Wie geht es weiter mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt?

1. Entstehung und Entwicklung des Stabilitäts- und Wachstumspakts

Im Vorfeld der Europäischen Währungsunion (EWU) wurde deutlich, dass die Koordination der Fiskalpolitik zum Problem innerhalb des neu zu schaffenden Währungsgebiets werden könnte. Denn während die Geldpolitik nach dem erfolgreichen Beitritt zur EWU dem nationalen Zugriff der Mitgliedsländer entzogen und zentral von der Europäischen Zentralbank (EZB) gesteuert wird, bleibt die nationale Zuständigkeit bei der Fiskalpolitik weiterhin erhalten. Um eine übermäßige Staatsverschuldung auch nach einem Beitritt zur EWU zu vermeiden, setzte man daher auf zwei Regelungen: Zum einen sollte der Marktmechanismus über länderspezifische Risikoprämien in den Zinssätzen dazu führen, dass sich die Kreditaufnahme für hoch verschuldete Mitgliedsländer verteuert und dadurch der Anreiz, sich weiter zu verschulden, sinkt. Zum anderen wurde – quasi als zweite Verteidigungslinie – 1997 auf Drängen des deutschen Finanzministers Waigel der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) eingeführt, der feste Grenzwerte für die Neuverschuldung (3 Prozent bezogen auf das nominale BIP) und den Schuldenstand (60 Prozent bezogen auf das nominale BIP) vorgibt, bei deren Überschreiten Sanktionen für das betreffende Land vorgesehen sind. Gemäß Gleichung (2) im Anhang sind beide Kriterien nicht unabhängig voneinander. Unter der Annahme eines Wirtschaftswachstums von 5 Prozent ist eine Neuverschuldungsquote von 3 Prozent langfristig kompatibel mit einer Schuldenstandsquote von 60 Prozent.

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Kurz kommentiert
Ein Deal … aber der falsche …
Zur Einigung über den langfristigen EU-Haushalt

Bis zum letzten Donnerstag haben Polen und Ungarn den langfristigen EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 und den damit verknüpften Corona-Aufbaupakt durch ihr Veto blockiert. Stein des Anstoßes war dabei das Rechtsstaatsprinzip, auf das sich beide Länder nicht verpflichten lassen wollten, weil sie es als Einmischung in innere Angelegenheiten ansehen. Mein am 16. November erschienener Beitrag (hier) zu diesem Thema schloss daher mit dem Satz: Bisher ist es nicht gelungen, den Regierungen in Polen und Ungarn ihre Zustimmung zum Haushaltsentwurf – einschließlich der umstrittenen Konditionalitätsregelung – durch Zugeständnisse an anderer Stelle „abzukaufen“.

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Ein Deal … aber der falsche …
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Wie geht es weiter mit dem Brexit?

Als erstes Land hat das Vereinigte Königreich (UK) die Europäische Union (EU) am 1. Februar 2020 verlassen. Damit vollzog es den Brexit und trat nach 47 Jahren Zugehörigkeit aus der EU aus. In einer Übergangsphase bis zum Jahresende 2020 soll(t)en anschließend die künftigen (Handels-)Beziehungen zwischen der EU und dem UK ausgehandelt werden. Die – trotz einiger abgelaufener Ultimaten – immer noch andauernden Handelsgespräche betreffen in erster Linie den Warenhandel. Dabei sind drei Punkte besonders umstritten: die EU-Forderung nach gleichen Umwelt-, Sozial- und Beihilfestandards, um fairen Wettbewerb zu gewährleisten, Fangquoten für EU-Fischer in britischen Gewässern sowie Schlichtungsregeln für mögliche Vertragsverstöße. Unstrittig scheint im Umkehrschluss hingegen ein – unter den zuvor genannten Bedingungen – gegenseitiger (zoll-)freier Warenverkehr zu sein. Unabhängig davon hat sich die britische Regierung bereits frühzeitig entschieden, den – für den Standort London so wichtigen – Finanzsektor aus den Handelsgesprächen auszuklammern, was bereits zu einer erheblichen Geschäftsverlagerung auf das europäische Festland und dort insbesondere nach Frankfurt geführt hat.

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Der Streit um den EU-Haushalt

Am 21. Juli 2020 haben die Staats- und Regierungschefs der 27 EU Mitgliedsländer – auch als Reaktion auf die Corona-Pandemie – den langfristigen EU-Haushalt[1] 2021-2027 beschlossen. „Ein Haushalt als Motor für die Erholung nach der COVID?19?Krise“ soll(te) es sein, der sich – wie Abbildung 1 veranschaulicht – aus dem mehrjährigen Finanzrahmen („normaler“ Haushalt)  in Höhe von 1,074 Billion Euro und dem Corona-Aufbauplan in Höhe von 750 Mrd. Euro zusammensetzt. Der Aufbauplan beinhaltet wiederum 390 Mrd. Euro als nicht rückzahlbare Zuschüsse und 360 Mrd. Euro als Kredite. Mit seiner Hilfe soll der langfristige Haushalt der EU aufgestockt werden, um die unmittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Schäden, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind, zu beheben‚ „den Aufbau anzukurbeln und eine bessere Zukunft für die nächste Generation vorzubereiten“. Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, hat dazu gesagt: „Wir haben einen Deal zum Aufbaupaket und zum EU-Haushalt erreicht. Natürlich waren es schwierige Verhandlungen in einer für alle Europäerinnen und Europäer sehr schwierigen Zeit. Es war ein Marathon, der in einen Erfolg für alle 27 Mitgliedstaaten, besonders aber für die Menschen mündete. Es ist ein guter Deal. Es ist ein starker Deal. Vor allem aber ist es gerade jetzt der richtige Deal für Europa. Diese Einigung ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die EU eine treibende Kraft ist.“

