Nun ist es doch noch vollbracht! Eine Woche vor dem Ende der Übergangsfrist haben sich die EU und das Vereinigte Königreich (UK) auf ein Post-Brexit (Freihandels-)Abkommen[1] geeinigt, dessen (wirtschaftliche) Eckpunkte im Folgenden erläutert werden sollen.
Wie geht es weiter mit dem Brexit?
Als erstes Land hat das Vereinigte Königreich (UK) die Europäische Union (EU) am 1. Februar 2020 verlassen. Damit vollzog es den Brexit und trat nach 47 Jahren Zugehörigkeit aus der EU aus. In einer Übergangsphase bis zum Jahresende 2020 soll(t)en anschließend die künftigen (Handels-)Beziehungen zwischen der EU und dem UK ausgehandelt werden. Die – trotz einiger abgelaufener Ultimaten – immer noch andauernden Handelsgespräche betreffen in erster Linie den Warenhandel. Dabei sind drei Punkte besonders umstritten: die EU-Forderung nach gleichen Umwelt-, Sozial- und Beihilfestandards, um fairen Wettbewerb zu gewährleisten, Fangquoten für EU-Fischer in britischen Gewässern sowie Schlichtungsregeln für mögliche Vertragsverstöße. Unstrittig scheint im Umkehrschluss hingegen ein – unter den zuvor genannten Bedingungen – gegenseitiger (zoll-)freier Warenverkehr zu sein. Unabhängig davon hat sich die britische Regierung bereits frühzeitig entschieden, den – für den Standort London so wichtigen – Finanzsektor aus den Handelsgesprächen auszuklammern, was bereits zu einer erheblichen Geschäftsverlagerung auf das europäische Festland und dort insbesondere nach Frankfurt geführt hat.
Podcast
Brexit-Finale
Die Covid19-Pandemie hat die Brexiteers strategisch gestärkt
Gut vier Jahre nach dem Brexit-Referendum im Juni 2016 steuert die Loslösung des Vereinigten Königreichs (VK) von der EU auf das endgültige Finale zu. Eine Verlängerung der Übergangsfrist, in der das Land nach seinem EU-Austritt zum 1. Februar 2020 noch im Binnenmarkt verbleibt, gilt inzwischen als ausgeschlossen. Das bedeutet, dass die Verhandlungen nun definitiv auf die Entscheidung zwischen hartem und geregeltem Brexit zusteuern. Der harte Brexit kann nur noch durch ein Freihandelsabkommen aufgehalten werden, das die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Seiten neu regelt. Ohne diese Einigung gelten ab dem Neujahrstag 2021 voraussichtlich wechselseitige Zölle wie für alle anderen Mitglieder der Welthandelsorganisation.
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Brexit-Finale
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Gastbeitrag
Brexit-Finale
Die Covid19-Pandemie hat die Brexiteers strategisch gestärkt
Gut vier Jahre nach dem Brexit-Referendum im Juni 2016 steuert die Loslösung des Vereinigten Königreichs (VK) von der EU auf das endgültige Finale zu. Eine Verlängerung der Übergangsfrist, in der das Land nach seinem EU-Austritt zum 1. Februar 2020 noch im Binnenmarkt verbleibt, gilt inzwischen als ausgeschlossen. Das bedeutet, dass die Verhandlungen nun definitiv auf die Entscheidung zwischen hartem und geregeltem Brexit zusteuern. Der harte Brexit kann nur noch durch ein Freihandelsabkommen aufgehalten werden, das die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Seiten neu regelt. Ohne diese Einigung gelten ab dem Neujahrstag 2021 voraussichtlich wechselseitige Zölle wie für alle anderen Mitglieder der Welthandelsorganisation.
Spinnen die Briten?
Über geniale und weniger geniale Polit-Strategen im Vereinigten Königreich
Bild: Pixabay
„Ils sont fous, ces Bretons“, hieß schon im 1966 erschienenen Heft 8 der Asterix-Bände. Bei den aktuellen Debatten über den Brexit feiert dieses Feixen über den britischen politischen Unverstand fröhlich Urständ.
Kurz kommentiert
Das Parlament, das sich nicht traut
Boris Johnson, irischer Backstop und territoriale Integrität
5. Update: What does the Conservative election victory mean for Brexit? (13. Dezember 2019)
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„Ich habe immer klar gesagt, dass Brexit definitiv Brexit bedeutet.“ (Theresa May)
Die Wähler des Vereinigten Königreichs haben sich am 23. Juni 2016 in einem Referendum entschieden, sich von der Europäischen Union zu trennen. Am 29. März 2017 hat sich die Regierung in London entschlossen, die Scheidung einzureichen. Nach zähen Verhandlungen sind sich die Regierungen auf der Insel und in der Europäischen Union einig. Der Scheidungsvertrag ist unterschriftsreif, zum zweiten Mal. Nur das Parlament in Westminster stellt sich quer. Es ließ den Vertrag, den Theresa May ausgehandelt hatte, drei Mal scheitern. Nun hat es in der Sondersitzung am „Super Saterday“ auch die Abstimmung über den „neuen“ Scheidungsvertrag, den Boris Johnson kurzfristig initiiert hat, verschoben. Ob es überhaupt zustimmen wird, steht weiter auf des Messers Schneide. Der Eindruck drängt sich auf, das britische Unterhaus will gar keine Scheidung. Es konnte sich bisher mehrheitlich nur zu zweierlei durchringen: Kein ungeordneter Brexit und kein neues Referendum.
