Schwindet die Macht der UEFA?
Es lebe der Wettbewerb!

Bislang konnte die UEFA die Gründung einer Super League verhindern. Damit schränkt sie den Wettbewerb ein. Der EuGH griff das Thema im Dezember 2023 auf.

Der europäische Fußballverband, Union of European Football Associations (UEFA) gilt als angebotsseitiger Monopolist auf dem Markt für europäische Fußballwettbewerbe. Neben der alle vier Jahre stattfindenden Europameisterschaft richtet die UEFA auf Klubebene zahlreiche Wettbewerbe aus, beispielsweise die UEFA Europa Conference League oder die UEFA Europa League. Das Premiumprodukt, der sprichwörtliche „Goldesel“ (Horeni 2024), ist allerdings die UEFA Champions League (vgl. z.B. Follert und Daumann 2021a), die sog. „Königsklasse“. Seit einigen Jahren gerät die UEFA zunehmend unter Druck, denn zahlreiche Spitzenklubs drohen, die von der UEFA bereitgestellte Plattform zum länderübergreifenden Meisterschaftsrennen zugunsten einer privat organisierten Superliga (vgl. hierzu Berthold 2018; Follert 2019; Drewes und Rebeggiani 2019; Follert und Emrich 2020; Daumann und Schurade 2023) nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Bislang konnte dieser Markteintritt durch – möglicherweise ungewollte – Bündelung der Kräfte der Nachfrager und der UEFA unterbunden werden. Während sich viele Fans aus Sorge um die Werte des Fußballs gegen das Vorhaben „Super League“ stemmten, stilisierte die UEFA sich zur Retterin des traditionellen Fußballs, verfolgte aber vermutlich ein Rationalkalkül. Der Verband hätte in liberaler Manier die Entscheidung, welches Produkt ihren Präferenzen am ehesten entspricht, den Konsumenten im Rahmen ihrer Souveränität überlassen können. Die Dachorganisation des europäischen Fußballs hätte versuchen können, ihr Produkt adäquat im Sinne der Konsumentenpräferenzen – und nicht nur der eigenen (kurzfristigen) Einkommensmaximierung – zu reformieren (vgl. Follert und Daumann 2021a; Horeni 2024). Die UEFA wählte einen anderen Weg, der aus ökonomischer Perspektive zu kritisieren ist. Sie sprach ein Verbot gegen die Gründung einer entsprechenden Liga innerhalb ihres Hoheitsgebiets aus (vgl. Lerche und von Stülpnagel 2023). Als schärfstes Schwert führte die UEFA bislang den potentiellen Ausschluss der Super League-Spieler von ihren Länderwettbewerben ins Feld (vgl. Follert und Daumann 2021b), was insbesondere den Spitzenspielern eine große Bühne und entsprechende Aufmerksamkeit verwahrte. Dieses Drohpotential resultiert gerade aus ihrer bisherigen Marktposition, was Zweifel an der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs auf dem entsprechenden Markt aufkommen lässt (vgl. Follert und Daumann 2021b) und darauf hindeutet, dass die UEFA ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht. Gegen dieses Gebaren der beiden Verbände UEFA und Fédération internationale de football association (FIFA) gingen einzelne Akteure des Super League-Vorhabens (European Superleague Company SL) rechtlich vor (vgl. https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/eugh-uefa-verliert-super-league-streit-fifa-wettbewerbsrecht/). Vor dem europäischen Gerichtshof (EuGH) musste die UEFA im Dezember des Jahres 2023 eine Niederlage hinnehmen (vgl. Urteil vom 21.12.2023, Az. C-333/21), die das bisherige Bollwerk bröckeln und die Macht der UEFA (vorerst) schwinden lässt. Der EuGH betont in seinem Urteil, dass die Ausrichtung der sportlichen Wettbewerbe ebenso wie die damit einhergehende Medienrechtsverwertung wirtschaftliche Vorgänge seien, die im Einklang mit dem europäischen Recht zu stehen hätten. Das Gericht führt weiter aus, dass das derzeitige Vorgehen hinsichtlich Genehmigung, Kontrolle und Sanktionsvorschriften des Dachverbands – gleiches gilt für den Weltverband FIFA – von Willkür geprägt sei und insofern den freien Verkehr von Dienstleistungen in der Union in ungerechtfertigter Weise beschränke. Es mangele an transparenten Regelungen, die die Grundsätze der Objektivität und Verhältnismäßigkeit wahrten und potentielle Wettbewerber nicht diskriminierten.

