Wie die EZB den Zins bekämpft

„Die kommunistische Revolution ist das radikalste Brechen mit
den überlieferten Eigentumsverhältnissen […]. Für die fortgeschrittensten Länder werden […] die folgenden [Maßnahmen,
a. d. V.] ziemlich allgemein in Anwendung kommen können:

5. Zentralisation des Kredits in den Händen des Staates durch eine Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol.“

Karl Marx, Friedrich Engels,
Manifest der Kommunistischen Partei.

I.

Die Anleihen der Bundesrepublik Deutschland werden nach wie vor zu den Staatsanleihen mit der besten Bonität gezählt. Das zeigt sich an ihren Renditen, die durchweg niedriger sind als die anderer Euro-Staatsanleihen. Derzeit (am 11. November 2015) beträgt die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe 0,60 Prozent. Die Renditen der Bundesanleihen mit Laufzeiten bis sechs Jahren liegen jedoch unter null Prozent. Wie erklärt sich das?

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zum einen mit ihrer Niedrigzinspolitik und dem Aufkaufen von Euro-Staatsanleihen die Renditen im Euroraum auf historisch niedrige Niveaus gedrückt. Zum anderen erhebt sie mittlerweile einen negativen Einlagezins: Banken müssen, wenn sie bei der EZB „Überschussguthaben“ halten, einen Strafzins in Höhe von 0,2 Prozent bezahlen (der Einlagenzins ist also minus 0,2 Prozent).

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Griechenlands Rückkehr an den Kapitalmarkt

Am Donnerstag, den 10. April 2014, gelang es Griechenland, Staatsanleihen mit fünfjähriger Laufzeit im Umfang von drei Milliarden Euro zu einem Kuponzins von 4,75 Prozent an Anleger zu verkaufen. Der vergleichsweise niedrige Zinssatz ergab sich dabei durch die hohe Nachfrage, die einer achtfachen Überzeichnung entsprach und zu einer Rendite von 4,95 Prozent führte. Damit zahlt Griechenland zwar immer noch deutlich höhere Zinsen als etwa Deutschland (ca. 0,6 Prozent für 5-jährige Staatsanleihen), allerdings auch erheblich geringere Zinsen als im Februar 2012, als sie noch etwa 30 Prozent betrugen.

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Geldpolitische Rettungsaktionen treiben wandernde Blasen – wandernde Blasen treiben geldpolitische Rettungsaktionen

Die großen Zentralbanken haben sich vom anvisierten Ausstieg aus der außergewöhnlichen geldpolitischen Expansion wieder distanziert. Die Bank Japan, die seit 1999 den Leitzins bei Null hält, hat im Zuge der Abenomics ihre geldpolitische Unabhängigkeit endgültig bei der Regierung abgegeben. Die Federal Reserve hat ihre vorsichtigen Versuche, das Geldventil zuzudrehen, zunächst eingestellt. In Europa gilt Mario Draghis Bazooka-Ansatz der angekündigten unbegrenzten Flutung der Finanzmärkte mit billiger Liquidität.

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Niedrige Zinsen in Deutschland – wer gewinnt und wer verliert?

Seit dem Beginn der Finanzkrise betreiben die bedeutenden Zentralbanken der Welt eine vorher nie dagewesene expansive Geldpolitik. Anfang 2008 kam es zur zinspolitischen Wende in den USA, in deren Folge der Leitzins von der FED bis auf nahezu null Prozent gesenkt wurde. Großbritannien folgte dieser Politik mit geringem zeitlichen Abstand. Im Gegensatz dazu erhöhte die EZB noch am 3. Juli 2008 ihren Leitzins, da die Finanzkrise aus ihrer Sicht überwunden schien und Inflationsgefahren für das Eurowährungsgebiet eine größere Bedeutung bei ihrer Entscheidungsfindung einnahmen. Doch bereits drei Monate später schloss sich die EZB vor dem Hintergrund der Lehman-Pleite, den damit verbundenen Wirkungen im Bankensystem sowie nachfolgend im realwirtschaftlichen Bereich den allgemeinen Leitzinssenkungen an. Seit die EZB den Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz) am 2. Mai 2013 auf 0,5 Prozent gesenkt hat, haben auch die Zinssätze in der Eurozone einen (bisherigen) historischen Tiefstand erreicht – ein Niveau, auf dem sich Japan bereits seit den 1990er Jahren befindet.

