Gastbeitrag:
Nicht die Marktwirtschaft hat versagt, sondern die Regeln waren unzureichend

Auch wenn der Staat in der derzeitigen schweren Finanz- und Wirtschaftskrise vorübergehend rettend und regelnd eingreifen muss: Die Anhänger einer freiheitlichen Ordnung dürfen nicht zulassen, dass deren Prinzipien jetzt in Frage gestellt werden.

Man weiß in diesen Tagen nicht mehr ganz genau, was schlimmer ist: die Hilflosigkeit derer, die an den Erfolg der Marktwirtschaft glauben wollen, oder das Triumphgeschrei derer, die schon immer den freien Kräften misstraut und der Staatswirtschaft das Wort geredet haben. Die Idee der Marktwirtschaft ist jedenfalls nicht der Grund für das Desaster der Weltfinanzindustrie. Im Gegenteil, selbst mit solchen Krisen wird eine dezentrale marktwirtschaftliche Ordnung noch besser fertig als jede staatszentrierte Planwirtschaft. Der kollektive Kollaps der Staatswirtschaften des Ostens liegt zwar schon zwanzig Jahre zurück, aber er hat zumindest den Mythos zerstört, staatliche Lenkung führe zu Wohlstand und Stabilität. Und dennoch gilt: Wenn die von der Marktwirtschaft Überzeugten in diesen Tagen nicht aufpassen und um die Erklärungs- und Begriffshoheit kämpfen, dann kann diese Krise unsere Gesellschaft mehr verändern als alle Umwälzungen der vergangenen Jahrzehnte. Denn erstmals stellt sich die Frage der Legitimität und Funktionsfähigkeit marktwirtschaftlicher Steuerungssysteme vor einem wirklich globalen Hintergrund.

Legitimität und Funktionsfähigkeit marktwirtschaftlicher Steuerungssysteme

Dabei tragen die Anhänger einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung die Verantwortung dafür, eine klare Unterscheidung zwischen den unbestreitbaren Fehlentwicklungen im Einzelnen und der prinzipiellen Richtigkeit der Grundsätze unserer Ordnung durchzusetzen. Zu diesen Grundsätzen gehört zunächst einmal das Streben nach Gewinn: Der Zins steuert die Investition. Ebenfalls dazu gehört aber auch das Streben nach Sicherheit oder zumindest nach einem möglichst hohen Maß an Gewissheit über das eingegangene Risiko: Jeder, der eine Idee verwirklicht oder finanziert, muss berechnen, was das Risiko für ihn bedeutet, seine Investition zu verlieren. Nur deshalb verwirft er Ideen und zahlt oder verlangt hohe Risikoprämien. Ohne dieses Phänomen einer gewissen „Angst“ verliert der Markt jede Vernunft.

Ist denn wirklich Vernunft die Triebkraft der Marktwirtschaft – oder haben jene Recht, die heute „Gier und Angst“ als die eigentlichen Steuerungsmechanismen – namentlich der Finanzmärkte – bezeichnen? Ist also das Spiel des Marktes überhaupt legitim?

Vordenker der Marktwirtschaft wie Adam Smith oder David Ricardo entwickelten ihre Theorien in Zeiten einer beginnenden Unsicherheit, zu Beginn der Arbeitsteilung im Zuge der Industrialisierung, aber grundsätzlich gelten die damaligen Einsichten auch in der Globalisierungsdebatte. Wenn Menschen Handel treiben und sich spezialisieren, muss ein Mechanismus gefunden werden, der regelt, wer von wem was für welche Leistung bekommt. Der eine braucht Schrauben für seine Maschinen, der andere Nahrung, ein Dritter Transportkapazität, und alle brauchen sie Geld. Wer den Menschen als ein freies, eigenverantwortliches Individuum ansieht, kann niemals akzeptieren, dass alles, was für eine solche Wirtschaft nötig ist, von einer hohen Instanz – dem Staat – zugeteilt wird und alle Ideen und alle Anstrengungen von den Zuteilungen dieser hohen Instanz abhängen. Das wäre das Ende der Freiheit. Der real existierende Sozialismus hat bewiesen, dass die Zuteilung nicht funktioniert, dass sie Armut nur notdürftig verwalten, aber niemals Wohlstand schaffen kann.

