue Empathie in der letzteren dominiert die notwendige Rationalität in der ersteren.

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Wie Zentralbanken unmoralisches Handeln befördern

„The importance of keeping the pigs in good health was all too obvious. So it was agreed without further argument that the milk and the windfall apples (and also the main crop of apples when they ripened) should be reserved for the pigs alone.“ (George Orwell, Animal Farm, 1989, S. 26)

 

Die politisch motivierten Markteingriffe der Zentralbanken im Zuge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise befördern „Moralische Wagnisse“ (englisch: „Moral Hazard“). Was ist unter Moralischen Wagnissen zu verstehen?

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Einfach nicht einfach
Zerfällt der Euro?

„Deutschland muss aus dem Euro austreten“ (Jens Ehrhardt, Vermögensverwalter und Fondsmanager)

Dem Euro steht das Wasser bis zum Hals. Die Gefahr ist groß, dass er in Geld ertrinkt. Das eigentliche Problem ist ungelöst: Multiples „moral hazard“. Banken-, Staatsschulden- und Wettbewerbskrisen schwelen weiter. Alle Versuche, den Euro mit Geld zu retten, sind kläglich gescheitert. Bald stehen die fiskalischen Retter selbst am Rand des finanziellen Abgrundes. Und unter den zu Rettenden macht sich „Gläubigerhass“ breit. Nun soll die EZB die Kastanien aus dem Feuer holen. Dieser Plan ist zum Scheitern verurteilt. Reale Probleme lassen sich nicht monetär lösen. Es ist ein riskantes Spiel mit dem inflationären Feuer. Kein Wunder, dass immer öfter gefragt wird, ob es nicht sinnvoll sei, die Europäische Währungsunion gesund zu schrumpfen. Damit könne der währungspolitische Kern erhalten und die reale Integration in Europa gerettet werden.

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Leben Totgesagte wirklich länger?
Ein Requiem für den Euro

„Wenn man die gemeinsame Rechnung im Restaurant durch die Anzahl der Speisenden teilt, dann bestellt jeder Hummer und Rinderfilet.“ (Dirk Friedrich)

Überall in Europa ist die kreditfinanzierte Party zu Ende. Der finanzielle Katzenjammer ist groß, wirtschaftliche Ernüchterung greift um sich, in Südeuropa mehr als anderswo. Das jahrzehntelange Leben auf Pump ist zu Ende. Immer mehr Staaten torkeln am finanziellen Abgrund. Manche, wie Griechenland, sind schon abgestürzt. Das Virus der Finanzkrise ist zu einer Staatsschuldenkrise mutiert. Banken wirken epidemisch. Einige von ihnen wackeln schon wieder. Die Politik hat das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand. Hektische Betriebsamkeit ändert daran nichts. Aus der EZB ist eine Reparaturwerkstatt geworden. Sie hält den finanziellen Laden im Notbetrieb am Laufen. Eine Rettung ist nur möglich, wenn an der Ursache des Problems angesetzt wird, dem Trittbrettfahrerverhalten. Tatsächlich ist die Politik aber im Rettungs-Modus. Damit ist der Absturz unvermeidlich. Der „alte“ Euro ist Geschichte.

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Sollten sich junge Berufssportler pflichtversichern müssen?

Erst vor kurzem schlug die Spielergewerkschaft der Vereinigung für Vertragsfußballer (VdV) Alarm. Laut neuesten Erkenntnissen würden nur zehn Prozent der Profi-Fußballer für ihr Karriereende Vorsorge treffen, jeder Vierte würde nach dem Ende der aktiven Laufbahn sogar vor dem Nichts stehen (siehe auch Daumann & Römmelt 2009).

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Ordnungsruf
Mehr Prävention – nein, mehr Bail-outs – ja
Die Beschlüsse des Europäischen Rats in der Kritik

Wenn man Moral Hazard bekämpfen will, muss man entweder Anreize für eine stärkere Schadensprävention schaffen oder die Bail-outs beenden. Der Europäische Rat hat das Gegenteil beschlossen: auf eine wirksame Härtung des „Stabilitäts- und Wachstumspakts“ wird verzichtet, und den „Rettungsschirm“ wird es – wenn auch modifiziert – auf Dauer geben. Damit hat die Bundesregierung beide Ziele aufgegeben, die sie noch im Mai verkündet hatte. Eine wirksame Härtung des Pakts hätte automatische Sanktionen vorausgesetzt, denn wenn Sünder über Sünder urteilen, kommen zumindest die großen Sünder ungestraft davon (wie die Erfahrung gezeigt hat). Um eine Automatik einzuführen, hätte aber Art. 126 Abs. 6-9 AEUV geändert werden müssen. Dazu waren weder die französische noch die meisten anderen Regierungen bereit.


Ordnungsruf
Mehr Prävention – nein, mehr Bail-outs – ja
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Zwei Seiten einer Medaille: Entscheidung und Verantwortung

In der Analyse der globalen Finanzmarktkrise sowie der krisenhaften Entwicklungen in der Europäischen Währungsunion rund um Griechenland geht es immer wieder um Antworten auf die sehr grundlegende Frage: Wie konnte es dazu kommen? Ohne hier Details ausloten zu wollen, wird eine einfache Antwort zur Diskussion gestellt: Zu den Hintergründen beider Krisen gehört, dass es möglich war, Verantwortung für einzelwirtschaftliche Entscheidungen ebenso wie für wirtschaftspolitische Maßnahmen abzuwälzen. Daher wird nun im Folgenden ganz allgemein der Zusammenhang zwischen Entscheidung und Verantwortung thematisiert.

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Mehr Markt in der Arbeitsmarktpolitik
Reform der Arbeitslosenversicherung

„Wir brauchen private Arbeitsvermittler nicht als Lückenbüßer, sondern als Teil einer modernen Arbeitsmarktpolitik.“ (Wolfgang Clement)

Ein Milliardenloch im Etat der Bundesagentur  in Nürnberg ist absehbar. Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werden steigen. Die Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen, wäre sinnvoller. Trotz Hartz und Agenda 2010, eine grundlegende Reform der Arbeitsmarktpolitik ist überfällig. Damit steht aber das korporatistische Modell zur Disposition. In der Bundesagentur spiegelt sich der deutsche Korporatismus wie in einem Brennglas. Nirgendwo sind Verträge von Tarifpartnern zu Lasten Dritter so ausgeprägt. Der Staat stellt ihnen mit der Arbeitslosenversicherung einen Lastesel zur Verfügung, über den sie beschäftigungspolitische Lasten auf Beitrags- und Steuerzahler abwälzen können. Eine radikale Reform der Bundesagentur bedeutet einen Bruch mit dieser korporatistischen Tradition. Das wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

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