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Europa im permanenten Krisenmodus
Von der Bankenkrise zur Corona-Pandemie

Seit 2008 sahen sich die Europäische Union (EU) und insbesondere die Europäische Währungsunion (EWU) immer neuen Krisen gegenüber. Es begann mit der Bankenkrise, die ihren Höhepunkt im Zusammenbruch der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 fand, und der anschließenden realwirtschaftlichen Krise, die in vielen Ländern zur bis dahin schwersten Rezession nach dem Zweiten Weltkrieg führte. Daran anschließend kam es Anfang 2010 zum Ausbruch der europäischen Staatsschuldenkrise. Griechenland geriet als erstes Land in Bedrängnis und bat am 23. April 2010 die übrigen Mitgliedsländer der EWU sowie den Internationalen Währungsfonds offiziell um finanzielle Hilfe. Im weiteren Verlauf folgten Irland, Portugal, Spanien und Zypern, die ebenfalls Beistandskredite in Anspruch nahmen.  Und seit März dieses Jahres steht die Wirtschaft nun nahezu ausschließlich im Zeichen der Corona-Pandemie, deren Ende bisher noch nicht abzusehen ist.

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Von der Bankenkrise zur Corona-Pandemie
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Corona-Todesfälle im internationalen Vergleich

Bild: Pixabay

Nach China ist Italien gegenwärtig von der Corona-Krise am stärksten betroffen. Dies gilt sowohl für die Zahl der bestätigten Infizierten, die – Stand 19.03.2020, 8:33 Uhr – bei 35.713 Fällen liegt, als auch für die Todesfälle, die zur gleichen Zeit auf 2978 gestiegen ist. Damit liegt die Quote der Todesfälle gemessen an den bestätigten Infizierten (Letalitätsquote) – wie Übersicht 1 zeigt – bei 8,3 Prozent und damit deutlich höher als in vielen anderen betroffenen Ländern und auch über der weltweiten Durchschnittsquote von aktuell 4,0 Prozent.

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Die Corona-Pandemie und ihre (ökonomischen) Folgen

Seit der Jahreswende 2019/20 verbreitet sich das Coronavirus (Covid-19) in immer schnellerem Maße auf der ganzen Welt. Mittlerweile wird das tägliche Leben in vielen Ländern nicht nur Europas fast ausschließlich durch den Versuch bestimmt, Ansteckungsketten zu unterbrechen, um so die Zahl der neuinfizierten Menschen so klein wie möglich zu halten und einen Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern. Solidarität besteht mittlerweile darin, Sozialkontakte zu minimieren.

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Dieser Weg wird kein leichter sein …
Wie geht es weiter mit dem Brexit?

Nachdem das Datum des – geregelten oder ungeregelten – Austritts der Briten aus der EU mit dem 29. März 2019 festzustehen schien, ist nun der gesamte Prozess wieder offen! In ihrer Entscheidung vom 21. März haben die Staats- und Regierungschefs der EU-27 Großbritannien eine – allerdings an Bedingungen geknüpfte – Verlängerung des Austrittstermins zugestanden. Die Dauer des Aufschubs hängt dabei von den Entscheidungen ab, die in dieser Woche vom britischen Parlament getroffen werden. Im Mittelpunkt steht dabei (zunächst) eine erneute – also die dritte – Abstimmung über das vorliegende Austrittsabkommen, das bisher in beiden Fällen mehrheitlich abgelehnt wurde. Dabei ist aber bereits eine erneute Abstimmung selbst ungewiss, da der Sprecher des Unterhauses, John Bercow, aufgrund einer Parlamentsvorschrift aus dem Jahre 1604 bisher nicht bereit war, eine dritte Abstimmung zuzulassen. Wo ein (politischer) Wille ist, da sollte allerdings auch ein Weg zu finden sein, um diesen umzusetzen. Doch selbst wenn eine dritte Abstimmung stattfinden sollte, etwa vor dem Hintergrund neuer (rechtlich nicht bindender) Klarstellungen und Zusicherungen der EU, ist selbst unter dem jetzigen (zeitlichen und sachlichen) Druck kaum mit einer mehrheitlichen Zustimmung zu rechnen.

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Wie geht es weiter mit dem Brexit?
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Brexit-Chaos ohne Ende …

Nachdem am 13. November dieses Jahres durchsickerte, dass sich die Brexit-Unterhändler Großbritanniens und der EU auf den Entwurf eines 585 Seiten umfassenden Austrittsabkommens geeinigt hatten, ist es in Großbritannien zu einer innenpolitischen Krise gekommen. Obwohl das britische Kabinett den Text nach stundenlanger Debatte am 14. November mehrheitlich billigte, kam es am Tag darauf zu Rücktritten mehrerer Minister und Staatssekretäre, die erklärten, dieses Abkommen nicht mittragen zu wollen. Zu ihnen gehört auch der Brexit-Minister Dominic Raab. Spätestens nach der Verteidigung des Abkommens durch die Premierministerin Theresa May im Unterhaus wurde deutlich, dass es massive Widerstände sowohl in der eigenen Partei als auch bei der Opposition gibt, so dass vollkommen unklar ist, ob eine Mehrheit für den Vertrag im britischen Parlament zustande kommen wird. Darüber hinaus droht Theresa May möglicherweise ein Misstrauensvotum der eigenen Partei, dessen Ausgang ebenfalls offen wäre. Unbeeindruckt davon hat EU-Rats-Präsident Donald Tusk für den 25. November einen Sondergipfel der verbleibenden 27 EU-Staaten einberufen, bei dem der nun vorliegende Austrittsvertrag von Seiten der EU formell beschlossen werden soll.

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