Ungleichheit heute (30)
Ungleichheit, Umverteilung und Mobilität
Besteht wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf?

„Im Allgemeinen besteht die Kunst des Regierens darin, einem Teil der Bevölkerung so viel Geld wie möglich wegzunehmen, um es dem anderen Teil nachzuwerfen.“ (Voltaire)

Es gibt nicht viel, was die Welt immer wieder aufs Neue erregt. Die ungleiche Verteilung der Einkommen zählt dazu. Dabei entwickelt sich die Ungleichheit eher ambivalent. Die Kluft zwischen armen und reichen Ländern wird weltweit kleiner. Allerdings verteilen sich die Einkommen in den Ländern ungleicher. Externe Konvergenz und interne Divergenz gehen Hand in Hand. Die Diskussion um Ungleichheit ist ein politischer Dauerbrenner. Vor allem in Europa wird der Ruf nach mehr staatlicher Umverteilung lauter. Er wird von der moralisierenden Kraft der „Gerechtigkeit“ getrieben. Allokative und politische Risiken und Nebenwirkungen der Ungleichheit spielen eher eine Nebenrolle. In den USA läuft die Diskussion trotz international relativ hoher Ungleichheit anders. Dort steht nicht so sehr die Ergebnis-, sondern die Chancengleichheit vorne auf der verteilungspolitischen Agenda. Nicht die steigende Ungleichheit der Einkommen, sondern die soziale Mobilität ist das Thema, das vor allem die Mittelschicht beschäftigt.

Ungleichheit heute (30)
Ungleichheit, Umverteilung und Mobilität
Besteht wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf?
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Warum die Euro-Abwertung die Krise der Europäischen Union verschärft

Europas Politiker und auch viele Ökonomen sehen ein wenig optimistischer in die Zukunft. Die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank haben den unbeabsichtigten(?) Nebeneffekt, dass der Euro gegenüber den wichtigsten Währungen der Welt langsam aber sicher abwertet. Schon wird Mario Draghi dafür gefeiert, dass seine rechtlich fragwürdige Maßnahme der indirekten Staatsfinanzierung vor allem eine riesige Abwertungsrunde zugunsten der volkswirtschaftlich schwächelnden Eurozone ausgelöst hat. Tatsächlich zeigen sich erste positive Wirkungen: Aus einem Minuswachstum ist ein mickriges Plus beim gesamteuropäischen Bruttoinlandsprodukt geworden.

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Frankfurt, Lübeck und was nun?

1. Zeitreise in Frankfurt

Franz Josef Degenhardt sang damals, 1969, davon, „dass das bloße Geschichten bleiben, die man den Enkeln erzählen kann!“ Von den Geschichten habe ich einiges aus nächster Nähe gesehen, als ich in den frühen 1970er Jahren gegenüber dem alten Hauptgebäude der Universität Frankfurt wohnte. Auch damals gefiel mir nicht, was ich auf dem Univorplatz und auf der Straße sah. Die Rechtsbrüche der Studentenschaft ebenso wie die Steinwürfe der Polizei in die Fenster eines Studentenwohnheims auf dem Campus fand ich empörend auch schon als junger Student.

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„2. Würzburger Ordnungstag“
Werden aus armen Kindern arme Erwachsene?
Über Höhe und Ursachen sozialer Mobilität

„The order is rapidly fadin.  ‚And the first one now will later be last. For the times, they are a-changin’.“ (Bob Dylan)

Die Einkommensungleichheit hat in den entwickelten Volkswirtschaften innerhalb der letzten Jahrzehnte stark zugenommen. Während der Gini-Koeffizient der Markteinkommen in den USA von 37,4% im Jahr 1970 auf 47,0% am aktuellen Rand angestiegen ist, können ähnliche Entwicklungen in nahezu allen Industrienationen beobachtet werden. Deutschland bildet hier keine Ausnahme, auch hierzulande hat die Einkommenskonzentration mit einem Anstieg von über 10 %-Punkten im selben Zeitraum deutlich zugenommen. Welche Konsequenzen diese Entwicklung auf die wirtschaftliche Effizienz nimmt, wird kontrovers diskutiert. In einem Punkt sind sich die Ökonomen jedoch einig: Wenn die soziale Mobilität – die Möglichkeit, in der Einkommensverteilung nach oben zu gelangen – hoch ist, so ist der Anstieg der Einkommensungleichheit weniger problematisch. Wenn jedem Individuum dieselbe Möglichkeit zum Aufstieg bereit stünde und der monetäre Erfolg im Wesentlichen von den eignen Anstrengungen abhinge, so würden Einkommensunterschiede gar eine positive Anreizwirkung auf Humankapitalakkumulation und Innovationstätigkeit ausstrahlen. Doch wie hoch ist die soziale Mobilität in den einzelnen Ländern? Und durch welche Faktoren können die Unterschiede zwischen den Volkswirtschaften erklärt werden?

