Der Schutz der Leistungseliten in der Demokratie

Wie können Demokratie und Freiheit miteinander in Einklang gebracht werden? Unter Demokratie verstehen wir die Herrschaft des Volkes – also eine Staatsform, die letztlich alle Bürger an den Entscheidungen des Staates beteiligt. Dass die Bürger mit Mehrheit – vielleicht sogar mit einfacher Mehrheit – entscheiden können, ist jedoch kein Definitionsmerkmal der Demokratie, auch wenn es Rousseau und der demokratische Sozialismus so darzustellen versuchen. Auch das Einstimmigkeits- oder ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis ist demokratisch. Das beste Beispiel ist die schweizerische Konkordanzdemokratie, die de facto selbst in der einfachen parlamentarischen Gesetzgebung zu qualifizierten Mehrheiten führt.

Der Schutz der Leistungseliten verlangt ein hohes Quorum. Unter den Ökonomen hat dies vor allem Knut Wicksell 1896 in seinem berühmten Aufsatz „Über ein neues Prinzip der gerechten Besteuerung“ in eindringlicher und geradezu prophetischer Weise formuliert:

„Jene Bewegung nun, welche der politischen Geschichte unseres Jahrhunderts mit wenigen Ausnahmen ihr Gepräge aufgedrückt hat, ist das stetige Fortschreiten zu parlamentarischen und demokratischen Formen des öffentlichen Lebens . . . Das Ziel dieser Bewegung ist die rechtliche Gleichstellung, die größtmögliche Freiheit sowie das ökonomische Gedeihen und friedliche Zusammenwirken aller; sie hat nicht zum Zweck, und sie käme mit dem Geiste, der sie von Anfang an beseelte, in Widerspruch, wenn sie es versuchte, das Joch freiheitsfeindlicher und lichtscheuer Oligarchien, welches sie ganz oder teilweise abzuschütteln wusste, durch eine kaum weniger drückende Tyrannei der zufälligen Majorität einer Volksversammlung zu ersetzen“(S. 110 f). „Wenn einmal die unteren Klassen definitiv in Besitz der gesetzgebenden und steuerbewilligenden Gewalt gelangt sind, wird allerdings die Gefahr vorliegen, dass sie ebensowenig uneigennützig verfahren werden wie die Klassen, welche bisher die Macht in den Händen hatten, daß sie m. a. W. die Hauptmasse der Steuern den besitzenden Klassen auflegen und dabei vielleicht in der Bewilligung der Ausgaben, zu deren Bestreitung sie selbst nunmehr nur wenig beitragen, so sorglos und verschwenderisch verfahren, daß das bewegliche Kapital des Landes bald nutzlos vergeudet und damit die Hebel des Fortschritts zerbrochen sein werden . . . Gegen Mißbräuche der erwähnten Art liegt aber zweifellos die beste, ja die einzig sichere Garantie im Prinzip der Einstimmigkeit und Freiwilligkeit der Steuerbewilligung. Eben deshalb sollten andererseits die, welche nur widerstrebend und mit bösen Ahnungen sich den immer lauter werdenden Forderungen der Demokratie unterwerfen, um so eifriger bemüht sein, jenes Prinzip schon in der heutigen Steuergesetzgebung zur Geltung zu bringen“ (S. 122 f).

Wicksells Tyrannei der Mehrheit ist zur Zeit vor allem in der Europäischen Union zu beobachten. Im Ministerrat überstimmt werden am häufigsten Großbritannien, Schweden und Deutschland oder allgemeiner der Norden vom Süden (Mattila, Lane 2001; Mattila 2004). In einer der neuesten Untersuchungen heißt es dazu: „A clear majority… of the… issues where there are significant divisions between Northern and Southern delegations concern choices between free-market and regulatory alternatives… In general, the Northern delegations tend to support more market-based solutions than the Southern delegations“ (Thomson et al., 2004, pp. 251, 255f.). Mit anderen Worten: die Mehrheit der hoch regulierten Staaten zwingt der Minderheit ihr höheres Regulierungsniveau auf. In der politisch-ökonomischen Literatur wird dies als „strategy of raising rivals’ costs“ bezeichnet. Auch die Geschichte des Föderalismus liefert dafür viele Beispiele. So zwangen die Nordstaaten der USA den Südstaaten einen föderalen Mindestlohn auf (Stigler 1970), und im wilhelminischen Kaiserreich überzog die von Preußen angeführte Mehrheitskoalition die liberaleren Staaten des Westens (Hamburg, Bremen, Lübeck, Oldenburg, Baden, Württemberg, Hessen) mit einem Netz unerwünschter Regulierungen und Zölle. (Roland Vaubel, „Federation with Majority Decisions: Economic Lessons from the History of the United States, Germany and the European Union“, Economic Affairs, 24, December 2004; S. 53-59)

Das Einstimmigkeitsprinzip ist in kleinen Gruppen – zum Beispiel im Ministerrat der Europäischen Union – praktikabel und bei Regulierungs- und Finanzbeschlüssen auch notwendig. Aber in großen Gruppen sind die Verhandlungskosten zu hoch und Probleme mit pathologischen Querulanten allzu wahrscheinlich. Geht man aber zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen über, so mag jedes konkrete Quorum als willkürlich erscheinen. Sollen es zwei Drittel wie bei unseren Grundgesetzänderungen oder 65 Prozent wie jetzt für den EU-Ministerrat beabsichtigt oder 62 Prozent wie vom Europäischen Konvent empfohlen oder 72,3 Prozent wie im Vertrag von Nizza sein?

Aus ökonomischer Sicht könnte es effizient sein, das Quorum bei Ausgabenentscheidungen an der Steuerbelastung festzumachen, denn die Staatsausgaben sind – wie Wicksell darlegt – zu hoch, wenn die Entscheidungen nicht von denen getroffen werden, die dafür bezahlen müssen. Deshalb sind die Ökonomen für das fiskalische Äquivalenzprinzip. Zum Beispiel könnte das Quorum bei Ausgabenentscheidungen 100 Prozent abzüglich der Hälfte des Anteils betragen, den die Einkommenssteuerpflichtigen an der Zahl der Wahlbürger haben. Oder man könnte auf den Anteil derer abstellen, die sich im progressiven Bereich des Einkommenssteuertarifs befinden. Aber diese Regelung wäre recht unscharf und eher einer direkten Demokratie angemessen. In der repräsentativen Demokratie müsste man auf die persönliche Interessenlage der Abgeordneten abstellen. In der Republik Venedig (1297-1797) zum Beispiel waren alle Ratsmitglieder, die kirchliche Ämter innehatten, von der Mitentscheidung über die Kirche berührende Fragen ausgeschlossen. Heute wird man Befangenheit vor allem bei den Abgeordneten vermuten, die aus dem öffentlichen Dienst kommen und dort beurlaubt sind. Sie sind aus einem eigennützigen Interesse an zu hohen Staatsausgaben und zu weitreichenden Regulierungskompetenzen interessiert. Es ließe sich daher gut rechtfertigen, bei Finanzierungs-, Ausgaben- und Regulierungsentscheidungen des Bundestages zusätzlich eine (einfache) Mehrheit unter denjenigen Abgeordneten zu verlangen, die nicht aus dem öffentlichen Dienst stammen (Prinzip der doppelten Mehrheit). Oder man legt das Quorum so fest, dass es dem Anteil der Abgeordneten aus dem öffentlichen Dienst (zur Zeit 38 Prozent) plus der Hälfte der anderen Abgeordneten entspricht, also zur Zeit 70 Prozent betragen würde. In einer Reihe von Landtagen liegt der Anteil der Öffentlichbediensteten übrigens noch höher – zum Teil sogar weit über 50 Prozent.

Wenn die Verfassung Beschränkungen der Freiheit nur mit einer hohen qualifizierten Mehrheit zuließe, so würde daraus folgen, dass diese Beschränkungen der Freiheit von einer qualifizierten Minderheit wieder aufgehoben werden könnten. (Roland Vaubel, „Konsenspflicht aus ökonomischer Sicht: Die liberale Alternative“, in: Hans Hattenhauer, Werner Kaltefleiter (Hg.), Mehrheitsprinzip, Konsens und Verfassung, Heidelberg 1986, S. 115-135, bes. S. 123.) Aus der Sicht des Verfassungsökonomen ist es daher unsinnig, für alle Verfassungsänderungen eine qualifizierte Mehrheit – zum Beispiel eine Zwei-Drittel-Mehrheit – zu verlangen. Eine solche Regelung zementiert den Status Quo, aber sie schützt nicht die Freiheit in der Demokratie. Dafür ist eine asymmetrische Regel notwendig: Da Eingriffe in die Freiheit durch eine hohe qualifizierte Mehrheit legitimiert werden müssen, reicht es für ihre Rücknahme aus, dass diese qualifizierte Mehrheit nicht mehr vorhanden ist. Die Ermächtigung kann daher von einer qualifizierten Minderheit widerrufen werden. Diese Einsicht findet sich auch im neuesten Verfassungsvorschlag der European Constitutional Group (2004).

Anstatt ein hohes Quorum festzulegen, kann man die Leistungseliten aber auch dadurch schützen, dass man ein Zwei-Kammer-System einführt und diejenigen, die die Hauptlast der (direkten) Besteuerung tragen, eine der beiden Kammern wählen lässt. Bei allen Finanzierungs- und Ausgabenentscheidungen müssen dann beide Kammern zustimmen, wird ein Konsens von Arm und Reich erforderlich. Eine mit dem Gesetzgebungsveto ausgestattete Repräsentation der Hauptsteuerzahler gab es in mindestens drei historisch höchst erfolgreichen Demokratien: Im Athen der Solonischen Verfassung (ab 593 v. Chr.) war dies der Areopag (Der Areopag war allerdings nicht eine legislative Kammer, sondern das höchste Gericht. Sein Gesetzgebungsveto ergab sich aus seiner Normenkontrollkompetenz.), in der römischen Republik lange Zeit der Senat und in der britischen Demokratie das House of Lords. Die doppelte Repräsentation hat den Vorteil, dass nicht um Prozente gefeilscht, sondern nur die Wahlberechtigung für das Oberhaus geklärt werden muss. Aber die Geschichte zeigt auch, dass jedes dieser Oberhäuser früher oder später sein Zustimmungsrecht verlor und nur noch beratende Funktion hatte. Denn auch bei der Zwei-Kammer-Lösung sind die Abgrenzungsschwierigkeiten ein häufiger Stein des Anstoßes.

Eleganter ist daher ein System, in dem beide Kammern von allen Bürgern gewählt werden, aber mit unterschiedlichen Gewichten. Auch dieses System wurde in der römischen Republik praktiziert. Für die eine Kammer, die comitia tributa, galt das allgemeine und gleiche Wahlrecht, in der anderen, der comitia centuriata, wurde nach Abteilungen (centuriones) abgestimmt, so dass die Landbesitzer, die zunächst die Hauptsteuerlast trugen, das Übergewicht hatten. Denn für die höheren centuriones, die jeweils als erste und en bloc ihre Stimme abgaben, gab es viel weniger Wahlberechtigte als für die unteren centuriones.

David Hume in seinem Essay „Of some remarkable customs“ (1752) sah darin das Erfolgsgeheimnis der römischen Republik, „the most active, triumphant and illustrious commonwealth that ever yet appeared“. (David Hume, Essays: Moral, Political and Literary, hg. von Eugenc F. Miller, Liberty Fund, Indianapolis 1985, S. 371.) Lord Acton (1878) führt dieses System auf Aristoteles – sein Spätwerk “Поλιτικά“ – zurück: „He advised that power should be distributed to high and low; to the first according to their property, to the others according to numbers“. (John E. E. Dalberg-Acton, Essays in the History of Liberty, ed. by J. Rufus Fears, Liberty Fund, Indianapolis 1985, S. 63.)

Bitte verwechseln Sie dieses System nicht mit dem viel zitierten preußischen Drei-Klassen-Wahlrecht, das 1850 eingeführt wurde. In Preußen fehlte eine nach gleichem Wahlrecht gewählte zweite Kammer. Die andere Kammer – das Herrenhaus – war im Gegenteil ganz den Angehörigen der besitzenden Klasse vorbehalten. Und weder in der römischen Republik noch in Preußen waren die Zuständigkeiten der nach dem fiskalischen Äquivalenzprinzip zusammengesetzten Kammer auf Finanzierungs- und Ausgabenentscheidungen beschränkt. Auch gab es nicht das Prinzip der geheimen Wahl.

