Die makroökonomische Lage in Japan scheint sich zuzuspitzen. Als die Bank von Japan unter ihrem Präsidenten Haruhiko Kuroda am 20. Dezember 2022 bekannt gab, ihre Zinsobergrenze bei 10jährigen japanischen Staatsanleihen von 0,25% auf 0,5% anzuheben, brachen die Aktienkurse in Tokio ein und der japanische Yen wertete stark auf. Der „Kuroda-Schock“, der in den Augen einiger Beobachter eine Wende in der 30jährigen Niedrig-, Null- und Negativzinspolitik Japans ankündigte, sandte Schockwellen auf die internationalen Finanzmärkte aus. In den USA und Europa fielen die Kurse von Aktien und Anleihen. Kündigt sich in Japan ein Ende der Niedriginflation und der Niedrigzinsen an? Wir haben das japanische Modell untersucht (Mayer und Schnabl 2022) und sehen einige Hinweise dafür.
„Ist das „japanische Niedriginflations- und -zinsmodell“ am Ende?“ weiterlesenDas japanische Inflationsrätsel
Während in vielen Ländern die Inflationsraten weit über die Zielmarken der Notenbanken geschossen sind – z.B. im Euroraum in Juni auf 8,6% – ist die Inflation in Japan mit zuletzt 2,5% im Mai erstaunlich niedrig geblieben. Seit vielen Jahren liegt die Inflationsrate Japans deutlich unter anderen Industrieländern, obwohl die Bilanz der Bank von Japan sehr viel schneller gewachsen ist als die Bilanzen vieler anderer Zentralbanken. Seit dem Platzen der japanischen Blasenökonomie im Dezember 1989 ist die Geldmenge deutlich schneller gewachsen als die Menge aller Güter und Dienstleistungen, ohne dass die Konsumentenpreise stark gestiegen sind. Mayer und Schnabl (2022) suchen nach der Lösung des japanischen Inflationsrätsels und finden drei Gründe.
Japans Zombieunternehmen horten Eigenkapital
In der Corona-Krise hat die Diskussion um die Zombifizierung der europäischen Wirtschaft wieder an Fahrt gewonnen. Staatsbeteiligungen, Subventionen, Staatskredite, Kurzarbeitergeld sowie negativ-verzinste Kredite der Europäischen Zentralbank haben die Abhängigkeit der Unternehmen vom Staat vergrößert. Zwar wird beteuert, dass die Maßnahmen nur vorübergehend seien, doch garantiert ist das nicht. Wahrscheinlicher scheint das Gegenteil: dauernd nachsichtige Finanzierungsbedingungen durch die Banken und eine anhaltende Aufweichung des Insolvenzrechts. In Japan ist dieser Prozess schon weit fortgeschritten.
Zentralbankfinanzierte Staatsausgaben kosten nichts?
Japan zeigt das Gegenteil!
In der Corona-Krise haben in ganz Europa die Regierungen riesige schuldenfinanzierte Ausgaben- und Kreditprogramme auf den Weg gebracht. Die Europäische Zentralbank (EZB) flankiert die staatlichen Hilfen mit immensen Ankäufen von Staats- und Unternehmensanleihen sowie subventionierten Krediten an Banken und Unternehmen. Schon wird für Dezember die nächste Aufstockung des Pandemischen Notfallaufkaufprogramms erwartet. Unter Christine Largarde hat sich die EZB damit noch stärker hin zum kooperativen Geldgeber für hoch verschuldete Staaten entwickelt. Ein wichtigstes Argument für diese Politik ist, dass die Finanzierung von Staatsausgaben über den Ankauf von Staatsanleihen durch die Notenbank quasi kostenlos ist, weil die Konsumentenpreise nicht steigen (Ehnts 2017).
„Zentralbankfinanzierte Staatsausgaben kosten nichts?
Japan zeigt das Gegenteil! “ weiterlesen
Negativzinsen unterwandern die marktwirtschaftliche Ordnung und das Vertrauen in den Staat
Bild: Pixabay
Am 12. September 2019 gab die Europäischen Zentralbank (EZB) eine weitere Lockerung der Geldpolitik bekannt. Der Negativzins auf Einlagen der Banken bei der EZB wird auf -0,5% abgesenkt. Die Anleihekäufe werden mit einem monatlichen Volumen von 20 Milliarden Euro wieder aufgenommen. Bei den langfristigen Refinanzierungsgeschäften für Banken werden die Anreize zur Kreditvergabe an Unternehmen verstärkt.