Das marktwirtschaftliche System der Freiheit entspricht nicht nur unserem Bild vom Menschen, sondern es funktioniert auch. Freiheit und Wohlstandsperspektive sind damit die Legitimation der Marktwirtschaft. Wer sie aus welchen Gründen auch immer angreift, muss das wissen. Für Oskar Lafontaine und seine sozialistisch-kommunistischen Gesinnungsfreunde ist das kein Problem. Freiheit ist für sie kein zentraler Wert. Und über ihre Staatsgläubigkeit kann man nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts nur staunen und erschrecken.

Der Staat soll regeln, um Mißbräuche und Unzulänglichkeiten auszugleichen

Aber reden wir nicht gerade über eine vom Finanzmarkt ausgelöste Weltwirtschaftskrise? Greift denn der Staat nicht gerade in atemberaubender Weise in die Freiheit der Wirtschaft ein? Die Antwort auf diese Fragen ist prinzipiell ganz einfach: Für den chaotischen Markt mit Millionen von handelnden Individuen, die einander nicht kennen und nicht wissen, ob sie einander vertrauen können, werden Regeln benötigt. Diese entscheiden nicht über die Geschäfte selbst, sondern darüber, worauf man sich bei einem Geschäft verlassen können muss. Für die Finanzindustrie der globalen Welt sind die bisherigen Regeln nicht ausreichend. Gescheitert sind diese Regeln, gescheitert ist nicht die Idee des Marktes. Für die Regeln ist letzten Endes der Staat verantwortlich, deshalb muss er jetzt auch seiner Rolle als letzter Garant des Marktes gerecht werden, so schmerzhaft und möglicherweise teuer das auch ist.

Der Eingriff des Staates ist eben nicht vor allem deshalb legitim, weil sich Einzelne fehlerhaft verhalten haben. Die Staaten der freien Welt haben selbst Fehler gemacht; sie baden nicht nur die Fehler anderer aus. Von den schlechten Regeln haben viele profitiert, die beim Einsatz des gesunden Menschenverstandes das böse Ende hätten sehen können. Über sie empören sich die Bürger zu Recht, und sie müssen jetzt zur Rechenschaft gezogen werden.

Ordnungen, die dem Einzelnen die Freiheit zur Entscheidung geben, müssen mit der Unzulänglichkeit des Einzelnen und seiner möglichen Unvernunft fertig werden. Und es gibt immer wieder neue Verführungen der Freiheit, die dem Einzelnen vermeintlich nützen, der Gesellschaft aber schaden. Wenn geliehenes Geld nichts mehr kostet, leiht mancher sich zu viel Geld, obwohl er es nicht mit Sicherheit zurückzahlen kann. Wer kein Geld für ein Haus hat und bei dem dafür nötigen Kredit auch noch das Geld für ein Auto geliehen bekommt, fängt an, auf zu großem Fuß zu leben. Und wenn eine Bank ein bestimmtes Risiko nur eine juristische Sekunde lang in den Büchern hat und es dann schon wieder vergessen kann, verkommt die Kultur des Risikos, von dem die Marktwirtschaft auch lebt.

Das Phänomen der Maßlosigkeit

Zu diesen Fehlentwicklungen gehören auch ins Utopische wachsende Renditephantasien, die dann auch noch als Boni auf den Konten mancher Bankangestellten angekommen sind. Mit diesem Phänomen der Maßlosigkeit werden wir uns übrigens in den nächsten Monaten nicht nur in der Finanzindustrie, sondern auch in der sogenannten Realwirtschaft befassen müssen. Auch in Deutschland sind Unternehmen von Kapitalinvestoren zu Renditevorstellungen erworben und bei Finanzinstituten refinanziert worden, die jedes vernünftige Maß überschreiten. Ein durchschnittliches Handels- oder Industrieunternehmen kann eben nicht eine Rendite von jährlich 20 Prozent und mehr auf das eingesetzte Kapital verdienen. Es muss jetzt darauf geachtet werden, dass Kapitalinvestoren die Verantwortung für solche Fehleinschätzung übernehmen, indem sie zu einer deutlichen Verlängerung ihres Engagements bereit sind und nicht versuchen, einen für Betrieb und Arbeitnehmer unvertretbaren renditegetriebenen Kostendruck zu erzeugen. Angesichts der Tatsache, dass in den kommenden Monaten angeblich ein Umschuldungsbedarf aus „Private Equity Investitionen“ von rund 50 Milliarden Euro entsteht, darf dieses Thema nicht aus den Augen verloren werden.