Abgesehen von Zwei-Kammer-Systemen und qualifizierten Mehrheitserfordernissen finden wir in der Verfassungsgeschichte noch eine dritte Lösungsmöglichkeit, wie die Leistungseliten vor der Tyrannei der Mehrheit geschützt werden können. Auch sie geht auf Solon zurück und mag zum Aufstieg Athens beigetragen haben. Solons Verfassung unterschied zwischen dem aktiven und dem passiven Wahlrecht. Zwar waren alle vier Klassen von Wahlbürgern – insgesamt weniger als 15 Prozent der athenischen Bevölkerung – in der Volksversammlung gleichermaßen stimmberechtigt, aber Mitglieder der untersten Klasse durften nicht für politische Ämter kandidieren. Ähnlich konnten in der römischen Republik zunächst nur Patrizier von der comitia plebis zu Volkstribunen gewählt werden. Wussten Sie, dass auch unser Grundgesetz – Art. 137, Abs. 1 – Beschränkungen des passiven Wahlrechts (für Angehörige des öffentlichen Dienstes!) zulassen würde?

Welche Vorkehrungen trifft unsere Verfassung, um die Leistungseliten vor der Mehrheit zu schützen? Sie garantiert Grundrechte, eine unabhängige Gerichtsbarkeit und den Föderalismus. Der Grundrechtsschutz ist jedoch äußerst lückenhaft. Die Vertragsfreiheit zum Beispiel wird nicht in der Verfassung genannt. Sie kann nur indirekt aus der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2) abgeleitet werden. Wenn die Vertragsfreiheit ausdrücklich durch das Grundgesetz geschützt würde und nur durch ein Gesetz beschränkt werden könnte, würde sie nicht mehr so hemmungslos verletzt. Vertragsfreiheit auf dem Arbeitsmarkt würde Wunder wirken – ein zweites „Wirtschaftswunder“ wäre die Folge. Die Vertragsfreiheit darf und muss nur dann eingeschränkt werden, wenn der Vertrag zu Lasten Dritter geschlossen wird (zum Beispiel ein Kartellvertrag) oder wenn er die Vertragsfreiheit oder die körperliche Unversehrtheit eines Vertragsschließenden verletzt, dieser sich also zum Beispiel in die Sklaverei begibt oder seiner eigenen Verstümmelung zustimmt. Der Grundrechtsschutz ist allerdings höchst unvollkommen, solange die Mehrheit der Verfassungsrichter von der parlamentarischen Mehrheit benannt wird. Solche Richter mögen zwar unabhängig sein, aber sie sind nicht politisch neutral. Unsere Grundrechte wären besser geschützt, wenn die Verfassungsrichter von Richtern – den Mitgliedern der anderen höchsten Gerichte – gewählt würden.

Mehr Schutz bietet der Föderalismus, denn er zwingt die Politiker, um die Gunst der Leistungseliten zu konkurrieren. Noch wirksamer ist der Standortwettbewerb zwischen unabhängigen Staaten. Immanuel Kant (1784), Edward Gibbon (1787), Lord Acton (1877) und Max Weber (1923) oder zu unserer Zeit Eric Jones (1981) und Douglass North (1998) haben darin das historische Erfolgsgeheimnis Europas gesehen. (Immanuel Kant, „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“, in: Kurt Rossmann (Hg.), Deutsche Geschichtsphilosophie von Lessing bis Jaspers, Birsfelden – Basel 1959, S. 42-85, bes. S. 58f.; Edward Gibbon, The History of the Decline and Fall of the Roman Empire, Basel 1787, Vol. VI, ch. 38, S. 329; Lord Acton, a.a.o., S. 21; Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, München, Leipzig 1923, S. 288; Eric Jones, The European Miracle, Cambridge 1981 (in dt. Übersetzung: Das Wunder Europa, Tübingen 1991); Douglass C. North, „The Rise of the Western World“, in: Political Competition, Innovation and Growth: A Historical Analysis, hg. von P. Bernholz, M.E. Streit und Roland Vaubel, Berlin etc. 1998, S. 13-28.) Die Dezentralisierung politischer Macht schuf den Kaufleuten, den Wissenschaftlern, den Juden und den Protestanten die Möglichkeit der Entfaltung. Auch zwischen den Stadtstaaten des griechischen Altertums und der italienischen Renaissance war die Mobilität der Eliten außerordentlich groß, wie vor allem Jakob Burckhardt (1860, 1898-1902) betont hat. (Jacob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, Basel 1860, bes. S. 127; ders., Griechische Kulturgeschichte, Basel 1898-2002, Band 1. Vgl. auch seine Betonung des „Agonalen“ in der griechischen Kultur (z.B. S. 319f.).) Heute sprechen wir von der Globalisierung, und darin liegt die große Chance der Leistungseliten. Umso erstaunlicher ist es, dass unsere Verfassung zwar die Freizügigkeit im Bundesgebiet (Art. 11), aber nicht das Recht der Auswanderung und den freien Kapitalverkehr garantiert.

80 Antworten auf „Der Schutz der Leistungseliten in der Demokratie“

  1. sie sollten prüfen ob sie nicht nur einen kurzen teil des jeweiligen beitrages dirket zeigen, sieh z. b. „die achse des guten“. dann kann der leser entscheiden ob ihn das thema interessiert und er tiefer einsteigen will. ich halten den obigen beitrag für relativ lang und könnte mir vorstellen, dass potentielle leser garnicht schauen was sonst noch auf der seite zu finden ist. und das könnte doch schade sein.
    weiter hin viel erfolg wünscht
    rodeo

  2. Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Vaubel,

    ich denke doch Sie sind mit Artikel 18 Grundgesetze vertraut, wo es heißt:
    „Wer die Lehrfreiheit zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht, verwirkt diese Grundrechte.“
    Was sie hier zu Papier bringen und verkünden, steht im krassen Gegensatz zu der demokratischen Konstitution unserer Bundesrepublik.
    „Mitglieder der untersten Klasse durften nicht für politische Ämter kandidieren.“ Das ist nicht Ihr Ernst? Es ist schon erschreckend mit welcher akademischen Überheblichkeit Sie hier die demokratischen Errungenschaften der letzten Jahrhunderte in den Papierkorb befördern.

    mit freundlichen Grüßen
    van den Boom

  3. Dass, sollten Sie die Möglichkeit bekommen, ihre Vorstellungen durchzusetzen, alle Deutschen das verfassungsmäßige Recht hätten, gegen Sie mir allen Mitteln vorzugehen, dürfte Ihnen bekannt sein. Es macht daher keinen Sinn, ihnen aufzuzeigen, dass Ihre Vorstellungen schlicht menschenverachtend sind.
    Interessant ist aber, dass Sie selbst innerhalb Ihrer eigenen Logik Unsinn reden:
    1. Sie wollen Demokratie und Freiheit in Einklang bringen. Am Ende verwehren Sie aber den untersten Klassen, also der Bevölkerungsmehrheit, das passive Wahlrecht. Sie nehmen diesem Bevölkerungsteil also einen wichtigen Teil ihrer Freiheit.
    2. Sie sprechen von Leistungselite, ohne sich die Mühe zu machen, diese zu definieren. Offensichtlich machen Sie dies am Geld fest. Aber ist es wirklich so, dass jeder, der viel Geld mehr „geleistet“ hat als der, der wenig Geld hat? Ist es wirklich so, dass jeder, der mehr Geld hat, automatisch zu einer höheren intellektuellen Elite gehört, als der, der weniger Geld hat?
    3. Sie schreiben, dass die Leistungselite (also um es deutlich zu sagen, bei ihnen die Reichen) durch unsere Demokratie nicht ausreichend geschützt werden. Gibt es aber nicht gerade eine Umverteilung von unten nach oben? Gibt es nicht Hartz IV für die Armen und keine Vermögenssteuer für die Reichen in Deutschland?
    4. Sie schreiben: „In der Republik Venedig (1297-1797) zum Beispiel waren alle Ratsmitglieder, die kirchliche Ämter innehatten, von der Mitentscheidung über die Kirche berührende Fragen ausgeschlossen. Heute wird man Befangenheit vor allem bei den Abgeordneten vermuten, die aus dem öffentlichen Dienst kommen und dort beurlaubt sind. Sie sind aus einem eigennützigen Interesse an zu hohen Staatsausgaben und zu weitreichenden Regulierungskompetenzen interessiert.“ Und damit begründen Sie, dass nur, vorwiegend oder zumindest mit einer stärkeren Gewichtung Reiche über die Steuerbelastung der Reichen entscheiden sollten? Genau umgekehrt wird hier ein Schuh daraus: Reiche sind hier befangen. Bleibt man in der Logik müssten die Reichen über HartzIV, die Armen über die Vermögensteuer, die Männer über §218, die Tauben über den Lärmschutz und die Blinden über Landschaftsästhetik entscheiden.
    5. Sie schreiben: „Anstatt ein hohes Quorum festzulegen, kann man die Leistungseliten aber auch dadurch schützen, dass man ein Zwei-Kammer-System einführt und diejenigen, die die Hauptlast der (direkten) Besteuerung tragen, eine der beiden Kammern wählen lässt.“ Die Klammer ist hier ja nicht unwichtig. Warum gibt es dann nicht auch eine dritte Kammer für diejenigen, die die Hauptlast der indirekten Besteuerung tragen? Und eine vierte Kammer für diejenigen, die die Hauptlast der Tabaksteuer zu tragen haben? Und eine fünfte Kammer für diejenigen, die die Hauptlast der Mineralölsteuer zu tragen haben? Und eine sechste Kammer… Ja, das Spiel kann man fast beliebig fortsetzen.

    Fazit: Es ist nicht der Zynismus und die Verfassungsfeindlichkeit, die mich an Ihrem Beitrag stört, sondern die Dümmlichkeit.

  4. Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Vaubel,

    ich kann mich als Richter nur dem anschließen, was bereits Herr/Frau van den Boom geschrieben hat. Ihre Auffassungen sind mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, was sie anzustreben scheinen, ist ein anderer Staat – kein demokratischer Staat mehr. Ich halte Sie deshalb als Professor für untragbar. Das sollte auch der zuständige Kultusminister wissen.

    Vielleicht sollten Sie von dem Recht auf Auswanderung Gebrauch machen? Sie können das jederzeit tun, auch wenn es nicht ausdrücklich in der Verfassung steht.

    Mit verärgerten Grüßen
    Karsten Koch

  5. Jaja, die Deutschen sind ein tolles Volk. Jeder der die Dinge anders sieht und in unserer Verfassung nicht den Gipfel aller Weisheit entdecken kann, ist ein Staatsfeind, sollte aus seinem Amt gedrängt werden, auswandern oder am besten gleich eingesperrt werden

  6. Herr Henrichs:

    1. Nein, das tut er nicht, er schildert nur eine historische Begebenheit, die eine theoretische Lösungsmöglichkeit des Problems der Tyrannei der Mehrheit darstellt, und weist darauf hin, daß das Grundrecht in einem Spezialfall selbst heute noch die Beschränkung des passiven Wahlrechts erlaubt.

    2. Es geht um die finanzielle Leistungsfähigkeit. Insofern sind Menschen mit höherem Einkommen und/oder höherem Vermögen natürlich auch finanziell leistungsfähiger. Woher diese finanzielle Leistungsfähigkeit rührt, ob von harter Arbeit, Glück, Erbe oder Verbrechen, ist hier erst einmal nicht von Interesse.

    3. Wie soll man das verstehen? „Unten“ erhält jährlich Transferleistungen in dreistelliger Milliardenhöhe, die zu einem sehr großen Teil von „Oben“ bezahlt werden, und das stellt für Sie eine Umverteilung von unten nach oben dar? „Unten“ heißt „unten“ weil es dort nichts gibt, was man nach oben verteilen könnte.

