Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk deregulieren

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist durch vermeintliche Unregelmäßigkeiten beim RBB und durch vermutete politische Einflußnahme beim NDR erheblich in die Diskussion geraten. Vor diesem Hintergrund ist es geboten, sich mit der Notwendigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks grundsätzlich auseinanderzusetzen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet etwa 20 Fernsehprogramme und eine Vielzahl von Radioprogrammen an. Er finanziert sich dabei aus Werbeeinnahmen und durch den Rundfunkbeitrag. Sein Gesamtbudget belief sich im Jahre 2021 auf etwa 9 Mrd. Euro. Der Rundfunkbeitrag wird im Wesentlichen von natürlichen Personen und Unternehmen unabhängig davon erhoben, ob diese überhaupt die Möglichkeit haben, die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Anspruch zu nehmen oder dies tatsächlich auch tun.

Aus ökonomischer Perspektive setzt in einem marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem, wie es in der Bundesrepublik vorliegt, eine staatliche Intervention in den Markt das Vorhandensein von Marktversagen voraus. Im Falle des Rundfunks sind als Marktversagenstatbestände das öffentliche Gut, das natürliche Monopol und das meritorische Gut einschlägig.

Sicherlich wies der Rundfunk bei seiner Einführung in 1920er Jahren Charakteristika eines öffentlichen Gutes auf, da Nutzer nicht von der Nutzung ausgeschlossen werden konnten und bei der Nutzung keine Rivalitäten auftraten. Aber schon vor längerer Zeit wurden Möglichkeiten in Form entsprechender Verschlüsselungstechniken entwickelt, die von Pay-TV-Sendern oder Streaming-Diensten erfolgreich genutzt werden, potentielle Nutzer von der Nutzung auszuschließen. Insofern liegt beim Rundfunk kein öffentliches Gut mehr vor.

Ein natürliches Monopol zeichnet sich dadurch aus, dass sich aufgrund der Kostenstruktur (steigende Skaleneffekte) und der Nachfragesituation nur ein einziger Anbieter auf dem relevanten Markt durchsetzt. Dieser könnte Monopolpreise setzen und darüber hinaus ein Informationsmonopol (fehlender Außenpluralismus) etablieren. Letzteres hätte vermutlich erhebliche negative Folgen für die Funktionsweise des demokratischen Entscheidungsprozesses. Zwar können beim Rundfunk erhebliche Skaleneffekte auftreten, jedoch erweist sich die Nachfrage unter qualitativen Aspekten als so ausdifferenziert, dass sich auch weitere Anbieter mit ungünstigeren Kostenstrukturen erfolgreich am Markt behaupten können, wie sich im Ausland und auch in Deutschland zeigt. Insofern kann die Existenz eines natürlichen Monopols hier verneint werden. Selbst wenn sich nur ein Anbieter auf dem Rundfunkmarkt durchsetzen würde, wäre das damit einhergehende Argument des fehlenden Außenpluralismus nicht stichhaltig, da es eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, wie etwa in Form der Print-Medien, der sozialen Medien etc., um die gewünschten Informationen zu erhalten.

Ein meritorisches Gut ist dadurch gekennzeichnet, dass ohne staatliche Intervention entweder Angebot oder Nachfrage nicht das gesellschaftlich gewünschte Maß erreichen. In diesem Rahmen wird im wesentlich argumentiert, ohne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sinke insbesondere die Qualität der Berichterstattung erheblich und nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk gewährleiste das Angebot qualitativ hochwertiger Sendungen, da private Anbieter diese aufgrund der geringen Nachfrage nicht anböten. Der Tatbestand des meritorischen Gutes beruht auf einem paternalistischen Menschenbild. Im Bereich des Rundfunks wäre also anzunehmen, dass die Individuen „falsche“ Präferenzen hätten und daher Sendungen minderer Qualität bevorzugten. Eine dem Freiheitsprinzip verpflichtete Marktwirtschaft geht jedoch von selbstbestimmten und mündigen Konsumenten aus. Demnach ist es zu akzeptieren, wenn diese Sendungen minderer Qualität präferieren und sich von Angeboten vermeintlich hoher Qualität abwenden. Freilich stellt sich in diesem Zusammenhang gleich die Frage nach den Kriterien für das Ausmaß der Qualität. Selbst wenn man die Existenz eines weithin geteilten Qualitätsmaßstab unterstellt, zeigt doch insbesondere der amerikanische TV-Markt eindrucksvoll, wie private Anbieter mit qualitativ hochwertigen Produktionen ohne Probleme am Markt existieren können.

Alles in allem lässt sich der öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland aus ökonomischer Perspektive nicht rechtfertigen. Folgerichtig wäre es daher, ihn zu privatisieren, indem der Rundfunkbeitrag abgeschafft und eine Finanzierung durch klassische Nutzerentgelte, wie sie etwa von Netflix oder Sky erhoben werden, erfolgen würde. Auf diese Weise müsste er ohne Rettungsanker sich im Wettbewerb mit privaten Anbietern bewähren, was auch seinen kompletten Marktaustritt zur Folge haben könnte.

Hinweis: Der Kommentar erscheint als Leitartikel in Heft 10 (2022) der Fachzeitschrift WiSt.

Blog-Beiträge zum Thema:

Kai Konrad, Marcel Thum und Christian Waldhoff: Dringender Reformbedarf

Carina Lindener:  Öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Wie zeitgemäß sind seine Aufgaben.

Frank Daumann:  Die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist ordnungsökonomisch nicht zu rechtfertigen

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