Marktwirtschaft ist auch Vernunft, Verantwortung, Ethik und Demut

Die Verantwortlichen für diese Fehlentwicklung werden jetzt in der Öffentlichkeit heftig gescholten, je höher ihr Einkommen, desto lauter. Richtig so! Marktwirtschaft ist eben auch Vernunft, Verantwortung, Ethik und Demut. Die arroganten Vertreter des Marktes, die das vergessen hatten, bangen zu Recht um ihren Arbeitsplatz. Aber deshalb unser aller Freiheit aufzugeben wäre die falsche Konsequenz. In der Sozialen Marktwirtschaft können wir vom Staat erwarten, dass er Regeln vorgibt, damit das Leben trotz der Unvernunft Einzelner nicht chaotisch und existenzgefährdend wird. Deshalb dürfen wir bei allem Ärger nicht die Freiheit abschaffen, wir müssen die Regeln ändern. Viel Richtiges ist nun auf den Weg gebracht worden. Banken dürfen keine Geschäfte außerhalb der Bilanz machen. Risiken dürfen nicht bis zur Unerkennbarkeit vermischt werden. Der Zins darf nicht so billig werden, dass er nicht mehr steuert. Händler der Banken müssen an längerfristigen Erfolgen gemessen werden. Diese und einige weitere Korrekturen bringen Freiheit wieder mit Verantwortung zusammen und schaffen die Transparenz, ohne die es eine funktionierende Marktwirtschaft nicht gibt.

Staatliches Eingreifen: Nicht Ersatz des Marktes, sondern Anstoß zur Umkehr

Der Staat ist jetzt berechtigterweise als Katastrophenschützer tätig, denn ein unkontrolliertes Übergreifen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft würde zu Unternehmenspleiten, Millionen von Arbeitslosen allein in Deutschland und zu einem Zerfall des staatlichen Steueraufkommens führen – mit allen Folgen für die Stabilität einer modernen Demokratie. In dieser Lage kann nur der Staat den Rückweg zu einem funktionierenden Markt ebnen. Das ist keine antimarktwirtschaftliche Anmaßung, sondern seine marktwirtschaftliche Pflicht.

Vieles spricht dafür, dass diese Operation trotz erheblicher realwirtschaftlicher Auswirkungen am Ende gelingen wird. Die oft geschmähte Politik ist jetzt unentbehrlich. Diese Erkenntnis lässt hoffen, dass manches selbstgerechte und gegenüber der Politik und ihren Akteuren gelegentlich auch verächtliche Wort aus der Führung einiger Wirtschaftsunternehmen so nicht mehr gilt. Manche in der Wirtschaft begreifen in diesen Tagen, wie sehr auch sie auf starke und entschlussfähige politische Akteure angewiesen sind. Ein durchaus positiver Nebeneffekt.

Zugleich ist dann aber auch auf eine andere Gefahr für die Freiheit hinzuweisen: Das Gefühl der Unentbehrlichkeit darf bei den staatlichen Institutionen nicht dominant werden. Das unlängst binnen einer Woche beschlossene „Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz“ ist die schärfste Waffe seit der Währungsreform. Der Staat kann sich zwangsweise zum Miteigentümer jeder Bank oder Versicherung machen, er kann Geschäftsmodelle vorgeben, Fusionen erzwingen und vieles mehr. Der Einfluss auf die Managergehälter ist dabei eher ein öffentlichkeitswirksamer Nebenkriegsschauplatz. Gegen all das gibt es keinen wirklich wirksamen Rechtsschutz. Wer in Not ist und nicht gehorcht, verschwindet vom Markt. Hier verantwortlich und demütig zu agieren, wird auch auf der staatlichen Seite nicht jedem leichtfallen. Was hatte man nicht schon immer gerne einmal regeln wollen!