    4. Richtig, Reiche sind hinsichtlich ihrer Steuerbelastung befangen. Arme sind allerdings hinsichtlich der Steuerbelastung der Reichen ebenfalls befangen. Es gibt allerdings mehr Arme als Reiche, so daß die Reichen im Zweifel immer von den Armen überstimmt werden. Das ist genau das Problem der Tyrannei der Mehrheit, das hier beschrieben wird. Somit entscheiden die Armen faktisch vollumfänglich über das Vermögen der Reichen, nur eingeschränkt durch die Freiheit der Reichen, das Land zu verlassen.

    Ihre Beispiele sind übrigens genau falsch herum: Wenn die Reichen einen proportional größeren Einfluß auf die Steuerlast der Reichen haben, dann wäre das, als hätten die Hörenden einen proportional größeren Einfluß auf die Lärmschutzgesetzgebung und als hätten Frauen einen proportional größeren Einfluß auf §218. Das klingt für mich nicht allzu weltfern und undemokratisch. Derjenige, dessen Rechte tangiert werden, sollte in der Entscheidungsfindung auf jeden Fall gegenüber der unbeteiligten oder gar profitierenden Mehrheit privilegiert werden.

    5. In der Tat, das Problem der Tyrannei der Mehrheit ist nicht auf die Ökonomie beschränkt. Früher führte das beispielsweise dazu, daß Sklavenhaltung üblich war und Homosexualität streng bestraft wurde. Da der Autor aber Wirtschaftswissenschaftler ist, hat er sich wohl auf diesen Themenkomplex beschränkt.

  7. Zur Ausgestaltung der Demokratie lassen sich verschieden Systeme entwickeln. Die hier vorgestellten laufen jedoch der Gleichheit aller Bürger zuwider. Das Ziel kann allerdings nicht eine „bessere“ Demokratie sein, die mit der Währung der Gleichheit bezahlt wird. Die Gleichheit ist nicht zweitrangig. Das gilt nicht lediglich als Konsequenz der Verfassungsnormen, sondern muss als vorkonstitutionelles Prinzip anerkannt werden.

    Die Leisungselite ist zudem nicht machtlos, zumal sie regelmäßig auch die politische Elite stellt. Offen bleibt, welche Rechte ihr vorenthalten werden, die nur durch eine nachhaltige Änderung des Staatssystems sichergestellt werden können.

    Zugegeben, ein größeres Gewicht des politischen Einflusses der Leistungselite verschafft ihr mehr Durchsetzungskraft und Flexibiltät; es fehlt aber die schlüssige Argumentation, wie dies zum (nicht bloß materiellen) Wohle aller Bürger beitragen soll.

  8. m: Der Stellenwert der Gleichheit aller Stimmen ist eine Wertungsfrage, eine absolute, endgültige Wahrheit in bezug darauf, die von allen anerkannt werden müßte, kann ich nicht erkennen. Es gibt auch, wie hier geschildert, gute Argumente für die Ungleichheit von Stimmen. Selbst bei uns sind Stimmen ungleich: Unter-18jährige dürfen nicht wählen. In vielen durchaus demokratischen Staaten dürfen verurteilte Straftäter nicht wählen.

    Zum letzten Absatz: Das materielle Wohl aller Bürger ist doch schonmal ein sehr erstrebenswertes Ziel, ich weiß nicht, wieso Sie das ausklammern möchten.

  9. Johannes: Ihr § 218-Beispiel zeigt genau die Problematik. Hier sind genauso wenig primär nur die Interessen der Frauen gefragt. § 218 StGB schränkt die Freiheiten der Frauen ein, um das ungeborene Leben zu schützen. Insofern ist es ganz gut, dass es hier keine Gewichtung gibt.

  10. johannes: Meiner persönlichen Ansicht nach kann eine Bevorzugung der Leistungseliten nicht ebenso schlüssig begründet werden wie die Altersgrenze beim Wahlrecht, insbesondere da letztere sich aus den objektiven Umständen ergibt. Vergleichbare Kriterien können für die Abgrenzung der Leistungselite nicht gefunden werden.

    zu wiederum ihrem letzten Absatz: Ich klammere das materielle Wohl nicht aus, sondern lass es allein nicht genügen.

  11. „Die Leisungselite ist zudem nicht machtlos, zumal sie regelmäßig auch die politische Elite stellt.“

    Sehr schhön. Dann erkläre mir mal einer warum zwei Drittel aller Abgeordneten im Bundestag von Gewerkschaftern und nicht von Wirtschaftsbossen gestellt werden..

  12. Auch daraus ergäbe sich kein Ungleichgewicht. Die grundsätzlichen Möglichkeiten der politischen Betätigung sind für jedermann gleich – der Minderheitenschutz wird sogar besonders hervorgehoben. Zudem wird die Politik vielleicht im Bundestag beschlossen aber nicht unbedingt dort gemacht. Dort wo politischer Einfluss durch Geldmittel (und damit meine ich nicht gleich Korruption), gesellschaftliche Verbindungen oder den Bildungsgrad mitbestimmt werden, haben die Leistungseliten einen Vorteil gegenüber der übrigen Bevölkerung.

    Die Gleichsetzung von Leistungseliten und führenden Wirtschaftskräften ist wohl zu einfach. Vielmehr bestimmt sich die Elite nach den oben genannten Kriterien (Geld, Kontakte, Bildung). Sie befindet sich damit per se in einem Vorteil, der meiner Ansicht nach genügen müsste, um sich gegen die „Tyrannei der Mehrheit“ zu wehren. Zusätzliche „Nachbesserungen“ im Staatsgefüge sind daher nicht erforderlich.

  13. @ Johannes,

    ad 1) Die Eingangsfrage lautet: „Wie können Demokratie und Freiheit miteinander in Einklang gebracht werden?“ Ein von Vaubel aufgezeigter Lösungsweg wäre es, einem Bevölkerungsteil das passive Wahlrecht abzuerkennen. Dies ist aber für mich jedenfalls ein wesentlicher Teil der Freiheit und ich frage mich, wie auf dem Wege der Freiheitsbeschränkung Demokratie und Freiheit in Einklang gebracht werden können.
    Dass das Grundgesetz dies zulässt, ist zwar richtig, aber beantwortet die Frage nicht. Schließlich – dass muss ich hier doch nicht sagen – ist nicht alles, was im Grundgesetz steht zwingend freiheitsförderlich.

    ad 2) „Woher diese finanzielle Leistungsfähigkeit rührt, ob von harter Arbeit, Glück, Erbe oder Verbrechen, ist hier erst einmal nicht von Interesse.“
    Ach so, ich verstehe. Zur Leistungselite zählen also nicht, diejenigen, die mehr geleistet HABEN sondern diejenigen, die aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten mehr leisten KÖNNTEN. Im Idealfall überdecken sich beide Gruppen vollständig, aber ob sie dies tun, ist nicht von Interesse.

    ad 3) Ich werde mir jetzt nicht die Mühe machen, aufzuzeigen, wie sich Gewinne und Vermögen im Vergleich zu den Arbeitseinkommen (oder den von Arbeitslosen) in Deutschland in den letzten 10 Jahren entwickelt haben. Diese Zahlen sind nachzulesen und zeigen eigentlich nicht, dass zumindest in diesem Zeitraum sich die obere Bevölkerungsgruppe in unserer Demokratie nicht ausreichend durchsetzen konnte.

    ad 4) „Reiche sind hinsichtlich ihrer Steuerbelastung befangen. Arme sind allerdings hinsichtlich der Steuerbelastung der Reichen ebenfalls befangen. “
    Das mag man so sehen, aber mir ging es um das von Vaubel gewählte Beispiel. Ratsmitglieder, die kirchliche Ämter innehatten, waren von Entscheidungen, die die Kirche betrafen ausgeschlossen. Sie galten als befangen. Natürlich kann man Personen, die diese Ämter nicht innehaben, ebenfalls als befangen erklären. Sicherlich waren sie Mitglieder der Kirche damals und wenn es um Privilegien der Kirche ging, konnte man ihnen auch Neid unterstellen. Sie waren aber nicht persönlich betroffen, also durften sie entscheiden. Arme sind bezüglich der Vermögensteuer naturgemäß auch nicht persönlich betroffen, also wäre es IM SINNE DIESES BEISPIELS zu befürworten, dass Arme hierüber entscheiden und nicht wie Vaubel aus dem Beispiel ableitet die Reichen.
    Man kann Arme negative Gefühle diesbezüglich unterstellen, aber das hätte man in Venedig auch gekonnt, spielte aber keine Rolle.
    Im übrigen sollten Sie auch Ökonom sein: beschäftigen Sie sich mal mit Mancur Olson. Vaubel wird ihn natürlich kennen, aber erstaunlicherweise erwähnt er ihn hier nicht (oder auch nicht erstaunlich, denn dann wäre seine ganze Argumentation hinfällig).

    „Derjenige, dessen Rechte tangiert werden, sollte in der Entscheidungsfindung auf jeden Fall gegenüber der unbeteiligten oder gar profitierenden Mehrheit privilegiert werden.“
    Sie wären also auch dafür, dass Arbeitslose über Hartz IV allein entscheiden dürfen?

    ad 5) „Da der Autor aber Wirtschaftswissenschaftler ist, hat er sich wohl auf diesen Themenkomplex beschränkt.“
    Das habe ich mich ja auch. Ich frage mich nur, warum er sich nur auf die direkte Steuerbelastung beschränkt hat und dann nicht ähnliche Regelungen einführen will, für die Bevölkerungsgruppen, die in einem größeren Ausmaß als andere von der indirekten Steuerbelastung betroffen sind.

  14. 1. Ja, aber er stellt diesen Lösungsweg nicht als besonders wünschenswert dar, sondern bemerkt nur, daß es historische Beispiele dafür gibt.

    2. Das mag durchaus von Interesse sein, aber nicht für die Sache, um die es hier geht.

    3. Das liegt wahrscheinlich vor allem daran, daß wir keine direkte Demokratie haben, und die gewählten Vertreter des Volkes zumindest manchmal durchaus erkennen, wie eine einseitige Betätigung zugunsten der Mehrheitsmeinung langfristig für alle schädlich ist. Ginge es nach den Stammtischen in Deutschland, hätte man wohl Ackermann enteignet und würde bei Kindermördern die Todesstrafe ohne Prozeß verhängen.

    4. Nein, das ist gerade der Punkt. Niemand, weder die betroffene Partei noch die nicht betroffene Partei sollte ALLEIN entscheiden. Wenn aber eine Seite die Mehrheit hat – entweder die betroffene oder die nicht betroffene, dann entscheidet effektiv die Seite, die die Mehrheit hat. Einen Ausgleichsmechanismus kann ich mir hier durchaus sinnvoll vorstellen.

    Erneut: Ich glaube nicht, daß Prof. Vauber sich hier ein historisches Beispiel als Vorbild für die heutige Zeit gewählt hat, deswegen ist die Kritik daran auch überflüssig.

    5. Nein, Tabaksteuer ist keine Steuer, die aus wirtschaftlichen Erwägungen eingeführt wurde, sondern aus Gründen der Volksgesundheit. Der Zweck, die Volksgesundheit zu erhalten, wird hier nur durch ein ökonomisches Mittel erreicht, nämlich eine Steuer. Wenn das nicht so wäre, hätte man ja einfach die direkten Steuern entsprechend erhöhen können, das wäre aus Effizienzgesichtspunkten besser.

  15. Tatsache ist doch, daß das Grundgesetz nicht liberal ist – und diese Feststellung bezieht sich nicht nur auf die dem Belieben politischer Willkür überantwortete Eigentumsfrage und die Einschränkung wirtschaftlicher Handlungsfreiheit.

    Wer liberal sein will, muß den Rahmen des GG denknotwendig verlassen. Das Testat „verfassungskonform“ kommt, nach unzähligen GG-Änderungen seit 1949 zumal, bloß noch orthodoxen Sozialisten zu, ist ergo kein Prädikat, auf das man stolz sein sollte!

    http://www.staatsbriefe.de/1994/2006/freie_verfassung.pdf

  16. Wie wäre es, wenn alle endlich aufhören würden, auf das Portmonee ihrer Mitmenschen zu schielen? Diese ganze Mitbestimmerei über andere und über Dinge, die jeder selbst entscheiden kann, mag ja das Wesen des aktuellen Demokratieverständnisses sein, ist aber eben auch das Wesen von Unfreiheit. Ist die Ursache für zunehmenden Totalitarismus und zunehmende moralische Verkommenheit. Und es ist ja wohl völlig egal, ob dies der Weisheit der Verfassungsväter zugänglich war oder nicht. Der deutsche Verfassungspatriotismus wird ganz nach deutscher Art wieder totalitär gekartet. Es ist einem ungeborenen Mädchen, welches abgetrieben wird oder einem jungen Mann, der als Soldat in Afghanistan umkommt, sicherlich völlig gleichgültig, ob das verfassungskonform war.

