Erst vor kurzem schlug die Spielergewerkschaft der Vereinigung für Vertragsfußballer (VdV) Alarm. Laut neuesten Erkenntnissen würden nur zehn Prozent der Profi-Fußballer für ihr Karriereende Vorsorge treffen, jeder Vierte würde nach dem Ende der aktiven Laufbahn sogar vor dem Nichts stehen (siehe auch Daumann & Römmelt 2009).
Obwohl alle jungen Sportler, die darauf hoffen, den Sprung in den professionellen Sport zu schaffen, wissen, dass auch ihr Karriereende irgendwann bevorsteht, bildet sich kaum ein junger Sportler für diesen Lebensabschnitt aus. Dabei kann das Karriereende gerade im Profisport als unvorhersehbar gelten und auch den noch jungen Sportler verletzungsbedingt treffen. Ein prominentes Beispiel in diesem Zusammenhang ist Thomas Brdaric: 2006 zog sich der damals 31-Jährige während eines Bundesligaspiels eine Verletzung am Knie zu, die ihn dazu zwang, seine Karriere zu beenden. Im Gegensatz zu vielen anderen Profis hatte er sich allerdings gegen Berufsunfähigkeit versichert und bekam aufgrund seines, durch die Verletzung eintretenden Karriereendes, rund 1,5 Millionen Euro Prämie ausgezahlt.
Vor diesem Hintergrund drängt sich aus ordnungsökonomischer Sicht die Fragestellung auf, ob die Einführung einer Pflichtversicherung gegen den plötzlichen verletzungsbedingten Eintritt des Karriereendes notwendig wäre. Auch in diesem Zusammenhang sollte eine verpflichtende Versicherung gegen das Risiko, den Schritt in das Profi-Geschäft nicht zu schaffen, diskutiert werden. Letzterer Fall lässt sich dabei in gewisser Weise als das direkte Eintreten des Karriereendes betrachten.
Unter einer Pflichtversicherung ist eine Versicherung zu verstehen, zu deren Abschluss eine gesetzliche Verpflichtung besteht. Diese gesetzliche Verpflichtung kann mit einem Kontrahierungszwang auf Seiten der Versicherungen einhergehen, die damit gezwungen werden, jeden Versicherungsantrag nachzukommen. In einer derartigen Konstellation wird die Vertragsfreiheit sowohl auf der Seite der Versicherer als auch auf der Seite der Versicherungsnehmer eingeschränkt: Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die Versicherung abzuschließen, der Versicherer hingegen ist verpflichtet, den Antrag des Versicherungsstellers anzunehmen.
Um zu klären, ob sich eine Pflichtversicherung für junge Berufssportler einerseits gegen das hohe Verletzungsrisiko und das damit einhergehende Karriereende und andererseits gegen die Ungewissheit, ob der Sprung in den professionellen Bereich wirklich gelingt, begründen lässt, soll zunächst allgemein kurz umrissen werden, wie sich dieser Eingriff ins Marktgeschehen rechtfertigen lässt. Dies ist notwendig, da ein durch die Versicherungspflicht entstehender Kontrahierungszwang die Vertragsfreiheit beeinflusst und sich aus ökonomischer Sicht unter den Bedingungen eines idealen Marktes effizienzmindernd auswirken würde.
Im Wesentlichen werden drei Argumente angeführt, die eine staatliche Intervention rechtfertigen sollen:
- Zum einen werden Individuen eine freiwillige Versicherung unterlassen, wenn sie ihr eigenes Risiko für den zu versichernden Schadensfall als sehr gering einschätzen. Tritt der Schadensfall dennoch auf, wird dies zu einer Belastung der sozialen Sicherungssysteme führen, da dem Nichtversicherten Hilfe im Ernstfall nicht untersagt werden kann, obwohl dieser sehr gut für sich selbst hätte Vorsorge treffen können. Eine Pflichtversicherung kann bezüglich dieser hier vorliegenden moral hazard-Problematik Abhilfe schaffen.
- Zum anderen könnte eine schlagartige mit hoher Wahrscheinlichkeit auftretende Entwertung von aufgebautem Humankapital im Krankheits- oder Unfallfall eine weitere Begründung darstellen.
- Ist es Individuen in einer frühen Lebensphase nicht möglich, auf Informationen über wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg zugreifen zu können – die Rendite der getätigten Investitionen in Humankapital ist für diese Individuen also nicht abschätzbar –, könnte auch dies die Pflicht zu Versicherung legitimieren.
