Die Aussichten hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung in China haben sich zum Schlechten gewendet. Das Kapital verlässt das Land, die Währung ist unter Abwertungsdruck, die Devisenreserven schmelzen und die Wachstumsaussichten sind eingetrübt. Bisher waren Investitionen, Exporte und die Bauindustrie noch die Wachstumsmotoren. Nun sollen es der inländische Konsum, mehr Staatsausgaben und billiges Geld richten. Mit Blick auf Japans Erfahrungen ist diese Strategie nicht aussichtsreich (Schnabl 2016).
Japan ist ein wichtiges Fallbeispiel für China, weil es ähnliche makroökonomische Strukturmerkmale hat. In beiden Fällen sind seit langem exportorientierte Wachstumsstrategien mit Handelsüberschüssen (insbesondere gegenüber den USA) verbunden. Die Wechselkurse von Yen und Yuan gegenüber dem Dollar sind damit wichtige Bestimmungsgrößen des Wachstums beider Länder. Das hat zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu Währungskonflikten mit den USA geführt. Von 1985 bis 1995 übten die USA Druck auf Japan aus, den Yen gegenüber dem Dollar aufwerten zu lassen. Die Aufwertung des Yen sollte das Handelsbilanzungleichgewicht zwischen Japan und den USA beseitigen. Seit der Jahrtausendwende war China wegen hoher Handelsüberschüsse unter Druck, den Yuan aufwerten zu lassen. Die Tatsache, dass sowohl die japanische als auch die chinesische Regierung – zu unterschiedlichen Zeitpunkten – diesem Druck nachgaben, bereitete in beiden Fällen den Nährboden für spekulative Blasen, die als Vorstufen für langanhaltende Stagnationsphasen zu sehen sind.
Die Ursprünge der schleichenden Krise liegen in Japan Mitte der 1980er Jahre. Mit dem Plaza Abkommen (Sept. 1985) wurde Japan von den USA gezwungen, eine starke Aufwertung des japanischen Yen anzukündigen. Das löste starke Kapitalzuflüsse nach Japan aus, die auf Aufwertungsgewinne spekulierten. Zwischen Sept. 1985 und Sept. 1987 wertete der Yen um 50% gegenüber dem Dollar auf. Das exportabhängige Japan stürzte in eine tiefe Krise. Die Bank von Japan senkte die Zinsen stark, was den Schmerz linderte. Doch die geldpolitische Krisentherapie schuf auch den Nährboden für Blasen auf den Aktien- und Immobilienmärkten. Die Abbildung zeigt den starken Anstieg der Immobilienpreise. Als im Dezember 1989 die Blase platzte, setzte eine schmerzhafte, bis heute anhaltende Stagnation ein.
Auch China kam aufgrund seiner Handelsbilanzüberschüsse ab der Jahrtausendwende unter politischen Druck, seine Währung aufzuwerten. Auch in China löste die Entscheidung für einen kontrollierten Aufwertungspfad (Juli 2005 bis Juli 2008 sowie Juni 2010 bis Januar 2014) erneut quasi-risikolose Wetten auf die Aufwertung des Yuan aus. Die spekulativen Kapitalzuflüsse wurden oft als Exporterlöse getarnt, um die Kapitalverkehrskontrollen zu umgehen (was die Handelsbilanzüberschüsse noch größer aussehen ließ). Die Kapitalzuflüsse wurden von der chinesischen Regierung über den staatlich kontrollierten Bankensektor in Investitionen und damit oft in zusätzliche Kapazitäten des Exportsektors gelenkt. Über den Schattenbankensektor floss viel Kapital in die Immobilienmärkte, wo die Preise stark stiegen (siehe Abbildung). Das hat Überkapazitäten in der Industrie und im Immobilienmarkt geschaffen, die China zunehmend Probleme bereiten.
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Die monetäre Überinvestitionstheorie von Hayek (1931) erklärt, warum expansive Geld- und Fiskalpolitik in Reaktion auf das Platzen von Blasen nicht hilft, das Wachstum nachhaltig zu beleben. Im einem Aufschwung, der durch zu niedrige Zinsen getrieben ist, werden Ressourcen in Sektoren mit niedriger Produktivität gelenkt und gebunden. Wenn die Blase platzt, kommt es nur dann zu einer nachhaltigen Erholung, wenn diese nicht-produktiven Investitionen abgebrochen werden. Billiges Geld und keynesianische Konjunkturprogramme als Krisentherapien stabilisieren zwar kurzfristig. Längerfristig lähmen sie die wirtschaftliche Erholung, weil sie die Verzerrungen in der Wirtschaftsstruktur zementieren. Nur höhere Zinsen können die Neuordnung der Produktionsfaktoren hin zu Investitionen mit höherer Produktivität bewirken. Genau dies wurde aber seit 1990 in Japan mit einer immer expansiveren Geldpolitik von der Bank von Japan verhindert, so dass das Land nun schon 2,5 verlorene Dekaden kränkelt.
Dieses Szenario wird nun auch für China immer wahrscheinlicher. Denn das Land schickt sich an, als Krisentherapie die Geldpolitik immer weiter zu lockern und weitere staatliche Nachfrageprogramme auf den Weg zu bringen. Die Folge wäre, dass zwar kurzfristig das Wachstum gestützt würde. Langfristig ist hingegen eine langanhaltende Stagnation nach japanischem Muster zu erwarten. Das Wachstum in China würde – von noch hohem Niveau –kontinuierlich weiter zurückgehen.
Da dies politisch schmerzhaft ist, sollte China die Geldpolitik straff halten. Die Restrukturierung seiner Wirtschaftsstruktur sollte dem privaten Sektor überlassen werden statt staatliche Nachfrageprogramme aufzulegen. Der erste Schritt dazu könnte sein, der Federal Reserve der USA zu folgen und die Geldpolitik nicht mehr expansiver zu gestalten. Da dadurch auch die Abwertung des Yuan gestoppt würde, würde dies der amerikanischen Zentralbank den Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik erleichtern. Damit würden auch die richtigen Signale an die Bank von Japan und die Europäische Zentralbank geschickt, den Politiken des billigen Geldes endlich ein Ende zu machen.
Literatur:
Schnabl, Gunther (2016): Exchange Rate Rate Regime, Financial Market Bubbles and Long-term Growth in China: Lessons from Japan. CESifo Working Paper 5902. https://ideas.repec.org/p/ces/ceswps/_5902.html
Hayek, Friedrich August von (1929): Prices and Production, New York. https://mises.org/library/prices-and-production
3 Antworten auf „Japans Lehren für Chinas trübe Wachstumsperspektiven“