  17. [url=http://dominikhennig.blogspot.com/2007/02/enough-is-enough-no-more-politics.html]…n den 90er Jahren ließ das Bundesverfassungsgericht (Zufluchtspunkt aller klassisch liberalen Tagträumer von einer refomierbaren BRD) folgenschwerste Anschläge auf das Privateigentum zu. Pars pro toto seien vor allem die Staatshehlerei zu nennende SBZ-Enteignungs-Entscheidung und die Euro-Entscheidung (bzw. Nicht-Entscheidung) genannt, die durch passives Gewährenlassen die Ausplünderung der Bürger durch die herrschende Klasse ermöglichten. Gestern nun ging es einen Schritt weiter und machte sich mit seiner Erbrechtsentscheidung zum Schrittmacher einer obszönen Enteignung der BRD-Untertanen über den Tod hinaus. Wer jetzt noch glaubt, er sei von seiner inneren Loyalität gegenüber diesem System nicht entbunden, der muß sich fragen lassen, ob er nicht schon lange von seinem eigenen Verstand und seiner Zurechnungsfähigkeit entbunden wurde…[/url]

  18. @ Johannes,

    ad 1) Wozu? Er stellt die Frage, wie Freiheit und Demokratie in Einklang gebracht werden und bringt dann ein historisches Beispiel, in dem Freiheit und Demokratie weiter auseinanderklaften als heute. Wo ist der Sinn und die Logik dieses Beispiels?

    ad 2) Sorry, in meiner wissenschaftlichen Grundausbildung habe ich gelernt, dass man die Begriffe erst definiert und abgrenzt, bevor man sie behandelt.

    ad 3) „Das liegt wahrscheinlich vor allem daran, daß wir keine direkte Demokratie haben, und die gewählten Vertreter des Volkes zumindest manchmal durchaus erkennen, wie eine einseitige Betätigung zugunsten der Mehrheitsmeinung langfristig für alle schädlich ist.“ Wie auch immer. Zumindest belegen die ökonomischen Daten für Deutschland, dass in den letzten Jahren die Entwicklung nicht in Richtung stärkerer Ausbeutung der Reichen ging. Ist dem so, dann versucht Vaubel hier ein Problem zu beseitigen, das gar nicht existiert.

    ad 4) Nun, wenn Vauber das historische Beispiel nicht als Vorbild gewählt hat, wozu hat er es dann gewählt?

    ad 5) Ob die Tabaksteuer hier zur Förderung der Volksgesundheit eingeführt wurde, will ich hier nicht diskutieren (wenn dem so ist, warum wird dann Tabakanbau in Deutschland subventioniert?). Mir geht es um die indirekten Steuern insgesamt. Warum betrachtet Vaubel nur die Gruppe, die angeblich durch die direkten Steuern (zu) stark belastet werden und nicht die, die durch indirekte Steuern am stärksten belastet werden?

  19. Demokratie ist die Staatsform die alle Bürger an der Regierung beteiligt, schreiben Sie zu Beginn. Ein entscheidendes Merkmal haben Sie darin aber vergessen: „gleich“. Die Beteiligung muss gleich sein. Alles andere ist schwerlich demokratisch.
    Weil warum sollen z.B. die „Leistungseliten“ mehr Entscheidungskraft erhalten? Ich würde wenn, dann für den „klugen“ Teil des Wahlvolkes plädieren. Oder nur studierte Leute (bis auf VWLer ;-)? Ich würde lieber einem arbeitslosen Sozialpädagogen Macht geben, als ich nämlich Dieter Bohlen über mein Schicksal entscheiden lassen würde.
    Das ganze hat natürlich ein ganz großes Problem: Wie erkennt man das jemand die besseren Entscheidungen trifft? Warum sind die Armen in Bezug auf die Steuerpolitik so viel inkompetenter? Warum dürfen eigentlich Männer wählen? Sie sind schlechter in der Schule, sorgen nicht für den Nachwuchs, werden straffällig etc.? Keiner kann diese Fragen nach den besten Entscheidern beantworten, weshalb sich die Demokratie auf die „Schwarm“-Intelligenz verlässt. Das ist natürlich eine Herausforderung an den Einzelnen, aber besser als Ihr System ist es allemal.
    Demokratie zwingt zum Verkraften von Enttäuschungen, weil das Wahlvolk sich mal wieder völlig falsch entscheidet. Palästinenser wählen die Hamas, Amerikaner wählen George Bush, etc. Wähler folgen ihrem eigenem Willen; aber sollte man das nicht gerade Freiheit nennen. Freiheit heißt gerade auch das Falsche tun dürfen. Freiheit heißt nicht: Tut solange was ihr wollt, wie ich es für richtig halte.
    Richtig ist natürlich, dass im Rahmen einer Aristokratie „das große Ganze“ in den Blick genommen werden kann. Es können unpopuläre Maßnahmen getroffen werden, ohne die Abwahl befürchten zu müssen. Noch besser ist es dann aber, man entkoppelt die Staatsgewalt vollständig vom Souverän, auch von der Leistungselite. Ein absolutistisches Wahlkönigtum müsste doch ideal sein, weil dann weiterhin unpopuläre Maßnahmen auch gegenüber der „Leistungselite“ möglich wären. Also nicht nur Aristokratie, nein, Monarchie ist dann am besten…wie auch die Geschichte zeigt.
    Übrigens: Wie die „Leistungseliten“ in der Demokratie geschützt werden? Ganz einfach, blättern Sie zurück im GG. Direkt vor Art. 20 geht es los mit den Grundrechten: Das sind die Grenzen zum Schutz des Einzelnen, die auch die verfasste Staatsgewalt in ihren Gesetzen nicht überschreiten darf.
    Schließlich: Sie gehen in Ihrem Artikel anscheinend davon aus, dass nur ein wirtschaftlich handelnder Staat gewinnbringend sei. Das erinnert mich an Manchesterkapitalismus, tolle Sache. Ich habe natürlich nichts dagegen, wenn man das Produkt „Staat“ optimiert, aber in Art. 20 GG steht ein anderes Ziel, nämlich Demokratie, Rechtsstaat, Bundesstaat, Republik und (Achtung!!!) Sozialstaat. Und das finde ich Ihrem Modell gegenüber sehr viel besser, nicht Gewinn soll entstehen, sondern das größte Glück der größten Zahl.

  20. Es ist schon erstaunlich, wie im Rahmen dieser Diskussion hier teilweise mit den Grundprinzipien der Demokratie umgesprungen wird. Da ist z.B. von der „Tyrannei der Mehrheit“ gegen die Reichen die Rede. Dabei ist allenfalls ein armseliges Aufmucken gegen die desaströse Tyrannei der Reichen zu beobachten, welche durch ihr skrupelloses Handeln und Unterlassen Um- und Mitwelt gleichermaßen systematisch vernichten.

    Auch ist es seltsam, dass Frauen als Betroffene des Paragraph 218 identifiziert werden. Äh, der Paragraph wurde eigentlich eingerichtet von der Gesellschaft als Anwanlt des noch unmündigen ungeborenen Lebens, den wahren Betroffenen. Wenn Frauen über den Paragraph 218 entscheiden würden, dann würden dies unter heutigen Umständen vor allem die „zeitgeistschlüpfrigsten“ Frauen, also fundamentalistische Feministinnen nach dem Motto „Mein Bau gehört mir“ – was in etwa so fatal wäre, wie wenn (ausschließlich) Blinde über Landschaftsästhetik zu entscheiden hätten!

    Nein, ich bin schon seeeehr froh, dass wir (zumindest theoretisch, in der Praxis löst sie sich ja immer mehr auf) die Demokratie haben – und nicht die Herrschaft derer, die sich für etwas Besseres halten!

  21. Tatsache ist – und hier ist Prof. Vaubel nicht der erste, der dies feststellt – dass das demokratische Mehrheitsprinzip und die Freiheit regelmässig in einen Widerspruch geraten. Die Hoffnung vieler Liberaler, durch konstitutionalistische Schranken die Expansionswut des Staates zu bremsen, ist bestenfalls romantisch, genau genommen naiv.
    So ist beispielsweise ein Grundrechtekatalog in dem Moment sinnlos, in dem der Geltungsbereich dieser Grundrechte politisch definiert werden kann. Auch eine Gewaltenteilung ist wirkungslos, wenn alle Gewalten politisch besetzt werden (ganz abgesehen davon, dass zumindest in der BRD Legislative und Exekutive ohnehin nicht getrennt sind). Ein Föderalismus entwickelt sich von einem Freiheitsschutz zu einer Kostenbelastung, wenn alle dezentralen Kompetenzen nur noch zentral ausgeübt werden (Ministerkonfrenzen).
    In einer Demokratie, in der ein Mehrheitsentscheid Legitimation beinhaltet, lässt sich kein Lebensbereich dem Eingriff der Politik entziehen. Und das ist wohl auch so gewollt.
    Prof. Vaubel irrt tatsächlich, wenn er glaubt, dass davon nur die Leistungseliten betroffen sind. Auch die Transferempfänger sind ja die Opfer der totalen Politisierung einer Gesellschaft. Liberalismus, der Schutz der individuellen Freiheit, ist keineswegs ein Projekt der Besserverdienenden – Freiheit ist unteilbar und ein Recht aller (!) Menschen. Gerade die „unteren“ sozialen Schichten verdienen also Schutz vor den zerstörerischen Interventionen der Politik.
    Wer dennoch dem Experiment einer freiheitlichen Demokratie anhängen möchte, ist mit einem Blick auf die im Vergleich zur EU nur relativ langsam degenerierende Schweiz stets gut bedient…

  22. @Dr. Ralf Henrichs:

    ad 3) Wie wäre es mit einem Reality-Check:

    -> http://www.asu.de/www/doc/5f75d40f9fe2fba50285983dfddfe82b.pdf

    Seite 7, obere Grafik: In den letzten 10 Jahren sind die Sozialausgaben kräftig gestiegen – parallel zur Ausbreitung der Arbeitslosigkeit. Sie belaufen sich mittlerweile auf 700 Mrd. EUR.

    Von einer Benachteiligung der Armen gegenüber den Reichen in der Politk kann also wohl keine Rede sein!

    Denn wer bezahlt das alles? Der dumme Leistungsträger (sprich: Steuerzahler), der sich und seine Familie selbst ernährt und noch die wachsende Last der Transferempfänger tragen muss.

  23. Lieber Hiwihalle!

    Es ist schon immer wieder erstaunlich, welche Äußerungen von Juristen kommen. Es ist offensichtlich, dass Sie den Beitrag von Herrn Vaubel in keinster Weise verstanden haben.

    Dass Sie flankierend für Ihre Argumentation den Sozialstaat anführen ist umso grausiger. Dass der Staat sozial sein soll, steht außer Frage, nur sollte sich der mündige Bürger genau überlegen, was denn nun eigentlich sozial ist. Dieser Begriff ist eben nicht objektivierbar, sondern immer auch subjektiv geprägt. Es stellt sich zudem durchaus die Frage, inwieweit es sozial ist, wenn eine Mehrheit beschließt, eine Minderheit zu entreichern.

    Für Sie ist anscheinend sozial, das Glück der größten Zahl zu erreichen. Das ist durchaus strittig und problematisch, aber das ist nunmal Ihre Meinung. Dass ein Jurist sich über solche vorschnell gefällte Werturteile wenig Gedanken macht, entspricht auch durchaus meiner Erfahrung.

