Es gibt ein Leben nach der Krise

Die Weltwirtschaft erlebt derzeit den größten Einbruch seit dem zweiten Weltkrieg. Die Finanzmarktkrise hat mehr und mehr auf die Realwirtschaft durchgeschlagen. Rund um den Globus rutschten bereits im vergangenen Jahr viele Volkswirtschaften in die Rezession. Dies wird sich im Jahr 2009 trotz vieler nationaler Konjunkturpakete fortsetzen. Ob es in diesem Jahr bereits zu einer sachten Erholung kommt ist gegenwärtig offen. Möglicherweise schleppt sich die Weltwirtschaft nach dem derzeitigen Absturz in eine längere Stagnationsphase

Gleichwohl besteht berechtigte Hoffnung, dass sich die vergleichsweise hohe wirtschaftliche Dynamik, die in nahezu allen Weltregionen in den letzten Jahren zu beobachten war, wieder einstellen kann. Dafür gibt es gute Argumente:

  • Die Wohlstandsorientierung der Bevölkerungen in den aufstrebenden Volkswirtschaften – vor allem vor dem Hintergrund der zuletzt realisierten Wohlstandsfortschritte – öffnen den stark auf Vorleistungs- und Investitionsgütern ausgerichteten deutschen Industrieunternehmen gute Chancen.
  • Dazu kommen die positiven Wachstumsimpulse aus einer zunehmenden Weltbevölkerung, die immer mehr in Städten leben wird. Die Weltbevölkerung wird in den kommenden vier Dekaden um rund 50 Prozent auf weit über 9 Milliarden Menschen ansteigen. Davon werden dann 70 Prozent in Städten wohnen (Abbildung).
  • Auch die klimatischen Veränderungen, die steigende Ressourcennachfrage und die wachsenden Sicherheitsbedürfnisse erfordern beständig industrielle Problemlösungen.
  • Nicht zuletzt bieten die allgemeine technologische Entwicklung sowie die steigende Bedeutung von Wissen und Informationen vielen Industrieunternehmen in Verbindung mit unternehmensnahen Dienstleistungen eine gute Entwicklungsbasis.


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Es kann mit gutem Grund davon ausgegangen werden, dass Branchen, die international handelbare Waren und Dienstleistungen herstellen von diesen Megatrends profitieren werden. All diese zumindest mittelfristig wirksamen Trends stellen Belastungen und große Herausforderungen dar, die schließlich eine gewaltige Investitionstätigkeit rund um den Globus erfordern. Gerade der vergangene Aufschwung hat gezeigt, welcher Investitionsboom möglich ist. Im Zeitraum 2002 bis 2007 haben sich die jährlichen globalen Bruttoanlageinvestitionen auf rund 14.000 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt. Die Anpassungslasten durch den Klimawandel, durch die Ressourcenknappheit und durch das Bevölkerungswachstum – um nur drei der im besonderen Rampenlicht stehenden Trends zu nennen – bedürfen in Zukunft vielfältige industrielle Problemlösungen. Davon sind im Prinzip alle Industriebereiche im Geflecht mit den vielfältigen Dienstleistern betroffen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Durch die zunehmende Urbanisierung bestehen bereits heute enorme Knappheitsprobleme im Bereich der Versorgung und Entsorgung. In vielen Städten von Entwicklungsländern soll nur jeder zweite Haushalt an die Trinkwasserversorgung angeschlossen sein. Die ansteigende Ressourcenknappheit wird diese Probleme noch verschärfen.

Diese Megatrends werden die industrielle Entwicklung auch in naher Zukunft maßgeblich begünstigen. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise ist es notwendig, den Blick nach vorn zu richten und die zukünftigen Potenziale zu sichten. Der Investitionsbedarf ist das eine, die Investitionsmöglichkeiten das andere. Viele der bereits bestehenden Infrastrukturmängel in den hochentwickelten und vor allem den aufstrebenden Volkswirtschaften liegen daran, dass nicht ausreichende Finanzierungsmittel für Infrastrukturinvestitionen bereitstehen. Möglicherweise haben in der Vergangenheit solche realwirtschaftlichen Investitionsprojekte im Vergleich mit reinen Finanzmarktinvestitionen den Kürzeren gezogen. Lässt man – wegen der durch die Konjunkturpakete ansteigenden staatlichen Schuldenberge – eine öffentliche Finanzierung über steigende Steuern oder Schulden außen vor, dann bleiben mittelfristig eine Neustrukturierung der Staatsausgaben hin zu öffentlichen Investitionen, eine intensivere Kooperation von Staat und Privatwirtschaft und eine stärkere Privatisierung von Infrastruktur als Alternative.

Derzeit dürfte für die Finanzierung von Investitionsprojekten erschwerend hinzukommen, dass sich im Gefolge der globalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise die Risikoeinschätzung verändert hat. Höhere Risikoprämien und restriktivere Kreditbedingungen werden möglicherweise das globale Investitionsvolumen über längere Zeit vermindern. Vor allem Investitionen, die mit einem stärkeren Risiko behaftet sind, dürften stärker oder ganz auf dem Prüfstand stehen. Aber gerade hier liegt vielleicht die Chance für eine wieder auflebende Kapitalstockbildung durch realwirtschaftlich basierte Investitionen. Im Vergleich zu reinen Finanzmarktinvestitionen können eigentlich reale Investitionsprojekte – besonders solche mit einem hohen Infrastrukturcharakter – an Attraktivität als „sicherer Hafen“ gewinnen. Jedenfalls sollte von den mit dinglichen Sicherheiten gedeckten Investitionsanlagen ein verlässlicherer Renditestrom erwartet werden, als dies bei einer Reihe von Finanzmarktanlagen in der Vergangenheit der Fall war.

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