Eigenheime sind in Metropolen und Metropolregionen oft unerschwinglich. Aufgrund von Platz- und Wohnraummangel werden immer weniger gebaut. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Zudem werden voraussichtlich Klima- und Umweltschutzziele den Bau von Eigenheimen weiter verteuern. In vielen kleinen Gemeinden dürften jedoch weiterhin Eigenheime entstehen. Deren Bau dürfte daher langfristig gegen einen Sockel tendieren.
Neubau von Eigenheimen stark rückläufig
In den 1970er Jahren wurden jährlich noch rund 250.000 Eigenheime fertiggestellt. Dieser Wert fiel bis zur Wiedervereinigung auf unter 150.000. Im Anschluss gab es in den neuen Bundesländern einen kräftigen Aufholeffekt. In der Mitte der 1990er Jahre wurden in der Spitze erneut fast 250.000 Eigenheime pro Jahr gebaut. Es folgte jedoch ein massiver jahrelanger Einbruch und im Jahr 2009 ein Allzeittief mit nur noch 84.000 Einheiten. Trotz anschließender Erholung über die Boomjahre bis 2022 wurden nie mehr als 110.000 Eigenheime fertiggestellt. In den Jahren 2022 und 2023 führten hohe Baukosten und der Zins- und Regulierungsschock durch das Heizungsgesetz wieder zu einem Dämpfer mit weniger als 100.000 fertiggestellten Einheiten pro Jahr. Gleichzeitig brachen die Baugenehmigungen für Eigenheime massiv um rund 60% gegenüber 2021 ein. In den kommenden Jahren dürfte der Neubau also weiter kräftig zurückgehen.
Strukturelle Gründe: Urbanisierung, Baukosten und Wohnraummangel
Die Urbanisierung ist ein langfristiger Treiber für den strukturellen Rückgang des Baus von Eigenheimen. Historisch wie auch heute sind die Arbeitsmärkte in Städten und Metropolregionen in vielerlei Hinsicht attraktiver als im ländlichen Raum. So bieten sie kurze Wege, eine sehr gute medizinische Versorgung, ein großes kulturelles Angebot und vieles mehr. Entsprechend erfolgen die Wanderungen dauerhaft in Richtung Metropolregionen. Die Wohnraumnachfrage ballt sich hierdurch auf engem Raum. Bauland und Wohnraum werden knapp und teuer. Preise und Mieten steigen. Folglich werden kleine Wohnungen gegenüber großen Häusern präferiert. Zudem machen hohe Energie- und Materialpreise, der Fach- und Arbeitskräftemangel sowie die insgesamt stark gestiegenen Baukosten Eigenheime für viele Haushalte unerschwinglich. Wir erwarten, dass sich diese Entwicklung in der Zukunft fortsetzen wird. Insbesondere der Fach- und Arbeitskräftemangel dürfte sich deutlich verschärfen. Damit sollte sich der Trend zum Bau von großen Mehrfamilienhäusern und kleinen Wohnungen weiter fortsetzen.
Klima- und Umweltschutzziele bremsen
Ein weiterer Faktor ist der Trend zu „grünerem“ Bauen. Auf einen Hektar passen in vielen Bauplänen nur etwa 25 Eigenheime, aber oft mehr als 100 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Insgesamt benötigen kleinere und nebeneinander liegende Wohnungen weniger Ressourcen. Gemäß unserem Wohngebäude-Klima-Modell[1] verbrauchen Wohnungen in großen Mehrfamilienhäusern durchschnittlich rund 10.000 kWh im Jahr und produzieren dabei rund 2 Tonnen CO2. Zweifamilienhäuser weisen doppelt so hohe Werte und Einfamilienhäuser die 2 ½-fachen Werte auf. Ebenso sinkt der CO2-Ausstoß durch einen geringeren Bedarf an Baumaterialen von beispielsweise Beton, Stahl und Glas. Darüber hinaus sind viele Gemeinden und Städte zunehmend bemüht, eine weitere Versiegelung von Siedlungs- und Verkehrsflächen zu verhindern. Einige Städte und Stadtteile – in der Presse wurden insbesondere Hamburg-Nord[2], Münster[3] und Wiesbaden[4] genannt – handhaben Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser in den letzten Jahren bereits sehr restriktiv.
Werden irgendwann gar keine Einfamilienhäuser mehr gebaut?
Bundesweit wie auch in allen Bundesländern fällt der Anteil an Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser, die im Bestand mehr als 80% der Eigenheime ausmachen. Besonders stark war dieser Effekt in den Stadtstaaten. Von 2003 bis 2023 fiel der Anteil in Bremen von 53% auf 13%, in Hamburg von 39% auf 9% und in Berlin von 62% auf unter 5%. Setzt man den bundesweiten Trend fort wie in Grafik 1, werden jedes Jahr rund 3.000 Eigenheime weniger gebaut als im Vorjahr. Das letzte Eigenheim würde dann in etwa im Jahr 2050 entstehen. Doch eine simple Fortschreibung des historischen Trends überzeichnet vermutlich die künftige Entwicklung. Die meisten Menschen in Deutschland leben in kleinen Gemeinden mit nur wenigen tausend oder gar wenigen hundert Wohnungen pro Gemeinde. Dort ist der Anteil der Einfamilienhäuser am Bestand oftmals sehr hoch. Aufgrund der Orientierung an lokalen Bedürfnissen, dem großen Platzangebot, der Bedeutung von Bauland für die Gemeindefinanzen und günstigeren Baukosten dürften auch weiterhin Eigenheime in kleineren Gemeinden gebaut werden. Daher werden die bundesweiten Baugenehmigungen über die kommenden Jahre voraussichtlich zwar strukturell abnehmen, langfristig aber gegen einen Sockel von möglicherweise 20.000-40.000 Eigenheimen pro Jahr tendieren.
Mietwohnungsmarkt für Eigenheime
In Deutschland gibt es laut dem Census 2022 rund 16,3 Mio. Eigenheime. Deren Anzahl hatte in den letzten Jahren kaum noch zugenommen. Bald dürfte die Zahl stagnieren und wenn langfristig nur noch wenige 10.000 Eigenheime pro Jahr gebaut werden, dürfte der Bestand und damit das Marktangebot durch Abriss und Rückbau fallen. In einigen Metropolen und Metropolregionen dürfte dieser Zeitpunkt schon früher eintreten. Nichtsdestotrotz dürften Eigenheime auf absehbare Zeit eine begehrte Wohnform bleiben. Aufgrund dieses Ungleichgewichts werden die Preise für Eigenheime voraussichtlich strukturell und stärker als für Wohnungen steigen. Auch das Vermieten von Eigenheimen dürfte in vielen Städten und Metropolregionen künftig noch attraktiver werden, als es heute bereits ist.
- Ein Wohngebäude-Klima-Modell für Deutschland, Deutsche Bank Research, Juli 2023.
- https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/74376/gruen_rot_in_hamburg_nord_verbietet_einfamilienhaeuser.pdf
- Siehe https://www.stadt-muenster.de/stadtplanung/bebauungsplanung/faq-einfamilienhaeuser
- https://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesbaden/stadt-wiesbaden/der-schleichende-tod-des-einfamilienhauses-2556629
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