Erfolgreiche Terroranschläge treffen uns immer unvorbereitet und wir sind geschockt von den Opferzahlen dieser hinterhältigen Taten. Im Anschluss an die Taten entbrennt dann meist eine Diskussion über angemessene Reaktionen. Wie wichtig dabei ein kühler Kopf ist, hat der Psychologe Gerd Gigerenzer bei Untersuchungen zu Risiken herausgearbeitet. Denn zum Teil sind auch noch lange nach den eigentlichen Anschlägen indirekt Opfer zu beklagen.
Konkret hat er sich angesehen, was nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 geschah. Die mittels Flugzeugen verübten Taten hatten viele Menschenleben gekostet. Auf solche – zwar objektiv eigentlich selten eintretenden – schrecklichen Ereignisse reagieren wir Menschen nachvollziehbar mit Furcht und versuchen derartigen Situationen zukünftig auszuweichen. Deshalb vermutete Gigerenzer, dass viele Menschen nach den Anschlägen Flugzeuge eher meiden und für längere Strecken innerhalb der USA auf das Auto ausweichen würden. Das Reisen auf Langstrecken ist mit dem Auto allerdings – gerade für ungeübte Fahrer – im Schnitt deutlich gefährlicher als eine Flugreise. Und tatsächlich hat es in den zwölf Monaten nach den Anschlägen auf das World Trade Center eine auffällig hohe Zahl an Verkehrstoten auf den Interstate Highways, also den ländlichen Fernverkehrsstraßen, gegeben.
Um diesen Befund statistisch zu untermauern und die Größenordnung abzuschätzen, berechnete Gigerenzer die durchschnittlichen Zahlen der Verkehrstoten je Monat auf diesen Straßen in den fünf Vorjahren und verglich diese Basis mit der Anzahl der Verkehrstoten nach den Anschlägen. Auf diese Weise schätzte er die Anzahl der indirekten zusätzlichen Opfer der Terroranschläge auf etwa 1600. Das veränderte Verhalten der Menschen als Konsequenz auf den Terroranschlag hat also noch lange nach den eigentlichen Anschlägen hohe Opferzahlen verursacht. Da solche indirekten Opfer aber nicht so geballt wie bei den eigentlichen Anschlägen auftreten, wird davon zumeist weniger Notiz genommen.
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