Um der Freiheit willen muss auch der Staat sich nach der Krise zurücknehmen

Solche Überheblichkeit würde unsere freiheitliche Ordnung zerstören. Wie in jeder Katastrophe darf der Staat retten, aufräumen, wiederaufbauen. Dann aber muss er wieder heraus aus den wirtschaftlichen Prozessen des Tages und zurück in die Schranken des Regelwerkes. Bei der Klärung der Frage, wer von wem wofür welchen Preis verlangt, wird der Staat nicht gebraucht, ja, er versteht davon nichts. Andernfalls würde die Katastrophe zum Prinzip. Es gäbe immer neue Argumente gegen die Freiheit des Einzelnen, die Ordnung des Marktes könnte keinen Wohlstand mehr sichern oder mehren – und zum Schluss würden alle immer mehr nach dem Staat rufen.

Weltweit sind marktwirtschaftliche Systeme wegen ihrer Effizienz alternativlos – das gilt sogar für Staaten, denen die individuelle Freiheit als Wert nicht so wichtig ist. In Deutschland haben wir unter der Führung Ludwig Erhards die Effizienz der Marktwirtschaft mit dem christlichen Menschenbild von Freiheit und Verantwortung zusammengebracht. Daraus wurde das weltweit geachtete Modell der Sozialen Marktwirtschaft. Diese Ordnung erfordert einen Staat, der stark ist und sich zugleich selbst beschränkt. Sie baut auf Menschen, die ihre Freiheit lieben und nutzen, ohne die Grenzen von Moral und Anstand zu überschreiten. Sie schafft Frieden, Freiheit und soziale Rücksicht. Sie ist so gut, dass sie auch eine Weltfinanzkrise übersteht.

Der Staat muss jetzt stark sein, damit die Menschen das Vertrauen in die marktwirtschaftliche Ordnung nicht verlieren. In einigen Monaten wird der Staat sich wieder zurücknehmen müssen aus Respekt vor den grundlegenden Stärken des Marktes – damit die Einzelnen wieder die Werte schaffen, die der Staat nie schaffen könnte. Deshalb dürfen die Anhänger des Marktes nicht hilflos schweigen, auch in einer die Menschen schwer bedrückenden Krise unserer Wirtschaft müssen sie den Feinden der Freiheit Paroli bieten.

Hinweis:
Der vorliegende Beitrag basiert auf einem Namensbeitrag von Ministerpräsident Roland Koch, welcher in veränderter Form in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 22. Oktober 2008 erschienen ist.

4 Antworten auf „Gastbeitrag:
Nicht die Marktwirtschaft hat versagt, sondern die Regeln waren unzureichend“

  1. In schlechten Zeiten schein der Staat gerade recht zu sein, in Guten soll er nichts von der Sache verstehen. Gehen wir den Artikel doch mal Auszugsweise durch:

    „Auch wenn der Staat in der derzeitigen schweren Finanz- und Wirtschaftskrise vorübergehend rettend und regelnd eingreifen muss:“

    Warum muss der Staat „rettend und regelnd“ eingreifen? Was rettet er denn außer schlecht gewirtschafteten Unternehmen? Ist nicht gerade Erfolg aber auch Misserfolg zentraler Bestandteil einer Marktwirtschaft?

    „Dabei tragen die Anhänger einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung die Verantwortung dafür, eine klare Unterscheidung zwischen den unbestreitbaren Fehlentwicklungen im Einzelnen und der prinzipiellen Richtigkeit der Grundsätze unserer Ordnung durchzusetzen.“

    Was bedeutet „prinzipielle Richtigkeit der Grundsätze“ und warum eine Einschränkung?

    „Ohne dieses Phänomen einer gewissen „Angst“ verliert der Markt jede Vernunft.“

    Ist die Angst in diesem Fall synonym zu „Unsicherheit“? Ist die Aussage, dass das das Handeln im Markt von Unsicherheit geprägt ist, nicht rein tautologisch, da bei Sicherheit über die Zukunft kein Handeln möglich wäre? Der Markt kann also ohne diese „Angst“ nicht existieren.

