Achtung Statistik
Murphys Gesetz

„Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Diese Lebensweisheit geht auf den amerikanischen Ingenieur Edward A. Murphy zurück und wird oft zitiert, wenn etwas nicht so klappt, wie man es gern möchte. Erst einmal klingt dieses „Gesetz“ wissenschaftlich nicht besonders überzeugend. Schließlich sind wir nicht alle einfach Pechvögel. Interessanterweise gibt es aber für eine Vielzahl von Phänomenen, hinter denen man Murphys Gesetz vermutet, ganz handfeste mathematische und statistische Erklärungen. Um die Beschreibung solcher Fälle hat sich der amerikanische Physiker und Wissenschaftsautor Robert Matthews besonders verdient gemacht.

Ein Alltagsbeispiel ist die Verwendung von Landkarten. Auch wenn heute viele Leute elektronische Karten nutzen, finden die guten alten Faltkarten nach wie vor Verwendung. Dabei ist es oft sehr viel schwieriger, Orte in der Nähe der Knickstellen zu finden, da es durch das Falten zu Unleserlichkeiten oder verstümmelten Namen kommt. Und bei vielen Fahrradtouren wird die Stimmung schlecht, wenn sich herausstellt, dass sich der gesuchte Ort oder die wichtige Abzweigung mal wieder gerade an einer dieser ungünstigen Stellen befindet. Ein Fall von „Murphys Gesetz“?

Die Erklärung lässt sich hier leicht mit elementarer Geometrie finden. Nehmen wir etwas vereinfacht an, dass der Kartenabschnitt unserer Radtour 10 cm x 10 cm groß ist und die Knickstellen sich an den vier Seiten befinden. Den ungünstigen Bereich in der Nähe der Knickstellen nehmen wir an allen vier Seiten als 1,5cm breit an. Dies scheint also nur ein schmaler Streifen zu sein. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass der gesuchte Ort gerade in diesem Bereich liegt?

Das gut überschaubare Quadrat im Zentrum hat eine Seitenlänge von 10 cm – 2 x 1,5 cm = 7 cm, sodass sich ein Flächeninhalt von 7 cm x 7 cm = 49 cm2 ergibt. Dies ist der gut sichtbare Kartenbereich. Da der ungünstige Bereich entsprechend 51 cm2 groß ist, ist es bei zufälliger Auswahl eines Ortes auf der Karte wahrscheinlicher, dass dieser sich am schmalen Rand befindet als im Zentrum der Karte. So ist der Ärger bei der Fahrradtour zwar verständlich, aber auch leicht mit Geometrie und Statistik erklärbar.

Auch ein Beispiel aus dem Haushalt wird oft mit „Murphys Gesetz“ in Verbindung gebracht. Hand aufs Herz, gleicht Ihre Sockenschublade auch einer Singleparty: wenige Paare und viele einsame Exemplare? Es scheint schon allein ein Mysterium zu sein, wieso beim Waschen überhaupt so oft Socken verschwinden. Noch geheimnisvoller ist aber die Frage, wieso dieses Schicksal so oft nur jeweils einen Socken eines Paares trifft und der andere dann allein zurückbleibt.

Aber auch dieses Phänomen ist mit Hilfe der Statistik erklärbar. Stellen Sie sich vor, dass wir mit zehn intakten Sockenpaaren starten. Die verflixte Waschmaschine „schluckt“ nun eines Tages einige dieser Socken. Dann reißt die erste verlorene Socke automatisch ein Paar auseinander. Beim Verschwinden der zweiten Socke  könnte es die alleingelassene zweite Socke dieses Paares treffen, sodass das ganze Sockenpaar verschwunden wäre und noch neun intakte Paare übrig bleiben. Dazu müsste aber genau diese eine Socke verschwinden. Da aber 19 Socken zur Auswahl stehen, ist die Wahrscheinlichkeit dafür gerade einmal 1/19, also nur gut fünf Prozent. Mit großer Wahrscheinlichkeit verlieren Sie also beim Verschwinden zweier Socken auch zwei Paare.

Diese Überlegungen kann man nun (mit etwas mehr Aufwand) fortsetzen. Nehmen wir einmal an, dass insgesamt sogar sechs Socken verschwinden. Wenn Sie maximales Glück haben, dann gehen dadurch nur drei Paare verloren. Das passiert allerdings nur extrem selten: Es ist hundertmal wahrscheinlicher, dass die sechs verschwundenen Socken tatsächlich zu sechs unterschiedlichen Paaren gehören. Die vielen einzelnen Socken in Ihrer Schublade beruhen also nicht  so  sehr  auf  Ihrem  Pech und Murphys Gesetz, sondern haben handfeste statistische Gründe.

Björn Christensen und Sören Christensen
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Eine Antwort auf „Achtung Statistik
Murphys Gesetz“

  1. Klasse Artikel.
    Anmerkung:
    Natürlich werden von der Waschmaschine immer nur „vollständige Paare“ auseinandergerissen. Denn: Wer wäscht schon einen einzelnen und deshalb ja nicht getragenen Socken?

    LG Paja

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