    Und nun mal zu Ihren offensichtlichen Fehlern:

    1. Sie nennen Dieter Bohlen als implizites Beispiel für einen Volkswirt. Tatsächlich ist er aber Diplom Kaufmann. Zudem zeigen sie dadurch, dass Sie Dieter Bohlen aufgrund seiner ARt, vielleicht auch seiner Musik nicht mögen. Aber anscheinend hat er damit eine Menge Geld gemacht, was dafür spricht, dass eine große Anzahl von Menschen das was er macht unterstützt. Anscheinend scheint eine gröpßere Zahl Dieter Bohlen besser zu finden als einen arbeitslosen Sozialpädagogen. Also ist es wahrscheinlicher, dass wir irgendwann von Bohlen als von einem arbeitslosen Sozialpädagogen regiert werden. Das ist nicht ihre Meinung, aber das ist dann doch sowas wie Demokratie.

    2. Der kritisierte Manchesterkapitalismus hat zu der damaligen Zeit den Wohlstand der LEute erhöht. Ja, auch der ausgebeuteten Arbeiter in den sweat-shops. Dass das heute gesellschaftlich nciht mehr gewünscht ist, ist völlig klar, aber zu der damaligen Zeit war der Manchester Kapitalismus für die Menschen gut.

    3. Nein. Sie haben in keinster Weise verstanden, um was es in der Vokswirtschaftslehre geht. Aber nicht mal ein bißchen. Volkswirte beschäftigen sich mit Anreizen und Allokationsproblemen. Auch wenn oftmals abstrahiert wird, ist der Nutzen der Individuen (Sie nennen es „Glück“) genau das, um was es in dieser Wissenschaft geht.

    Abschließend bleibt zu sagen:
    Ich hätte in einem Parlament lieber Schimpansen als Juristen sitzen. Nicht weil ich diese Tiere für intelligenter halte. Ich denke einfach nur, dass es wahrscheinlicher ist, dass ein Schimpanse bei der richtigen Entscheidung die Hand hebt, da er rein zufällig handelt.

  24. „Sie gehen in Ihrem Artikel anscheinend davon aus, dass nur ein wirtschaftlich handelnder Staat gewinnbringend sei.
    Das erinnert mich an Manchesterkapitalismus, tolle Sache.“

    Gut formuliert. Die Manchesterkapitalisten traten in der Tat für die Abschaffung der hohen Getreidezölle im England des 19. Jahrhunderts ein, eben jene Getreidezölle, die den Erwerb von Nahrungsmitteln für die arme Bevölkerung fast unmöglich machten. Ferner waren sie für einen militärischen Rückzug aus allen britischen Kolonien, das Ende der britischen Vorherrschaft zur See, den Freihandel und den Pazifismus.
    Ganz miese Kapitalistenschweine.

    „..nämlich Demokratie, Rechtsstaat, Bundesstaat, Republik und (Achtung!!!) Sozialstaat. Und das finde ich Ihrem Modell gegenüber sehr viel besser, nicht Gewinn soll entstehen, sondern das größte Glück der größten Zahl. “

    Das größte Glück der größten Zahl erinnert an Jeremy Bentham’schen Utilitarismus und der hat bekanntermaßen die in dem Artikel angesprochene Tyrannei der Mehrheit zur Folge.
    Was passiert denn, wenn es plötzlich das größte Glück der größten Zahl ist Homosexuelle in Lager zu sperren? Was passiert, wenn es die größte Zahl plötzlich als ihr größtes Glück empfindet, dass Ehemänner einmal die Woche ihre Frauen ordentlich durchprügel sollten?

  25. @Gernot Kieseritzky: Anderen einen Reality-Check zu empfehlen, während man selbst weit außerhalb der Wirklichkeit steht, ist einfach nur tragikkomisch.

    „Denn wer bezahlt das alles? Der dumme Leistungsträger (sprich: Steuerzahler), der sich und seine Familie selbst ernährt und noch die wachsende Last der Transferempfänger tragen muss.“

    Wer sagt denn, dass die „dummen Leistungsträger“ die Transferempfänger tragen sollen? Das wollen die Transferempfänger nicht und die „dummen Leistungsträger“ sind – wie der Name schon sagt – so dumm, alle Arbeitsgelegenheiten für sich zu beanspruchen, statt allen Erwerbspersonen im Land eine Erwerbsarbeit zu ermöglichen. Geht ruckzuck durch Arbeitszeitverkürzung auf 25 oder 30 Stunden die Woche. Dann ist JEDER Leistungsträger und ALLE erwirtschaften ihr Auskommen selbst. Aber Nein – sie sind eben einfach zu blöd dazu!

    „Von einer Benachteiligung der Armen gegenüber den Reichen in der Politik kann also wohl keine Rede sein!“

    Interessanter Spruch, muss ich schon sagen. Vor einem realen Publikum ausgesprochen würde er eine sofortige Wiedereinführung der Lynchjustiz zur Folge haben!
    Wenn Reiche, von der Politik dazu ermächtigt, immer mehr Vorteile und Geld aufzuhäufen, nicht gegenüber Armen auf krasseste Weise bevorzugt werden, die erst aus der Erwerbsarbeit ausgeschlossen werden, dann alles Eigentum, was sie möglicherweise noch haben, zu Geld machen müssen, um anschließend für den Rest ihres Lebens von Almosen leben zu müssen, dann fresse ich einen Besen. Andernfalls Du – *BING* und damit wünsche ich Dir einen guten Appetit!

  26. @ Gernot Kieseritzky,

    interessante Grafik, die aber leider 2 methodische Mängel hat:

    1. Einen gewaltigen Sprung macht die Kurve Anfang der 90er Jahre. Natürlich weiss jeder, warum. Dennoch verfehlt so etwas nicht seine Wirkung. „Sozialleistungen in Deutschland pro Kopf“ wäre daher korrekter gewesen, wenn man den langen Zeitraum vergleichen will. Allerdings ist dies keine Kritik an Ihnen, denn sie beziehen sich ja auf den Zeitraum 1995 – 2005.

    2. In diesen 10 Jahren sind die Sozialleistungen um 170 Mrd. Euro angestiegen. Berechnet man aber die Inflation mit durchschnittlich 1,5% ein, ergibt sich für 1995 realiter 652 Mrd. Euro und der Anstieg ist nur noch weniger als die Hälfte (80 Mrd. Euro). Eine korrekte Darstellung wäre daher „Reale Sozialleistungen in Deutschland pro Kopf“.

    Daher ist dies sicherlich die weitaus korrektere Darstellung: http://www.sozialpolitik-aktuell.de/datensammlung/2/ab/abbII1.pdf
    Deutlich wird der nur sehr geringe Anstieg der Sozialleistungsquote von 1975-2003 (31,6 zu 32,5). Deutlich wird auch, dass dies vor allem auf die Entwicklung in Ostdeutschland zurückzuführen ist. Betrachtet man nur das westdeutsche Gebiet hat die Sozialleistungsquote sogar abgenommen (31,6 zu 30,3) und das obwohl wir auch in Westdeutschland prozentual mehr Rentner und Arbeitslose haben als 1975.

  27. Freiheit und Demokratie, also das Wirken des Mehrheitsprinzips, befinden sich in einem unlösbaren Widerspruch. Da, wo die Mehrheit die Regeln festlegt, gibt es eine Minderheit, die gegen ihren Willen in diese Regeln gezwungen wird. Das Modell ist ganz einfach: A besitzt etwas, um das ihn B und C beneiden. A, B und C stimmen nun, ganz demokratisch, über den Verbleib des begehrten Gutes ab. Und, Überraschung!, B und C sind die neuen Eigentümer dessen, was bis zur Abstimmung das Eigentum von A war. Und wenn B und C intellektuelle Überflieger sind, zitieren sie die „Sozialbindung“ des Eigentums (GG Art. 14) und schwärmen von „gerechter“ Verteilung und Solidarität.

    Wenn die einfachsten Grundrechte gelten, daß nämlich jeder die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über sich selbst und sein natürlich, d. h. legal, erworbenes Eigentum besitzt und wenn die Vertragsfreiheit vollkommen gilt, dann bleibt kaum noch etwas übrig, was durch demokratische Verfahren entschieden werden müßte.

    Das Mehrheitsprinzip ist also ein permanenter Angriff auf die Grundrechte des Einzelnen.

    Und im Übrigen: Selbstverständlich dürfen keine Verträge zu Lasten Dritter geschlossen werden. Warum aber sollte ein Vertragspartner keinen Vertrag schließen dürfen, der seine „körperliche Unversehrtheit“ verletzt? Ich tue das regelmäßig, indem ich Tabak kaufe. Andere kaufen die speziellen Dienste von Dienerinnen käuflicher Zuneigung, bei denen es darum geht, den Kunden zu fesseln, auszupeitschen u. ä.
    Vielleicht ist ja auch die Diskussion um die Finanzierung hoher Studiengebühren durch Risikokapitalgeber bekannt. Der Kapitalgeber investiert eine größere Summe (oft mehrere hunderttausend Dollar) als Kredit in das Humankapital eines Studierenden. Die Rückzahlung des Kredites und der vereinbarten Zinsen könnte über eine teilweise Abtretung künftiger Arbeitseinkünfte stattfinden. Bloß: Wie sichert der Gläubiger seine Investition?

  28. Tja, Jörg, das ist Euer Problem. Ihr „Liberalen“ macht Euch überhaupt kein Bild von der herrschenden Unfreiheit und Vertragsunfreiheit. Ihr blubbert vom „Hartz-IV-Luxus“ derer, die nicht arbeiten müssten und von den dummen Steuerzahlern getragen werden müssten, obwohl sie Letzteres gar nicht wollen (aber unfrei sind, anders zu handeln) und Ersteres der pure Hohn ist, der die Menschenwürde der Betroffenen (also ihre Freiheit, in Würde zu leben) massivst verletzt.

    Ihr beschwert Euch über Intellektuelle und ihre Mehrheitsentscheidungen gegen die aufgrund von massiver Unfreiheit ihrer „Vertragspartner“ zustandegekommenen Vermögen und für ein Mehr an Freiheit. Und da kann man sich schon mal fragen, welcher Bevölkerungsteil sich gegen Intellektuelle beschweren würde (offensichtlich: die Doofen) und wieso sich Liberale gegen einen Zuwachs an Freiheit für Jedermann beschweren sollten.

    Noch verrückter wird es allerdings, wenn man mal die neoliberale Wirlichkeit berücksichtigen würde, was Dir, lieber Jörg, natürlich fernliegt, in der zwar die Mehrheit von B und C entscheidet – in der Regel aber verrückterweise im Sinne von A! (Siehe Auto-Kompromiss, siehe Hartz IV, siehe….)

  29. Witzig, dass es noch immer Menschen gibt, die an die Wunder einer erzwungenen Arbeitszeitverkürzung glauben – und das nach entsprechend gescheiterten Experimenten in Deutschland, Frankreich etc.
    Das zeigt einmal mehr, dass das ideologisch-idealistische Fundament des Sozialismus nicht durch Fakten zu erschüttern ist…

    Das tragische an dieser Diskussion „Wer nützt wen aus – der Reiche den Armen oder umgekehrt?“ ist jedoch die Tatsache, dass sie ja alle gemeinsam, Reiche wie Arme und alle dazwischen, von den Staatsbütteln – Politikern, Bürokraten – berraubt und bevormundet werden. Statt jedoch den wahren Schuldigen zu erkennen, fallen offenbar auch viele Diskussionsteilnehmer hier auf die Regierungspropaganda rein. Teile und herrsche… es funktioniert leider immer wieder.

  30. „Noch verrückter wird es allerdings, wenn man mal die neoliberale Wirlichkeit berücksichtigen würde, was Dir, lieber Jörg, natürlich fernliegt, in der zwar die Mehrheit von B und C entscheidet – in der Regel aber verrückterweise im Sinne von A! (Siehe Auto-Kompromiss, siehe Hartz IV, siehe….) “

    Ich mische mich ja nur ungern ein, aber lass uns doch mal die neoliberale Wirklichkeit für einen Moment betrachten.
    Deutschland:
    Staatliches Rentensystem, staatliches Gesundheitssystem, staatliches Bildungswesen, staatlich und gewerkschaftlich gefesselter Arbeitsmarkt (der verregulierteste Arbeitsmarkt aller OECD-Länder), konfiskatorisches Steuersystem mit Abgaben von bis zu 65% pro Bürger, Staatsquote von nahezu 50%, regulierter Wohnungsmarkt, regulierter und subventionierter Agrarsektor, über 100.000 Betriebe in staatlicher Hand, staatliche Rundfunksender mit Zwangsgebühren plus staatliche Kontrollinstanzen für das Privatfernsehen, eine staatlich verordnete Währung, die durch nichts und wieder nichts gedeckt ist, dadurch immer weiter inflationiert und die Bürger um ihr erspartes bring, dennoch aber unter Gewaltandrohung am Markt durchgesetzt wird.

