Totgesagte leben länger

Die wirtschaftliche Erholung in Deutschland läuft über den Außenhandel und die Industrie. Damit wirken hierzulande nach wie vor die gleichen Wachstumstreiber wie vor der Krise. Kritiker des „deutschen Geschäftsmodells“ mögen darin die Fortsetzung einer vermeintlichen Fehlspezifizierung der deutschen Wirtschaft sehen. Offensichtlich bietet die deutsche Industrie aber Güter an, die sich weltweit einer großen Nachfrage erfreuen. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes resultiert nicht nur aus seiner preislichen Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch aus den Gütern, die dort erstellt werden. Dazu gehören mit Blick auf Deutschland vor allem Investitionsgüter. Die Belebung der Konjunktur hierzulande hängt auch mit dem wieder anziehenden globalen Investitionszyklus zusammen. Nach dem Einbruch im vergangenen Jahr wird sich die globale Investitionstätigkeit in diesem Jahr wieder kräftig erhöhen. Vor allem in den Schwellen- und Entwicklungsländern kommen die Investitionen in Fahrt und erreichen mit gut 6.100 Milliarden US-Dollar ein neues Rekordniveau.

Die Weltwirtschaft hat im vergangenen Jahr bereits die Trendwende vollzogen. Die realwirtschaftlichen Einbrüche im Gefolge der im Sommer 2007 beginnenden Immobilien- und Finanzmarktkrise konzentrierten sich im Wesentlichen auf das Winterhalbjahr 2008/2009. Danach setzte in vielen Ländern die Erholung ein. Die deutsche Wirtschaft konnte am globalen Auftrieb bereits im vergangenen Jahr gut teilhaben. Seit dem Tiefpunkt im ersten Quartal 2009 steigt das (preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigte) Bruttoinlandsprodukt von Quartal zu Quartal wieder an, wenngleich zuletzt mit etwas weniger Tempo. Die wirtschaftliche Erholung läuft hierzulande über den Außenhandel und damit auch wieder über die Industrie. Freilich waren auch hier in erster Linie die konjunkturellen Einbrüche zu verorten. Die über die Industrie laufende Erholung spricht dafür, dass die deutsche Wirtschaft offensichtlich mit ihrem Produktportfolio nach wie vor eine gute Position hat, um die globale Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen zu bedienen. Offensichtlich bietet die deutsche Industrie jene Güter an, die sich weltweit einer großen Nachfrage erfreuen. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes resultiert nicht nur aus seiner preislichen Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch aus den Gütern, die dort erstellt werden. Dazu gehören mit Blick auf Deutschland vor allem Investitionsgüter.

Ausfuhren
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Die Weltwirtschaft wird weiter deutlich an Tempo zulegen. Die weltweiten Wirtschaftsaktivitäten werden im Jahr 2010 den Vorjahreswert um 4 Prozent übertreffen. Beim preisbereinigten Welthandel wird ein Plus in Höhe von 8 Prozent erwartet. Dabei kommen die Impulse vor allem aus den aufstrebenden Volkswirtschaften. Deren wieder anziehende Investitionstätigkeit wird besonders die deutschen Exporteure von Investitionsgütern begünstigen: Auf Basis von IWF-Daten wird das globale Investitionsvolumen in nominaler Rechnung im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent ansteigen. In diesem Jahr werden weltweit Investitionen in einer Größenordnung von gut 13.700 Milliarden US-Dollar getätigt. Das sind einerseits gut 780 Milliarden US-Dollar weniger als im Rekordjahr 2008, andererseits aber schon wieder über 1.300 Milliarden US-Dollar mehr als im Krisenjahr 2009. Im Jahr 2009 brachen die globalen Bruttoinvestitionen in nominaler Rechnung um 14,6 Prozent oder um über 2.100 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Vorjahr ein. Vor allem die fortgeschrittenen Volkswirtschaften hatten unter stark rückläufigen Investitionen zu leiden: Während die Bruttoinvestitionen in den fortgeschrittenen Ländern in nominaler Rechnung um fast 19 Prozent wegsackten, war in den Schwellen- und Entwicklungsländern „nur“ ein Minus von knapp 8 Prozent zu verbuchen.

Nimmt man die – unter Entwicklungsgesichtspunkten – erschreckend lange Stagnationsphase der globalen Investitionstätigkeit von 1995 bis 2002 als Bezugsgröße, dann beläuft sich das diesjährige Investitionsvolumen bereits wieder auf rund das Doppelte des damaligen Durchschnittsniveaus. Mehr als zwei Drittel des absoluten Zuwachses bei den globalen Anlageinvestitionen im Jahr 2010 kommen aus den Schwellen- und Entwicklungsländern. Infolge des wieder fortgesetzten Investitions- und Aufbauprozesses in den Entwicklungs- und Schwellenländern werden dort wichtige Fundamente für das künftige Wirtschaftswachstum gelegt. Das ist sicherlich notwendig, um die Versorgungslage und die Wohlstandswünsche der weiter – teilweise kräftig – wachsenden Bevölkerungen in diesen Ländern zu fördern. Außerdem stimulieren die wieder anziehenden Rohstoffpreise und die damit einhergehenden Einnahmen der rohstoffreichen Länder dort die Investitionstätigkeit. Hinzu kommt, dass die im Großen und Ganzen verbesserte Lage an den Finanzmärkten die Finanzierungsbedingungen für realwirtschaftliche Investitionen begünstigt.

Auch in der Zeit vor der Krise hatte sich das globale Investitionsvolumen bereits immer stärker hin zu den aufstrebenden Volkswirtschaften verschoben. Entfielen im Zeitraum 1995 bis 2002 erst durchschnittlich gut 22 Prozent der globalen Investitionen auf die Entwicklungs- und Schwellenländer, so stieg ihr Anteil bis zum Jahr 2008 bereits auf fast 40 Prozent an. In diesem Jahr entfallen mit gut 6.100 Milliarden US-Dollar fast 45 Prozent der weltweiten Investitionen in Gebäude, Maschinen und Geschäftsausstattungen auf diese Ländergruppe und spiegelbildlich nur noch gut 55 Prozent auf die fortgeschrittenen Volkswirtschaften.

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