    „aber grundsätzlich gelten die damaligen Einsichten auch in der Globalisierungsdebatte.“

    Abermals eine Einschränkung. Die damaligen Ökonomen haben in aller Regel ihre ökonomischen Gesetze als rein apriorisch erkannt, in dem Sinne, dass ihre Richtigkeit nicht durch Erfahrung bestätigt/widerlegt werden kann. Wie können diese Gesetze dann ‚grundsätzlich“ in der ‚Globalisierungsdebatte‘ gelten? Besonders Ricardos ‚Law of Comparative Advantage‘ handelt doch gerade vom Handel zwischen verschiedenen Akteuren und sogar Ländern. Entweder sie gilt immer, oder aber garnicht.

    „Wer den Menschen als ein freies, eigenverantwortliches Individuum ansieht, kann niemals akzeptieren, dass alles, was für eine solche Wirtschaft nötig ist, von einer hohen Instanz – dem Staat – zugeteilt wird und alle Ideen und alle Anstrengungen von den Zuteilungen dieser hohen Instanz abhängen. Das wäre das Ende der Freiheit.“

    Nicht nur ist der Eingriff des Staat immer eine Beschneidung der Freiheit, der Staat kann auch nicht effizient Ressourcen verteilen, da er über keinerlei Marktpreise verfügt (die Präferenzen der Individuen nicht kennt).

    „Für die Finanzindustrie der globalen Welt sind die bisherigen Regeln nicht ausreichend. Gescheitert sind diese Regeln, gescheitert ist nicht die Idee des Marktes. Für die Regeln ist letzten Endes der Staat verantwortlich, deshalb muss er jetzt auch seiner Rolle als letzter Garant des Marktes gerecht werden, so schmerzhaft und möglicherweise teuer das auch ist.“

    Hier haben wir zwei Punkte.
    1. Es ist häufig die Rede von gescheiterten Regeln. Welche sind das genau? Ist nicht die Ursache des ganzen Problems die Zinspolitik der Zentralbanken und damit komplett staatsgemacht? Sollen wir dem Staat trauen, es diesmal „besser“ zu machen?
    2. Wenn der Markt so toll ist, warum muss der Staat dann als letzter Garant eingreifen? Ist nicht gerade die tolle Funktion des Marktes, Gewinner zu belohnen und Verlierer aus dem Rennen zu nehmen? Warum jetzt das Grundprinzip vernachlässigen und gutes Geld nach Schlechtem werfen (Banken retten, etc.)?

    „Ordnungen, die dem Einzelnen die Freiheit zur Entscheidung geben, müssen mit der Unzulänglichkeit des Einzelnen und seiner möglichen Unvernunft fertig werden.“

    Regelt nicht abermals der Markt genau das? Weshalb sollte der Staat besser darin sein, diese Ordnungen vorzugeben, wenn doch der Markt genau darauf spezialisiert ist, die Wüsche aller Konsumenten zu befriedigen? Wenn der Staat schlechter im Zuteilen von Ressourcen ist, hat er nicht auch Nachteile bei der Einschätzung der gewünschten Rahmenordnung?
    Abgesehen davon, benötigt man eine Einschränkung der Freiheit durch den Staat, um dem Einzelnen die Freiheit zur Entscheidung zu geben?

    „Von den schlechten Regeln haben viele profitiert, die beim Einsatz des gesunden Menschenverstandes das böse Ende hätten sehen können. Über sie empören sich die Bürger zu Recht, und sie müssen jetzt zur Rechenschaft gezogen werden.“

    Warum empören sich die Bürger zurecht um die Wirkung? Ist es nicht vielmehr die Ursache, die beseitigt werden sollte? Wenn es Grund zur Empörung gibt, dann bei den Institutionen, die genau diese Krise möglich gemacht haben (Zentralbanken). Dort muss angesetzt werden, um ähnliche Probleme in der Zukunft zu verhindern und keine neuen Regeln werden einen Einfluss darauf haben. Wenn eine positive Zukunft gewünscht ist, so kann als einzige Möglichkeit in letzter Konsequenz nur die Abschaffung von Zentralbanken genannt werden.