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Die Zinsmanipulation der Zentralbanken legt die Saat für die nächste Krise

„[P]olitical economy pressures could make exit harder and work towards delaying it.“ Bank for International Settlement, 83th Annual Report, S. 72.

I.

Ist die „Zinswende“ eingeläutet? Die Wortmeldungen aus der amerikanischen Zentralbank deuten darauf hin; die Kursverluste auf den internationalen Anleihe-, Aktien- und Rohstoffmärkten standen ganz offensichtlich im Zusammenhang mit Zinssteigerungserwartungen. Seit dem 1. Mai 2013 ist die 10-Jahresrendite der US-Staatsanleihen von 1,66 Prozent, ihrem bisherigen Rekordtief, auf mehr als 2,70 Prozent am 5. Juli 2013 geklettert.[1] Wenn man sich den Grund der derzeit immer noch tiefen Zinsen in Erinnerung ruft, so lassen sich durchaus Zweifel anmelden, ob denn die Zinsen wirklich noch viel weiter steigen werden.
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Braucht Europa einen „Lender of last resort“ für öffentliche Schuldner?

Seit Ausbruch der Staatsschuldenkrise werden in den Peripherieländern die Rufe lauter, wonach die Europäische Zentralbank als „lender of last resort“ für öffentliche Schuldner agieren und unbegrenzt und bedingungslos Staatsschuldtitel am offenen Markt oder direkt vom Emittenten aufkaufen soll. Begründet werden solche Forderungen zumeist mit der Gefahr einer spekulativen Staatsschuldenkrise und dem Risiko eines finanziellen Meltdowns des öffentlichen Sektors: Wenn Marktteilnehmer Zweifel an der Zahlungsfähigkeit öffentlicher Schuldner haben, erhöhen sie ihre Renditeforderungen. Dies vergrößert bei kurzfristig gegebenen Steuereinnahmen die Ausfallwahrscheinlichkeit von Staatsanleihen, wodurch die Renditeforderungen am Markt weiter zunehmen. Letztlich kann sich damit die Erwartung eines Staatsbankrotts von selbst erfüllen.

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Sollten die Euro-Staaten Rückkäufe griechischer Staatsanleihen finanzieren?

Das Institute of International Finance des internationalen Bankenverbandes schlägt vor, dass die Euro-Staaten Griechenland Kredite gewähren sollten, damit es seine Anleihen zu den derzeitigen reduzierten Kursen zurück kaufen kann. Glaubt man Medienberichten, so hat das Bundesfinanzministerium „Sympathien“ für diesen Vorschlag. Die Banken versprechen sich von der Angebotsverknappung steigende Anleihekurse. Aber wie wäre es, wenn die Anleihen zu einem Kurs gekauft würden, der an einem Stichtag galt, als das Rückkaufprogramm noch nicht existierte und auch noch nicht diskutiert und erwartet wurde?

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Gastbeitrag:
Anleihekäufe und Solvenz von Notenbanken
Wie viel quasi-fiskalische Aktivitäten verträgt die EZB?

Direkt nach dem dramatischen Rettungsgipfel für die Eurozone kündigte die EZB überraschend an, künftig erstmals öffentliche und auch private Anleihen zu kaufen, um eine „geordnete geldpolitische Transmission“ sicherzustellen.

Politische Unabhängigkeit?

Zwar ist ein direkter Kauf bei den ausgebenden Staaten (noch) nicht möglich. Jedoch erscheint angesichts der vielen bisher in der Finanzkrise schon gefallenen ordnungspolitischen Tabus nicht mehr ausgeschlossen, dass Regierungen heimische Banken zwingen, ihnen die eigenen Staatsanleihen direkt abzunehmen. Da die Banken diese direkt zur Refinanzierung an die Notenbank weiterreichen, käme dies einem direkten Kauf der Anleihen durch die Zentralbank und einer Umgehung des Verbots der direkten Staatsfinanzierung durch die Notenbank gleich. In den Tagen vor dieser Entscheidung mit enormer Tragweite entstand der Eindruck, die EZB werde nicht nur von den Märkten getrieben, sondern auch von der Politik. Durch den Anleihekauf könnte – so der Tenor – die nationale Fiskalpolitik zukünftig die gemeinsame Geldpolitik dominieren. Die EZB sei politisch abhängig geworden.

Gastbeitrag:
Anleihekäufe und Solvenz von Notenbanken
Wie viel quasi-fiskalische Aktivitäten verträgt die EZB?
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