Binnenmarkt, Industriepolitik und „Souveränitätsfonds“Wie die Europäische Union ihre wettbewerblichen Fundamente untergräbt

„Nur weil sich andere selbst ins Knie schießen, müssen wir das nicht auch noch tun.“ (Stefan Kooths, IfW)

Corona, Putin und Biden haben in Europa alte Glaubenssätze pulverisiert. Die weltweite Pandemie hat gezeigt, wie brüchig globalisierte Lieferketten sein können. Der russische Überfall auf die Ukraine hat energiepolitische Dummheiten in der Europäischen Union offengelegt. Und die USA setzten mit dem „Inflation Reduction Act“ die Trump‘sche protektionistische Politik des „America first“ fort. Die europäischen Länder sind verschreckt. Das Gespenst der De-Industrialisierung geht wieder um, vor allem im stark industrialisierten Deutschland. Die Politik hat überall in Europa auf die angebotsinduzierten Krisen, Corona und Ukraine, mit massiven schuldenfinanzierten Staatsausgaben reagiert, in großen Länder mehr, in kleineren weniger. Es steht zu befürchten, dass die EU auf die subventionsintensive amerikanische „grüne“ Industriepolitik mit gleichen Mitteln antwortet. Eine Idee hat sie schon, den „Green Deal Industrial Plan“. Kommt nach Wumms und Doppelwumms der Quadruplewumms? Eine solche Politik hat erhebliche Risiken und Nebenwirkungen. Damit unterhöhlt sie nicht nur die Fundamente des Binnenmarktes, die Magna Carta der wirtschaftlichen Integration in Europa. Sie ebnet auch den Weg zu einer EU-Schuldenunion und verstrickt sich in einen Handelskrieg mit den USA, der einzigen militärischen Schutzmacht der EU.

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Gastbeitrag
Italien überraschend in Schieflage?

In Italien endete das alte Jahr mit einer erneuten Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts, was die seit 2018 amtierende Regierung aus „Movimento 5 Stelle“ und „Lega“ sehr schnell auf ein Versagen der Vorgänger zurückführte. Die Krise der italienischen Wirtschaft sei verschleiert worden, auch das verschlechterte konjunkturelle Umfeld in EU und Weltwirtschaft wird als Erklärung nachgereicht. Doch kommt diese ernüchternde Wirtschaftsentwicklung wirklich so überraschend?

Gastbeitrag
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BücherMarkt
Föderalismus und Wettbewerbsfähigkeit
Ein neues Buch liefert Erkenntnisse für die Schweiz

Gemäss einer nicht selten vorgebrachten Meinung hemmen der Föderalismus und die Kleinräumigkeit die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Bei den internationalen Rankings zur Wettbewerbsfähigkeit belegen föderal organisierte Länder wie etwa die Schweiz und die USA sowie Deutschland und Kanada jedoch regelmässig die vorderen Plätze. Damit stellt sich die Frage, ob die guten Platzierungen in den Rankings zur Wettbewerbsfähigkeit trotz oder gerade wegen der föderalen Struktur zustande kommen. Diese Frage ist vor dem Hintergrund globaler Harmonisierungstrends und schleichender Zentralisierung im Bundesstaat von besonderem Interesse. Haben traditionelle staatspolitische Grundsätze im Föderalismus wie die fiskalische Äquivalenz und das Subsidiaritätsprinzip in Zeiten globaler Märkte und hoher Mobilität der Produktionsfaktoren noch ihre Berechtigung?

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Föderalismus und Wettbewerbsfähigkeit
Ein neues Buch liefert Erkenntnisse für die Schweiz
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Italien nach dem Referendum
Ohne Reformen wird’s nicht gehen

Italien, Gründungsmitglied der Europäischen Union, kommt nicht aus den Schlagzeilen. Zuletzt stand das Verfassungsreferendum vom 4. Dezember 2016 im Vordergrund. Die Bevölkerung hat sich deutlich gegen eine Reform der politischen Institutionen, hier vor allem des Senats, ausgesprochen. Es sind nach allgemeiner Einschätzung die politischen Institutionen, die wirtschaftliche Strukturreformen erschweren und verzögern. Solche werden seit vielen Jahren mit zunehmender Intensität angemahnt. Neu ist das Thema also nicht. Man möge sich etwa an die Diskussionen im Rahmen der Vorbereitung auf die Europäische Währungsunion erinnern. Zwei Jahrzehnte danach erscheinen sie noch drängender.