Die Bank von Japan schafft ein monopolistisches Bankensystem
13 japanische City-Banken stiegen in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre – beflügelt von einem Spekulationsboom – in die Gruppe der weltgrößten Banken auf. Im Westen machte sich Angst vor einer wirtschaftlichen Kolonialisierung breit. Mit dem Platzen der Blase folgte der Abstieg. Seitdem sind die City-Banken Getriebene der japanischen Geldpolitik.
„Die Bank von Japan schafft ein monopolistisches Bankensystem“ weiterlesen
Leistungsbilanzungleichgewichte
Was Trump wirklich will, und warum Deutschland leiden wird
Viele wundern sich, warum Peter Navarro, Chefberater von US-Präsident Trump in Handelsfragen, Deutschland eines unterbewerteten Euro bezichtigt. Für die einen sind die Vorwürfe absurd, andere sprechen dem Harvard-Absolventen den ökonomischen Sachverstand ab. Doch Navarro dürfte wohl verstehen, dass Deutschland wenig Einfluss auf den Eurokurs hat. Das lässt nur die Schlussfolgerung zu, dass er ablenken will!
Japans Lehren für Chinas trübe Wachstumsperspektiven
Die Aussichten hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung in China haben sich zum Schlechten gewendet. Das Kapital verlässt das Land, die Währung ist unter Abwertungsdruck, die Devisenreserven schmelzen und die Wachstumsaussichten sind eingetrübt. Bisher waren Investitionen, Exporte und die Bauindustrie noch die Wachstumsmotoren. Nun sollen es der inländische Konsum, mehr Staatsausgaben und billiges Geld richten. Mit Blick auf Japans Erfahrungen ist diese Strategie nicht aussichtsreich (Schnabl 2016).
„Japans Lehren für Chinas trübe Wachstumsperspektiven“ weiterlesen
Auf der Suche nach Inflation
Zur Abe-Strategie der Bank von Japan eines aggressiven Anleiheerwerbs
In einem Beitrag zu diesem Blog hatte ich auf die Konsequenzen unterschiedlicher Techniken der Basisgeldschaffung aufmerksam gemacht (NEUMANN, 2014). Die EZB emittiert Basisgeld hauptsächlich indem sie den Banken so viel Kredit gibt, wie die zum festgesetzten Refinanzierungssatz der EZB nachfragen. Die Basisgeldnachfrage der Banken wird daher zum limitierenden Faktor der monetären Expansion. Die FED dagegen emittiert Basisgeld, indem sie Staatsanleihen erwirbt. Da die amerikanische Staatsschuld derzeit mehr als das Vierfache der Geldbasis beträgt, muss die FED nicht besorgt sein, an ein Limit zu stoßen.
„Abenomics“ für die Eurozone?
Chance und Risiken einer „aggressiven“ Geldpolitik durch die EZB
Weil die Inflationsrate in der Eurozone seit einiger Zeit schwächelt und inzwischen auf 0,3 % gesunken ist, wächst der Druck auf das Eurosystem, eine expansivere, wenn nicht sogar „aggressive“ Geldpolitik zu betreiben. Dies forderte bereits im Frühjahr der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Banken, der sich für ein Aufkaufprogramm von marktgängigen Wertpapieren seitens der EZB aussprach, sollten die Preise sich weiter in Richtung Deflation bewegen (FAZ, 2014). Ähnlich äußerte sich IMF Direktorin LAGARDE (2014), die ebenfalls eine expansivere Geldpolitik durch die EZB verlangte. Tatsächlich hat auch der EZB-Rat im April 2014 die Möglichkeit einer weiteren geldpolitischen Lockerung diskutiert und einstimmig beschlossen, innerhalb seines Mandats notfalls auch unkonventionelle Instrumente zu nutzen, um die Risiken einer anhaltenden Periode mit niedrigen Inflationsraten wirksam zu vermeiden.