    „Die Verantwortlichen für diese Fehlentwicklung werden jetzt in der Öffentlichkeit heftig gescholten, je höher ihr Einkommen, desto lauter. Richtig so!“

    Leider dienen diese angeblichen ‚Verantwortlichen‘ nur als Sündenböcke, um die Aufmerksamkeit von der Ursache des Problems abzulenken. Je lauter mit dem Finger auf die Banken gezeigt wird, desto weniger Beachtung bekommen Zentralbanken und Gesetzte.

    „In der Sozialen Marktwirtschaft können wir vom Staat erwarten, dass er Regeln vorgibt, damit das Leben trotz der Unvernunft Einzelner nicht chaotisch und existenzgefährdend wird.“

    Abgesehen davon, dass es sich bei dem Begriff der ‚Sozialen Marktwirtschaft‘ meiner Ansicht nach um ein merkwürdiges Gebilde handelt, ähnlich wie ein ’schneller Würfel‘, ist doch der Markt genau das Instrument, dass die Handlungen einzelner koordinieren soll und das besser als der Staat. Weshalb kann denn der Staat das Leben besser regeln, als die Menschen selbst?

    „Der Staat ist jetzt berechtigterweise als Katastrophenschützer tätig, denn ein unkontrolliertes Übergreifen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft würde zu Unternehmenspleiten, Millionen von Arbeitslosen allein in Deutschland und zu einem Zerfall des staatlichen Steueraufkommens führen – mit allen Folgen für die Stabilität einer modernen Demokratie. In dieser Lage kann nur der Staat den Rückweg zu einem funktionierenden Markt ebnen. Das ist keine antimarktwirtschaftliche Anmaßung, sondern seine marktwirtschaftliche Pflicht.“

    DIe Ursache bekämpft die Wirkung. Wie gut dies Funktioniert sollte man doch spätestens nach den Folgen von 1929 gesehen haben, als genau dieses Vorhaben schrecklich endete (hohe Inflation, Massenarbeitslosigkeit, Krieg).
    Das Argument der Arbeitslosigkeit ist ein gern wiederholtes, was es aber nicht richtig macht. Wenn die Missallokation von Ressourcen durch niedrige Zinspolitik durch den Markt bereinigt wird, kommt es kurzfristig zu höherer Arbeitslosigkeit. Das ‚politisch‘ beheben zu wollen ist genauso Sinnvoll wie der Versuch die Schwerkraft durch ständiges Hochwerfen eines Steins aufheben zu wollen. Je weniger der Staat eingreift, desto schneller kann der Markt sich auf die neue Situation einstellen und desto schneller entstehen neue Arbeitsplätze. Dem Privatsektor Geld zu entziehen, um es staatlich zu investieren, sorgt nur für die nächste ‚Bubble‘, die negative Auswirkungen für die Wirtschaft haben wird.

    „Diese Erkenntnis lässt hoffen, dass manches selbstgerechte und gegenüber der Politik und ihren Akteuren gelegentlich auch verächtliche Wort aus der Führung einiger Wirtschaftsunternehmen so nicht mehr gilt.“

    Gerade jetzt sind verächtliche Worte gegenüber der Politik nötiger als jemals zuvor. Der Staat ist kein Wunderknabe, der uns aus misslichen Lagen retten kann, in die er uns überhaupt erst gebracht hat.

    “ Manche in der Wirtschaft begreifen in diesen Tagen, wie sehr auch sie auf starke und entschlussfähige politische Akteure angewiesen sind.“

    ‚Manche‘ in der Wirtschaft sind natürlich auf ‚politische Akteure‘ angewiesen, da größere Unternehmen doch genau die Gewinner politischer Handlungen sind. Wer am meisten Geld abbekommt, hält natürlich gerne die Hand auf. Die ‚Abhängigkeit‘ ist aber nur ein Schutz vor der Konkurrenz, die eben besser gewirtschaftet hat. Wenn wir den ‚reinen‘ Markt als solchen wollen, dann müssen wir uns von „Too Big To Fail“ verabschieden. Wenn wir hingegen an diesem eher ‚merkantilistischem‘ System festhalten möchten, so ist der Staat von Nöten.

