Die OECD-Mindeststeuer ist eine Zumutung, bietet aber auch Chancen

Man sollte zurückhaltend sein, Ereignisse als historisch zu bezeichnen. Wenn es der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bis 2024 tatsächlich gelingt, die globale Mindeststeuer für Unternehmen zu realisieren, dann wäre das allerdings wahrlich historisch. Und die Vorzeichen stehen günstig für die mächtigen Technokraten der OECD. Mit dem Projekt wird eine weltweite Einigung auf Richtlinien bei der Unternehmensbesteuerung Wirklichkeit: die auf einer gemeinsamen Basis ermittelten Steuern auf den weltweiten Gewinn fallen unabhängig vom Standort des Unternehmens nie mehr unter die Schwelle von 15%, und für die Länder mit grossem Binnenmarkt bleibt bei den sehr umsatzstarken Unternehmen mehr an Steuereinnahmen hängen als bisher.

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The Simple Question
Ist die globale Mindeststeuer eine gute Idee?

Die Vereinbarung wurde einhellig bahnbrechend genannt, als am 1. Juli 2021 die G7-Staaten zusammen mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bekannt gab, dass mehr als 130 Staaten (hier die Liste aller Länder) planen, „die internationalen Steuervorschriften zu reformieren und sicherzustellen, dass multinationale Unternehmen überall dort, wo sie tätig sind, einen angemessenen Anteil an den Steuern zahlen.“

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Ist die globale Mindeststeuer eine gute Idee?“
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Ordnungsruf
Der Bundesfinanzminister ist kein Freund des Steuerwettbewerbs
Er verkennt die Realität

Bild: Unsplash

Bundesfinanzminister Scholz ist ein Vertreter der Einheitlichkeit, insbesondere der steuerlichen. Er plädiert für einen möglichst weltweiten einheitlichen Mindeststeuersatz und bemüht diesbezüglich das vieldiskutierte Argument des unerwünschten Steuerunterbietungswettbewerbs als „race to the bottom“: Wenn Steuern international im Wettbewerb stünden, würde dieser die Steuersätze so lange nach unten herabkonkurrieren, bis in diesem Wettlauf viele Staaten ihre öffentlichen Güter, zum Beispiel die Sozialinfrastrukturen, nicht mehr finanzieren könnten. Einen solchen „schädlichen“ Steuerwettbewerb gelte es deshalb zu verhindern, zum Beispiel mit Hilfe – spieltheoretisch ausgedrückt – institutionellen Drucks zur Kooperation durch Vereinheitlichung.

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Der Bundesfinanzminister ist kein Freund des Steuerwettbewerbs
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Wenn Großbritannien fehlt

1.  Wenn Großbritannien fehlt, gewinnt die Industriepolitik in der EU

Der Brexit verändert die institutionelle Infrastruktur in Europa. Wenn nämlich Großbritannien aus der EU austritt, dann verschieben sich die ordnungsökonomischen Schwerpunkte in der Gemeinschaft: Es fehlt dann der grundsätzlich marktwirtschaftlich, wettbewerbsorientiert,  dezentral-subsidiär und im Prinzip protektions-avers angelegte Integrationsentwurf der Briten, der im klassischen Liberalismus angelsächsischer Prägung seine traditionellen Wurzeln hat. Dagegen verstärkt sich der eher zentralistisch angelegte staatlich gesteuerte korporatistische Planungsansatz französischer Prägung, denn es gibt nun kein großes Mitgliedsland mehr als Gegenpol, als veto-potenten „Störenfried“ in der EU. Das kommt auch den Intentionen und Integrationsansätzen der EU-Kommission und des Parlaments entgegen, deren Integrationsstrategien sichtbar auf ein schnelleres gesteuertes Integrationstempo zu einer „ever closer union“ gerichtet sind.

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Mehr Steuerwettbewerb nach dem Brexit?

Theresa May, die britische Premierministerin, will die Unternehmen im Vereinigten Königreich nach einem Brexit steuerlich entlasten (FAZ, 2016a, S. 1). So soll die Qualität des Standorts Vereinigtes Königreich, die infolge des Brexits Schaden nehmen dürfte, gestärkt werden. Ab dem Jahr 2020 soll der Körperschaftsteuersatz , der gegenwärtig 20 Prozent beträgt, gesenkt werden, und zwar so stark, dass er mit 15 Prozent so niedrig wie in keinem anderen Land der G20-Länder ist (Handelsblatt 2016b, S. 6-7). Wolfgang Schäuble, der Bundesminister der Finanzen, warnt die Briten vor „Steuerdumping“ (FAZ, 2016c, S. 17). Es drohe eine Abwärtsspirale in der internationalen Unternehmensbesteuerung (FAZ, 2016c, S. 17). Donald Trump, „president elect“ der Vereinigten Staaten von Amerika, will die Unternehmen deutlich entlasten. François Fillol, der ehemalige Premierminister unter Nicolas Sarkozy, der im kommenden Jahr bei der Präsidentenwahl in Frankreich kandidieren will, strebt eine Harmonisierung der Unternehmenssteuern in der Europäischen Währungsunion an (FAZ, 2016b, S. 19). Vermutlich würde das bedeuten, dass die Steuerbelastung in der EU im Durchschnitt zunimmt.

