Achtung Statistik
Die „Irrsinn-Formel“

Vieles hat bei dieser Europameisterschaft die Gemüter bewegt: spannende Spiele, tolle Tore, aber auch der Turniermodus. Bei dieser EM haben sich nämlich aus den sechs Gruppen mit insgesamt 24 Mannschaften in der Vorrunde 16 für die Achtelfinals qualifiziert. Das heißt, dass – neben den Gruppenersten und -zweiten – auch die besten vier Vorrundendritten in die K.o.-Runde einziehen konnten. Die genaue Zuordnung der Achtelfinals war dabei gar nicht so leicht zu durchblicken. Ein großes deutsches Boulevardblatt hatte den Schuldigen für diesen „Irrsinn“ auch schnell gefunden: Die Uefa nutze nämlich eine komplizierte Formel, die die Achtelfinals „berechnet“:

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Hier wird selbst manch mathematisch Interessierter schaudern. Aber das Blatt weiß auch „Die Uefa hat die Formel nicht erfunden. Die Fifa hat sie auch bei ihren Weltmeisterschaften 1986, 1990 und 1994 mit je 24 Teams genutzt.“

Als erstes stellt sich die Frage, was vom Achtelfinale da überhaupt  berechnet  wird.  Wer  etwas  von  Kombinatorik versteht, merkt, dass hier mittels Binomialkoeffizient die Anzahl von Möglichkeiten berechnet wird, aus einer Menge mit sechs Elementen (nämlich den sechs Drittplatzierten) vier Elemente (nämlich die Teilnehmer für das Achtelfinale) auszusuchen, und das sind 15 Möglichkeiten. Wer möchte, kann das auch ohne die „Irrsinnsformel“ bestimmen. Hierzu macht man sich klar, dass es zu jeder Gruppe von vier besten Drittplatzierten eine Zweiergruppe von Ausgeschiedenen  gibt. Diese  Zweiergruppe  entstammt  jeweils zwei verschiedenen Vorrundengruppen (A bis F) und kann sich wie folgt zusammensetzen: (A;B), (A;C), (A;D), (A;E), (A;F), (B;C), (B;D), (B;E), (B;F), (CD), (C;E), (C;F), (D;E), (D;F), (E;F). Das sind 15 Zweiergruppen von ausscheidenden  Mannschaften  und dementsprechend  ebenso  viele  Vierergruppen von Teilnehmern am Achtelfinale.

Die Formel gibt aber natürlich keinerlei Auskunft darüber, welche Achtelfinalpaarungen  nun  daraus  gemacht werden. Das hat die Uefa einfach nach anderen Kriterien festgelegt. Für jede der 15 Möglichkeiten wurde der Spielplan so entworfen, dass Mannschaften,  die bereits in der Vorrunde gegeneinander spielten, nicht vor dem Halbfinale erneut aufeinander treffen. Mit der „Irrsinns-Formel“ von oben hat das natürlich nichts zu tun.

Björn Christensen und Sören Christensen
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