Theresa May und Boris Johnson
Rosenkriege, Brexit-Strategien und Backstops
2. Update: Das Brexit-Theater geht weiter (23. Oktober 2019)
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„Wir werden die EU am 31. Oktober verlassen, ob mit oder ohne Deal. Um einen guten Deal aushandeln zu können, müssen wir uns auf den No-Deal-Brexit vorbereiten.“ (Boris Johnson, Mai 2019)
Das Theater um den Brexit geht weiter. Wie es ausgeht, ist unsicher. Boris Johnson hat einen modifizierten „Scheidungsvertrag“ vorgelegt. Der Rosenkrieg entzündet sich am irischen backstop. Er will ihn ändern. Nach dem von Theresa May ausgehandelten „Scheidungsvertrag“ hat die Europäische Union ein Veto-Recht in einem künftigen „Handelsvertrag“ mit dem Vereinigten Königreich. Der gegenwärtige backstop sieht vor, dass das Vereinigte Königreich solange in der Zollunion mit der Europäischen Union bleibt, wie kein „Handelsvertrag“ abgeschlossen wird, der verhindert, dass auf der irischen Insel eine Grenze entsteht. Scheitern die Verhandlungen über die künftigen Handelsbeziehungen mit der Europäischen Union bleibt das Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der Europäischen Union. Sie hat es letztlich in der Hand, ob das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlassen kann oder nicht. Und es liegt an ihr, ob das Vereinigte Königreich eine autonome Handelspolitik mit Ländern außerhalb der Europäischen Union auf den Weg bringen kann. Boris Johnson will mit seinem Plan dieses Machtungleichgewicht in den Verhandlungen mit der Europäischen Union beseitigen. Tatsächlich verfolgt er eine andere Strategie als Theresa May. Sie wollte allenfalls einen „weichen“ Brexit, Boris Johnson scheut nicht vor einem „harten“ zurück.
Am aktuellen Rand
„Deal“ oder „no deal“?
Der Europäischen Union droht die Zwickmühle
2. Update: BoJo und die Einheit des Vereinigten Königreichs (12. September 2019)
„We will leave the EU on 31 October, deal or no deal. The way to get a good deal is to prepare for a no deal.“ (Boris Johnson)
Wie immer auch das Brexit-Chaos ausgehen wird, Boris Johnson versucht mit allen Mitteln, das Heft des Handelns in die Hand zu bekommen. Er will sich aus der defensiven Position befreien, in die sich Theresa May mit dem „Scheidungsvertrag“ selbst manövriert und in die sie das Unterhaus eingemauert hatte. Das Unterhaus hatte ihr mit seinem Mehrheitsvotum gegen einen „no deal“ wenig Spielraum in den Nachverhandlungen mit der EU gelassen. Mit seinem parlamentarischen Coup, das Unterhaus temporär auszuschalten (hier), hat Boris Johnson den Handlungsspielraum für das Vereinigte Königreich erweitert. Ein ungeregelter Brexit steht wieder auf der Tagesordnung. Ob es dazu kommt, hängt von vielen Unwägbarkeiten im parlamentarischen Prozess im Vereinigten Königreich ab. Ein „no deal“ ist aber eine ernsthafte Möglichkeit.
Blick in die Glaskugel
Wie geht es weiter mit dem Brexit?
2. Update: War’s das für Boris Johnson? (5. September 2019)
„I don’t think Brexit is going to help people in Britain.“ (Angus Deaton)
Brexit, Brexit und keine Ende. Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich kommen nicht voneinander los. Beide haben zwar einen „Scheidungsvertrag“ ausgehandelt. Das Vereinigte Königreich schafft es aber nicht, ihn zu ratifizieren. Im britischen Unterhaus ist er drei Mal durchgefallen. Auf Bitten der Briten wurde der reguläre Austrittstermin aus der Europäischen Union erst auf den 12. April 2019, dann auf den 31. Oktober 2019 verschoben. Nun gilt es also an Halloween, immer vorausgesetzt, das Vereinigte Königreich sucht nicht wieder um eine Verlängerung nach und die Europäische Union gibt diesem Ersuchen statt, was Emmanuel Macron weiter strikt ablehnt. Boris Johnson, der neue Premierminister hat diese Möglichkeit der nochmaligen Verlängerung allerdings kategorisch ausgeschlossen. Er hat versprochen, das Vereinigte Königreich zum 1. November 2019 aus der Europäischen Union zu führen, mit oder ohne Vertrag („do or die“). Auf den ersten Blick ist nicht klar, ob die Drohung mit einem „no deal“ nur Verhandlungstaktik oder bitterer Ernst ist. Schließlich will Boris Johnson die Europäische Union in Nachverhandlungen zu einem für das Vereinigte Königreich günstigeren Deal führen. Die Zeiten haben sich unter Boris Johnson geändert. Vieles deutet darauf hin, dass es zu einem ungeordneten Brexit kommt.
Kurz kommentiert
Brexit: Schnäppchenzeit für die USA?
Unter seinem neuen Premierminister Boris Johnson steuert Großbritannien immer deutlicher auf einen harten Brexit zu. Es fällt immer noch schwer, genau zu durchschauen, welche Beweggründe tatsächlich hinter dieser Entwicklung stehen. Ist es der politische Ehrgeiz einer kleinen Gruppe von nationalistisch gesonnenen Politikern, die Verklärung der britischen Insellage und einer großen Vergangenheit, sind es eine zunehmende Ungleichheit als Folge der Globalisierung oder die Zuwanderung aus dem Rest Europas? Eines kann es jedenfalls nicht sein: der Wunsch nach einer erfolgreichen wirtschaftlichen Zukunft. Denn die ist auf absehbare Zeit für die Briten nicht zu erwarten, auch wenn Donald Trump ihnen in die Ohren säuselt, dass dank tatkräftiger amerikanischer Unterstützung goldene Zeiten bevorstünden. Dies ist nichts anderes als „cheap talk“, leeres Gerede, mit dem Trump seine wahren Interessen verschleiert.
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