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Die Apple-Saga (4)
EU-Beihilfenaufsicht als Bremsklotz im Standortwettbewerb?

Herzlichen Dank an Frank Daumann (hier) und Jan Schnellenbach (hier), die sich auf meinen Blog-Beitrag vom 3. September (hier) zur Steuerbegünstigung von Apple in Irland beziehen. Beide Beiträge sind äußerst anregend und verdeutlichen, wie komplex internationale Steuerfragen zu beurteilen sind. Zur Erinnerung: Die EU-Kommission wertet die nahezu vollständige Steuerbefreiung der Gewinne von Apple in Irland als unzulässige Beihilfe und verlangt deshalb von der irischen Regierung, Steuernachzahlungen in Höhe von 13 Mrd. Euro plus Zinsen einzutreiben. In meinen Augen ist das Vorgehen der Kommission zu begrüßen, aber es gibt Gegenargumente.

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EU-Beihilfenaufsicht als Bremsklotz im Standortwettbewerb?“
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Die Apple-Saga (3)
Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
Steuergerechtigkeit in Irland im Fall Apple

Zur Debatte um den Fall Apple gab es hier im Blog bereits zwei Beiträge (hier) (hier), aber ich möchte in aller Kürze noch eine dritte Perspektive hinzufügen. Es geht dabei um die auch in der öffentlichen Diskussion des Falles dominierende Frage nach der Steuergerechtigkeit.

Die Apple-Saga (3)
Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
Steuergerechtigkeit in Irland im Fall Apple
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Ordnungspolitischer Kommentar
Luxemburg Leaks und Panama Papers
Chancen auf eine europäische Antwort?

Die jüngsten Enthüllungen der Panama-Papers sowie der Prozessauftakt gegen die Whistleblower der Luxemburg-Leaks haben der gesellschaftlichen Diskussion über Ge­winnverlagerung neuen Auftrieb gegeben. Im Zuge der Debatte nimmt auch der Vorwurf zu, dass innerhalb der EU einige Mitgliedstaaten unter Nutzung des Gemeinschaftsrechts eine Erosion der Körperschaftsteuereinnahmen aus Unternehmensgewinnen forcieren.

Ordnungspolitischer Kommentar
Luxemburg Leaks und Panama Papers
Chancen auf eine europäische Antwort?
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Gastbeitrag
Unternehmensteuern in Europa: Wettbewerb stärken

Die zunehmende Globalisierung hat nicht nur den Wettbewerb auf den Güter- und Dienstleistungsmärkten intensiviert, sondern auch dazu geführt, dass mobiles Kapital sensibler auf Veränderungen von Standortbedingungen reagiert. Unterschiedliche Steuerbelastungen können somit Auslöser von Standort- oder Gewinnverlagerungen von international tätigen  Unternehmen sein. Insbesondere aktuelle Fälle multinationaler Unternehmen, die trotz hoher Gewinne kaum Steuern zahlen, haben eine erneute Diskussion um die Harmonisierung von Besteuerungsregeln in der Europäischen Union ausgelöst. Die europäische Steuerpolitik sollte weiterhin darauf abzielen, steuerliche Hindernisse für den gemeinsamen Binnenmarkt abzubauen und die Kosten für die Steuerbefolgung zu senken. Die positiven Wirkungen des Steuerwettbewerbs sollten nicht durch eine Vereinheitlichung von Steuersätzen ausgeschaltet werden. Um zu verhindern, dass der Steuerwettbewerb durch selektive Steuervergünstigungen und damit unerwünschte Steuervermeidung verzerrt wird, ist ein gemeinsamer Regelrahmen als Wettbewerbsordnung notwendig. Hierzu gehört eine wirksame europäische Beihilfenkontrolle und mehr Transparenz von Steuerregeln – insbesondere über eine Angleichung der Bemessungsgrundlagen. Die Europäische Kommission hat dazu in ihrem Aktionsplan zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 17. Juni 2015 einen Vorschlag angekündigt.

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Unternehmensteuern in Europa: Wettbewerb stärken“
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“1. Würzburger Ordnungstag“
Chancen und Risiken des Steuerwettbewerbs

Funktionsfähiger Wettbewerb ist eine nützliche Einrichtung. Die freiwillige Koordination der wirtschaftlichen Pläne der Konsumenten und Produzenten über Märkte löst das Knappheitsproblem in der Regel am besten. Der Wettbewerb sorgt für eine Orientierung der Produktion an den Wünschen der Konsumenten. Allerdings funktioniert der Wettbewerb auf privaten Märkten nur bei Individualgütern. Zudem muss er durch verbindliche Spielregeln, durch eine staatliche Wettbewerbsordnung gesichert werden.

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Chancen und Risiken des Steuerwettbewerbs“
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