Ordnungspolitische Denker heute (3)
Was wir von Wilhelm Röpke lernen sollten – und was lieber nicht.

„Auch die Schweizerische Eidgenossenschaft ist nicht dadurch entstanden, dass man zunächst die kantonalen Käsereien zu einer Käse-Union verschmolzen hat.“ (Wilhelm Röpke 1957)

So reich wir sind, dünkt es uns doch gleichzeitig, als seien wir heute deswegen noch lange nicht die freiesten, sondern ganz im Gegenteil die hilfsbedürftigsten und unselbständigsten Menschen seit vielen Generationen. Der Eindruck stellt sich ein, wenn man Zahl und Aktivität staatlicher Instanzen betrachtet, die ständig damit befasst sind, möglichst alle Bürger umfassend zu betreuen und ihnen finanzielle und andere Hilfe aller Art zuteil werden zu lassen. Die meisten der Berliner Ministerien sind Betreuungsministerien: Das Arbeitsministerium betreut Arbeitslose und Rentner, das Familienministerium umsorgt Kleinkinder, Familien, Frauen, Alleinerzieher und Pflegefälle, das Bildungsministerium kümmert sich um Schüler, Studenten und Wissenschaftler und das Gesundheitsministerium sorgt sich um die Volksgesundheit. Ganz abgesehen vom Verbraucherschutzministerium (und neuerdings dem Justizministerium), welches die schützende Sorge des Staates schon im Namen führt.

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Was wir von Wilhelm Röpke lernen sollten – und was lieber nicht.“
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Über den Umgang mit Unsicherheit und Offenheit
Erfahrungen eines Wirtschaftsjournalisten nach fünf Jahren Finanz- und Wirtschaftskrise

I. Einleitung[1]

Leert jemand ein vollständig mit Wasser gefülltes Viertelliterglas vor den Augen einer Beobachtergruppe bis auf die Hälfte, sagt der überwiegende Teil derer, die das beobachten, nun sei das Glas „halb leer“. Wenn aber dasselbe Glas zunächst leer ist, dann aber mit einem Achtelliter Wasser gefüllt wird, sagt dieselbe Gruppe wie aus einem Munde, nun sei das Glas „halb voll“.

Dass man ein Glas mit gleichem Recht als „halb voll“ oder „halb leer“ bezeichnen kann, ist trivial. Wovon es aber abhängt, welche Beschreibung wir mehrheitlich benutzen, ist schon weniger trivial. „Framing-Effekt“ nennen Psychologen die Tatsache, dass es der Kontext – oder besser: der Rahmen – ist, welcher die unterschiedliche Wahrnehmung und Interpretation eines Sachverhaltes bestimmt.

Was wir in den vergangenen fünf Jahren seit dem Höhepunkt der Finanzkrise nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank erlebt haben, meine Damen und Herren, ist tatsächlich ein Re-Framing, eine Neuvermessung unserer Welt. Damit hatte niemand gerechnet, nicht die Ökonomen, nicht die Politiker, auch die Neunmalklugen nicht, die seither mit dem Geschäftsmodell „Krisenpropheten“ hausieren gehen, und schon gar nicht wir Journalisten.

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Erfahrungen eines Wirtschaftsjournalisten nach fünf Jahren Finanz- und Wirtschaftskrise
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Ungleichheit heute (15)
Ungleichheit und Gerechtigkeit: Was hat das miteinander zu tun?

1. Das Paradies

Stellen wir uns eine Welt vor, in der es vollkommene wirtschaftliche Gleichheit gibt. Egal, welche Arbeit einer macht, Angebot und Nachfrage befinden sich stets in einem Gleichgewicht, welches jedermann das gleiche Einkommen ermöglicht. In dieser Gesellschaft gibt es keine Debatten über eine Schere zwischen Arm und Reich; es braucht auch keinen Streit über Art und Umfang einer Einkommensumverteilung durch den Staat. Weil jeder den fairen Anteil seines Einsatzes erhält, hat auch jedermann die gleichen Anreize, sich anzustrengen. Die Regierung braucht sich ausschließlich darum zu kümmern, öffentliche Güter bereit zu stellen (Verteidigung, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit), die sich mit einer für alle gleich hohen Kopfsteuer finanzieren lassen. In dieser Welt herrscht nicht nur perfekte Gleichheit, sondern auch perfekte Effizienz. Es ist eine Welt vor dem Okunschen Trade-Off. Es ist das Paradies der Gleichheit und Gerechtigkeit.

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Ordnungsruf
Wettbewerb ist unfair
Warum müssen die Bayern immer gewinnen?