Das Urteil stärkt einerseits den Produktwettbewerb im europäischen Fußball und befeuert die Diskussion um Konkurrenzwettbewerbe aufs Neue. Andererseits ist zu betonen, dass der EuGH seine Beurteilung auf Basis des bisherigen Verbandsregelwerks vornahm und das Urteil nicht bedeutet, dass die potentiellen Mitgliedsclubs einer Super League oder deren Spieler nicht anderweitig durch die UEFA oder die FIFa sanktioniert werden können. Überhaupt urteilte der EuGH keineswegs über die Gründung einer entsprechenden Liga. Vielmehr obliegt es dem Dachverband, seine Kriterien entsprechend der unionsrechtlichen Regelungen anzupassen. Dennoch muss betont werden, dass sich der Profifußball in einer Umbruchphase befindet, in der nach Horeni (2024) die Devise gilt: „Nichts ist mehr unmöglich im Klubfußball.“ So wäre es sogar denkbar, dass der Weltverband FIFA seine Ansprüche ausdehnt und stärker in den Markt für Klubwettbewerbe einsteigt, um so lukrative Märkte jenseits des europäischen Kontinents zu erschließen (vgl. Horeni 2024). Wie auch immer der Kampf um die entsprechenden Marktanteile zwischen den großen Playern ausgehen wird, Wettbewerb belebt das Geschäft und dürfte am Ende den Konsumenten zugutekommen, wenngleich nicht jede Präferenz nach dem traditionellen Sportmodell befriedigt werden wird.

Aus ordnungsökonomischer Sicht wäre es aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der UEFA und der FIFA sicherlich sinnvoll, dass die beiden internationalen Verbände gezwungen wären, Sezessionen, wie die Super League eine darstellt, zuzulassen, ohne dass die Sezessionisten durch die beiden Verbände sanktioniert würden. Nur auf diese Weise kann sich Wettbewerb in einem Ausmaß entfalten, der eine umfassende Berücksichtigung der Konsumentenwünsche und eine Erosion der nicht-kompetitiven Gewinne der UEFA und der FIFA sicherstellt. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass sich eine europäische Super League mittel- bis langfristig etabliert. Freilich wird sich dadurch das Erscheinungsbild des europäischen Fußballs eher an dem der amerikanischen Major Leagues annähern und noch etwas mehr von seiner amateurhaften Unschuld verlieren.

Quellen

Berthold, N. (2018). Super League in Europa? Das letzte Wort haben die Fans. Wirtschaftliche Freiheit – Das ordnungspolitische Journal vom 4.11.2018, http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=24030

Daumann, F. und Schurade, M. (2023). Die Besonderheiten des europäischen Fußballmarkts. In Zeitschrift für Gemeinschaftskunde, Geschichte und Wirtschaft, 40 (86), S. 64-71.

Drewes, M und Rebeggiani, L. (2019). Die Europäische Super League im Fußball: Mögliche Szenarien aus sport- und wettbewerbsökonomischer Sicht. Sciamus – Sport und Management 10(4), 127-142

Follert, F. (2019). Europäische Fußball-Superliga aus sportökonomischer Sicht. Wirtschafts-dienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 99, 148-150.

Follert, F. und Daumann, F. (2021a). Vom Regen in die Traufe? Die Champions League-Reform aus sportökonomischer Sicht. Wirtschaftliche Freiheit – Das ordnungspolitische Journal vom 29.04.2021, http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=29045.

Follert, F. und Daumann, F. (2021b). Und täglich grüßt die Super League… Wirtschaftliche Freiheit – Das ordnungspolitische Journal vom 22.04.2021, http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=29020.

Follert, F. und Emrich, E. (2020). Was wäre wenn…? – Ein mikroökonomisches Gedankenexperiment zu einer Superliga im europäischen Fußball. List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik 45, 347-359.

Horeni, M. (2024). Kampf im Königreich. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12.02.2024, S. 28.

Lerche, S. und von Stülpnagel Ch. (2023). EuGH-Urteil zur Super League Was die Entscheidung für das europäische Fußball-System bedeutet. Deutschlandfunk, verfügbar unter: https://www.deutschlandfunk.de/eugh-urteil-uefa-super-league-100.html.

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