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Ohne Reformen wird’s nicht gehen
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Gastbeitrag
Hans-Werner Sinn: Partykiller mit gutem Grund

Das Typische am „Geschäftsmodell Deutschland“ ist der starke industrielle Kern der Wertschöpfung insgesamt sowie die auffallend hohe Weltmarktorientierung der einschlägigen Branchen. Der Erfolg beruht dabei oft auf wissensintensiven und individualisierten Lösungen, die in einer eng vernetzten Landschaft aus Wirtschaft und Wissenschaft günstige, schwer kopierbare Voraussetzungen finden. Selbstverständlich ist dieser Erfolg jedoch nicht, er muss täglich neu errungen werden. Die Globalisierung sowie technologische Entwicklungen stellen bestehende Netzwerke auf den Prüfstand – zunehmend mobile Produktionsfaktoren wie Kapital und Wissen, rasant sinkende Transaktionskosten und die Grenzenlosigkeit von Produzenten- und Konsumentenentscheidungen strafen Defizite über kurz oder lang ab. Nur durch ein intelligentes und verantwortungsvolles Miteinander von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft wird es gelingen, als Standort attraktiv für knappe Ressourcen zu bleiben und innovative Spitzenleistung in Wohlstand und Beschäftigung umzumünzen. Auch für die kommenden Generationen soll dies eine realistische Perspektive, eine mögliche Zukunft sein.

Gastbeitrag
Hans-Werner Sinn: Partykiller mit gutem Grund“
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Der Chefvolkswirt
Das deutsche Geschäftsmodell und die globalen Ungleichgewichte

Die internationale wirtschaftspolitische Debatte über die deutsche Volkswirtschaft pendelt zwischen Anerkennung und Bewunderung für den wirtschaftlichen Erfolg des deutschen Geschäftsmodells einerseits und harscher Kritik an den damit einhergehenden hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüssen andererseits. Wie ist überhaupt der Zusammenhang zwischen deutschem Geschäftsmodell und den globalen Ungleichgewichten und welche Ansätze gibt es zur Überwindung des Dilemmas?

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Deutschland auf der Anklagebank
Der Euro verzerrt die Leistungsbilanzsalden

Bild: Unsplash

„This German-bashing is getting tiresome. When Paul Krugman studied economics, he ranked at the top of his class. If his classmates bashed him for making them look bad by comparison, would he urge them to study harder? Would he give them lessons in how to study more efficiently? Or would he sabotage his own grades and lobby for grade inflation for his classmates?“ (Anonymer Kommentator in der NYT)

Es ist wieder einmal so weit. Deutschland sitzt auf der Anklagebank. Angeklagt ist es wegen zu hoher Leistungsbilanzüberschüsse und das nicht zum ersten Mal. Das amerikanische Finanzministerium und der IWF klagen an, die EU-Kommission will noch prüfen. Mit den ständigen Überschüssen legten die Deutschen nicht nur die Axt an den Euro, sie destabilisierten auch – zusammen mit Chinesen und Japanern – die Weltwirtschaft. Die beklagten deutschen Unternehmen sind sich allerdings keiner Schuld bewusst. Sie strengen sich an, um mit ihren Produkten international wettbewerbsfähig zu werden. Eine produktivitätsorientierte Lohn- und Tarifpolitik und ein starker Strom marktfähiger Innovationen machen deutsche Unternehmen zu ungeliebten Konkurrenten auf den Weltmärkten. Besonders erfolgreich sind sie mit ihren Investitionsgütern. Merkantilistische Instrumente, die Exporte begünstigen und Importe behindern, sind hierzulande nicht mehr als anderswo im Einsatz. Das manipulationsanfällige Instrument des Wechselkurses hat Deutschland mit dem Euro aus der Hand gegeben. Kein Wunder, dass deutsche Arbeitgeber, Gewerkschafter und Politiker die Welt nicht mehr verstehen. Soll Deutschland mit planwirtschaftlichen Obergrenzen für Leistungsbilanzüberschüsse um die Früchte seiner harten Arbeit gebracht werden?