Zuvorderst soll nun geprüft werden, ob bei jungen Berufssportlern die o. g. Argumente zutreffen. Dazu soll zunächst geklärt werden, was man unter dem Begriff des Humankapitals im Sportbereich versteht. Unter dem Begriff „Humankapital“ werden die Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie dabei insbesondere das technische und taktische Vermögen eines Sportlers subsumiert. Es wird im Prozess der Ausbildung, Weiterbildung und Erfahrungssammlung (wie z.B. Einsätze in der Bundesliga sie darstellen) erworben. Die Ausbildung von Humankapital im Sportbereich ist demnach eine höchst spezifische Investition, da sich die Fähigkeiten des jungen Sportlers meist nur auf die Ausübung einer einzigen Sportart beschränken. Auch die Verletzungsgefahr und die dadurch resultierende vollständige Entwertung des vorhandenen Humankapitals sind in diesem Bereich so hoch wie in beinahe keinem anderen. Ein weiteres hohes Verlustrisiko im Sportbereich resultiert zudem daraus, dass dem Sportler der Sprung in das Profigeschäft unter Umständen nicht gelingt. Auch dieser Fall entspricht einer vollständigen Entwertung des Humankapitals. Da die Berufschancen im Sportsektor als außergewöhnlich gering anzunehmen sind, ist diese Gefahr als sehr groß einzuschätzen. Insofern scheint ein Großteil der Argumente für die Einführung einer Pflichtversicherung gegeben zu sein. Junge Sportler schätzen dennoch vielmals das Risiko als gering ein. Die Badische Zeitung vom 03.02.2011 berichtet zudem, dass oftmals auch Eltern den Part der Absicherung nicht übernehmen, da auch diese zu überzeugt vom Talent ihres Sprösslings sind. Der Schritt zu einer Versicherung unterbleibt folglich bei den meisten jungen Sportlern. Die unterlassene Versicherung fällt im Schadensfall dann auf das gesamte System des Sozialstaats zurück und belastet diesen.
Vor dem Hintergrund der ordnungsökonomischen Prinzipien Walter Euckens (2008) erweisen sich jedoch das zweite und das dritte Argument als nicht haltbar. Insbesondere unter dem Maßstab der Einheit von Handlung und Haftung ist davon auszugehen, dass die mit der Bildung und Entwertung des Humankapitals auftretenden Probleme den Akteuren bekannt sein müssen bzw. diese sich entsprechende Kenntnisse zu verschaffen hätten und auf dieser Grundlage angemessen auf das identifizierte Risiko zu reagieren haben. Einziges aus ordnungsökonomischer Sicht haltbares Argument scheint hier das Auftreten von politisch induzierten externen Effekten bei fehlender Versicherung auf die sozialen Sicherungssysteme zu sein (erstes Argument). Können diese Fälle nicht unmittelbar bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme etwa durch Ausschluss oder durch Leistungseinschränkungen gelöst werden, lässt sich damit eine Versicherungspflicht begründen.
Durch diese Versicherungspflicht würde die aufgezeigte moral hazard-Problematik beseitigt werden. Zudem würde damit zugleich der Nebeneffekt erzielt, dass das Potential an jungen Sportlern besser ausgeschöpft wird, da Anreize für risikoaversere junge Sportler gesetzt werden, eine Laufbahn als Profisportler einzuschlagen.
Literatur:
Daumann, F., Römmelt, B. (2009), Die Vorbereitung semiprofessioneller Fußballspieler auf das Karriere-Ende, in Kremer, H.-G. (Hrsg.), Jenaer Beiträge zum Sport, Heft 14, Jena, S.12 – 18.
Eucken, W. (2008), Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Nachdruck der 7. Aufl., Tübingen.
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Ich bin der Meinung, dass die Vereine in der Verantwortung stehen sollten, denn wenn man einem oftmals sehr jungen Menschen so viel Ruhm und Geld in den Nacken schiebt, kann man davon ausgehen, dass diese jungen Männer den Blick für die Realität verlieren, bzw. noch gar nicht lernen durften. Dass die Karriere schnell vorüber gehen könnte, tja wer beschäftigt sich schon damit. Ich finde, die „Fußballstars“ sollten psychologische Hilfe, aber auch vertrauenswürdige Finanzberater zur Seite gestellt bekommen und das von den Vereinen. Das finde ich gerade für die jungen aufsteigenden Stars sehr, sehr wichtig.