    Walter Eucken und Franz Böhm würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie miterleben müssten, was heutzutage alles als neoliberale Wirklichkeit bezeichnet wird.
    Aber vielleicht kann mich ja mal aufklären welcher ideologische Gedanke hinter dem Neoliberalismus steht.
    Alles was Leuten wie dir nicht in den Kram passt, lieber Manfred?

  31. Was für ne Diskussion habt ihr hier eigentlich mittlerweile? *kopfschüttel*

    Statt ideologische Allgemeinplätze auszutauschen, wäre es vielleicht angebracht, sich an den Ursprungstext zu erinnern. Mein Problem damit: Ich halte es für mehr als flüssig, Probleme dieses Sozialstaats mit meiner Meinung nach verfassungswidrigen Änderungen des Wahlrechts „lösen“ zu wollen. Ein wenig mehr Alltagstauglichkeit sollten Vorschläge von Professoren dann doch schon haben 😉

    Und ob und wie die „Leistungselite“ (was ich für einen recht polemischen Begriff halte) nicht tatsächlich weit mehr Einflussmöglichkeiten auf staatliches Handeln hat als diejenigen, die sie angeblich tyrannisieren, wäre ebenfalls zu untersuchen.

    Meine Hauptkritik an Vaubels Blogeintrag wäre daher: grob komplexitätsreduzierend.

  32. Prof. Vaubel präsentiert lediglich theoretische Lösungsmöglichkeiten (man darf doch wohl noch Visionen haben), ohne hier vermeintlich „verfassungswidrige Änderungen des Wahlrechts“ zu fordern. Letztlich hofft er auf den Wettbewerbsförderalismus im Rahmen der Verfassung.

    Was übrigens soll denn an dem Begriff „Leistungselite“ polemisch sein. Leistungselite als eine Auswahl (lat.) der Bevölkerung, die ob ihrer Leistungsfähigkeit (ein Begriff auch aus dem Steuerrecht) die Hauptlast der Finanzierung des Sozialstaats trägt? Auch im Sinne einer besonders qualifizierten Auswahl liegt nichts polemisches, denn die besondere Qualifikation macht die Leistungsfähigkeit erst möglich. Soweit zur Erbsenzählerei. Aber ansonsten kann ich Rayson nur recht geben, die Diskussion hier hat sich „entsachlicht“.

  33. @SteffenH

    Würde es dich überraschen, wenn ich aus ähnlichen Gründen den Begriff der „Leistungsfähigkeit“ kritisierte? Aber das ist letztlich nur ein Nebenkriegsschauplatz.

    Da die Überlegungen von Vaubel ja nicht im luftleeren Raum entstanden sind, würde ich mir eine echte Diskussion darüber wünschen. Auch wenn mein eigener Standpunkt ein entschieden ablehnender ist. Allerdings hätte ich dann doch den Spezialwunsch, dass das Ergebnis zumindest halbwegs politisch praktikabel sein sollte. Dass liberale Ansätze der Mehrheit der Wähler absurd erscheinen, ignoriere ich dabei sehr gerne – sonst müsste ich mir irgendwann noch eine Georg-Paul-Hefty-Maske aufsetzen…

  34. Fakten für die Diskussion, und zwar mal von der Ergebnisseite betrachtet:

    1.)
    Das Gesamtvermögen aller Bundesbürger
    ist in den letzten 15 Jahren ungefähr um
    20 bis 25 Prozent gestiegen.

    2.)
    Der Anteil der obersten 10% an diesem
    Vermögen ist gestiegen. Gleiches gilt, wenn
    man die obersten 1%, 20%, 30%, 40%
    oder 49,9999% nimmt.

    Aus diesen Fakten ist klar ersichtlich dass ganz egal wie die Abgabenbelastungen auf dem Papier auch aussehen mögen, sie definitiv nicht zu einer Entrechtung und Ausplünderung der „wirtschaftlich Leistungsstarken“ (=Erbengeneration?) geführt haben.

    Wenn ich nach 15 Jahren inflationsbereinigt mein Vermögen um beispielsweise 30% steigern konnte, während der Durchschnitt um mich herum dies nur um 25% konnte, dann ist die Faktenbasis, aufgrund der ich von einer Ausplünderung meiner Person schwafeln könnte, mehr als dünn. Nicht dass das einen echten Neoliberalen anfechten würde, der ignoriert solche Zahlen einfach. Vermutlich gilt in diesen Kreisen das Motto „Ausgeplündert ist, wer sich ausgeplündert fühlt“.

  35. Hallo Ben!

    Das sind ja schöne Zahlen, die du da vorstellst. Woher du die auch immer haben magst… Ist ja auch völlig irrelevant, da das Vermögen nicht der entscheidende Faktor. Eine Ausplünderung kann auch durchaus über einen Zugriff auf eine Stromgröße vorgenommen werden, das hat nix mit dem Bestand zu tun. Langrfristig bleibt nur zu hoffen, dass wir langfristig ein konsumorientiertes Steuersystem haben werden, in denen Zinsen steuerfrei sind.

  36. Ja Jens, du sprichst da einen wunden Punkt an. Zahlen zu dem Thema sind verdammt schwer zu bekommen, aber glücklicherweise lässt sich auch mit dem Wenigen, was es gibt, zumindest ein Trend ermitteln. Diese Trends allerdings genügen, um eine Begünstigung der Reichen zu ermitteln – von daher bedarf es nicht mehr, um die Eingangsthese zu widerlegen. Als erster Ansatzpunkt zur Zahlenermittlung empfiehlt sich der zweite Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Da lässt sich dann z.B. bei der Verteilung des gesamten Nettovermögens in Deutschland für die oberen 10% der Vermögensbesitzer eine Steigerung ihres Anteils von 44,7% auf 46,8% zwischen 1993 und 2003 herausfinden.
    Klingt nicht nach viel, aber das ist ja auch nur der Anteil an einem ohnehin zweistellig gewachsenem Vermögensbestand. Nie vergessen, auch in den letzten 15 Jahren waren ungefähr 1,5% Durchschnittswachstum pro Jahr drin. Betrifft zwar das Einkommen, aber das Vermögen dürfte sich in etwa synchron verhalten haben (bzw. nicht gesunken sein. Trend => hier vollkommen ausreichend!), insbesondere da immer höhere Anteile des Gesamteinkommens aus Vermögensbesitz erzielt werden.

    Jedenfalls ergeben diese Zahlen schon mal, dass der Anteil der Reichsten also sogar hätte sinken können, und zwar gar nicht mal so knapp, ohne dass sie (sogar inflationsbereinigt!) auch nur einen Euro verloren hätten. Er ist aber stattdessen sogar gestiegen. Aber schön, dass du vom absoluten Endergebnis, welches letztlich natürlich sehr wohl am genauesten Auskunft abgeben kann, wer nun gewonnen und verloren hat, lieber nichts wissen, und stattdessen auf Flussgrößen umstellen willst. Klar, igittigitt, Zahlen, die den ideologischen Standpunkt deutlich widerlegen, können einfach nicht relevant sein. Finde ich übrigens sehr nett, weil wenn das Vermögen also keine relevante Zahl darstellt, dann können wir demnächst ja mal so eine richtig schöne, saftige Vermögenssteuer von sagen wir mal 20% pro Jahr einführen, und im Gegensatz die Einkommenssteuern komplett abschaffen.

    OK, zurück zum Thema. Das verfügbare Material bezüglich der Flussgröße „Einkommensverteilung“ ist um einiges besser, als jenes zur Vermögensverteilung, und weist exakt den gleichen Trend auf. Die oberen Nettoeinkommen sind deutlich stärker gestiegen als die unteren, und zwar so deutlich, dass sich auch ihr Anteil am Gesamteinkommen vergrößert hat. Das kannst du, wenn du es denn nicht glaubst, ergooglen, im zitierten Armuts- und Reichtumsbericht, oder einfach bei destatis nachschlagen.

    Gib doch bitte nur kurz bescheid, warum die Einkommensverteilung, obwohl sie selbstverständlich eine Flussgröße darstellt, jetzt für diese Diskussion natürlich ebenfalls irrelevant ist. Vielleicht kommen wir dann bald zur oben genannten Kernthese „Ausgeplündert ist, wer sich ausgeplündert fühlt“. (Ich habe gar keinen Zweifel daran, dass Zahlen, die neoliberale Dogmen nicht nur nicht stützen, sondern gar widerlegen, letztlich nur gefälscht oder irrelevant sein können, nicht wahr? Die Realität hat sich schließlich mehrfach schon eher als Stütze linksliberaler Argumentationen herausgestellt, und sollte sich damit nicht wundern, wenn sie als relevante Größe grundsätzlich nicht mehr ernstgenommen werden kann.)

  37. Selbst wenn die Einkommensverteilung und Vermögensverteilung ungleich ist, ja sogar ungleicher wird, spricht das nicht gegen Ausplünderung! Es genügt, dass durch die Umverteilung eine größere Ungleichheit vermieden wird. Das ist Fakt. WEnn ein Einkommensmillionär mit seiner Einkommensteuer x ALG II Empfänger durchbringt, hat er immer noch ein höheres Einkommen und ein höheres Vermögen. Deswegen sind deine Beispiele völlig ungeeignet, um eine Ausbeutugnsthese zu widerlegen. Du kannst argumentieren, dass die Ungleichheit zu nimmt und dass du das nciht gut findest. Aber wenn du eine Ungleichheit vermeiden willst, musst du nunmal die „Reicheren“ berauben, um die „Ärmeren“ zu allimentieren. Das magst du ja ne super Sache finden, aber letztlich ist genau das eine Ausbeutung. Du magst das „Umverteilung“ oder „für Gerechtigkeit sorgen“ nennen. Voin mir aus machst du damit die WElt „gerechter“, oder wie du das auch immer nennen willst…. Aber du bestrafst nunmal die Leistungseliten dafür, dass sie Leistung bringen. Die Erfolge von einer solchen „gerechten“ Politik kannst du heute noch in Ostdeutschland sehen.

  38. @Ben: Deine Zahlen sagen doch gar nichts über die Wirkungen staatlicher Interventionen aus. Interessant wäre da doch eher die Frage, wie sich Vermögen & Einkommen ohne Umverteilung entwickelt hätten (im Kontrast zur tatsächlichen Entwicklung). Erst anhand eines solchen Vergleiches liesse sich sagen, wer begünstigt und wer benachteiligt wird.

    Du sprichst von einer „Begünstigung“ der Reichen. Glaubst Du ernsthaft, dass unser Staatswesen „Reiche“ alimentiert, also über die eigene Leistung hinaus bereichert? Das fände ich schon faszinierend…

    Davon abgesehen sind die „Reichen“ nach Deinen Zahlen doch nur minimal stärker „reich“ geworden, als die „Armen“ – Deine Zahlen sprechen also eigentlich für einen ziemlichen Gleichschritt in der Vermögens-/Eínkommensentwicklung der Deutschen. Das alte Schlagwort „die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer“ ist damit ja widerlegt. Alle werden reicher.
    Es wäre eben schon durchaus möglich, dass dieser Gleichschritt eben durch staatliche Interventionen (progressive Einkommenssteuer, Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer etc. pp.) erzwungen wurde. Dann könnte schon behauptet werden, dass die „Leistungsträger/Reichen“ in unserem System gehemmt werden.

    Dass sie ausgeplündert werden, daran kann ohnehin kein Zweifel bestehen, das werden alle Nettosteuerzahler – gleich ob arm oder reich!

  39. Wow. Die vorhergehenden zwei Beiträge sind in ihrer Form perfekt. Ich wollte erst was von Realsatire schreiben, aber das passt einfach nicht. Es ist Eure ehrliche, ungefilterte Meinung, und ein perfektes Beispiel für neoliberale Denke. Nochmal zusammengefasst: Wir haben hier also jemanden, der

    – zu den reichsten 10% der Bevölkerung gehört.
    – dessen Vermögen wächst, und zwar auch inflationsbereinigt.
    – dessen Vermögen auch prozentual schneller wächst,
    als das der Restbevölkerung. Wo andere je 100 Euro
    Vermögen um 5% zulegen, legt er sagen wir mal um
    6% zu.

