Wegen der hohen Inflation hebt die EZB seit Juli 2022 die Leitzinsen an, zuletzt um 50 Basispunkte am 16. März trotz der Turbulenzen auf den Finanzmärkten. Da ihre geldpolitische Strategie seit jeher einem Zinskorridor folgt, gibt es unter dem Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz, jetzt 3,5%) einen Einlagenzins als Zinsuntergrenze (mit jetzt 3,0%) (siehe Abb. 1). Über dem Leitzins liegt der Zins auf die Spitzenrefinanzierungsfazilität als Zinsobergrenze (mit jetzt 3,75%). Der gestiegene Einlagenzins hat für Kritik gesorgt, da die Geschäftsbanken nun von der EZB große Zinszahlungen erhalten. Der Zinsanstieg an sich hat für Verunsicherung gesorgt, weil die von den Banken gehaltenen Anleihen an Wert verlieren. Die EZB steckt in der Zwickmühle!
„Inflation und FinanzmarktstabilitätDas selbstgemachte Zinsdilemma der EZB“ weiterlesenSVB – nicht der Sportverein!Anmerkungen zu Silicon Valley Bank, Zinsgeysiren, Bankenaufsicht und unfreiwilligem Quantitative Easing
Eine Bank – kein Sportverein
Wer hierzulande das Kürzel “SV“ mit oder ohne begleitende Großbuchstaben liest, denkt automatisch an einen Sportverein. Leider – so werden sich manche LeserInnen in den letzten Tagen gedacht haben – stand da „SVB“ zumeist aber nicht für einen lokalen Verein, sondern für „Silicon Valley Bank“, und leider sollten sich Vereinsvorstände an der Führung dieser Bank wohl kein Vorbild nehmen.
Bis vor kurzem sah die Welt noch anders aus. Da galt SVB manchen Investoren als der „Goldstandard“ (https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/gruenderszene-und-svb-so-arbeitet-die-tech-branche-den-kollaps-der-silicon-valley-bank-auf/29034494.html) in Sachen Finanzierung von US Start-ups. Auch die ausgewiesenen Zahlen waren vorzeigbar. Auf der Homepage kann man bspw. heute (16.03.2023, https://ir.svb.com/home/default.aspx) noch folgende Zahlen abrufen:

Ups – gut 12 Prozent ROE klingt jetzt nicht gerade nach bevorstehender Katastrophe. Was ist denn dann passiert? Bevor wir darüber sinnieren, sollten wir ehrlicherweise einräumen, dass man bei Banken und Bankbilanzen vorsichtig sein muss. Kein Kommentator hat über veröffentlichte Dokumente hinaus einen tieferen Einblick bzw. dürfte ihn haben, denn sonst müsste man ihn fragen, wie er sich als Insider der börsennotierten Bank in dieser Zeit verhalten hat. Also nochmal: Vorsicht! Unbeschadet dessen darf man aber sicher wie folgt nachdenken.
„SVB – nicht der Sportverein!Anmerkungen zu Silicon Valley Bank, Zinsgeysiren, Bankenaufsicht und unfreiwilligem Quantitative Easing“ weiterlesenNobelpreis 2022
Banken und ihre Rolle in Finanzkrisen
Zum Nobelpreis für Ben Bernanke, Douglas Diamond und Philip Dybvig
Im Film „Mary Poppins“ gibt es eine Szene, in der ein kleiner Junge die „Fidelity Fiduciary Bank“ besucht und von dem knorrigen Bankmanager im Backoffice bedrängt wird, sein Taschengeld anzulegen. Der Junge ist verängstigt, und als der Angestellte ihm seine Twopence Münze aus der geöffneten Hand entnehmen will, ensteht ein Handgemenge, in dem er „Give me back my money“ ausruft. Dies hören andere Kunden im Schalterraum, die aufgeschreckt ihre Einlagen zurückverlangen. Die Konsequenz ist ein spekulativer Bank Run, der zur Zahlungseinstellung und zur Schließung der Bank führt. Der Junge kann sein Geld retten.
Was hier persifliert wird, ist Sinnbild für Instabilitäten von Banken, die sich zu Finanzkrisen mit hohen gesamtwirtschaftlichen Kosten ausweiten können. Um diese zu vermeiden, muss man verstehen, warum Banken existieren, weshalb sie scheitern und wie sich Instabilitäten im Finanzsektor auf die Realwirtschaft übertragen. Diese Fragen behandeln die Arbeiten der diesjährigen Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, wobei der Preis jeweils zu einem Drittel an Ben S. Bernanke (Brookings Institution, New York), Douglas W. Diamond (University of Chicago) und Philip H. Dybvig (Washington University in St. Louis) geht. Aus Sicht des Nobelpreiskomitees haben ihre Arbeiten das Verständnis der Rolle der Banken in der Wirtschaft, insbesondere während Finanzkrisen, erheblich verbessert, wobei Diamond und Dybvig sich mit einzelwirtschaftlichen Aspekten und Bernanke mit makroökonomischen Implikationen befassen.
Am aktuellen Rand
Finanzmarktwaffen gegen Russland
Hat Wladimir Putin die Folgen unterschätzt?
Mit der russischen Invasion in der Ukraine hat eine internationale Welle der Solidarität eingesetzt, die Finanz- und Waffenhilfe für die Ukraine, den Abbruch von Geschäftsbeziehungen mit Russland sowie Finanzmarktsanktionen gegen Russland umfasst. Da viele westliche Industrieländer von russischen Rohstoffen abhängig sind, liegt der Schwerpunkt der Sanktionen nicht auf den Rohstoff-, sondern den Finanzmärkten. Dies fügt sich in den Trend, dass die Finanzmärkte eine wachsende Bedeutung für die wirtschaftliche Stabilität gewonnen haben. Inzwischen spricht man von „Finanzmarktwaffen“.
Fliege, Spinne, Kapitalmarktaufsicht
Was lehrt Wirecard?
Es steht zu befürchten, dass die Vorgänge um Wirecard die ohnehin geringe öffentliche Akzeptanz von Kapitalmärkten und deren Wirken reduzieren. Das wird es der Politik erleichtern, die Rolle der Marktmechanismen in der Marktkontrolle noch weiter zurückzudrängen. Ausgerechnet Regierungs- und Aufsichtsversagen wird man zum Anlass einer weiteren Ausweitung solcher nicht-marktlicher Kontrollmechanismen nehmen. Dabei wäre es an der Zeit, nicht nur über Finanzaufsicht und die Kontrolle von Finanzmärkten durch eine gestärkte BaFin, sondern über die Stärkung der Kontrolle durch Marktmechanismen zu diskutieren. Die BaFin war jedenfalls im Fall Wirecard nicht die Spinne, die das Netz webt, in dem sich unseriöse Investoren verfangen, sondern die Fliege, die sich in ihren eigenen und von privaten Investoren und Politik gesponnen Netzen verheddert hat.
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