„2. Würzburger Ordnungstag“
Werden aus armen Kindern arme Erwachsene?
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Ungleichheit heute (27)
Warum wird nicht noch viel mehr umverteilt?
Gefühlte Ungleichheit und amerikanische Träume

„…Niemand leidet [deshalb] Not in der Marktwirtschaft, weil es einige reiche Leute gibt. Die Reichtümer der Reichen sind nicht die Ursache der Armut irgendeines Menschen. Der Vorgang, der einige Leute reich macht, ist im Gegenteil die Folge des Vorganges, durch den die Bedürfnisbefriedigung vieler Leute verbessert wird. Den Unternehmern, Kapitalisten und Technikern geht es nur dann gut, wenn es ihnen gelingt, die Konsumenten in der bestmöglichen Weise zufriedenzustellen…“ (Ludwig von Mises)

Wirtschaftliche Ungleichheit ist wieder in aller Munde. Medien, Politik und Wissenschaft befeuern die Diskussion. Der Grund liegt auf der Hand: In den meisten Ländern verteilen sich die Einkommen seit über einem Vierteljahrhundert spürbar ungleicher. Die Kluft zwischen Reich und Arm hat sich vergrößert. Für Diskussionen sorgt aber vor allem, dass die Mittelschicht auf die Verliererstraße gerät. Es war schon immer nicht ganz einfach, vom Tellerwäscher zum Millionär aufzusteigen. Tatsächlich ist es für viele schier hoffnungslos. Die soziale Mobilität schwindet. Wirtschaftliche und politische Macht ballt sich. Das tut der wirtschaftlichen Dynamik nicht gut. Der alte Erhard’sche Traum vom „Wohlstand für Alle“ scheint zu platzen.

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Warum wird nicht noch viel mehr umverteilt?
Gefühlte Ungleichheit und amerikanische Träume
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Die Umverteilungseffekte geldpolitischer Rettungsaktionen

(…) mit jeder Gewährung völliger Sicherheit an eine Gruppe (wird) die Unsicherheit der übrigen notwendigerweise größer (…). Garantiert man jemand eine bestimmte Menge eines Kuchens von veränderlicher Größe, so muß notwendig der Anteil, der für alle anderen übrig bleibt, verhältnismäßig stärkeren Schwankungen unterworfen sein als die wechselnde Größe des ganzen Kuchens.“ Friedrich August von Hayek (1944)

Wir müssen den Zentralbanken dankbar sein! Im Getöse stürmischer Finanzmarktkrisen retten Yellen, Draghi, Kuroda und Co., was noch zu retten ist. Der große Krach, der im Zuge unkontrollierbarer Ansteckungseffekte den schmerzhaften Verlust von unzähligen Arbeitsplätzen nach sich ziehen würde, wird abgewendet. Zur allgemeinen Beruhigung vernehmen wir, dass trotz aufgeblasener Zentralbankbilanzen das Primat der Preisstabilität nicht verletzt wurde. In allen großen Volkswirtschaften (Japan, USA, Euroraum) liegen die Inflationsraten auf historisch niedrigen Tiefständen (Bernanke 2014, Draghi 2014). Unser Wohlstand und die politische Stabilität scheinen gesichert. Der Zwang zum unpopulären Sparen in der Krise scheint abgewendet.

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Ungleichheit heute (21)
Staatliche Umverteilung und soziale Mobilität
Eine verteilungspolitische Fata Morgana?

„Socialism is the arithmetic of envy, masquerading as the mathematics of justice“ (Winston Churchill)

Der Hype um das Buch „Kapital im 21. Jahrhundert“ von Thomas Piketty zeigt, die Verteilungsfrage hat Hochkonjunktur. Das gilt vor allem für die USA, weniger für Europa. Es ist aber nicht so sehr die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen, die Amerika beunruhigt. In den USA akzeptieren alle sozialen Schichten schon immer mehr Ungleichheit als anderswo. Auch liegen die distributiven tektonischen Verschiebungen schon über ein Vierteljahrhundert zurück. Es ist eher die Angst, unsanft aus dem „amerikanischen Traum“ aufzuwachen. Auch sehr ungleich verteilte Einkommen – und Vermögen – werden akzeptiert, wenn alle eine realistische Chance haben, vom „Tellerwäscher zum Millionär“ aufsteigen zu können. Deshalb war die „Great Gatsby“-Kurve ein Schock für die USA. Eine geringe soziale Mobilität ließ die hohe Ungleichheit in einem anderen Licht erscheinen. Die Politik nutzte die Chance und zimmerte aus der Korrelation von wirtschaftlicher Ungleichheit und sozialer Mobilität ohne viel Federlesens eine Kausalität. Doch ist es wirklich sinnvoll, soziale Immobilität mit mehr Umverteilung zu bekämpfen?

