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Schuldentragfähigkeit—eine globale Herausforderung

Die globale Verschuldung ist auf Rekordniveau. Das gilt nicht nur für Schwellen- und Entwicklungsländer sondern vor allem für Industrieländer. Aber ob das ein Problem ist, darüber gibt es keinen Konsens.

Mein neues Buch „Debt Sustainability—A Global Challenge“ argumentiert das wir handeln müssen.[1] Insbesondere in den größten und reichsten Volkswirtschaften sind die öffentlichen und privaten Schulden rasant angestiegen. In den G7 Ländern, USA, Kanada, Japan,  Deutschland, Frankreich, Italien und UK, sind die öffentlichen Schulden inzwischen im Schnitt genauso hoch, wie am Ende des zweiten Weltkriegs. Außerdem werden die Bevölkerungsalterung, sowie zukuenftige Krisen und Konflikte die Staatshaushalte belasten. Aber obwohl die Niedrigzinsphase zu Ende geht, sehen nur wenig Ökonomen Handlungsbedarf in den Industrieländern. Manche empfehlen sogar noch höhere Staatsausgaben und Schulden.

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Diese Strategie ist riskant, sogar in guten Zeiten! Sie kann zu neuen Finanz- und Fiskalkrisen führen, insbesondere wenn die Zinsen weiter steigen. Die Schuldentragfähigkeit einiger fortgeschrittener Länder wird von der Europäischen Kommission oder dem IWF als problematisch eingestuft. Entsprechend koennten die globalen Effekte und Verwerfungen zukünftiger Staatsfinanzenkrisen viel größer sein, als vor gut 10 Jahren in Europa. Damals waren nur wenige, eher kleine Volkswirtschaften betroffen.

Die globale Verschuldung und die Staatsverschuldung vieler Länder wird deshalb sinken müssen. Das kann auf vier Weisen geschehen. Am besten wäre der Pfad der Tugend. Staaten reduzieren ihre Ausgaben und erhöhen ihr Wachstum mit Reformen so dass die Schulden sinken. Das ist ziemlich aus der Mode gekommen und wird von manchen als „evil austerity“ diskreditiert. Aber viele Erfolgsgeschichten in Europa—von den Niederlanden in den 80er Jahren bis Portugal in den 2010ern—zeigen, das es funktioniert.

Die zweite Möglichkeit des Schuldenabbaus durch Staatsbankerott (oder netter gesagt, „debt workout“) koennte eine Option sein, die in der Vergangenheit vor allem kleine Volkswirtschaften genutzt haben. Für große Länder wären die wirtschaftlichen, politischen, sozialen und internationalen Verwerfungen kaum absehbar.

Als dritter Weg bietet sich die sogenannte „finanzielle Repression“ an: Zinsen unterhalb der Inflation erodieren den Wert der Schulden graduell und auf „geordnete“ Weise (so das es nicht allzu schnell und schmerzhaft ist). Das passiert gerade in der westlichen Welt. Die Zeche zahlen vor allem die, die ihr Geld auf dem Konto oder in Staatsschulden aus der Niedrigzinsphase investiert haben, und das ist meist eher die breite Mittelschicht.

Historisch ist das oft für eine Weile gut gegangen. Aber dann hat so manche Regierungen die Kontrolle verloren, und schlechte Analyse und Politikfehler haben das Vertrauen der Bürger zerstört. Schwellen- und Entwicklungsländer können davon ein Lied singen. Industrieländer waren aber auch schon betroffen. Am dramatischsten waren die 1970er Jahre, als sogar die UK und USA in einer Vertrauenskrise waren. Das ist lange her, und die Erinnerung weit weg. Aber eine Wiederholung ist nicht ausgeschlossen, denn die Fiskalpolitik in vielen Industrieländern ist nicht auf Stabilisierungskurs und steigende Zinsen und Staatsausgaben drohen die Schuldendynamik weiter anzuheizen.

Mein Buch präsentiert die Fakten, Analysen und Szenarien, um Verschuldung als globale Herausforderung zu meistern. Reformen sind der beste Weg aber auch der schwerste. Ein „Weiter-so“ der jetztigen Fiskalpolitik in vielen, vor allem grossen Laendern wuerde eine krisenhafte Zuspitzung von globaler Tragweite riskieren. Das wäre die schlechteste aller Welten.

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[1] Ludger Schuknecht, Debt Sustainability—A Global Perspective, Cambridge Elements in International Economics 2022. ”https://www.cambridge.org/core/elements/abs/debt-sustainability/842E776B204C51947DFF23B0A408DA6A

Ludger Schuknecht

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