    Und der ist dann nach Eurer Definition immer noch ausgebeutet, wenn ohne staatliche Intervention sein Vermögen NOCH MEHR hätte wachsen können?! DAS liebe Leute, lässt mich zwar einerseits laut loslachen, aber andererseits, verdammt noch mal, nötigt es mir einen ziemlichen Respekt vor euch ab. Weil ihr nämlich endlich mal ehrlich sagt, worum es geht, und weil eure Äußerungen ein absolutes Paradebeispiel für das ungefilterte neoliberale Denken sind. Danke dafür.

    Nur einen Zahn möchte ich hier gerne noch gezogen sehen, nämlich das hier

    > Aber du bestrafst nunmal die Leistungseliten
    > dafür, dass sie Leistung bringen.

    DAS, liebe Freunde, definieren wir mal hier exakter. Mit „Leistungselite“ ist in Eurem Sinne nämlich nicht das gemeint, was landläufig darunter verstanden wird. Die landläufige Definition von „Leistungselite“ sind nämlich Leute, die in ihrem Job eine hohe Leistung bringen, und ggf. auch noch gut qualifiziert sind. Kurz gesagt Leute, die sich in Schule, Studium und Arbeit angestrengt, und generell „was auf dem Kasten“ haben. Die dann irgendwann mal über ein hoffentlich höheres Nettoeinkommen auch zu mehr Vermögen kommen. Das hält dann auch fast jeder für gerecht, von einigen Steinzeit-Kommunisten mal abgesehen.

    EURE Definition von „Leistungselite“ hingegen ist schlicht und einfach „Leute mit viel Geld“. Ob die nun die faulsten, arrogantesten und nutzlosesten Schnösel dieser Welt sind, die all die Kohle nur geerbt haben, scheißegal, DAS ist EURE Leistungselite. Wenn da mal aus Versehen Leute bei sind, die es mit Arbeit geschafft haben, dann ist das für euch schon ok, aber bei weitem nicht das wichtigste Kriterium.

    Insbesondere zeigt diese Definition aber auch, wer NICHT zu EURER Leistungselite gehört: Nämlich zum Beispiel der qualifizierte Ingenieur oder Facharbeiter, der neben seiner Qualifikation noch nicht viel hat, und sich eine eigene Existenz aufbauen möchte. Nicht, dass ihr den jetzt unbedingt explizit behindern wollt, aber wenn es um eine Verbesserung seiner Lage, oder der Lage EURER „Leistungselite“ geht, werdet ihr letztere IMMER bevorzugen.

    Und damit Leute, haben wir exakt den Grund, warum ich eure Ideologie absolut verachte: Weil Sie nahezu ungefiltert auf einen Feudalismus 2.0, „Privilegien durch Geburt“, hinausläuft. Mein Bild von Gerechtigkeit ist allerdings ein anderes. Wie wäre es mal mit „Privilegien durch reale Leistung“? Paris Hilton ist mir scheißegal, der oben genannte Ingenieur hingegen ganz und gar nicht. Der Dame können von ihrem Erbe gerne 50% wegbesteuert werden, wenn dafür im Gegenzug die Steuerbelastung des Facharbeiters, Ingenieurs und Unternehmers sinkt. Also genau umgekehrt zu dem, was wir heute haben.

    Kein Wunder, dass ihr ein Problem mit der Demokratie habt, denn so ungefiltert, wie ihr eure Meinung hier vortragt, wird die Mehrheit IMMER gegen euch sein, und das ist auch gut so!

  40. Ja, genau Ben. DAS ist doch mal eine schlüssige Begründung! Und Strom kommt aus der Steckdose.

    Nehmen wir mal den Unternehmer, der sich in seinem Leben den Rücken krumm gearbeitet hat: WElchen unterschied macht es, ob er sein Geld für käufliche Liebe ausgibt oder an sein Töchterchen vererbt?! Das ist doch allein seine Sache, was er mit den Früchten seiner Leistung anfängt.

    Davon abgesehen: Ja, es geht um die „finanzielle“ Elite. Natürlich gibt es auch Leute, die durch ihr ehrenamtliches Engagement einiges leisten udn dafür keinen Cent sehen. Aber andererseits kann man die Früchte ihrer Leistung ja auch schlecht umverteilen… Darum geht es: es wird die wirtschaftliche Leistung umverteilt und genau das ist das Problem.

    Aber solange wir in Deutschland nur sozialistische Parteien haben, wird sich daran auch nichts ändern.

  41. Nun Jens, der Unternehmer soll sein Geld ausgeben, wofür immer er will. Wenn er das Geld seinem Töchterchen, wir nennen es mal „Paris“, zukommen lassen will, ist das eine seiner Möglichkeiten. Nur sehe ich absolut keinen Grund darin, warum selbiges auf dieses leistungslose Einkommen weniger Abzüge haben sollte, als der qualifizierte Ingenieur, der das gleiche Einkommen mit eigener Qualifikation und Arbeit erwirbt.

    Im übrigen, viel interessanter als dein Polemisches Geschwafel von wegen „Strom aus der Steckdose“ ist, dass du mir bezüglich der Definition von „Leistungselite“ nicht widersprichst. Nur dass die kleine Paris sich eben den Rücken kein bisschen krumm gearbeitet hat – was ihr Vater getan hat, ist in meinen Augen, als Messung IHRER Leistung vollkommen ungeeignet. Die meisten Menschen sehen das so, du aber eben nicht. „Leistungselite“ ist nach deiner Definition letztlich erblich, so einfach ist das.

    Ich wusste bis gerade eben nicht, dass man schon ein Sozialist ist, weil man was gegen feudale Strukturen oder diesen Begriff von „Leistungselite“ einzuwenden hat. Aber wenn dem so ist, dann bin ich gerne ein Sozialist – schließlich befinde ich mich dann im gleichen Lager, wie z.B. auch Thomas Jefferson. Nicht die schlechteste Gesellschaft, wenn du mich fragst.

  42. Wenn ich ehrlich bin habe ich immer vermutet, dass Teile zumindest der deutschen Eliten und insbesondere desjenigen Teils, der sich als Leistungselite im Speziellen betrachtet, ein Problem mit unserem Gesellschaftssystem haben könnten. Insofern überrascht mich auch dieser Artikel nicht sonderlich. Ich kann ihm in seiner stringenten Art eine gewisse Überzeugungskraft nicht absprechen. Außerdem wird die Frage nach dem Wert unserer Demokratie in diesen Zeiten aus unterschiedlichsten gesellschaftlichen Blickwinkeln offen und weniger offen immer deutlicher gestellt.

    Allerdings muss ich mich letztlich den Kritikern des Beitrages anschließen, denn die Umsetzung einer solchen „Alternative“ würde der Abschaffung der Demokratie in dem Sinne, wie wir sie wohl mehrheitlich begreifen und wertschätzen, entsprechen.

  43. Qualifizierte Mehrheiten an Bildung, Steueraufkommen oder Besitz zu binden ist Meritokratie ! Es ist sicher richtig das der historische Begriff der Demokratie eigentlich immer Meritokratie meinte.Ein Mensch eine Stimme dagegen ist das Merkmal der christlichen Option häufig usupiert von Revolutionären der Aufklärung .
    Ein Mensch eine Stimme dagegen losgelöst von der Angst vor einem Strafenden Gott in ausschliesslich irdischer Gerechtigkeit denkender Politik birgt natürlich die riesige Gefahr irdischer Ungerechtigkeit wie Zurecht von Roland Vaupel bemerkt ! Einerseits wird man hier sagen: Na und !! andereseits wurmt es einen schon, dass Kleinkapitalisten dh Menschen die keine Arbeit leisten max Renditen erpressen können!
    Aber nur Mut bei der Diskussion der Möglichkeiten einer Meritokratie zur Relativierung mancher demokratisch, politisch so scheinheilig korrekter Lebenslügen

  44. Ich möchte an die Diskussion oben nicht anknüpfen, sondern auf das Grundproblem zurückkommen.

    Die von Prof. Vaubel angesprochene Problematik: Dominierung und Übervorteilung der Leistungsträger (ich vermeide den Begriff Leistungselite, da er m.E. die Diskussion nur unnötig aufheizt) durch eine immer größer werdende Zahl von Leistungsempfänger halte ich mittlerweile für eines der ernsthaftesten Herausforderungen unserer tendenziell auf Egalität und allgemeine Wohlfahrt ausgerichteten Demokratie.

    Solange die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sich in sozialversicherungspflichigen Arbeitsverhältnissen befand bzw. als Unternehmer oder Freiberufler erfolgreich tätig war und pflichtgemäß Abgaben und Steuern leistete, bestand dieses Problem nicht. Dieser ursprüngliche „Common Sense“, für das eigene Dasein primär selbst verantwortlich zu sein und nur in wirklicher Not staatliche Hilfe zu beanspruchen, wird in den letzten Jahrzehnten immer stärker durch ein unbegründetes Anspruchdenken ersetzt. In Folge dessen steigt die Zahl der „Sozialhilfekarrieren“ von Jahr zu Jahr. Auf der anderen Seite fehlt es an einer ausreichenden Anzahl von echten Chancen und Anreizen, insbesondere für die neue Unterschicht, das eigene Schicksal selbst wieder verantwortlich in die Hand zu nehmen. Es ist absehbar, dass das „System irgendwann platzt“, wenn nicht bald dagegen gesteuert wird.

    Aber genau das ist heute immer weniger möglich, da die Leistungsträger, die aufgrund ihrer Interessenslage der Motor grundsätzlicher Veränderungen sein müssten, allmählich ihre strukturelle Mehrheitsfähigkeit in dieser Republik verlieren. (Ganz abgesehen davon, dass dieser Personenkreis in unterschiedlichen Gruppierungen organisiert ist und leider gar nicht geschlossen auftritt und so zusätzlich die Möglichkeit der eignen Einflussnahme verringert. Dass Eigentum aus Sicht vieler Zeitgenossen – bis in die politische Mitte hinein – etwas Unmoralisches anhaftet und Reichtum immer etwas mit „Ausbeutung der Armen“ zu tun haben muss, ist leider nach wie vor politischer Mainstream in der Bundesrepublik, man braucht nur einige der obigen Kommentare zu lesen.)

    Insofern halte ich den Ansatz, analog anderen Minderheiten den gesellschaftlichen Leistungsträgern – für mich sind das eigentlich alle Erwerbstätigen, die für das eigene Dasein und das ihrer Familien sorgen sowie einen angemessenen Betrag für die Gesellschaft leisten – einen Schutz zuzusichern, für konsequent. Es wäre jedenfalls für den Fortbestand unserer Demokratie ein notwendiger wenn auch noch nicht hinreichender Schritt in die richtige Richtung. Die Umsetzung dieses Gedankens (2. Kammer oder Einschränkung des passiven Wahlrechts für Transfergeldempfänger, doppeltes Stimmrecht für Steuerzahler etc.) ist eher eine technische Fragestellung und bedarf sicherlich noch weiterer Erörterungen.

  45. @Ben: Mal tief durchatmen – das Eindreschen auf vermeintliche Feindbilder ist bestenfalls Energieverschwendung. Daher erstmal zwei Anmerkungen: 1. gibt es hier kein IHR und EUCH – die meisten Diskussionsteilnehmer hier kennen einander nicht und vertreten auch nicht einheitliche Positionen. 2. Bezeichnet „neoliberal“ eine spezifisch deutsche Schule des Liberalismus, welche dem Staat eine aktive, gestaltende Rolle zuschreibt (Freiburger Schule – Eucken, Müller-Armack etc.) – ich jedenfalls bin kein Anhänger dieser Schule.