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Staatliche Umverteilung und soziale Mobilität
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Mütterrente zum Wohle der Nicht-Mütter
Die verzwickte Logik eines Beitragspunkts

Der neue Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer bezifferte kürzlich die Kosten der im Koalitionsvertrag verankerten Mütterrente bis zum Jahre 2030 auf stolze 130 Mrd. €. Es soll hier nicht darum gehen, die genaue Höhe dieser Zahl zu hinterfragen oder zu kommentieren. Aus ökonomischer Sicht sagt diese Zahl allein ohnehin nichts. Denn es gibt so viele Dinge im Leben, die viel Geld kosten, und darunter gibt es solche, die ihr Geld wert sind und andere, die es nicht sind. Hinzu kommt, dass diese 130 Mrd. € hauptsächlich zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen umverteilt werden. Man könnte diese Summe also mit einer in Mode gekommenen Bemerkung versehen, welche lautet: Das Geld ist nicht weg, es haben nur andere.

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Ungleichheit heute (15)
Ungleichheit und Gerechtigkeit: Was hat das miteinander zu tun?

1. Das Paradies

Stellen wir uns eine Welt vor, in der es vollkommene wirtschaftliche Gleichheit gibt. Egal, welche Arbeit einer macht, Angebot und Nachfrage befinden sich stets in einem Gleichgewicht, welches jedermann das gleiche Einkommen ermöglicht. In dieser Gesellschaft gibt es keine Debatten über eine Schere zwischen Arm und Reich; es braucht auch keinen Streit über Art und Umfang einer Einkommensumverteilung durch den Staat. Weil jeder den fairen Anteil seines Einsatzes erhält, hat auch jedermann die gleichen Anreize, sich anzustrengen. Die Regierung braucht sich ausschließlich darum zu kümmern, öffentliche Güter bereit zu stellen (Verteidigung, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit), die sich mit einer für alle gleich hohen Kopfsteuer finanzieren lassen. In dieser Welt herrscht nicht nur perfekte Gleichheit, sondern auch perfekte Effizienz. Es ist eine Welt vor dem Okunschen Trade-Off. Es ist das Paradies der Gleichheit und Gerechtigkeit.

Ungleichheit heute (15)
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Ungleichheit heute(13)
„Reichtum ist distributive Umweltverschmutzung“
Höhere Steuern oder mehr Wettbewerb?

„Alles, was die Sozialisten vom Geld verstehen, ist die Tatsache, dass sie es von anderen haben wollen.“ (Konrad Adenauer)

Die Markteinkommen sind ungleich verteilt. Im Blickpunkt stehen die obersten 1 % auf der Einkommensleiter. Ihre Einkünfte sind bis zur Finanzkrise explodiert. Nach einem Dämpfer sind sie wieder auf dem Vormarsch. Das lässt die Politik nicht ruhen. Mit einer „Reichensteuer“ will sie das „distributive Ärgernis“ aus der Welt schaffen. Francois Hollande ist in Europa einer der aktivsten verteilungspolitischen Kreuzritter. Peer Steinbrück will nach einem Wahlsieg im Herbst auf seinen Spuren wandeln. Die Frage ist aber umstritten, ob überhaupt verteilungspolitischer Handlungsbedarf besteht.  Oft ist die Forderung „gerechtigkeitsgetrieben“, die Spitzen-Einkommen steuerpolitisch zu stutzen. Neben dieser gefühligen Antwort wird immer öfter gefordert, die materielle Ungleichheit „wegzusteuern“, um die ökonomische Effizienz zu steigern. Eine stärkere steuerliche Belastung der Spitzeneinkommen könne helfen, den „Trickle down-Konsum“ einzudämmen und „rent seeking“ des Top-Managements in die Schranken zu weisen.

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„Reichtum ist distributive Umweltverschmutzung“
Höhere Steuern oder mehr Wettbewerb?
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