PodcastWas kann die E(W)U von der Schweiz lernen?Vertikale Kompetenzverteilung und staatliche Fiskalregeln

Die EU hat gewiss viele Erfolge ermöglicht, ökonomische und politische. Der europäische Binnenmarkt mit seinen vier Grundfreiheiten ist ein Meilenstein. Er ist die Magna Charta der wirtschaftlichen Integration. Als Motor für die politische Integration taugt er aber nur bedingt. Das liegt auch daran, dass die EU von Anfang an ein ungelöstes Problem mit sich herumschleppt. Die vertikalen Kompetenzen sind willkürlich verteilt, bisweilen verworren, oft kreuz und quer, manchmal stehen sie auch auf dem Kopf. Damit ist aber der Streit zwischen einer machtbewussten EU-Kommission und souveränen Mitgliedsländern unvermeidlich. Mit der gemeinsamen Währung, dem Euro, hat sich die EU ein weiteres Problem ausgehalst. Die fiskalischen Leitplanken, als Absicherung gegen die deutsche Angst vor Inflation installiert, haben sich zum ständigen Zankapfel entwickelt. Eine Lösung ist weit und breit nicht in Sicht.

Es fügt sich, dass die Schweiz für beide Probleme, die vertikale Kompetenzverteilung und die Fiskalregeln, auf nationaler Ebene sinnvolle Lösungen gefunden zu haben scheint. Zumindest auf den ersten Blick ist die Schweizer Interpretation des Föderalismus eine gelungene Lösung des Problems der Kompetenzverteilung zwischen Bund, Kantonen und Kommunen. Auch bei den Fiskalregeln ist die Eidgenossenschaft der EWU meilenweit voraus. Die Schuldenbremse à la Suisse scheint gut zu funktionieren. Obwohl Deutschland einst die Schweizer Schuldenbremse zum Vorbild genommen hat, kämpft sie hierzulande politisch ums Überleben. Immer neue „Sondervermögen“ säumen den fiskalischen Weg.

Alles in allem: Die EU hat zwei konkrete Probleme, die Schweiz hat dafür möglicherweise Lösungen. Wie wäre es, wenn die EU von der Schweiz lernen würde, wie man vertikale Kompetenzen effizient verteilt und wirksame Fiskalregeln installiert?

Prof. Dr. Norbert Berthold (Julius-Maximilians-Universität Würzburg) im Gespräch mit Prof. Dr. Christoph A. Schaltegger (Universität Luzern, Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik).

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Gastbeitrag
Finanzpolitik auf Abwegen

Schuldenfinanzierte Staatsausgaben stehen hoch im Kurs. Weltweit erreichen viele Länder ungesunde Schuldenniveaus. In Deutschland steht die Schuldenbremse unter Druck. Doch wer soll die Finanzpolitiker dann disziplinieren? Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen die Finanzmärkte. Und dabei zeigt sich: Auf die Finanzmärkte ist aus unterschiedlichen Gründen kein Verlass. Wenn jetzt noch die Fiskalregeln aufgeweicht oder ausgehebelt werden, wird der Kampf gegen die Schulden zu einem Kampf mit offener Deckung.

Gastbeitrag
Finanzpolitik auf Abwegen“
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Eine Fiskalunion ist auch keine Lösung
Die Politik destabilisiert den Euro und zerrüttet Europa

„Als Sozialdemokrat halte ich Solidarität für äußerst wichtig. Aber wer sie einfordert, hat auch Pflichten. Ich kann nicht mein ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben und anschließend Sie um Ihre Unterstützung bitten.“ (Jeroen Dijsselbloem)

Trotz der Ruhe in den letzten Jahren, die Krise des Euro war nie vorbei. Sie schwelte auch nach den großen Verwerfungen in den Jahren 2010, 2011 und 2012 weiter. Die EZB hat sie unter dem monetären Deckel gehalten. Den wollen die „Flegel“ aus Rom nun lüften. Von Fiskalregeln halten sie nicht viel. Damit fachen sie den Schwelbrand fiskalisch wieder an. Soll die EWU nicht bald platzen, lassen sich Reformen nicht weiter aufschieben. An Vorschlägen mangelt es nicht. Der deutsch-französische Fahrplan von Meseberg will mehr zentrale Fiskalpolitik in der Eurozone. Dem stimmen deutsche Alt-Politiker in einem „Aufruf der 6“ zu (hier). Die EWU lasse sich nur retten, wenn fiskalpolitisch endlich europäisch gedacht werde. Deutschland stünde es gut an, Kompromisse zu schließen auch wenn es uns was (mehr) koste. Dies sehen in Europa nicht alle so. Die „Nordische Allianz“ unter niederländischer Führung hält dagegen. Sie will keine weitere fiskalische Vergemeinschaftung. Handlung und Haftung sollen wieder korrespondieren, mehr als bisher.

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Immer wieder Ärger mit Italien
Populisten rufen zum Marsch in die Schuldenunion auf

„Von jetzt an werde ich nur so viel ausgeben, wie ich einnehme, selbst wenn ich mir dafür Geld borgen muss.“ (Mark Twain)

Die EWU ist noch lange nicht über den Berg. Sie ist weiter im Reformstau. Der Kaiser hat keine neuen Kleider. Die EWU ist fiskalisch weiter nackt. Das zeigt der Konflikt um den italienischen Haushaltsentwurf. Die Geisterfahrer aus Rom sind nicht bereit, die fiskalischen Regeln der EWU zu akzeptieren. Für sie sind sie nur „dämlich“. „Prima gli italiani“ ist das Motto. Das ist eine Herausforderung für die E(W)U. Sie steht auf der Kippe. Viele glauben, die EU-Kommission könne nur zwischen Pest und Cholera wählen. Komme sie den italienischen „Rotzlöffeln“ (Werner Mussler) fiskalisch entgegen, sei der „Fiskalpakt“ endgültig tot. Auf dem Weg zu einer Transferunion wäre ein weiterer Stolperstein beiseite geräumt. Lasse sie die italienische Regelverletzung nicht durchgehen, laufe sie Gefahr, dass Italien aus dem Euro ausscheide. Das stelle die E(W)U vor eine Zerreißprobe, die sie möglicherweise nicht überlebe. Der Konflikt zwischen Brüssel, Rom und den europäischen Hauptstädten offenbart die fiskalische Achillesferse der EWU.

„Immer wieder Ärger mit Italien
Populisten rufen zum Marsch in die Schuldenunion auf
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Euro-Fiskalregeln
Beliebig dehnbar oder strikt bindend?

Es ist sattsam bekannt, dass in der Europäischen Währungsunion (EWU) eine der ökonomisch und politisch wohlbegründete Regelungen ist, ein übermäßiges Defizit im gesamtstaatlichen Haushalt der jeweiligen Mitgliedstaaten zu vermeiden (Artikel 126 AEUV). Dazu wurden im Maastricht-Vertrag Obergrenzen für die jährliche öffentliche Neuverschuldung (3 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) und für die auf Dauer tragbare Staatsschuld (60 Prozent) vereinbart. Bekannt ist aber auch, dass viele Regierungen sich nicht an das gegenseitige Versprechen zur Haushaltsdisziplin gehalten haben, als erste nicht in den Jahren 2003/04 die Bundesregierung (Schröder) und die Regierung Frankreichs (Chirac), also schon weit vor Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise!

„Euro-Fiskalregeln
Beliebig dehnbar oder strikt bindend?
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