Mehr Aktien für die Jungen bitte, aber wie?

Die deutsche Gesellschaft altert. Die junge Generation muss deshalb mehr in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, während sie weniger von der Alterssicherung erwarten kann. Schwaches Wachstum und hohe Immobilienpreise erschweren den jungen Menschen den Vermögensaufbau. Zuletzt hat die Ampelkoalition großzügige Rentengarantien auf Kosten der zukünftigen jungen Generation beschlossen. Der Generationenvertrag bröckelt.

Wir schlagen deshalb vor jungen Menschen unter 30 Jahren eine Alternative zu bieten. Anstatt ihre Beiträge vollständig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen zu müssen, sollen sie die Hälfte in Aktien anlegen dürfen (Ebert und Schnabl 2024). Aktien sind resistent gegen Inflation. Eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre würde die fehlenden Beiträge ausgleichen.

Dabei sollen die jungen Menschen die Wahl haben: Wer keine Aktienrente will, zahlt wie bisher ins Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung ein. Wer lieber in Aktien anlegt, kann über den internationalen Kapitalmarkt am Wachstum von Volkswirtschaften mit günstigerer Demografie, wie z.B. den USA, partizipieren. Das Ersparte soll dem einzelnen Sparer persönlich zugeordnet werden. Drei verschiedene Anlageformen sind denkbar.

Eigenregie

Grundsätzlich könnten die jungen Sparer selbst entscheiden, in welche Aktien sie investieren. Jeden Monat würden sie aufs Neue wählen, welche Aktien sie kaufen. Um zum Monatswechsel stets gute Entscheidungen zu treffen, braucht es jedoch viel Kompetenz und ausreichend Zeit für die Entscheidungen.

Fondssparpläne bieten dagegen eine Möglichkeit auch ohne großes Fachwissen und ohne großen Zeitaufwand ein Aktienportfolio aufzubauen. Durch die Wahl eines bestimmten Fonds entscheidet der Sparer einmalig, in welche Unternehmensgruppen, Wirtschaftssektoren oder Regionen er investieren möchte. Er muss nicht immer wieder neu entscheiden, wohin seine Beiträge fließen. Sofern der Sparer nichts ändert, wandern seine Beiträge jeden Monat in den bisher gewählten Fonds.

Die Ersparnisse können im Rahmen eines privaten Depots gebildet werden. Hoher Wettbewerb unter den Fondsanbietern fördert die Produktvielfalt, schafft Transparenz und sorgt für niedrige Kosten.

Staatsfonds

Alternativ könnten die Ersparnisse in einen Staatsfonds fließen. Persönliche Anlageentscheidungen wären dann nicht nötig. Der Fonds würde von Profis mit entsprechendem Fachwissen verwaltet. Ähnlich zum KENFO, dem „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“, wacht ein von der Politik bestelltes Gremium über die Anlageentscheidungen der Manager.

Dem Staatsfonds droht allerdings politischer Missbrauch. Beispielsweise könnte die Politik vorgeben, in welche Branchen oder Regionen investiert werden soll. Der japanische „Government Pension Investment Fund“ muss beispielsweise auf Betreiben der Politik mindestens die Hälfte seines Vermögens in Japan anlegen. Ein hoch verschuldeter Staat könnte seinen Staatsfonds zum Ankauf von ausfallgefährdeten Staatsanleihen zwingen.

Zudem besteht in einem Staatsfonds möglicherweise eine „implizite Beitragsgarantie“. Bei Verlusten könnte sich die Politik gezwungen sehen, diese auf Kosten der Steuerzahler auszugleichen. Das würde den Wettbewerb auf Kosten privater Anbieter verzerren. Um dieses Risiko zu reduzieren, könnte der Fondsmanager zu einer defensiven Anlagestrategie mit geringer Profitabilität verpflichtet werden.

Private Kapitalverwalter

Wer nicht selbst anlegen will und dem Staat misstraut, für den können private Kapitalverwalter das Angesparte investieren. Diese identifizieren mit der nötigen Fachkenntnis besonders renditeträchtige Anlagewerte und können die Portfolien der jungen Sparer an deren individuelle Bedürfnisse anpassen.

Versicherungen, Pensionsfonds und Vermögensverwalter konkurrieren bereits heute mit verschiedenen Produkten. Aktives Fondsmanagement mit unterschiedlichen Risikoklassen wird ebenso angeboten, wie garantierte Rentenzahlungen, die mit Erreichen des Renteneintrittsalters beginnen und bis zum Lebensende andauern.

Wie bei den Fondssparplänen sorgt der Wettbewerb für Vielfalt, Transparenz und eine Begrenzung der Gebühren. Weil die Produkte komplexer sind, können die Kosten allerdings höher ausfallen als bei Fondssparplänen.

Implikationen für Kapitalmarkt und Gesellschaft

Die jungen Menschen in Deutschland brauchen eine Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die Aktienrente muss freiwillig sein und ihre Kapitalanlage ausreichend Wahlfreiheit bieten, um Akzeptanz zu finden. Da die gesetzliche Rentenversicherung immer mehr in Schieflage gerät, werden sich mehr und mehr junge Menschen für Aktienrenten entscheiden. 

Deutschland besitzt einen gut entwickelten Kapitalmarkt. In diesem ist eine private Aktienrente für die junge Generation durch private Anbieter, die im Wettbewerb zueinander stehen, leicht umsetzbar. Der Staat sollte sich auf die Sicherung des Wettbewerbs und die Finanzmarktaufsicht konzentrieren.

Unsere Gesellschaft braucht nur den Mut, der jungen Generation eine Aktienrente anzubieten. Wir sollten darauf vertrauen, dass junge Menschen dieses Angebot sinnvoll nutzen. Die Eigenverantwortung in der Altersvorsorge würde an Bedeutung gewinnen und es würde ein Anreiz für mehr ökonomische Bildung entstehen.

Literaturhinweis:

Ebert, Sven / Schnabl, Gunther 2024: Wie mehr Generationengerechtigkeit in der Alterssicherung gelingt. Handelsblatt, 25.03.2024.

Hinweis: Eine frühere Version dieses Beitrags ist auf der Homepage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge erschienen.

Sven Ebert und Gunther Schnabl
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