    „Wie in jeder Katastrophe darf der Staat retten, aufräumen, wiederaufbauen.“

    Dieser Satz bringt das ganze Problem nochmals auf den Punkt. Der Staat sorgt in diesen Situationen für eine deutliche Verschlechterung der Lage. Hält der Staat sich raus, räumt der Markt sich selbst auf und in 1-2 Jahren geht es wieder aufwärts. Versucht der Staat die Wirkung mit noch mehr Ursache zu bekämpfen, dann erleben wir (oder verzögern auf Kosten des Auswirkungsgrades) die nächste „Great Depression“ Gift bekämpft man nicht mit noch mehr Gift.

    „Diese Ordnung erfordert einen Staat, der stark ist und sich zugleich selbst beschränkt.“

    Die Wirtschaft benötigt momentan Staaten, die demütig ihre Fehler anerkennen und aufhören, ihren besten Freunden Geld zuzuschieben. Mit der Wahl Obamas und seinen vorgestellten Konjunkturpakten können wir uns sicher sein, der Katastrophe immer näher zu kommen.

  2. Torben hat m.E. Recht. Der ursprüngliche Blog impliziert der Staat darf und „muß“ eingreifen. Genau das ist eine Behauptung die niemals wirklich zugetroffen ist. Auch bei der Wirtschaftskrise 1929 hat der Staat eingegriffen und Sein Verhaltne geändert was zu einer weiteren Kontraktion geführt hat. Wir gehen seit den 60 Jahren in nur eine Richtung „mehr Staat“ und weg von Eigenverantwortlichkeit. Und so werden Jahrzehntelange Mißwirtschaft immer weiter gedeckt.

    Die Eingriffe es Staates sind so umfassend, daß jeder der noch mehr Eingriffe fordert auch gleich sagen kann. Komm las‘ uns es mit dem Sozialismus noch mal versuchen. Diesmal machen wir es bestimmt besser.

    Das Resultat wird eine weitere Verarmung weiter Kreise sein. Wir sehen es heute schon und es wird durch mehr Eingriffe nicht besser. Solange man glaubt die „Weisheit des Staates“ ist besser als alles Andere.

    Es ist absurd zu glauben der Staat könnte irgendetwas besser machen, speziell in schlechten Zeiten versagt er völlig. Und was derzeit abgeht kann ich nur als komplettes staatliches Versagen ansehen. Es gab und gibt zuviel Kredit auf dem Markt. Als Lösung sollen es noch mehr Kredite richten.

    Klar wenn man alles verwüsten will um dann neu anzufangen ist das eine gute Idee…

    Gerade die Politiker haben es uns doch vorgeführt was Staatseingriffe bringen. Fangen wir bei den unsäglichen Subventionen des Bergbaus an die im Endeffekt dazu führtne das jeder Arbeitsplatz mit über 50 000 EUR subventioniert wurde. Wer außer den großen Firmen und den paar Bergleuten hat was davon gehabt? Und wer mußte dafür bezahlen?

    Weiter geht es um unsere Subventionen bei
    a) der „Produktion“ von Lebensmitteln
    b) bei der Exportförderung in Dritt Länder

    Das Geld was dafür herausgeworfen wurde, hat die dritte Welt Länder total verarmen lassen. Als „Hilfe“ gab es dann teuerste Infrastrukurmaßnahmen von denen sich die Eliten 99,999 % eingesteckt habne.

    Statt den Menschen im einzelnen Kredit zu geben und zu fordern, daß diese auch zurückzubezahlen sind. He wo kämen wir denn dahin dann könnte man ja nicht medienwirksam irgendeinem Regierungschef in Hinter-Afrika die Hand schütteln.

    Der Ganze Gastkommentar ist einfach nur eine weiterschreibung der Unfehlbarkeit der Politik. Was soll man auch von einem Politiker erwareten? Was wir machen ist gut und richtig….

    Klar

  3. Eigenverantwortlichkeit im Stil von Maddoff oder Ackermann ?

    Neoliberalismus ist nun wieder der alte Liberalismus geworden mit allen Vor und Nachteilen.

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