Gastbeitrag
Fußball und Geld

Obwohl der hohe Marktwert der DFB-Auswahl signalisiert hat, dass sie um den Sieg bei der Fußball-Weltmeisterschaft mitspielen sollte, hat kaum ein Fan und kaum ein Fachmann daran geglaubt, da Bundestrainer „Yogi“ Löw nicht als Meistertrainer galt. Zu sehr war allen noch das von ihm falsch gecoachte Halbfinale der letzten Europameisterschaft in Erinnerung. Diesmal konnte das Trainerteam mit Löw an der Spitze das Potential des deutschen WM-Kaders voll ausschöpfen. Insbesondere der teuerste Spieler, Mario Götze, wurde richtig gebracht – nämlich als Joker, der stach. Kompliment an Joachim Löw, der es geschafft hat, dass Geld tatsächlich Tore schoss.

Ansonsten wird die Bedeutung des Geldes bei einer Fußball-Weltmeisterschaft falsch eingeschätzt. Sie bringt dem Ausrichter-Land keine Wachstumseffekte, sondern ist ein teurer Spaß.  Im Falle Brasiliens aber kein Spaß für die Menschen vor Ort, sondern ein Fernseh-Spaß weltweit. In der Tat: Nach Informationen des Fachmagazins «Inside-Getränke» kurbelten die Fußball-Weltmeisterschaft und das gute Wetter im Juni im Deutschland den Absatz von Bier an. Ironischerweise hat allerdings das gewissermaßen offizielle WM-Bier „Hasseröder“ vom FIFA-Sponsor AB Inbev mit minus 6% deutlich weniger Bier in den Markt bringen können als ein Jahr zuvor.

Mit oder ohne viel Bier: solange der Ball rollt, wird gerne vergessen, dass eine Fußball-Weltmeisterschaft milliardenschwere Stadien und Infrastrukturen erfordert, die sich – wie inzwischen vielfach empirisch nachgewiesen ist – für das ausrichtende Land nicht rechnen, wenn sie nur im Hinblick auf eine WM gebaut werden. Und „die“ Fußball-WM ist keine nationale oder zwischenstaatliche Angelegenheit, sondern es handelt sich schlicht und einfach nur um einen Event (was durch Public Viewing in den letzten Jahren deutlicher denn je wurde) des Weltfußballverbandes FIFA (Fédération Internationale de Football Association). Und dieser ist – zurückhaltend ausgedrückt – eine sehr eigenwillige Institution. Ähnlich wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist die FIFA im Prinzip eine gemeinnützige Organisation; die aber das Geldverdienen, einschließlich der Zahlung hoher Aufwandsentschädigungen für ihre Funktionäre, in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten gestellt hat. Das konnte man bei der WM unmittelbar beobachten. Die WM ist als Markenzeichen – als Trademark „TM“ – unter dem Namen „2014 FIFA World Cup BrazilTM“ geschützt. Und die Homepage der FIFA ist nicht in der Schweiz registriert (wo die FIFA sitzt) oder als internationale Organisation (mit der Extension „.org“), sondern – nomen est omen – mit der Extension „.com“ für Kommerz.

Die FIFA verlangt enorme Investitionen und Staatsgarantien. Am Ende kassiert nur sie selbst für Eintrittskarten und vor allem – milliardenschwer – für die TV-Übertragungsrechte und verteilt dann das Geld nach Gutdünken: Deswegen musste in Brasilien zu sportlich unvernünftigen Zeiten – teilweise bereits um 12 Uhr in tropischer Schwüle – gespielt werden. Denn nur dann passten die Anstoßzeiten halbwegs in mitteleuropäische Fernsehgewohnheiten.

Es fällt der FIFA nun offenbar schwer, in westlich geprägten Demokratien noch Verbände bzw. Länder zu finden, die bereit sind, eine Fußballweltmeisterschaft für Herrenmannschaften auszurichten. Die nächsten zwei World Cups finden mit Russland und Katar in Ländern statt, die man durchaus nicht als lupenreine Demokratien bezeichnen muss. Wenn die FIFA sich nicht zunehmend isolieren will, dann wäre ein Schritt zu bescheideneren Weltmeisterschaften mit kleineren und weniger prächtigen Stadien, wie man sie in vielen Ländern mit Fußballtradition vor Ort ohnehin finden kann, ein wichtiger Schritt. Auch könnte eine WM in nur acht statt zwölf Stadien gespielt werden (im superreichen Katar ist genau das im Gespräch!). Die Ausrichterländer würden dadurch viel Geld sparen und die Akzeptanz der WM in der breiten Bevölkerung des Ausrichterlandes könnte wieder größer werden. Diese Akzeptanz war ja im als „fußballverrückt“ geltenden Brasilien keineswegs gegeben. Und der Unwillen vieler Menschen lag nicht am Ausscheiden der Seleção im Halbfinale, sondern es gab bereits im Vorfeld massive Proteste.

Gert G. Wagner

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