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Der Euro begünstigt den deutschen Außenhandel in der Währungsunion

Die jüngste Kritik der US-Regierung und des Internationalen Währungsfonds an den Leistungsbilanzüberschüssen Deutschlands hat diesen Tatbestand erneut in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Dabei wird einmal mehr übersehen, dass gerade die Einführung des Euros diese Entwicklung in der Eurozone zumindest begünstigt hat. Neben der traditionellen Exportstärke Deutschlands aufgrund der Produktion innovativer Investitionsgüter hat der Übergang zu einer einheitlichen Währung im Jahre 1999 dazu geführt, dass die Preiswettbewerbsfähigkeit und die einkommensbedingten Exporte (weiter) gestiegen sind. Niedrige Realzinsen in den heutigen Krisenländern ließen nämlich dort in den Jahren bis zur Finanzkrise die Inflation und das Wirtschaftswachstum über das deutsche Niveau hinaus steigen, was den deutschen Außenhandel zweifelsfrei begünstigte. Der Vorwurf, Deutschland habe mit seiner Exportstärke die Euro-Krise (mit) verursacht, stellt daher vor diesem Hintergrund die kausalen Beziehungen eindeutig auf den Kopf.

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Eurokrise, internationale Wettbewerbsfähigkeit und EZB
Ist die europäische Peripherie noch zu retten?

„Why do we need change, my dear sirs? Aren’t things bad enough already?“ (Queen Victoria)

Die gegenwärtige Ruhe an der Eurofront ist trügerisch. Von einer Wende in der „Eurokrise“ kann keine Rede sein. Es ist noch lange nicht vorbei. Die Ankündigung von Mario Draghi, die EZB endgültig zu einer „bad bank“ zu machen, hat keines der Probleme gelöst. Ein Ende der Krise ist erst in Sicht, wenn alle akzeptieren, dass ein Leben auf Kosten anderer nicht mehr möglich ist. Die EWU kommt um den steinigen Weg von Austerität und Strukturreformen nicht herum. Eingetretene Lasten müssen vom Verursacher getragen werden. Die Mehrheit der Mitglieder der EWU hofft aber immer noch, es würde ausreichen, die Lasten zu finanzieren. Fiskalische und monetäre Rettungsschirme sind das Mittel ihrer Wahl. Die Erfahrung zeigt allerdings, weder fiskalische noch monetäre Medikamente heilen strukturelle Krankheiten.

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Der europäische Albtraum
Das Schicksal des Euro entscheidet sich am Arbeitsmarkt

„Letztlich wird die Währungsunion nicht durch Hilfspakete, sondern nur durch Reformen in den Peripherieländern gerettet“ (Jörg Krämer)

Zuerst die gute Nachricht: Seit März schaut die EWU nicht mehr direkt in den finanziellen Abgrund. Die EZB flutete im Februar 2012 zum zweiten Mal nach Dezember 2011 die Geldmärkte. Für viele hat dieses monetäre Doping das Schlimmste verhindert. Nun die schlechte Nachricht: Die EZB monetisiert Staatsschulden und betreibt „monetäre Industriepolitik“. Damit schürt sie Inflation und nährt Zombie-Banken. Die Ruhe an der Finanzfront ist trügerisch, Spanien zeigt es. Nur wenn die Politik die Zeit nutzt, die realen Probleme zu lösen, bleibt die finanzielle Tragödie aus. Gelingt das nicht, fliegt uns der Euro eher über kurz als lang um die Ohren. Der Weg aus dem fiskalischen Schlamassel führt nur über mehr Beschäftigung und Wachstum. Von dieser Front kommen aber keine guten Nachrichten. Die Lage auf den europäischen Arbeitsmärkten ist schlecht. Im Februar 2012 lag die Arbeitslosenquote im Euroraum bei 10,8 %, nach 9,5 % vor einem Jahr. Besonders schlimm ist es in den PIGS. In Griechenland und Spanien ist schon jeder zweite Jugendliche arbeitslos. Vieles spricht dafür, dass sich das Schicksal des Euro auf den Arbeitsmärkten entscheidet.

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Das Schicksal des Euro entscheidet sich am Arbeitsmarkt
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