    Nun aber zu Deinen Argumenten/Fragen: Ich glaube nicht, dass Deine Definition von „Leistungselite“ stark von derjenigen der anderen Diskussionteilnehmer abweicht. Sicher ist die Leistungselite diejenige, die eine herausragende Leistung erbringt (d.h. Anstrengung alleine reicht wohl nicht als Definitionskriterium, der Output spielt schon auch eine Rolle). Und ja, im besten Fall schlägt sich das in einem entspr. Einkommen/Vermögen nieder. Daher geht es also tatsächlich auch um die Besteuerung von Einkommen. ABER: Vermögen ist angespartes Einkommen. Ich verstehe nicht, warum du das Konfiszieren von Einkommen für problematisch hältst, das von Vermögen dagegen nicht. Ist sparen illegitim? Darf jemand, der sich ein Vermögen erarbeitet hat, nicht darüber entscheiden, wie damit zu verfahren ist? Vermögensbesteuerung ist nach verbreiteter Auffassung sogar doppelt illegitim, weil es als ja Einkommen schon einmal besteuert wurde.
    Erbschaft ist eine einmalige Vermögensübertragung, wie die Schenkung – keine Form des Einkommens, wie Du dies bei Paris Hilton vermutest. Ist Schenken deines Erachtens falsch oder böse? Etwas das durch den Staat zu bestrafen ist?
    Traurige Tatsache ist: Wer Vermögen konfisziert, der zerstört die Wohlstandsgrundlage einer Gesellschaft, den Ressourcenschatz aus dem Investitionen in die Zukunft finanziert werden – er erzieht den Menschen damit auch systematisch Verantwortung und langfristiges Denken ab. Vermögensfeindlichkeit legt in diesem Sinne die Axt an die uns bekannte Zivilisation. Vermögens- und Erbschaftssteuern sind aus diesen Gründen viel problematischer, als sogar die ohnehin problematischen Lohn- und Einkommenssteuern.

    Und natürlich ist es lächerlich, über die Vor- und Nachteile von Paris Hilton zu streiten – meine Vermutung ist jedoch, dass diese auch ohne die Unterstützung ihres Vaters ein reichliches Auskommen hätte.

    Aber um zum ursprünglichen Punkt zurück zu kommen: Was ist denn Deine Definition von „Ausbeutung“? Wikipedia nennt es „Aneignung unbezahlter Arbeit“ – und genau das ist es, was der Staat mit seiner konfiskatorischen Besteuerung betreibt. Der durschnittliche BRD-Bürger arbeitet heute die Hälfte des Jahres nur für den Staat – das ist eine moderne Form der Sklaverei. Wenn also Menschen ohne Staatseingriff deutlich mehr Einkommen zur Verfügung haben könnten als mit, dann, ja, wurden sie ausgebeutet. Ich sehe hier Dein sachliches Problem mit diesem Verständnis nicht. Das heisst ja nicht, dass nicht auch Menschen mit einem geringen Einkommen ausgebeutet werden. Dank unseres Sozialsystems erhalten diese jedoch dafür eine relativ grosse Menge finanzieller Transfers, was das Mass der Ausbeutung hier lindert. Das macht die Ausbeutung natürlich nicht besser, aber das ist wohl der Grund, warum sich Prof. Vaubel hier eher mit den „Besserverdienenden“ befasst…

  46. Die Thematik Erbschaft ist nur schwierig zu behandeln, wenn man sie ideologisch überhöht.

    Bleiben wir nüchtern: was passiert? Jemand gibt einem anderen Geld (vielleicht auch Vermögensgegenstände, aber bleiben wiir einfach, nennen wir es Geld). Der Geber wird ja nicht besteuert. Wäre ja auch unsinnig, der ist ja tod.

    Besteuert wird der Nehmer, was schon daran deutlich wird. das mehr Erbschaftssteuer anfällt, wenn 1 Mio. auf einen Erben als wenn 1 Mio. auf zehn Erben aufgeteilt wird.

    Es handelt sich also um Einkommen. Und zwar um Einkommen, das noch nicht besteuert worden ist. Vielleicht hat dies der Geber zwar besteuert, aber das spielt ja für den Nehmer keine Rolle. Ansonsten müssten wir auch die Lohnsteuer abschaffen, denn auch dies ergibt sich aus einem Einkommen, das das Unternehmen in der ein oder anderen Form schon mal versteuert hat.

    Es bleibt dann aber zu fragen, warum soll jemand, der erbt weniger Steuern bezahlen als jemand der arbeitet. Der, der arbeitet, hat doch etwas geleistet. Der der erbt, hat nichts geleistet.

    Man muss also die Diskussion beim Erben und nicht beim Vererber aufziehen, was eben daher logisch ist, weil der Erber besteuert wird und nicht der Vererber.

    Letztlich bleibt auch noch zu fragen, warum in Deutschland nicht eine ähnlich hohe Erbschaftssteuer wie in GBR und USA möglich sein sollte. Es wird doch immer wieder eine Steuerangleichung gefordert, damit es keine ineffizienten Standortverlagerungen allein aus steuerlichen Gründen gibt.

    Zu deiner Definition zur Ausbeutung. Man sollte bei ökonomischen Fragen besser wikipedia.org als wikipedia.de zur Rate ziehen. Dort heisst es: „Most often, the word exploitation is used to refer to economic exploitation; that is, the act of using another person’s labor without offering them an adequate compensation.“ Nach deutscher Definition würde ein Ehemann auch seine Ehefrau ausbeuten (so diese „nur“ Hausfrau ist), selbst wenn die Ehefrau dies gerne machen würde.

    Ähnlich schwach ist übrigens auch die Definition von „Neoliberalismus“ bei wikipedia.de im Vergleich zu „neoliberalism“ bei wikipedia.org.

  47. Nun, für eine Definition von Neoliberalismus bedarf ich auch nicht einer Wikipedia-Unterstützung, danke 😉
    Auch die englische Definition von „Ausbeutung“ unterstreicht meinen Punkt (sie weicht ja auch nicht wesentlich von der deutschen ab). Es geht eben um die Verwendung der Arbeit eines anderen ohne Kompensation. Diese Definition beinhaltet implizit Zwang. Ein Beispiel ist ja die Sklaverei. Wenn der Arbeitsgeber keine Kompensation erhält, weil er freiwillig auf diese verzichtet, handelt es sich offensichtlich nicht um Ausbeutung. Das ist banal. Diese Freiwilligkeit wird bei der Hausfrau (hoffentlich) in der Regel gegeben sein, beim Sklaven jedoch ebenso wenig wie beim Steuerzahler.

    Die Forderung nach einer ebenso hohen Erbschaftssteuer wie in den USA ist schon drollig. Steuerangleichung kann nach oben geschehen, um Wettbewerb zu verhindern, oder nach unten, um Wettbewerb zu ermutigen. Wenn in Deinem Sinne die Erbschaftssteuer auf Anglo-Niveau angehoben werden sollte, dann sollten im Sinne einer Vermeidung von Standortverlagerungen entsprechend andere Steuern (Einkommens-, Umsatz-, Gewinn-, Mineralölsteuern etc.) gesenkt werden. Ich nehme an Du stimmst mir zu, dass dies eine kindische und hier nicht weiterführende Diskussion ist.

    Daher zum Punkt: Es geht bei der Erbschaftssteuer überhaupt nicht um Ideologie, sondern eben um menschliche Realität. Es geht tatsächlich eben nicht um den Lohn, den ein Mensch für seine Arbeit erhält, sondern um ein Geschenk, das ein Sterbender seinen Nachkommen hinterlässt. In diesen letzten Willen einzugreifen, ist zutiefst unethisch. Nach Deiner Argumentation ist jeder Vermögenswert, den ein Mensch erhält, zu besteuern – und zwar doppelt: Beim Geber und beim Nehmer. D.h. jede Schenkung, jedes Trinkgeld, jede Spende, Hartz 4, die Rente, ja jeder Euro, der einem Obdachlosen gegeben wird, wird beim Nehmer versteuert. Ausserdem auch beim Geber. Im Falle von Angestelltenverhältnissen müsste also sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer den Lohn versteuern. Du willst also im Grunde, dass der Staat jede Art von finanziellem Austausch oder Kooperation doppelt bestraft. Das ist schon ein interessanter Ansatz.
    Neben ethischen und praktischen Erwägungen bleibt dabei meine o.g. Feststellung, dass die Erbschaftssteuer systematisch Anreize GEGEN das Sparen und Investieren setzt, was volkswirtschaftlich zutiefst schädlich ist. Die Vorsorge, die Investition, das Denken an die Zukunft, das Kümmern um die Nachkommen, das Schaffen von Wohlstand – all das wird durch die Erbschaftssteuer systematisch bestraft.
    Sorry, Du lieferst mir also kein Gegenargument gegen meine Feststellung: Viele Formen der Steuer sind sinnlos und schädlich, aber kaum eine ist so verwerflich wie die Erbschaftssteuer…

  48. „Nun, für eine Definition von Neoliberalismus bedarf ich auch nicht einer Wikipedia-Unterstützung, danke“

    Du vielleicht nicht, andere schon, die Neoliberalismus mit Eucken verbinden. Ich weiss nicht, ob diese Personen ihre Ehefrau mit Weib anreden.

    „Auch die englische Definition von “Ausbeutung“ unterstreicht meinen Punkt (sie weicht ja auch nicht wesentlich von der deutschen ab). Es geht eben um die Verwendung der Arbeit eines anderen ohne Kompensation. “

    Eben nicht. Aufgrund von Herstellung von innerer Sicherheit u.ä. erhält der Erbe durchaus eine Kompensation. Eine ähnliche Kompensation erhält jeder Steuerzahler vom Staat. Problematisch wird es erst dann, wenn der Staat Steuern eintreibt, ohne eine Kompensation in Form von innerer Sicherheit etc. zur Verfügung zu stellen.

    „Diese Freiwilligkeit wird bei der Hausfrau (hoffentlich) in der Regel gegeben sein, beim Sklaven jedoch ebenso wenig wie beim Steuerzahler.“

    Ob sie beim Steuerzahler gegeben ist oder nicht, weiss ich nicht, ist aber in einer Demokratie auch wurscht. Auch im Autoverkehr kann man nicht mit dem Argument kommen, man dürfe als Geisterfahrer über die Autobahn brausen, weil man dieser Regelung nicht vorher ausdrücklich und freiwillig zugestimmt habe.

    „Die Forderung nach einer ebenso hohen Erbschaftssteuer wie in den USA ist schon drollig. Steuerangleichung kann nach oben geschehen, um Wettbewerb zu verhindern, oder nach unten, um Wettbewerb zu ermutigen.“

    Ob Steuersenkung den Wettbewerb erhöht, sei mal dahingestellt. Mir ging es bei diesem Argument nur darum, dass eine Erbschaftssteuer offensichtlich möglich ist, wenn diese selbst in den USA und GBR möglich ist. Die Sinnhaftigkeit dieser Steuer ergibt sich nicht aus diesem Argument, da hast du recht. Die ergibt sich aus anderen Gründen.

    „Es geht tatsächlich eben nicht um den Lohn, den ein Mensch für seine Arbeit erhält, sondern um ein Geschenk, das ein Sterbender seinen Nachkommen hinterlässt.“

    Deshálb wird ja auch nicht der Geber besteuert sondern der Nehmer. Und natürlich erhält dieser dadurch ein einmalig höheres Einkommen.

    „D.h. jede Schenkung, jedes Trinkgeld, jede Spende, Hartz 4, die Rente, ja jeder Euro, der einem Obdachlosen gegeben wird, wird beim Nehmer versteuert.“

    Das ist richtig. Wobei es natürlich Bagatellfälle gibt, bei der die Ermittlung höher wäre als die daraus resultierenden Einnahmen. Eine Besteuerung von Hartz 4 wäre steuersystematisch korrekt nur zu hoher Aufwand. So könnte der Staat z.B. eine 50% Einkommensteuer auf Hartz IV erheben, wenn vorher der Hartz IV-Satz verdoppelt wird. Das wäre natürlich eher albern, da kann der Staat auch gleich eine Art Nettoeinkommen überweisen.

    „Im Falle von Angestelltenverhältnissen müsste also sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer den Lohn versteuern.“

    Eben nicht. Bei der Erbschaftssteuer wird ja auch nur eine Seite (der Erbe) und nicht der Vererber besteuert.

    „Neben ethischen und praktischen Erwägungen bleibt dabei meine o.g. Feststellung, dass die Erbschaftssteuer systematisch Anreize GEGEN das Sparen und Investieren setzt,“

    USA und GBR, auch Frankreich, beweisen das dies falsch ist. Im übrigen ist die Sparquote in Deutschland sowieso zu hoch.

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