„In many cases rent control appears to be the most efficient technique presently known to destroy a city – except for bombing.“ (Assar Lindbeck)
Der regionale Wohnungsmarkt in Deutschland ist in Unordnung. Es besteht ein Gefälle zwischen Stadt und Land. In städtischen Ballungsräumen fehlt es an Wohnraum. Es bilden sich lange Schlangen. Die Mieten sind seit 2010 um fast 40 % gestiegen. Das ist in Kleinstädten und auf dem Land anders. In Deutschland stehen über 2 Mio. Wohnungen leer, die meisten außerhalb der Ballungszentren. Dort buhlen Vermieter um Mieter. Die angespannte Lage in Ballungsräumen führt dagegen zu sozialen Härten. Vor allem einkommensschwache Haushalte leiden darunter. Die „Wohnungsnot“ steht inzwischen ganz vorne auf der Agenda der politischen Parteien. Sie streiten über die beste wohnungspolitische Therapie.
Die Nachfrage nach Wohnraum ist in städtischen Ballungsräumen gestiegen. Die Ursachen sind ganz unterschiedlich. Einmal hat die (Netto-)Zuwanderung aus dem Ausland zugenommen. Die massenhafte Migration ist daran nicht ganz unschuldig. Aber auch die Binnenwanderung hat sich erhöht. Vor allem junge Menschen und Doppelverdiener zieht es wieder verstärkt in die Großstädte. Dort schaffen agglomerative Kräfte neue Arbeitsplätze, dort ist ein eigener PKW weniger notwendig, dort ist das kulturelle Angebot größer. Technologie, Präferenzen und Migration erhöhen die Nachfrage nach Wohnraum. Oft kann das Angebot an Immobilien damit nicht Schritt halten.
Das schleppende Angebot an Wohnraum zeigt sichtbare Zeichen von Staatsversagen. Der Bau von Wohnungen scheitert oft an mangelndem Bauland. Die Kommunen waren in den letzten Jahren sehr restriktiv, neues Bauland auszuweisen. Sie standen auch auf der Bremse, wenn es darum ging, bebaute Flächen zu verdichten. Mit restriktiven Bauvorschriften hat der Staat die Baukosten weiter in die Höhe getrieben. Die mehrfach verschärfte Energiesparverordnung und steigende Grund- und Grunderwerbsteuern waren wichtige Treiber. Und noch etwas hat die Anreize von Investoren verringert, in Immobilien zu investieren: Die (verschärfte) Mietpreisbremse. Damit trägt die Politik mit dazu bei, den Wohnungsmangel zu verstärken. Sie ist das wohnungspolitische Problem, nicht die Lösung.
Die „Wohnungsnot“ hat zwei Seiten, eine allokative und eine distributive. In Ballungsgebieten fehlt es an Wohnraum. Daneben fehlt es vielen Haushalten an Kaufkraft. Mit der Mietpreisbremse adressiert die Politik beide. Das geht schief. Mietpreisbremsen haben alle negativen Eigenschaften von Höchstpreisen (PHP). Wenn sie wirken, verringert sich das Angebot an Wohnraum (x1). Die gesamte Volkswirtschaft verliert (Fläche A). Effizient ist das nicht. Mietpreisbremsen verteilen auch Einkommen um, von Vermietern auf Mieter (Fläche B). Davon profitieren die Bestandsmieter, die Neumieter sind die Dummen. Die Kaufkraft der Haushalte bleibt unberücksichtigt. Gerecht ist das auch nicht.
– zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken –
Die Mietpreisbremse folgt einem alten interventionistischen Muster. Zuerst hebelt der Staat den Preismechanismus aus. Damit verschärft er das Problem. Wohnungen werden noch knapper. Das ist der Startschuss für weitere Eingriffe. Um den Mangel nicht zu groß werden zu lassen, subventioniert der Staat den privaten Wohnungsbau. Und er versucht, das private Angebot durch ein staatliches zu ergänzen. Das ist die Stunde des „Sozialen Wohnungsbaus“ (Objektförderung). Der marktliche Preismechanismus wird durch staatliche Zuteilung ersetzt. Vetternwirtschaft gewinnt die Oberhand, Willkür dominiert, Diskriminierungen sind an der Tagesordnung, noch mehr soziale Ghettos entstehen. Effizient ist das nicht. Die Bedürftigkeit wird nur beim Bezug einer Sozialwohnung überprüft. Auf eine Fehlbelegungsabgabe wird danach wegen hoher Verwaltungskosten meist verzichtet. Davon profitieren einkommensstärkere Haushalte. Das ist auch nicht gerecht.
Die staatliche Wohnungspolitik ist auf einem Irrweg. Marktwidrige Mietpreisbremsen und fehlsubventionierter „Sozialer Wohnungsbau“ sind weder effizient noch gerecht. Dabei liegt die Lösung seit langem auf der Hand. Auf dem Wohnungsmarkt muss die Marktlösung wieder Vorrang haben. Sie muss um ein reformiertes Wohngeld ergänzt werden (Subjektförderung). Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi hat eine Reihe von Vorschlägen gemacht: Die Höhe des Wohngeldes und die Grenzen der anrechenbaren Miethöhe sollten erhöht und dynamisiert, Umkippeffekte beim Bezug mehrerer sozialer Leistungen verhindert und die Transferentzugsraten verringert werden.
Die Politik irrlichtert wohnungspolitisch. Umfassende Preiskontrollen und staatliche Angebote sind die falschen Instrumente. Mehr Markt auf dem Wohnungsmarkt ist angesagt, nicht weniger. Es gibt keinen effizienteren wohnungspolitischen Allokationsmechanismus als den Markt, trotz aller Mängel. Der Staat wird dennoch gebraucht, dringend sogar. Er muss Friktionen auf den Wohnungsmärkten abbauen, Bebauungspläne entrümpeln, mehr Bauland ausweisen und staatlich versursachte Baukosten verringern. Und er muss dafür sorgen, dass das Instrument des Wohngeldes so effizient gestaltet wird, dass einkommensschwachen Haushalten wirksam geholfen werden kann.
Literatur:
Rebecca Diamond: What does economic evidence tell us about the effects of rent control? Brookings 2018
Wissenschaftlicher Beirat beim BMWiE: Soziale Wohnungspolitik. Gutachten vom 23. August 2018
Blog-Beiträge zum Thema:
Henning Klodt: Im Land der Mietpreisbremsen: Reise-Impressionen
Ulrich van Suntum: Mietpreisbremse – der Staat als Wohltäter?
Beiträge der Serie „Ordnungspolitischer Unfug“:
Norbert Berthold: Noch mehr Steuergelder für die Rente. Hat sich die SPD endgültig aufgegeben?
- De-Industrialisierung nimmt Fahrt auf
Geschäftsmodelle, De-Globalisierung und ruinöse Politik - 12. September 2024 - Ordnungspolitischer Unfug (13)
So was kommt von sowas
Unternehmer, Lobbyisten und Subventionen - 17. August 2024 - Europa in Zeiten des Populismus
Bewährungsprobe für die Europäische (Währungs)Union?! - 27. Juli 2024
10 Antworten auf „Ordnungspolitischer Unfug (2)
Mietpreisbremse und „Sozialer Wohnungsbau“ Irrwege in der Wohnungspolitik“