Ich habe von Fußball keine Ahnung und jetzt habe ich auch noch ein Gerechtigkeitsproblem: Da sind die Bayern schon deutscher Meister. Und jetzt haben sie auch noch die Champions League gewonnen. Ist das nicht der beste Beweis dafür, dass der Wettbewerb ein unfaires Zuteilungsverfahren ist? Wäre es nicht fair, wenn jetzt einmal Dortmund zum Zug gekommen wäre? Das hätte jedenfalls mein Gefühl für Reziprozität, ausgleichende Gerechtigkeit, besser zufrieden gestellt (oder noch besser natürlich eine Mannschaft aus einem anderen Land). Wie gesagt, als Nichtfußballer, der Spiele immer nur guckt, wenn sie zu gesellschaftlichen Ereignissen werden, hatte ich für keine der beiden Mannschaften besondere Sympathien. Aber warum hat eigentlich niemand Mitleid mit den Dortmundern?

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Wettbewerb ist unfair
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Die Entdeckung der Ökonomie
Warum die Feuilletons sich für Wirtschaft interessieren

Vorbemerkung: Die Feuilletons haben die Ökonomie nicht erst in der Finanz- und Staatsschuldenkrise entdeckt. Die Feuilletons waren immer schon (einerlei in welcher Zeitung, auch in der FAZ) tendenziell links, nahmen Kapitalismuskritik (aber nicht: Kapitalismusaffirmation) als Teil ihres Geschäftsmodell, waren im Zweifel eher staatsnah, aber weniger marktfreundlich und fühlten sich als Anwälte des guten, wahren und schönen Lebens gegen die Kälte und Ungerechtigkeit der Wirtschaftswelt. Das Feuilleton hat zwar einerseits Respekt vor der Welt der Wirtschaft (weil es meint, diese sei schwer verständlich, es sich aber auch relativ wenig um das Verständnis bemüht), fühlt sich ihr aber zugleich stilistisch, ästhetisch und philosophisch überlegen. Einzige Ausnahm war m.W. die Zeit der New Economy in den Neunzigerjahren. Damals kauften auch Kulturredakteure Aktien von Pixelpark und Lion Bioscience und waren ein wenig versöhnt mit dem Kapitalismus, weil er die Chance, reich zu werden nun auf einmal verband mit dem Gefühl, Avantgarde zu sein. Anyway: Das Verhältnis zwischen Wirtschaftsteil und Feuilleton befand sich immer in einer produktiven Spannung (auch und gerade in der FAZ) und befriedigt damit nicht nur die Streitlust der Redaktion, sondern zudem unterschiedliche Lesergruppen und –bedürfnisse.

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BücherMarkt
Was weiß die Ordnungsökonomik von Europa?
Ein Streifzug durch das neue „Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft“ (Ordo Band 62/2011)

Es fällt schwer zu glauben, dass die EU die Schuldenkrise in den kommenden Jahren in den Griff bekommt. Die gegenwärtige Lage bietet einem eigentlich nur unerfreuliche Lösungen. Lediglich das Ausmaß der „Unerfreulichkeit“ differiert. Mit diesem Fazit schließt Ansgar Belke im neuen Ordo-Band seinen Beitrag über die „EU-Governenance“. Zum Glück ist das Nachdenken über die Euro- und Staatsschuldenkrise, mit der gut ein Fünftel der Beiträge sich beschäftigt, auf weiten Strecken (wenngleich nicht immer) intellektuell erfreulich, zuweilen auch im guten Sinne anstößig.

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Was weiß die Ordnungsökonomik von Europa?
Ein Streifzug durch das neue „Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft“ (Ordo Band 62/2011)
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Schlag nach bei Adam: Die Gaunertricks der Schuldenstaaten

Man muss schon buchstäblich bis zu Ende lesen (oder blättern). Erst im letzten Kapitel des letzten, fünften Buches des „Wohlstands der Nationen“ kommt Adam Smith auf die Staatsschulden zu sprechen. Heute gelesen löst die Lektüre unter dem Eindruck der Eurokrise ambivalente Gefühle aus: Es ist tröstlich zu sehen, dass die Staaten im 18. Jahrhundert keinen Deut besser waren als heute, aber genau diese Erkenntnis kann einen auch zum Verzweifeln bringen.

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Liberale Klassik: Zehn Gründe, David Hume zu lesen
Aus Anlass des 300. Geburtstages

Ideen- und Dogmengeschichte gilt in Politik und Ökonomie als unschick. Da muss man sich nicht wundern, dass selbst die „liberale“ FDP chronisch an „argumentativer Materialermüdung“ leidet und die Wirtschaftswissenschaften, weil geschichtsvergessen, Krisen gegenüber hilflos ist. Der 300. Geburtstag des schottischen Moralphilosophen David Hume (geboren am 7. Mai 1711 in Edinburgh) gibt Anlass, an das Erbe des klassischen Liberalismus zu erinnern.

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Aus Anlass des 300. Geburtstages
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